Kurz vor dem Showdown zwischen Merkel und Hollande deuteten sich aber erste Risse in der Front der Befürworter der Euro-Bonds aus den europäischen Krisenstaaten an. Spaniens konservativer Premier Mariano Rajoy forderte rasche Lösungen, wie umfassende Interventionszusagen der EZB auf den Kapitalmärkten, da Eurobonds als schnelle Hilfsmaßnahmen ungeeignet seien. Polens Finanzminister Jacek Rostowski machte klar, weshalb die »Interventionen« auf den Finanzmärkten unabdingbar seien: »Europa muß dem Teufelskreislauf entkommen, einerseits Griechenland nicht im Euro halten zu können, und andererseits es sich nicht leisten zu können, Griechenland rauszuschmeißen«. Ohne massive Gelddruckerei der EZB würden die Finanzsektoren und öffentlichen Finanzen weiterer südeuropäischer Länder nach einem Ausscheiden Griechenlands zusammenbrechen.
Tatsächlich gebe es in der Frage der Lockerung der Geldpolitik »Bewegung«, berichteten US-Medien kurz nach dem G-8-Gipfel. Berlin muß schlicht die Geldschleusen der EZB öffnen, um seine Drohung eines Ausschlusses Griechenlands aus Euro-Zone und EU wahrmachen zu können. Flankiert von der entsprechenden Berichterstattung in den Massenmedien bereitet die Bundesregierung diesen Abschied von Griechenland bereits vor. Finanzminister Schäuble habe kurz nach den Wahlen in Hellas gegenüber »verschreckten« EU-Diplomaten erläutert, entsprechende Eindämmungsmaßnahmen vorbereitet zu haben, sollten Griechenlands Wähler nicht der Wahlempfehlung der Bundesregierung Folge leisten, berichtete der britische Telegraph.
Berlin wird auch alles daransetzen, an Griechenland ein Exempel zu statuieren, um so einen Disziplinierungseffekt bei den anderen europäischen Schuldenstaaten zu erreichen und hierdurch die eigene Dominanz in der Euro-Zone zu zementieren: Die Frankfurter Allgemeine Zeitung formulierte diese Machtlogik der Abschreckung folgendermaßen: »Warum sollten andere Staaten noch sparen, wenn sie sehen, daß ein smarter Enddreißiger in Athen die gesamte Euro-Zone in die Knie zwingen kann?« Bundesbankpräsident Jens Weidmann forderte die europäischen Zentralbanken schon mal auf, ihre Exposition in Griechenland zu reduzieren. Die Bundesregierung ist sichtlich bemüht, in dieser Hinsicht möglichst bald unumkehrbare Fakten zu schaffen, da die Krisendynamik die Stimmungslage in der Euro-Zone weiter zuungunsten Deutschlands verschieben dürfte.
Zugleich startete im Vorfeld des heutigen Gipfels das deutsche EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen einen Testballon, mit dem er eine massive »Vertiefung« der europäischen Währungsunion forderte. Die »Vorteile der Währungsunion« seien »so überragend«, daß diese durch eine Fiskalunion, eine Finanzmarktunion und eine politische Union erweitert werden müsse. Diese in Vorfeldorganisationen deutscher Außenpolitik immer wieder lancierten Überlegungen zielen auf eine umfassende Aushöhlung der Souveränität der Euro-Staaten ab. Bisher verweigern sich diesem Unterfangen angesichts der gegenwärtigen Machtarithmetik nicht nur die meisten europäischen Krisenstaaten, sondern auch das ökonomisch immer weiter hinter Deutschland zurückfallende Frankreich.