Wie in Bern, so auch in Aarau? Am 8. Juni findet dort zum dritten Mal das «Nächtliche Tanzvergnügen» statt. Mitveranstalter K.* erklärt, dass die Party durchgeführt werden soll – auch wenn die Polizei eingreift.
Was tun Sie dafür, dass sich die Szenen von Bern in Aarau nicht wiederholen?
Wir suchen keine Konfrontation mit der Polizei. Wir haben eine Tanzdemo angekündigt und wollen auch eine durchführen. Wenn sich die Polizei zurückhält, sehen wir keinen Grund, warum es zu Ausschreitungen kommen soll. Wenn die Polizei aber einschreitet, werden wir versuchen, unsere Tanzdemonstration durchzusetzen.
Was heisst das?
Das will ich nicht genauer ausführen, weil es sehr situationsbezogen ist. Aber ich möchte betonen, dass wir von unserer Seite die Konfrontation nicht suchen. Wenn sich die Polizei uns nicht in die Quere stellt, dann sollte es keine Probleme geben.
Die Veranstaltung nennt sich «Nächtliches Tanzvergnügen». Das klingt harmlos und wenig politisch. Wofür gehen Sie auf die Strasse?
Wir wollen zeigen, wie wichtig autonome Freiräume sind und dass es immer weniger von ihnen werden. Das zeigt sich am Beispiel der Binz, die momentan geräumt wird. Wir kämpfen schon lange für ein autonomes Kulturzentrum in Aarau. Dieses Anliegen wird heruntergespielt, die Beteiligten werden kriminalisiert. Ausserdem wird der öffentliche Raum zunehmend privatisiert. Das «Nächtliche Tanzvergnügen» ist eine Möglichkeit, diesen Raum in Anspruch zu nehmen.
Stellen Sie konkrete Forderungen?
Ein autonomes Zentrum kann nur funktionieren, wenn es ohne städtische, wirtschaftliche oder religiöse Einflüsse umgesetzt werden kann. Die Stadt Aarau ist kein Gesprächspartner für uns, daher stellen wir auch keine Forderungen.
Die Stadt Aarau hat Sie zum Gespräch eingeladen. Niemand ist gekommen.
Lukas Pfister, der FDP-Stadtrat, hat vor einem Jahr gesagt, dass die Stadt kein Gesprächspartner für ein autonomes Zentrum sei. Wir haben also einen Konsens mit der Stadt, dass wir beide nichts miteinander zu tun haben wollen. Jetzt macht sich die Stadt halt Sorgen, aber mit Blick auf die Vergangenheit ist diese Angst unbegründet.
Wie der «Tanz dich frei»-Umzug in Bern ist auch das «Nächtliche Tanzvergnügen» nicht bewilligt. Warum haben Sie keine Bewilligung eingeholt?
Wir sehen die Stadt Aarau nicht als Dialogpartner, unter anderem weil sie immer wieder versucht, die Personen, die sich engagieren, zu kriminalisieren. Kurz bevor die Einladung der Stadt kam, hat der Kanton bekannt gegeben, dass man die Kosten vom «Nächtlichen Tanzvergnügen» des letzten Jahres auf die Veranstalter abwälzen will. 120’000 Franken! Da wären wir ja blöd gewesen, wenn wir da hingegangen wären. Unsere Erfahrungen zeigen ausserdem, dass sich Gespräche mit der Stadt und dem Kanton nicht lohnen.
Sie könnten gemeinsam für die Sicherheit aller Beteiligten sorgen.
Dafür gibt es keinen Grund. Wir haben schon viele unbewilligte Anlässe durchgeführt, ohne dass es zu Problemen gekommen wäre. Das Konzept hat sich für uns bewährt.
Es gab nie Ausschreitungen in den letzten Jahren?
Im letzten Jahr gab es eine kleinere Auseinandersetzung, einige FC-Aarau-Fans oder Hooligans haben Demonstranten angegriffen. Ansonsten gab es aber weder Sachbeschädigungen noch Ausschreitungen.
Wer sind die Veranstalter des «Nächtlichen Tanzvergnügens»?
Die Kampagne für ein autonomes Zentrum (KAZ) ist ein Zusammenschluss von mehreren Gruppierungen und Personen, die sich schon in der Vergangenheit für ein Zentrum eingesetzt haben, aber nicht so gut vernetzt waren. Nachdem die Ereignisse im letzten Sommer neue Dynamik in die Diskussionen gebracht haben, kam es zum Zusammenschluss.
Habt ihr den Berner «Tanz dich frei»-Umzug als Zugpferd genutzt?
Klar haben wir mehr Aufmerksamkeit erhalten, nachdem im letzten Jahr in Bern 20’000 Leute am «Tanz dich frei»-Umzug teilgenommen haben. Aber wir versuchen unser Ding zu machen. Ich bezweifle, ob die diesjährigen Ausschreitungen in Bern ein Vorteil für uns sind.
Waren Sie auch in Bern auf der Strasse?
Zu den Ereignissen von Bern will ich prinzipiell nichts sagen.
Sind die Veranstalter in Bern auch am geplanten Umzug in Aarau beteiligt?
Ich weiss nicht, wer kommen wird. Ob Berner, Zürcher oder Tessiner. Hoffentlich kommen die Leute von überall her.
Sympathisieren Sie mit den Veranstaltern aus Bern?
Wir vertreten die ähnlichen Anliegen wie die Berner und erklären uns solidarisch mit den Leuten von «Tanz dich frei».
Auch mit den Chaoten?
Dazu will ich nichts sagen.
Es ist das dritte «Nächtliche Tanzvergnügen» in Aarau. Im letzten Jahr kamen 2000 Personen. Wie viele Teilnehmer erwartet Sie am 8. Juni?
Keine Ahnung, das spielt auch keine Rolle.
Nicht nur der Name klingt harmlos, auch das Plakat sieht aus wie jedes andere Plakat, mit dem die Clubs um Gäste werben. Ist das Absicht?
Anders als bei einer Hausbesetzerparty kommen auch junge, normale Partygängerinnen. Die sind dann ganz erstaunt, dass sie für das Bier so viel bezahlen können, wie sie wollen. Trotzdem wissen alle, worum es uns geht. Wir nutzen die Strasse ohne Bewilligung, also ist das auch ein politischer Anlass.
K.* ist Mitglied der «Kampagne für ein Autonomes Zentrum» (KAZ), die das «Nächtliche Tanzvergnügen» organisiert. Die KAZ-Mitglieder bleiben gegenüber der Öffentlichkeit anonym
Aargauer Zeitung / 30. Mai 2013