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Nach den jüngsten Präsidentschaftswahlen hatten sowohl der Amtsinhaber Laurent Gbagbo als auch Oppositionschef Ouattara den Sieg beansprucht und sich bereits vereidigen lassen.
Die westlichen Industriestaaten bestehen auf einem Rückzug Gbagbos, der auf antikoloniale Stimmungen in der Bevölkerung bauen kann und deswegen in der EU und den USA als unzuverlässiger Partner eingestuft wird.
Ouattara hingegen ist als ehemaliger IWF-Vizedirektor selbstverständlich ein Präsidentschaftskandidat des Westens!
Er arbeitete er viele Jahre zwischen 1968 und 1990 und von 1994 bis 1999 beim Internationalen Währungsfonds (IWF). In den 1980er Jahren leitete er dessen Afrika-Abteilung und war damit an exponierter Stelle an der Durchsetzung der damaligen Strukturanpassungsprogramme beteiligt, die im Ergebnis die soziale Infrastruktur der betroffenen Länder zugrunde richteten, weil diese die Einfuhr von Lebensmitteln aus der EU (meist in diesen Ländern überschüssiger Produkte!) gestatteten und damit (wie übrigens damals auch in Ruanda!!) die einheimische Landwirtschaft zu zerstören drohen.
Zwischen 1994 und 1999 amtierte Ouattara beim IWF sogar als Vizedirektor. Mit seiner Biographie empfiehlt sich Ouattara quasi als Kandidat, von dem sich westliche Unternehmen mit Recht die Durchsetzung der Verwertungsinteressen des internationalen Monopolkapitals erhoffen.
Dabei wurden unter Gbagbo auch schon politische Vorkehrungen getroffen, die dem Westen entgegen kamen. So schloss Ende 2008 Côte d’Ivoire als erstes Land Afrikas ein Interimsabkommen mit der EU, das den inländischen Markt für auswärtige Importe öffnete und vier Fünftel der Einfuhren aus der EU begünstigte. Der im Land benutzte westafrikanische CFA-Franc ist dabei mit festem Wechselkurs an den Euro gebunden. Das Land investierte in bedeutende Infrastrukturprojekte wie geplante Neubau- und Sanierungsmaßnahmen in Häfen und Flughäfen, bei Straßen und Kommunikationsnetzen, bei denen die EU große Gewinne tätigen konnte.
Seit 2005 wird in Cote d’Ivoire auch Erdöl gefördert. So haben im Oktober 2010 die französische Total und Yam’s Petroleum LLC einen Vertrag über die Ausbeutung eines Ölfeldes geschlossen, in dem bis zu 1,5 Milliarden Barrel Öl vermutet werden. Das ist auch der Hauptgrund dafür, dass die EU und USA darauf achten, den pro-westlichen Politiker Ouattara in Abidjan an die Regierung zu bringen. Gbagbo gilt ihnen als zu unsicher, zumal er vor kurzem sogar den Rückzug der UNO-Truppen aus dem Land (die viele Menschen dort schon lange als verlängerten Arm der USA betrachten!) gefordert hatte.
Ouattara, der seine Bereitschaft, die Interessen der Industriestaaten zu bedienen, während seiner Tätigkeit beim IWF ausführlich unter Beweis gestellt hatte, ist deshalb der dem Westen genehmere Präsident. Insbesondere verfügt er über beste Beziehungen zur ehemaligen Kolonialmacht Frankreich, die nach wie vor mit 40 Prozent den größten Anteil des ausländischen Kapitals in Côte d’Ivoire stellt.
Trotz aller Unklarheiten über den wirklichen Wahlausgang in Côte d’Ivoire hat die deutsche Regierung ebensowenig wie die EU und die UNO gezögert, Ouattara als Wahlsieger anzuerkennen.
Da Deutschland jedoch seinen Einfluss in diesem Lande ausdehnen will, unterstützt es zwar die Sanktionen der EU gegen Gbagbo, die das Einfrieren seiner europäischen Konten und ein Einreiseverbot gegen ihn und seine wichtigsten Mitarbeiter vorsieht, aber es plädiert mittlerweile für eine “landesinterne Lösung”, bei der “das Militär eine Schlüsselstellung” einnehmen solle. „Fremde Truppen wie die UN-Blauhelme” müssten dabei “ihre Unparteilichkeit bewahren”, weil sie andernfalls als “Besatzungstruppen angesehen” würden.
Der Leiter der Außenstelle der Friedrich-Ebert-Stiftung, Jens Hettmann in Côte d’Ivoire, erklärte mittlerweile die vorbehaltlose Anerkennung Ouattaras durch die UNO für “schwer nachvollziehbar”.
Tatsächlich war es Berlin während Gbagbos Amtszeit gelungen, seinen bislang eher schwachen Einfluss in Côte d’Ivoire auszuweiten. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (vormals GTZ) beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit einem Projekt zur Förderung der Privatwirtschaft in Côte d’Ivoire, das deutschen Unternehmen den Zugriff auf die dortige landwirtschaftliche Produktion erleichtern soll. Darüber hinaus betreibt sie im Auftrag des Auswärtigen Amts ein Projekt zur Stärkung der Funktionsfähigkeit der Polizei. Ein Machtwechsel hin zu einem allzu eng an Paris angebundenen Präsidenten, ohne ein Gegengewicht wie etwa durch das Militär, würde den Bemühungen Berlins um die Ausweitung seines politischen und ökonomischen Einflusses zuwider laufen.
Ouattara selbst und seine Parteigenossen, allesamt westorientierte Politiker, hatten bei den Wahlen in den von ihnen dominierten Teilen des Landes keine Wahlbeobachter zugelassen.
Die Menschen in Cote d’Ivoire fühlen sich deshalb um ihren Wahlsieg betrogen, und weil sie keine dem Westen hörige Politiker an der Spitze ihres Landes dulden wollen.
Es kam im Lande deshalb zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, die bis in die Gegenwart andauern, bei denen in den auf die Wahlen folgenden gewaltsamen Kämpfen über 200 Menschen ums Leben gekommen sein sollen. Zehntausende sind auf der Flucht. Viele befürchten deshalb einen erneuten Bürgerkrieg wie im Jahre 2007!
Die westlichen Industriestaaten bestehen ihrerseits auf einem Rückzug Gbagbos.
Gerade am Beispiel von Cote d’Ivoire zeigt sich, wie wenig Demokratie der Westen in den Entwicklungsländern zulässt. Nämlich gar keine, wenn es ihren Interessen widerspricht!
So haben die westlichen Staaten Sanktionen gegen Gbagbo angeordnet, obwohl der Wahlsieg Alassane Ouattaras aus den oben genannten Gründen mehr als zweifelhaft ist.
Seit dem Ende des Bürgerkrieges im Jahre 2007 ist das Land in zwei unterschiedliche Machtsphären aufgeteilt. Den Norden des Landes kontrollieren die ehemaligen Rebellen der Forces Nouvelles (FN) unter Guillaume Soro, der zuletzt als Premierminister einer Einheitsregierung unter Gbagbo amtierte. Die FN unterstützen aber mittlerweile Ouattara, der im Norden der Côte d’Ivoire geboren wurde.
Der wirtschaftlich stärkere Süden wird dagegen von Gbagbo kontrolliiert.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es in Cote d’Ivoire sehr wohl darum geht, ob das Land in neokolonialistischer Manier noch enger an den Westen angegliedert wird (also dem internationalen Monopolkapital Tür und Tor geöffnet wird!), aber auch darum, wer von den Westmächten in diesem Gebiet die Führungsrolle übernehmen wird.