Grauzone-Konzert in Schützi (Olten) nach Oschwand verschoben

Da beim Thema Deutschrock eine gewisse Vorsicht geboten ist, haben wir das Konzert etwas genauer unter die Lupe genommen und Recherchen zu den Bands angestellt..
Zu «Rock Rotten’s 9mm Assi Rock’n’Roll» sind generell bloss wenige Informationen zu finden, aber nichts desto trotz stürzten auch sie sich zur Fussball-WM 2010 in nationalistischen Taumel und veröffentlichten das Lied «Schwarz Rot Gold». Auf einem Youtube Videoclip eines Konzerts erkennen wir nebst unzähligen Deutschland-Fähnchen und einer Österreich-Fahne im Hintergrund der Bühne in manchen Einstellungen auch eine wehende Schwarz-Weiss-Rote Fahne. Die Schwarz-Weiss-Rote Fahne war eine der Reichskriegsfahnen während der Zeit des deutschen Nationalsozialismus, die sich in nationalistischen Kreisen grosser Beliebtheit erfreut, da sie im Gegensatz zur Hakenkreuz-Fahne in Deutschland nicht verboten ist. An einen Zufall angesichts des identitätsstiftenden «wir unsre Heimat lieben»-Gesangs glauben wir nicht. Das Band-Logo, bestehend aus Totenkopf, Munition und Eisernem Kreuz, lässt uns ebenfalls erschaudern, da sich das Eiserne Kreuz als deutsche Kriegsauszeichnung (unter anderem auch während der Zeit des Nationalsozialismus) im nationalistischen Spektrum ebenfalls grosser Beliebtheit erfreut und wie der «Deutsche Stahlhelm», der in Videoclips zelebriert wird, Symbol des deutschen Soldatentums ist. Nebst dem, dass «Rock Rotten’s 9mm Assi Rock’n’Roll» sich gerne mit einem sehr gewaltverherrlichenden und frauenverachtenden Vokabular präsentiert (beispielsweise der Song «F.I.C.K.E.N.» aus dem Album «Champagner, Koks und Nutten»), sind sie bei «Napalm Records» unter Vertrag. Das Label lässt nicht nur mit seinem Namen erschaudern, der Vertrieb von unpolitischen und auch offen faschistischen Bands (unter Vertrag sind und waren beispielsweise «Nokturnal Mortum», «Infernum», «Graveland», «Totenburg» und «Ad Hominem») und der Versand von Tonträgern wie «Kriegsnebel» von «Nargaroth» lassen oft berechtigte Kritik am Label ertönen.

Aber auch «Martens Army» mit dem «Gerbenok»-Sänger Stöbi ist kein unbeschriebenes Blatt. Zahlreiche Konzerte, unter anderem mit den Grauzone-Bands «Haggis», «Krawallbrüder», «Flat Sprockets» und offenen Nazibands wie «Headcase» und der «Blood & Honour»-Band «The Pride», mit welchen sie im für seine rechten Konzerte bekannten Lokal «Skinhouse Menfis», spielten, zeigen ganz klar, aus welcher Ecke die Band kommt. Dass «Gerbenok» nicht nur homophob und nationalistisch ist, sondern auch RAC (Rock against Communism (Nazi-Gegenstück zu «Rock gegen Rechts»)) abfeiert, dringt also auch bei «Martens Army» durch. Stöbi berichtete im rechten «Meinungsfreiheit Zine», dass die Szene einen Führer brauche. Das in Schwarz-Weiss-Rot gehaltene Cover ihrer neuen Platte «Ein kleines bisschen Violence» zeigt da auch das typische «Bordstein-Beissen». Das ist eine unter Neonazis verbreitete Praxis, jemanden durch das Brechen des Genicks zu töten, welche durch den Film «American History X» traurige Bekanntheit erlangte. Die Band scheint sich also nebst einer politischen Position durch die Verherrlichung dieser Gewaltpraxis klar zu positionieren.
Da auf Kritik auf der Facebook-Veranstaltungsseite mit Drohungen von Fans und dem anschliessenden Löschen der Kritik seitens des «Deutschrock Events (Verein FKS)» reagiert wurde, sahen wir keinen Sinn darin, uns mit diesen Leuten zu unterhalten und richteten uns am 21. November direkt an Oliver Krieg, den Geschäftsführer der Schützi. Wir unterstrichen die Notwendigkeit einer Absage mit dem stetigen Wachstum der Nazi-Problematik in Olten. Vor einigen Jahren gab es am Bahnhof Olten regelmässig Übergriffe auf Punks, «Randständige» und alternative Jugendliche. In letzter Zeit tauchen wieder vermehrt Neonazis bei Spielen des EHC Olten auf, welche vor Gewalt nicht zurückschrecken. Sowohl Oliver Krieg, als auch Ronald Url, übrigens im EHCO-Gönnerverein «Prohockey Olten» aktiv, kann das nicht entgangen sein.
Trotzdem erhielt nicht der Veranstalter, sondern wir eine Absage von Oliver Krieg. Er hätte bisher nur gute Erfahrungen mit der Orga-Gruppe gemacht und diese seien garantiert keine Neonazis. Er versuchte uns jedoch zu beruhigen, indem er anmerkte, dass er in engem Kontakt mit der Stadtpolizei Olten stehe, welche den Anlass beobachten würde.
Da wir uns nicht mit einer Absage zufrieden geben und unser Vertrauen schon gar nicht in die Polizei stecken, wendeten wir uns an das Stadtrats-Mitglied Iris Schelbert-Widmer von der Direktion «Öffentliche Sicherheit». Da die Stadt Olten die Besitzerin des Kulturzentrums Schützi ist, hat Iris Schelbert-Widmer das letzte Wort, wenn es um Veranstaltungen in der Schützi geht.
Der Orga-Gruppe der Deutschrock-Nacht wurde darauf hin mitgeteilt, dass die Stadt Olten die Sicherheit nur gewährleisten könne, wenn eine Bereitschaftspolizei von 20 Polizist_innen vor Ort wäre, wobei die Kosten im fünfstelligen Bereich von der Orga-Gruppe übernommen würden müssten. Da diese gegen die Kosten protestierte, wurde kurzerhand die ganze Veranstaltung von der Stadt Olten verboten.
Die inzwischen in «Switzerland rocks again» umbenannte Deutschrock-Nacht findet nun auf der Heubühne des Restaurants «Sonne» in Oschwand statt. Bei Bernhard «Bänz» Fiechter, Wirt der «Sonne», stiess die von uns formulierte Kritik auf taube Ohren; er wolle «Quellen von seriösen Medien». Die veranstaltende Gruppe hätte bei einer vergangenen Onkelznacht in der «Sonne» erkennbare Neonazis abgewiesen. Ausserdem seien auftretende Gruppen wie «Kärbholz» und «Rock Rotten’s 9mm Assi Rock’n’Roll» bekannte Deutschrock-Bands, die auch auf etablierten Veranstaltungen wie dem «Wacken Open Air» auftreten dürfen und deswegen unproblematisch seien.
Obwohl Bernhard «Bänz» Fiechter schreibt, dass ihm der Background fehle, um auf unsere Argumentation einzugehen, hält er am Konzert fest und lädt uns dreisterweise ein, das Konzert zu besuchen, um unsere «Vorurteile abzubauen», oder ihn von unserer Sichtweise zu überzeugen, obwohl es dann eindeutig schon zu spät für eine Absage sei.

Wir befinden uns in Zeiten, in denen völkisch-nationalistische Bands ihre menschenverachtende Ideologie nicht mehr offen in ihren Äusserungen und Texten darlegen, sondern diese hinter dem Zelebrieren von breitumfassenden und schwammigen Begriffen wie Heimatliebe und Bewahrung urtümlicher Werte verstecken. Durch die massentauglich gewordene und oftmals kommerziell aufgemachte Musik werden umstrittenen Bands, wie beispielsweise «Frei.Wild», eine Plattform mitten in der Gesellschaft geschaffen, so, dass eben genannte Band am Heitere Open Air, an dem «auch musikalisch für die ganze Familie etwas dabei ist», spielen durfte. Gerade bei Grauzone-Bands, bei denen die chauvinistische Grundhaltung nicht mehr so einfach für die Öffentlichkeit anzuprangern ist, sondern die schleichend und mit viel Show verpackt übermittelt wird, scheint es umso wichtiger, bei Konzerten zu intervenieren und diese bestenfalls zu verhindern.

Wir erachten es als Teil-Erfolg, dass das Konzert nicht im Kulturzentrum Schützi stattfinden wird und jetzt in eine unvorteilhaftere Location ausweichen muss.
Nichtsdestotrotz kommt es viel zu oft vor, dass Konzerte mit rechtsoffenen und/oder reaktionären Künstler_innen ungehindert und unkritisiert über die Bühne gehen können.
Deswegen rufen wir auf, bei Grauzone- und Nazi-Konzerten nicht wegzuschauen, sondern laut zu werden und einzugreifen.

Rechtsrock-Konzerten den Saft abdrehen!
No Homezone for Greyzone!

4. Januar 2013, Antifa Aarau

Quelle: http://ch.indymedia.org/de/2013/01/88413.shtml

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