EU-Polizeiagentur will grenzüberschreitende Beobachtung und Zusammenarbeit verstärken. Als gefährlich eingestuft werden Antirassisten und Proteste gegen Verkehrsprojekte
Die EU-Polizeiagentur Europol will eine Konferenz zum »Anarchismus« organisieren. Dies berichtete ein Sprecher vergangene Woche in der EU-Ratsarbeitsgruppe »Terrorismus«. Demnach soll die Veranstaltung am 25. April stattfinden.
Auch der EU-Geheimdienst »SitCen« nimmt linke Bewegungen aufs Korn. Im Oktober letzten Jahres hatte der Dienst einen Lagebericht zum »Anarchismus« erstellt, für den Geheimdienste der Mitgliedsstaaten Informationen lieferten. Das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz steuerte ebenfalls einen Report bei. Weitere Berichte kamen aus Zypern, Spanien und Griechenland.
Ein anderer Schwerpunkt der Konferenz im April soll auf Gruppen liegen, die grenzüberschreitenden Widerstand gegen Schienennetzwerke organisieren. Gemeint sind wohl die Proteste gegen die Hochgeschwindigkeitsverbindung durch das Susa-Tal im Nordwesten Italiens. Die dortige Bevölkerung leistet seit 20 Jahren erbitterten Widerstand gegen den »Treno ad Alta Velocità« (TAV). Die »No TAV«-Bewegung findet einen starken Rückhalt in der italienischen wie auch internationalen Linken.
Auch Aktivitäten des »No Border«-Netzwerks sollen bei dem Treffen thematisiert werden. Womöglich hat das polizeiliche Interesse mit dem Grenzcamp im September 2010 in Brüssel zu tun, das mithilfe des deutschen Polizeispitzels Simon Bromma ausgespäht worden war. Die belgische Polizei hatte kurz darauf den linksradikalen Block aus einer internationalen Gewerkschaftsdemonstration herausgeprügelt.
Der Chef des deutschen Bundeskriminalamts hatte letztes Jahr von einer »Europäisierung der Anarchoszene« orakelt. Deren Protagonisten aus Griechenland, Spanien, Großbritannien, Frankreich, Dänemark und Deutschland würden angeblich »schwerste Straftaten« begehen. Deshalb müßten Polizeien vermehrt »international und konspirativ« agieren. Den Einsatz britischer Spitzel in Heiligendamm begründete er mit Aktivitäten von »Euroanarchisten, militanten Linksextremisten und -terroristen«. Deutlicher wurde das Bundesinnenministerium in der Antwort auf eine kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko (Die Linke): Die erfolgreichen Gipfelproteste wurden darin mit der »grenzüberschreitenden Versendung von Briefbomben« in Verbindung gebracht.