Im Bataillon »Asow« kämpfen internationale Freiwillige gegen Aufständische in der Ostukraine. Anwerber und Ausbilder Gaston Besson lernte das Mordhandwerk während des Bosnien-Krieges an der Seite kroatischer Neofaschisten
Das Flugblatt ist mit einer schwarzen Sonne verziert. Darunter sind Männer in Sturmmasken abgebildet, rechts das Abzeichen des Bataillons »Asow«. Für finanzielle Transaktionen solle man sich bei einem »Evgen Moskalets« melden, für »alle anderen Angelegenheiten« bei einem Mann namens Gaston Besson, dem für die »internationalen Freiwilligen« zuständigen Koordinator. Schreibt man eine Mail an die Adresse Bessons und äußert den Wunsch, bei »Asow« mitkämpfen zu wollen, erhält man in kurzer Zeit das Anforderungsprofil der Gruppe: »Sie müssen verstehen, daß es sich um eine Freiwilligeneinheit handelt. Niemand wird bezahlt, auch nicht die Ukrainer.« Man solle ihm schreiben, ob man Familie hat, wie lange man bleiben könne, welche militärischen Vorkenntnisse bestehen, ob man an die Front gehen oder nur »den Jungs« das nötige Knowhow als Trainer vermitteln wolle. Vor allem sei aber wichtig: »Vergeßt nicht, daß wir der militärische Arm der SNA-Ukraine (Social-Nationalist Assembly, Sozial-Nationale Versammlung; T. E.) sind, assoziiert mit dem ›Rechten Sektor‹. Wir sind Sozialisten, Nationalisten und radikal.«
Krieg gegen »Untermenschen«
Das »Asow«-Bataillon – eine einige hundert Mann umfassende Kampfeinheit, formal dem ukrainischen Innenministerium unterstellt – versammelt rechte Militante unterschiedlichen ideologischen Hintergrunds, von Anhängern des Führers der ukrainischen Faschisten, Stepan Bandera (1909–1959), über die klerikal-nationalistischen »Hundert Soldaten von Jesus Christus« bis zu offenen Nationalsozialisten und Hitler-Anhängern. Fotos zeigen die Milizionäre gut ausgerüstet, dunkel oder in Tarnfarben gekleidet, vermummt, mit Schutzwesten und modernen Waffen. Immer dabei: die gelbe Fahne mit der in Deutschland verbotenen Wolfsangel. Der Wahlspruch der Einheit lautet: »Tod dem Feind!«
Das »Asow« ist zwar keineswegs die einzige stramm rechte Einheit, die an der Seite der prowestlichen Regimes gegen tatsächliche und vermeintliche Separatisten in der Ostukraine kämpft. Allerdings dürfte bei kaum einer anderen so klar sein, worum es den in ihr organisierten Kämpfern geht. Einige tragen SS-Tätowierungen, andere posieren vor dem Keltenkreuz. »Slawa ukraini – Gerojam slawa« (Ehre der Ukraine – Ehre den Helden; T. E.), die Grußformel der Bandera-Anhänger, rufen sie vor jedem Einsatz. Auf ihren Konzerten, die der Geldbeschaffung dienen, spielen neofaschistische Bands wie »Komu Wnis«. In den Facebook- und Vkontakte1-Profilen der Kämpfer und Sympathisanten finden sich Hitler-Devotionalien, Hakenkreuze und die Verherrlichung von Kriegsverbrechen.
Den Kern der Gruppe bilden hochrangige Aktivisten der SNA, deren Führer, Andrij Bilezki, zugleich Kommandeur des »Asow«-Bataillons ist. Oleg Ljaschko, der bei den Präsidentschaftswahlen im Mai auf immerhin 8,33 Prozent kam, habe die SNA dem »Rechten Sektor«, dem während der Maidan-Proteste hegemonialen Zusammenschluß der neofaschistischen Kräfte, entfremdet. Für ihn, so schreibt das prowestliche Magazin Ukrainian Policy, sei die SNA ohnehin zu radikal gewesen. Der von ihr vertretene Nationalismus sei »rassistisch« und »auf Großmachtimperialismus ausgerichtet«.2 Die SNA habe sich sodann mit dem »Asow«-Bataillon einen eigenen bewaffneten Arm geschaffen. Gleichwohl bestehen enge Kontakte zum »Rechten Sektor« weiter, und die Gruppe gilt nach wie vor als in selbigen eingebunden.
Es ist kein Geheimnis, daß die SNA- und »Asow«-Leute weitgehendere politische Ziele als die Kiewer Regierung haben; ihnen geht es um die »Vollendung der nationalen Revolution«. Die britische Tageszeitung The Daily Telegraph zitiert aus einem kürzlich verfaßten Kommentar des Nationalistenführers Bilezki: »Die historische Mission unserer Nation in diesem kritischen Moment ist es, die weißen Rassen der Welt in einen finalen Kreuzzug für ihr Überleben zu führen.« Der Kreuzzug sei einer »gegen die von Semiten geführten Untermenschen«.3 Die SNA, aus der die gesamte Führungsriege des »Asow«-Bataillons stammt, war bereits nach ihrer Gründung 2008 als Fusion kleinerer Neonazigruppen durch fremdenfeindliche Gewalttaten aufgefallen. Im jährlichen Report von Human Rights Ukraine für das Jahr 2009/10 wird eine ihrer Stellungnahmen zitiert, in der sich die SNA für ihre Übergriffe auf Vietnamesen, Usbeken und »Zigeuner« rühmt. »Mit gemeinsamer Anstrengung zwangen die Patrioten und die Unternehmer während der letzten zwei Wochen die Mehrheit der Fremden, den Marktplatz von Wasilkiw zu verlassen. Einige Vietnamesen mußten mit Zwang dazu gebracht werden, und einige von ihnen brauchten einen Krankenwagen.«4
Den Kampf für die »Reinheit der weißen Rasse«, den die SNA zusammen mit anderen heute in die ukrainische Nationalgarde eingegliederten Neofaschistengruppen bereits lange vor dem »Euromaidan« führte, kann sie heute – eingegliedert in den staatlichen Machtapparat – ohne jegliche Furcht vor Repression mit anderen, weitaus tödlicheren Waffen fortführen. Letztendlich sogar gedeckt von der NATO-Schutzmacht zieht das »Asow«-Bataillon durch den aufständischen Osten und Süden des Landes, auf der Suche nach »Russen« und »Verrätern«.
Ein von der bei hiesigen Leitmedien beliebten prowestlichen ukrainischen Nichtregierungsorganisation »Euromaidan-PR« veröffentlichtes Bild zeigt die »Asow«-Kämpfer beim Einmarsch in einen Vorort von Donezk. Die Fotozeile erklärt, die Milizionäre seien gerade dabei, einen »Angriff auf Terroristen« durchzuführen. Der erste Kommentar unter dem Schnappschuß: »Macht keine Gefangenen!«
»Wir machen keine Gefangenen«
Vor nun mehr als 20 Jahren haben auch andere keine Gefangenen gemacht: die Freiwilligen der Hrvatske Obrambene Snage (HOS), der »Kroatischen Verteidigungskräfte«. Gegründet als paramilitärischer Arm der faschistischen Kroatischen Partei des Rechts (HSP), kämpften sie an zahlreichen Kriegsschauplätzen auf dem Balkan gegen serbische Soldaten. Bekanntheit erlangten die HOS vor allem aufgrund zweier Eigenschaften: Sie bestanden zu einem großen Teil aus Faschisten, die gnadenlos Zivilisten mißhandelten und töteten.
Am 21. September 1992 veröffentlichte das Wochenmagazin Der Spiegel eine ausführliche Reportage seines heutigen stellvertretenden Chefredakteurs Clemens Höges über eine Gruppe von HOS-Kämpfern,5 die in dem kroatischen Fischerdorf Klek stationiert war. Spiegel TV drehte einen Film am gleichen Ort:6 Über der Zentrale der Milizionäre weht die Hakenkreuzfahne, ein Mann in SS-Uniform tritt auf, Hitler-Bilder hängen in den Räumlichkeiten der Paramilitärs. »Ich bin, eigentlich schon seitdem ich denken kann, Nationalsozialist«, sagt ein österreichischer Freiwilliger. »Und ich solidarisiere mich auch mit Kroatien, weil ich glaube, daß die politische Entwicklung in Kroatien in diese Richtung geht.« Höges porträtierte den Kommandeur der Einheit, einen aus den Vereinigten Staaten zurückgekehrten Kroaten, Tomislav Madi, Spitzname »Chicago«. Chicago sagt: »Ich bin Nazi.« Die militärischen Prinzipien seiner Einheit: »Wir kommen von hinten.« Und: »Wir haben noch nie Gefangene gemacht.«
Über jenen »Chicago« weiß auch ein anderer aus erster Hand zu berichten: Gaston Besson, der heute, 47jährige Ausbilder der internationalen Freiwilligen des ukrainischen »Asow«-Bataillons. Der hat nämlich genau dort, in den Hrvatske Obrambene Snage, schon einmal einen »Kreuzzug für die weißen Rassen« geführt. Besson erinnert sich in einem Interview im Jahr 1993: »Ich fand mich unter dem Kommando des 6. Bataillons der HOS in Vinkovci wieder. Wir hatten uns in Kellern eingerichtet, gingen in der Nacht nach draußen, ins Niemandsland, zwischen die serbischen Linien, um einen Panzer oder einen Mörser zu ›schlagen‹. Am Anfang war ich zusammen mit einem Typen, den man ›Chicago‹ nannte, ein grimmiger Irrer, der zwölf Jahre in den Vereinigten Staaten verbracht hatte. Er hieß uns alles tun, egal was, einfach nach vorne rausgehen, in die Linien, und den Feind aufs Geratewohl fassen.« Schon damals war Besson nicht einfach ein Söldner, wie ihn die nicht allzu zahlreichen verfügbaren Quellen beschreiben, sondern einer, der sich einredete, aus »Idealismus« zu morden. Es war eine »Endzeitatmosphäre«, gemischt mit einem »immensen nationalistischen Elan«, es war eine »Art eines tollen Kampfes für die Freiheit«, beschreibt er die Situation, die ihn dazu motivierte erneut die Kalaschnikow in die Hand zu nehmen, die er bereits zuvor in Birma, in Surinam, Laos und Kambodscha getragen hatte.7 Seine Erfahrung ließ ihn rasch in der Hierarchie der HOS aufsteigen, und so brachte er es bald zum Kommandeur. Eine Spiegel-Reportage vom 16. August 1993 spricht beiläufig von einer »internationale(n) Sondereinheit der kroatischen Bosnier, geführt von einem richtigen Landsknecht: Gaston Besson«.
Nun konnte nicht ewig auf dem Balkan gekämpft werden, und Besson verschwand wieder von der Bildfläche. Bis die EU sich anschickte, Jahrzehnte nach der Zerschlagung Jugoslawiens nun die Ukraine an sich zu reißen und der Euromaidan begann. Am 6. März 2013 berichtete Besson auf seiner Facebook-Seite von seiner Ankunft in Kiew: »Erste Reise nach Kiew. Alles läuft gut.« Sein direkter Anlaufpunkt: Das Büro des »Rechten Sektors«. Wenig später die Erfolgsmeldung: Am 8. März steht das »große Meeting« mit den »Chefs« des »Sektors« an. Wenig später beginnt er, Spenden und Güter für den Zusammenschluß der Rechten zu sammeln. Am 16. Juni spricht er zum ersten Mal davon, daß es zu wenige Freiwillige aus Frankreich gebe. Schweden seien schon da, ein Kanadier, ein Italiener, drei Finnen. Das ist zu wenig, wird Besson sich gedacht haben, und nimmt von nun an die Sache selbst in die Hand. In den folgenden Monaten entwickelt er sich zu der zentralen Figur bei der Rekrutierung ausländischer Neofaschisten für die ukrainische »nationale Revolution«.
»White-Power«-Warrior
Unter den Augen des Kiewer Regimes, der EU und der NATO: Eine »Asow«-Einheit terrorisiert am 13. Juni 2014 die Bevölkerung in der ostukrainischen Stadt Mariupol
Foto: REUTERS/Osman Karimov
|
In einem Videointerview mit der italienischen Tageszeitung Il Giornale, geführt von Fausto Biloslavo auf dem Kiewer Maidan, erklärt Besson: »Wer ich bin? Ein Revolutionär und Idealist. (…) Und mit all meiner Erfahrung aus Kriegen und Revolutionen sagte ich: Okay, ich muß hierher kommen und wieder helfen. Und dieses Mal durch die Schaffung einer internationalen Brigade.« Die »Idealisten« seiner Truppe »kommen aus sehr verschiedenen Ländern: Finnland, Norwegen, Großbritannien, Frankreich, Italien …«9 Er bekäme 15, 16 E-Mails am Tag, so Besson, zwei, drei davon kämen in Frage, »ernsthafte Leute«. »Wir versuchen Personen auszuwählen, die keine Familie, keine Kinder haben. Die bereit sind, der Ukraine für eine lange Zeit zu dienen.«
Einer der »ernsthaften Leute«, die Besson um sich geschart hat, ist Francesco Saverio Fontana. Fotos zeigen den 53jährigen mit Kalaschnikow neben der ukrainischen Flagge, auch in der Dokumentation Fausto Biloslavos kommt er – allerdings ohne Klarnamen – zu Wort. Francesco Fontana soll der italienischen neofaschistischen Bewegung »Casa Pound« nahestehen, die sich verhältnismäßig erfolgreich um eine Modernisierung des Images ihrer Ideologie bemüht. Das sollte gelingen, indem sie Hausbesetzungen, futuristische Kunstausstellungen und Lesungen durchführten und zugleich Straßenschlachten sowie schwere Gewalttaten verübten.
Allerdings ist »Casa Pound« nicht die erste politische Heimat des von seinen Kameraden »Don« genannten Fontana. Vor einigen Jahrzehnten war er Mitglied in der »Avanguardia Nazionale« und später im »Fronte Della Gioventú«, der Jugendbewegung des »Movimento Sociale Italiano«. Die »Avanguardia Nazionale« wiederum war von dem italienischen Rechtsterroristen Stefano Delle Chiaie gegründet worden, der eine wichtige Rolle für die von der NATO-Geheimarmee Gladio verfolgte »Strategie der Spannung« spielte und später, angeheuert von mehreren Geheimdiensten, in Südamerika mehrere Morde begann.
Er habe sich inmitten einer »Volksrevolution« wiedergefunden, erzählte Fontana dem Journalisten Fausto Biloslavo. Als er die Barrikaden in Kiew gesehen habe, sei »etwas in mir wieder aufgewacht, das mich an meine Jugend erinnerte, als ich Mitglied der ›Avanguardia Nazionale‹ war«. Nach der Annexion der Krim durch Rußland und dem Beginn des Aufstands im Osten habe er sich entschieden, in dem Bataillon der internationalen Freiwilligen mitzukämpfen, am 13. Juni erhielt er bei der Schlacht um Mariupol seine »Feuertaufe«.10
Ebenfalls seit langem in der Ukraine aktiv ist der schwedische Neonazi Mikael Skillt. Die britische BBC beschrieb ihn als »›White-Power‹-Warrior aus Schweden«. Sieben Jahre Erfahrung als Scharfschütze in der schwedischen Armee und Nationalgarde bringt Skillt mit. Im Gespräch mit der BBC zeigten sich deutlich die Eckpunkte seiner Weltanschauung, die vor allem aus Rassismus und Antisemitismus besteht.11 In seiner Heimat gehörte er zuerst zur nationalsozialistischen »Svenska Motståndsrörelsen« (Schwedische Widerstandsbewegung) des verurteilten Mörders Klas Lund, später zur faschistischen Partei der Schweden »Svenskarnas Parti«.
Netzwerk von Unterstützern
Skillt sprach mindestens von einem weiteren »sehr erfahrenen Ausbilder« aus Schweden, der inzwischen in der Ukraine angekommen sei. Wie viele ausländische Faschisten mittlerweile an der Seite des »Asow«-Bataillons kämpfen, ist schwer zu sagen. Das ukrainische Innenministerium macht dazu keine Angaben, eine Anfrage der jungen Welt blieb unbeantwortet. Gegenüber der BBC reagierte ein Sprecher des Innenministerium in Kiew, Anton Geraschtschenko, ungehalten: »Wann, wenn ich fragen darf, werden Engländer hierher kommen und uns helfen, die Terroristen, die von Rußland geschickt werden, zu bekämpfen, anstatt uns über unsere moralischen Werte oder die politischen Zugehörigkeiten von Menschen zu belehren?« Nazis gebe es keine, und ausländische Kämpfer auch nicht, behauptete der Sprecher offenkundig wahrheitswidrig.
Christian Esch, der aus Donezk berichtet und das Asow-Bataillon offenbar aus nächster Nähe erlebt hat, zitiert in einer Reportage für die Berliner Zeitung vom 10. August 2014 Kommandant Belizki mit den Worten: »Wir haben Kämpfer aus ganz Europa, vom Süden bis Irland und Skandinavien.« Russische Quellen sprechen zudem von georgischen Kämpfern und russischen Neonazis aus der »Mysanthropic Division«, einer neuheidnischen Neonazitruppe (Motto: »Töten für Wotan«), die ebenfalls bei »Asow« kämpfen. Auch aus Rußland kam der kürzlich im Rahmen von Kampfhandlungen gefallene Neonazi Sergej Grek (Kampfname »Balagan«). Er war dort Mitglied der »Wotan-Jugend«, einer Gruppe, die für Gewalttaten gegen Ausländer bekannt ist. Ebenfalls der »Wotan-Jugend« zugehörig ist Roman Schelesnow, der vor einem Haftbefehl in Rußland in die Ukraine floh, um sich dort nach eigenen Angaben ebenfalls dem »Asow«-Bataillon anzuschließen.
Der ukrainische Journalist Dmitri Kolesnik gab zudem gegenüber junge Welt an, daß auch in den anderen rechten Bataillonen, etwa dem vom »Rechten Sektor« befehligten »Donbass«, ausländische Rechte aktiv seien. Bevor ihm seine Funktion als offizieller Sprecher des »Asow«-Bataillons entzogen wurde, sagte der ukrainische Faschist Igor Mosiytschuk öffentlich, es gebe 20 Kämpfer aus Skandinavien und Italien in der Einheit. Zieht man in Betracht, wie groß das Sympathisantenumfeld ist und wie sehr sich Besson und sein Gefolge um internationale Unterstützung bemühen, könnten es mittlerweile bedeutend mehr sein. Momentan läßt sich die genaue Zahl aber nicht abschätzen. Verschiedenen Medienberichten zufolge soll es sich um einige Dutzend Männer handeln. Recherchen in sozialen Netzwerken legen aber zumindest nahe, daß es im Kreis bestimmter Gruppen – vor allem der schwedischen »Svenskarnas Parti« und der italienischen »Casa Pound« – mehrere Freiwillige geben dürfte und zudem ein organisiertes Unterstützerumfeld existiert.
Internationale Hilfe erfährt das Bataillon zudem nicht allein durch die faschistischen Freiwilligen, die seine Reihen füllen. Geworben wird auch um materiellen Support, von der Zahnbürste über Medikamente zum Stillen von Blutungen bis zum Nachtsichtgerät. Regelmäßig veröffentlichen die offiziellen »Asow«-Internetseiten umfangreiche Listen von Gütern, die sie benötigen. Geld kann zudem an eine »Stiftung für Bildungsinnovation« überwiesen werden. Spenden für Munition sind mittels einer SMS an eine ukrainische Nummer möglich.
Ziel: »Nationale Revolution«
Selbst dem Regime in Kiew und den es stützenden westlichen Regierungen dürfte nicht entgangen sein, daß die nationalistischen Bataillone wie »Asow« rasch zu einem Problem für den eigenen Machtanspruch werden könnten. Dann nämlich, wenn der gemeinsame Feind im Osten das fragile Bündnis zwischen neoliberalen Chauvinisten und offen neofaschistischen Kräften nicht mehr zusammenhält. Bereits jetzt kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen dem Innenministerium und den rechten Militanten, zuletzt Mitte August, als Dmitro Jarosch, Chef des »Rechten Sektors«, Kiew mit einem »Feldzug« drohte, sollten verhaftete Kameraden nicht freigelassen werden. Die prowestliche Regierung beugte sich dem Druck, ließ die Gefangenen frei und tauschte sogar eine dem Sektor unliebsame Personen im Innenministerium aus (jW berichtete; siehe auch jW vom 20.8.2014).
Mittelfristig wird es dennoch zum offenen Kampf zwischen Kiew und den faschistischen Milizen kommen, die jetzt noch an einem Strang ziehen. Denn klar ist: Diese Kämpfer haben zwar zum Teil dieselben Feindbilder wie das Regime in Kiew, keineswegs aber die gleichen Ziele.
Welche immense Gefahr es birgt, daß fanatische Neofaschisten sich in der Ukraine im Rahmen einer dem dortigen Innenministerium unterstellten Kampfeinheit an der Waffe ausbilden lassen können, zeigt auch ein wenige Monate zurückliegender Fall aus Schweden. Bei einem Angriff auf linke Aktivisten durch sechs mit Messern bewaffnete Mitglieder und Sympathisanten der »Svenskarnas Parti« wurde ein junger Mann ins Koma geprügelt, mehrere andere erlitten Verletzungen. Einer der sechs Neonazis war kurz zuvor aus der Ukraine zurückgekehrt. Dort, so brüstete sich einer der schwedischen Ukraine-Freiwilligen, habe man den »Messerkampf« erlernt und sei in Kiew auf Jagd nach Antifaschisten gegangen.12 Das allerdings war zu einem Zeitpunkt, als die Faschisten in Kiew noch Knüppel und Messer nutzten. Das »Asow«-Bataillon unterrichtet seine Freiwilligen im Umgang mit Kalaschnikow und Scharfschützengewehr.
Anmerkungen
1 Vkontakte – sprich: w kontaktje, in Verbindung – ist die Internetwebsite eines russischen sozialen Netzwerks, das Facebook ähnlich ist.
2 ukrainianpolicy.com/look-far-right-and-look-right-again/
4 helsinki.org.ua/index.php?id=1298444209
5 www.spiegel.de/spiegel/print/d-13682359.html
6 https://www.youtube.com/watch?v=-VghHABmD_c
7 www.grands-reporters.com/Moi-Gaston-Besson-mercenaire.html
8 www.spiegel.de/spiegel/print/d-13681722.html
9 vimeo.com/99620396
10 www.ilgiornale.it/static/reportage/ucraina/uomini_neri.htm