Die Klimakrise ist jetzt! Die revolutionäre Klimabewegung geht auf die Strasse

Am 11. Februar 2023 findet in Basel eine Demonstration der revolutionären Klimabewegung statt. Ajour hat mit Leuten vom Klimakollektiv «Jetzt Kämpfen» gesprochen, welches die Demo organisiert.

Ajour: Ihr ruft für den 11. Februar 2023 zu einer revolutionären Klimademonstration in Basel auf. Wie sah eure Mobilisierung aus? Was erwartet ihr von dieser Demo und wie reiht sie sich in eure bisherige politische Praxis ein?

Timo: Die Demonstration ist der Höhepunkt einer Kampagne, die schon seit längerem läuft. Wir haben vor knapp einem Jahr das revolutionäre Klimakollektiv gegründet, um eine revolutionäre Position in der Klimabewegung zu entwickeln und sichtbar zu machen. Zunächst haben wir uns jeweils den Klimastreiks angeschlossen, nun ist das unsere erste grössere Mobilisierung. Wir sind sehr gespannt.

Du sagst, die Demonstration ist der Höhepunkt einer längeren Kampagne. Was habt ihr da gemacht?

Timo: Mit der Kampagne haben wir auch versucht, die Vernetzung unter den ausserparlamentarischen Klimakräfte zu stärken. In Basel haben wir uns bemüht die Kampagne möglichst offen zu gestalten, um anschlussfähig für interessierte Menschen zu sein. Auch haben wir in verschiedenen Städten in der Schweiz Veranstaltungen gemacht und waren an Vernetzungstreffen in Deutschland.

Lua: Wir haben einige inhaltliche Veranstaltungen zu verschiedenen Themen gemacht. Anfangs Februar kommen beispielsweise Genossinnen aus den Philippinen und erzählen über ihren Kampf gegen die Auswirkungen der Klimakrise. Auch haben wir viele Konzerne durchleuchtet, die in Basel ansässig sind. Sie versuchen ein grünes Image zu pflegen, aber sind weltweit verantwortlich für Ausbeutung und Zerstörung der Natur.

Die Konzerne stehen im Mittelpunkt eurer Kampagne. Das Motto lautet «Die Klimakrise ist jetzt! Die Verantwortlichen sind hier!» Wer sind diese Verantwortlichen?

Natürlich liegt das Augenmerk auf dem Bankenplatz und den internationalen Konzernen. Sie haben hier vielleicht nur ihre schicken Bürotürme, aber an anderen Orten auf der Welt, vor allem im globalen Süden, verursacht ihr Handeln unglaubliches Leid. Und darauf basieren ihre Milliardenprofite. Das sind die Verantwortlichen, aber gleichzeitig müssen wir uns auch klarmachen, dass dahinter ein System steht. Wenn ein Konzern damit aufhören würde, wäre schon morgen der nächste zur Stelle und würde weitermachen. Gegen diese Konzerne und ihr Treiben gibt es weltweit Widerstand. Uns ist es wichtig, diesen sichtbar zu machen und zu überlegen, wie ein Widerstand hier aussehen könnte.

Und wie könnte der Widerstand gegen diese Konzerne in der Schweiz aussehen?

Das ist eine sehr schwer zu beantwortende Frage. Auf jeden Fall wollen wir ein Bewusstsein in der Öffentlichkeit schaffen. Dabei geht es aber nicht nur um die Kritik an diesen Konzernen als Verantwortliche der Klimakrise, sondern auch darum zu zeigen, dass es sich um ein Systemproblem handelt. Und dann ist unsere Strategie grundsätzlich, den Widerstand von unten aufzubauen. Da wollen wir längerfristig schon auch versuchen mit den Angestellten dieser Konzerne zusammen zu arbeiten – zumindest mit denen, die nicht direkt davon profitieren.

Der Bewegung rund um den Klimastreik war es immer ein Anliegen, politisch möglichst breit und anschlussfähig zu sein. «Jetzt Kämpfen» bezeichnet sich als «revolutionäres Klimakollektiv» und antistaatlich. Was sind die Gründe und Ziele für diese autonome Organisierung?

Hier in Basel war der Klimastreik von parlamentarischer Politik geprägt. Uns ist es wichtig, eine antistaatliche und antikapitalistische Position sichtbar zu machen und dafür auch eine Organisierungsmöglichkeit zu schaffen. Nichtsdestotrotz sehen wir uns als Teil der Klimabewegung.

Bei unserer Gründung war auch wichtig, dass uns in der Klimabewegung eine strategische Debatte gefehlt hat. Man weiss irgendwie, dass man im Recht ist und es geht darum, „auf allen Ebenen Druck aufzubauen“, wie es dann so schön heisst. Ich verstehe dieses Bedürfnis sehr gut, aber wir hatten trotzdem das Gefühl, dass uns diese Vorstellung nicht wirklich voranbringt. Wir müssen die Umstände verstehen, um um dann auch an den richtigen Orten anzusetzen. Wir sagen, ein revolutionärer Umbruch ist nötig. Sowohl in den bürgerlichen Medien, als auch in Teilen der Klimabewegung heisst es immer, „wir alle“ seien verantwortlich für die Klimakrise und müssten etwas dagegen unternehmen. Wir sagen: „Nein, wir sitzen nicht alle im gleichen Boot. Wir haben nicht alle dieselben Interessen.“ Und aus dieser Analyse entspringen dann auch auch praktische Konsequenzen, eben zum Beispiel, dass wir es als zentral erachten, die Arbeiter:innen – gerade auch dieser fossilen Konzerne – einzubinden, weil wir die Klasse nicht nur als Betroffene der Klimakrise betrachten, sondern als Subjekt einer gesellschaftlichen Transformation.

Auf der anderen Seite finden wir es wichtig, die revolutionäre Perspektive in die Klimabewegung hineinzutragen, sondern umgekehrt auch die Wichtigkeit der ökologischen Frage für die revolutionäre Bewegung betonen. Revolutionäre Linke haben das Thema ziemlich lange vernachlässigt. Es ist unsere Absicht, das zu ändern.

Dass der Kapitalismus für die Klimakrise verantwortlich ist, bestreitet mittlerweile kaum jemand mehr. In der Klimabewegung werden verschiedene Taktiken und Strategien versucht. Es ist eine Herausforderung, sich vorzustellen, wie diese Taktiken und Strategien zu einer wie auch immer gearteten grünen Transformation führen können. Reformistische Teile der Klimabewegung scheinen aber geübter, anschlussfähige und denkbare Wege zu präsentieren. Wie sähe eine revolutionäre Perspektive aus?

Wir haben sicher keinen fertigen Plan. Unsere Kampagne dient auch genau dazu, sich dieser Frage zu nähern. Wir bilden uns intern, organisieren Veranstaltungen, besuchen Genoss:innen im In- und Ausland und tauschen uns über diese Fragen aus.

Gibt es Beispiele, wo eine Verbindung zwischen der Klimabewegung und der Klasse versucht wurde?

Wir waren zum Beispiel in München. Dort sollte ein Autoteile-Werk der Firma Bosch geschlossen werden und die Produktion nach Asien verlagert werden. Die Begründung des Managements war, dass das Werk aus Umweltschutzgründen nicht mehr tragbar sei. Die Arbeiter:innen – es waren mehrere hundert – wollten das natürlich nicht hinnehmen. Sie sagten: „Es stimmt vielleicht, dass wir keine Autoteile mehr brauchen. Aber dann können wir etwas Nützliches für die Gesellschaft produzieren.“ Und so schlugen sie vor, das Werk auf die Produktion von Beatmungsgeräten umzurüsten – die waren damals mitten in der Coronapandemie schliesslich sehr gefragt.

Nice! Aber was hat die Klimabewegung damit zu tun?

Genoss:innen des Klimatreffen München standen mit den Arbeiter:innen in Kontakt und haben sie bei ihrem Vorhaben unterstützt. Sowohl haben sie gemeinsam Forderungen überlegt als auch zusammen Aktionen gemacht. Während den Protesten gegen Internationale Autoausstellung (IAA) 2021 in München demonstrierten auch mehrere hundert Menschen gegen die Schliessung des Werks und zeigten sich solidarisch mit den Arbeiter:innen. Es geht uns natürlich auch darum, die Perspektive einer selbstverwalteten, demokratischen Wirtschaft zu erarbeiten. Wie liesse Ernährungssicherheit gewährleisten, woher kommt die Energie, was bedeutet es, die Gesundheitsversorgung umzugestalten? Mit diesen Fragen müssen wir uns heute schon befassen. Und da wird in der Klimabewegung bereits viel Arbeit reingesteckt. Davon können wir viel lernen.

Basel scheint ein gutes Pflaster für Klimapolitik zu sein. Im Oktober wurde die Klimagerechtigkeitsinitative «Basel 2030» von der Stimmbevölkerung überraschend angenommen. Wie ordnet ihr diesen Erfolg ein?

Wir waren kein Teil von «Basel 2030», insofern ist unser Blick einer von aussen. Ihr Ansatz, in den Quartieren Gruppen zu organisieren und mit Haustürgesprächen Menschen zu überzeugen, ist sehr spannend. Ich würde auch sagen, es ist total wichtig, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und die Fragen der Klimakrise im konkreten Alltag zu besprechen. Insofern lässt sich davon bestimmt etwas abschauen.

Ich denke der Erfolg der Initiative ist sicher ein Ausdruck davon, dass sich in Basel sehr viele Menschen für die Klimakrise interessieren. Gleichzeitig ist es auch trügerisch, zu viel Hoffnung auf die parlamentarische Politik zu setzen. Wenn jetzt viele denken «Super, die Initiative wurde angenommen, bis in X Jahren ist Basel klimaneutral» und sich dann zurücklehnen, wäre damit auch nicht viel gewonnen. Deshalb wäre es wichtig, solche Kampagnen mit konkreten Forderungen zu verbinden – etwa ein Gratis-ÖV. Dazu bräuchte es dann sicher auch den Druck von der Strasse.

Es gibt vielerorts Versuche die Klimakrise mit dem sozialen Alltag zu verbinden. Im Rheinland etwa sind einige Aktivist:innen regelmässig zu RWE gegangen, um mit den Arbeiter:innen ins Gespräch zu kommen. Es gibt den scheinbaren Widerspruch, dass der Stopp des Braunkohle-Abbaus die Arbeitsplätze vernichten würde. Aber diese Arbeitsplätze werden in den nächsten Jahren sowieso wegfallen. RWE wird diese Leute dann einfach auf die Strasse stellen, wie das im Kapitalismus halt üblich ist. Arbeiter:innen und die Klimabewegung haben deshalb ein gemeinsames Interesse daran, nach langfristigen Alternativen zu suchen. Und da sollten wir ansetzen.

Auch in Basel gibt es einige Versuche für eine autonome Klassenpolitik von unten. Gruppen wie Kleinbasel Solidarisch oder die Basisgewerkschaft IGA versuchen die Basisorganisierung voranzutreiben. Nach diesem Interview gehen wir an die Demo «Preise runter, Löhne rauf, Reiche zur Kasse». Gibt es Ansätze, Erfahrungen oder Überlegungen, wie sich diese Kämpfe mit dem Klimakampf verbinden lassen?

Als Klimakollektiv beteiligen wir uns aktiv an solchen Kampagnen, etwa gegen Preiserhöhungen und die Energiekrise. Wir diskutieren auch regelmässig, wie wir uns in die Basisarbeit einbringen können. Da lohnt sich wieder der Blick nach Deutschland. Wir haben Genoss:innen aus verschiedenen Städten getroffen, die über die Kämpfe der Belegschaften im öffentlichen Nahverkehr erzählt haben. Im Rahmen von Tarifrunden haben die Gewerkschaften primär Lohnforderungen aufgestellt. Klimaaktivist:innen haben sich daran beteiligt, aber auch weitergehende Forderungen aufgestellt wie etwa, dass der öffentliche Verkehr gratis sein soll. Jetzt gibt es das Ziel, die Kämpfe zusammen zu führen und etwa beim nächsten Klimastreik auch einen Streik bei den Nahverkehrsbetrieben aufzurufen.

Wir müssen aber auch die Grenzen sehen. Es ist schwierig, einfach in Betriebe reinzugehen. Es gibt auch eine starke mediale Hetze gegen die Klimabewegung. Da wird teilweise offen von Gewalt gegen Aktivist:innen phantasiert. Es gibt also sehr viele Vorurteile gegen uns. Das braucht also Zeit. Wir wollen in einem ersten Schritt daran arbeiten, diesen Graben zu überwinden, präsent zu sein und klarzumachen «Hey, wir sind, wir sind auf der gemeinsamen Seite». Die Ausbeutung der Arbeit und die Zerstörung der Natur sind zwei Quellen des Profits.

Demo «Die Klimakrise ist jetzt! Die Verantwortlichen sind hier!», 11.02.2023, 15.00 De-Wette-Park, Basel

Quelle: https://www.ajourmag.ch/revolutionaere-klimabewegung/

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“Wir haben einen Traum” Kurzfilm mit anschliessender Diskussion (27.1 18h Stattkino)

Geflüchtete sprechen öffentlich über ihre Probleme und Wünsche im Zugang zur Bildung. Unsere Gesellschaft sollte den starken Willen und die Motivation von Geflüchteten, sich zu bilden, unterstützen – und nicht behindern. Das ist Thema des neuen Kurzfilms «Wir haben einen Traum».

VPOD in Kooperation mit dem Verein “Bildung für alle – jetzt!” und Solinetz Luzern.

anschliessend Podiumsdiskussion mit Ylfete Fanaj (SP Regierungsratskandidatin), Laura Spring (Kantonsrätin Grüne), Monika Eicke (Abteilungsleiterin Beratungs- und Informationszentrum für Bildung und Beruf) und zwei betroffenen Personen.
Moderation Urban Sager (Mittelschullehrer, Dozent PH Luzern und VPOD -Mitglied).

Anmeldung erwünscht:
https://zentralschweiz.vpod.ch/kalender/2023/veranstaltung-wir-haben-einen-traum/

Anschliessend offerierter Apero

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Nach Sturm auf Brasília: 80 Militärs entlassen, 1.030 Personen in Haft

Brasília. Während die Ermittlungen zur Finanzierung und Planung des Sturms auf den Kongress in Brasilien anhalten, hat Präsident Luiz Inácio Lula da Silva mehrere hochrangige Militärs entlassen.

Insgesamt wurden 1.984 Personen festgenommen. 1.030 davon befinden sich noch im Gewahrsam. 599 Menschen wurden aus humanitären Gründen freigelassen, beispielsweise Mütter mit Kindern, alte, kranke und wohnungslose Menschen. Zudem haben 355 Personen elektronische Fußfesseln bekommen. Sie dürfen laut Richter Alexandre de Moraes vom Obersten Gerichtshof (STF) keine sozialen Medien nutzen und keine Waffen bei sich tragen. Zudem verlieren ihre Reisepässe die Gültigkeit.

Eine Reportage des Magazins Valor zeigt auf, dass zumindest ein Teil der “Bolsonaristas” gut auf den Anschlag vorbereitet war. Sowohl das Nutzen von Handschuhen und Masken, als auch die Auswahl der Waffen und das koordinierte Vorgehen deuten demnach darauf hin, dass die Vorfälle länger geplant und vorbereitet waren.

Diesen Verdacht bestätigt auch die Aussage einer der Personen, die in Verbindung mit dem vereitelten Bombenattentat auf den Flughafen Brasília (amerika21 berichtete) in Verbindung gebracht wird. Er sagte aus, dass der Zündstoff aus Pará gekommen sei, von einem Auftraggeber, der selbst Kurse belegt hat, um zu erfahren, wie Sprengkörper hergestellt werden. Die Polizei kommentierte, dass sie sich aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht dazu äußern werde.

Das Oberste Gericht untersucht ebenfalls weiterhin die Rolle der Polizei und des Militärs. Präsident Lula hat in diesem Zusammenhang insgesamt 80 hochrangige Militärs des Amtes enthoben. Sie seien seinem Vorgänger loyal, aber nicht der Republik.

Insbesondere kritisiert er die fehlende Kommunikation der Nachrichtendienste. “Wenn ich am Freitag gewusst hätte, dass 8.000 Menschen hierherkommen, hätte ich Brasília nicht verlassen”, betont er, der selbst nicht vor Ort war, als am 8. Januar Anhänger:innen von Ex-Präsident Bolsonaro den Präsidentenpalast, den Obersten Gerichtshof und den Kongress stürmten.

Lula hat auch den Armeechef General Júlio César de Arruda entlassen. Der Washington Post zufolge habe Arruda Festnahmen explizit verhindert und wörtlich zu Justizminister Flávio Dino gesagt: “Ihr werdet hier keine Leute festnehmen”. Als neuen Kommandeur der Streikräfte hat der Präsident General Tomás Ribeiro Paiva eingesetzt.

Bolsonaro hingegen hält sich seit dem 30. Dezember in Florida auf. Noch immer ist unklar, wann er nach Brasilien zurückkehren wird. In einem offenen Brief haben sich nun mehrere US-Politiker:innen an Präsident Joe Biden gewandt, er möge “die Demokratie und den brasilianischen Rechtsstaat unterstützen”. Nicht nur solle das Visum von Bolsonaro überprüft, sondern auch Ermittlungen aufgenommen werden, ob und inwiefern konservative Kräfte aus den USA an den Geschehnissen beteiligt gewesen sind.

“Nach unserem Verständnis, ist Herr Bolsonaro in die USA eingereist, als er noch Präsident von Brasilien war, möglicherweise hat er dies mit einem A-1-Visum getan, das Personen bei diplomatischen oder offiziellen Besuchen vorbehalten ist. Da er nicht mehr Präsident von Brasilien und derzeit kein brasilianischer Beamter ist, bitten wir, seine Situation im Land neu zu bewerten, um zu überprüfen, ob es eine Rechtsgrundlage für seinen Aufenthalt gibt, und alle diplomatischen Visa, die er möglicherweise hat, zu widerrufen”, fordern die inzwischen 46 Unterzeichner:innen des Dokuments. Man dürfe nicht zulassen, dass ehemalige brasilianische Politiker:innen in die USA flüchten, um der Strafverfolgung möglicherweise begangener Verbrechen zu entgehen.

US-Außenminister Antony Blinken erklärte dazu nur, er habe diesbezüglich keine Forderungen seitens des brasilianischen Staates erhalten.

Quelle: https://amerika21.de/2023/01/262360/brasilien-bolsonaristas-verhandlungen

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Eine äußerst verfahrene Situation

Dutzende Tote, Hunderte von Verletzten und keine Aussicht auf einen Ausweg aus der politischen Krise: In Peru wurde erneut der Ausnahme­zustand ausgerufen.


Die Übergangsregierung Perus hat einen seit Sonntag geltenden 30tägigen Notstand in der Hauptstadt Lima sowie drei weiteren Provinzen im Süden ausgerufen. Dadurch sind das verfassungsmäßige Recht auf Versammlungs- und Reisefreiheit und die Unverletzlichkeit der Wohnung ausgesetzt, das Eingreifen der Armee erlaubt. Seit der Amtsenthebung und Verhaftung des linken Präsidenten Pedro Castillo am 7. Dezember halten die schweren Unruhen in Peru an. Castillo wird vorgeworfen, dass er widerrechtlich das Parlament auflösen wollte, um einem Amtsenthebungsverfahren zu entgehen (Jungle World 51/2022). Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei kamen seit Anfang Dezember mindestens 42 Menschen ums Leben, Hunderte wurden teilweise schwer verletzt, Dutzende verhaftet. Die Demonstran­t:in­nen fordern die Auflösung des Kongresses, des peruanischen Einkammerparlaments, Neuwahlen noch in diesem Jahr, eine verfassunggebende Versammlung und den Rücktritt von Übergangspräsidentin Dina Boluarte. Den lehnt die 60jährige Rechtsanwältin ab, forderte den Kongress jedoch auf, vorgezogene Wahlen anzusetzen. Innenminister Víctor Rojas Herrera, Frauenministerin Grecia Rojas Ortiz sowie Arbeitsminister Eduardo García Birimisa sind vorige Woche zurückgetreten.

Der Flughafen von Cusco, dem Touristenzentrum im Süden, wurde am 12. Januar nach zwei Tagen der Schließung durch das Verkehrsministerium wieder geöffnet; auch der zunächst ebenfalls eingestellte Zugverkehr zur nahen historischen Inka-Stadt Machu Picchu wurde mittlerweile wiederaufgenommen. In der gesamten Region gibt es Straßenblockaden, Proteste und ein Maß an Empörung, das auch Carlos Herz, der Direktor einer kirchlichen Bildungseinrichtung in Cusco, selten erlebt habe: »Auch auf den Bergbau im Süden werden die Proteste einen spürbaren Effekt haben.«

Es deute vieles da­rauf hin, dass die Wirtschaft Perus einbrechen werde. Herz verurteilt die Gewalt, die vor allem von den Sicherheitskräften ausgehe. Das Gros der Toten hätten der Nationalen Menschen­rechtskoordination aus Lima zufolge Polizei und Armee durch gezielte Schüsse zu verantworten, oft aus wenigen Metern und teilweise mit verbotener Munition. Die Regierung habe das brutale Vorgehen der Ordnungskräfte gedeckt, es mit dem Verweis auf die Unterwanderung der Protestbewegung aus dem Drogenmilieu und durch Anhänger von Splitterorganisationen der aufgelösten maoistischen Guerillaorganisation Sendero Luminoso (Leuchtender Pfad) verteidigt, sagt Herz. Die peruanische Polizei gab am Freitag voriger Woche die Festnahme der Gewerkschaftsführerin Rocío Leandro aus der südlichen Region Ayacucho bekannt, der Kontakte zum Sendero Luminoso sowie die Finanzierung und Rekrutierung von Demonstrant:innen zur Last gelegt werden.

Boluarte, die seit dem 8. Dezember das Land als Nachfolgerin Castillos regiert, hat kaum politischen Rückhalt. In der eigenen Partei, der gespaltenen und wenig progressiven linkssozialis­tischen Perú Libre, wird sie weitgehend abgelehnt. Für die Demonstrant:innen ist sie meist eine »Verräterin«. Aus dem Lager der konservativen Parteien hat sie ohnehin keine Unterstützung zu erwarten. Die Generalstaatsanwaltschaft in Peru hat Ermittlungen gegen die Regierung wegen »Völkermords, vorsätz­licher Tötung und schwerer Körperverletzung« angekündigt. Die Vorermittlungen richteten sich außer gegen Boluarte auch gegen Ministerpräsident Alberto Otárola, den zurückgetretenen Víctor Rojas und Verteidigungsminister Jorge Chávez Cresta. Otárola hatte sich vor die Ordnungskräfte gestellt und ­ihnen dafür gedankt, dass sie »während des Ausnahmezustands für die Kon­trolle der öffentlichen Ordnung« gesorgt hätten.

Salomón Lerner Febres, ehemaliger Vorsitzender der peruanischen Wahrheitskommission zur Aufklärung der Menschenrechtsverletzungen in Peru zwischen 1980 und 2000, begrüßt die Ermittlungen, hält aber den Begriff des Völkermords für unangemessen. Lerner zufolge zeigen die Proteste die grundlegende Zweiteilung des Lands in einen eher weißen Mestizo-Teil und einen weitgehend abgehängten indigenen Teil und zudem, wie zerrüttetet das politische System sei. »Für die indigene Bevölkerung, die in Peru von der konservativen Elite offen diskriminiert wird, ist Pedro Castillo ihr Präsident, der unter fadenscheinigen Gründen aus dem Amt gedrängt wurde«, meint Lerner. Er bewertet die 18 Monate von dessen Amtszeit zwar als Desaster, weil Castillo keine seiner Ankündigungen wie die Förderung des kleinbäuerlichen Sektors oder die Bildungsreform verwirklicht habe, aber eine echte Chance dazu habe er auch nicht gehabt, weil die Rechte vom ersten Tag an Castillo jegliche Unterstützung im Parlament verweigert habe.

Carlos Herz verweist darauf, dass die Protestbewegung im Süden Perus besonders stark ist. Dort ist der Widerstand gegen die Plünderung natürlicher Ressourcen in den letzten Jahren gewachsen, zum Beispiel gegen die Kupfermine Tía María, welche die Ackerflächen und die Trinkwasserversorgung Hunderter Kleinbauern bedroht. Die Menschen hier forderten eine an ihren ­Bedürfnissen und nicht an denen der Vermögenden orientierten Politik und Neuwahlen unter der Regie einer glaubwürdigen Übergangsregierung noch in diesem Jahr, so Herz.

Seit Jahren scheitern notwendige ­Reformen am Wahlrecht, auch die Novellierung der Verfassung scheitert an den politischen Verhältnissen im Parlament. »Dort agieren Parteien und Wahlbündnisse, die für die Interessen von Oligarchen eintreten und ausschließlich persönliche Ziele verfolgen«, sagt Herz. Er plädiert für eine Wahlrechtsreform, die die Zulassung zu den Wahlen an einem dezidierten Parteiprogramm, politischen Konzepten und der Gemeinnützigkeit festmacht. In den vergangenen sieben Jahren wechselten sich genauso viele Prä­si­den­t:in­nen ab, strukturelle Reformen sind dabei immer wieder auf der Strecke geblieben. Wie die in den kommenden Monaten initiiert werden sollen, ist derzeit nicht ersichtlich.

Quelle: https://jungle.world/artikel/2023/03/eine-aeusserst-verfahrene-situation

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Nehmt den Faschisten alles weg! Vor allem die Plattform.

In letzter Zeit können wir in den verschiedensten etablierten Zeitungen immer öfters über Neonazi-Grüppchen wie die “Junge Tat” lesen. Dieser Hype hat uns dazu veranlasst, unsere Diskussionen dazu und vor allem auch unsere Kritik an einem bürgerlichen Antifaschismus und dessen medialen Darstellung des Faschismus zu veröffentlichen. Dafür ist es wichtig zu verstehen, wie er sich in unserer Gesellschaft bewegt und woher diese Ideologie kommt.

Der Faschismus gehört zur kapitalistischen Gesellschaft, wie eine Pflanze in die Erde, sie ist ihr Nährboden. Diese wirtschaftliche Ordnung basiert auf der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Doch nicht alle Ausbeutungsverhältnisse sind gleich und es gibt Unterschiede, wie die der Überausbeutung. Von dieser sind insbesondere Menschen im globalen Süden und im lokalen, prekarisierten Niedriglohnsektor Arbeitenden betroffen. Diese Ungleichheit unter den Ausgebeuteten kann dazu genutzt werden, sie gegeneinander auszuspielen. Dass es immer Menschen gibt, die unter noch schlechteren Arbeitsbedingungen malochen müssen, schürt die Angst davor abzusteigen und diese wird mittels kulturellem Rassismus noch verstärkt. Eine repressive Migrationspolitik stellt genau diesen Zustand sicher und eine rassistische Kultur wird aufrechterhalten, um die Menschen dazu zu veranlassen, nach unten, zu den noch mehr Ausgebeuteten zu treten, statt nach oben, zu denen, die von diesen Verhältnissen profitieren.

Reproduktive Arbeit, also Arbeit die Ware Arbeitskraft reproduziert, sei es wortwörtlich durch das Gebären, Erziehen und Pflegen oder durch Putzen, Kochen etc., wird zum grössten Teil von Frauen oder Menschen die von der Gesellschaft in diese Rolle gedrängt werden, verrichtet. Diese Art von Arbeit ist vollkommen entwertet, denn die Kosten für diesen essentiellen Beitrag zur Gesellschaft können durch diese Entwertung des als “weiblich” verstandenen, externalisiert werden. Um die Profite der Reichen zu schützen, muss dieses Verhältnis also weiter bestehen, denn ansonsten müsste der so geschaffene und erhaltene Reichtum der Menschheit auch wirklich unter den Menschen, die dafür den Aufwand tragen verteilt werden.

Um die bestehenden Verhältnisse aufrechtzuerhalten, ist es also oft im Interesse der Herrschenden, die rückwärtsgewandte Politik von Faschisten zu unterstützen und sich wenigstens partiell auf ihre Seite zu stellen. Das soll nicht heissen, alle Herrschenden seien zwangsläufig ideologisch Faschisten, nur dass sich ihre Interessen oftmals überschneiden. Neonazis sind allerdings nur der “verwilderte” und irrationale Auswuchs der kapitalistischen Verhältnisse. Es ist aber klar, dass die kapitalistische Gesellschaft sie hervorbringt und ihnen den Nährboden für ihre menschenverachtende Politik bereitet.

“(…) blöd ist es zu sagen, der Kapitalismus geht noch, aber der Faschismus, das ist zu viel.” – Berthold Brecht: Der Idee, daß man den Faschismus aushalten könnt, in: Flüchtlings-gespräche

Wer sich die Berichterstattung über faschistische Gruppen in den bürgerlichen Medien der Deutschschweiz anschaut und für einen Moment das unterliegende Hufeisen vernachlässigt, wird merken, dass sie eine Bedrohung hochstilisieren, die der Realität nicht gerecht wird und komplett den Kontext vermissen lässt. Klar, die Hampels der “Jungen Tat” gehen tätlich Menschen an, aber sie haben gesellschaftlich gesehen keine politische Macht. Ihre gesamte Politik beruht auf Aufmerksamkeit und diese wird ihnen von der bürgerlichen Presse sehr bereitwillig gegeben. Wahrscheinlich generiert es für sie schön Klicks und so sind sie auch ökonomisch daran interessiert den Neonazi-Hype aufrechtzuerhalten. Dass dies die Neonazis stärkt, scheint sie nicht zu interessieren.

Dass die SVP direkt die Parole der “Jungen Tat” nach deren Angriff auf die Vorlesestunde “Drag Story Time” im Zürcher Tanzhaus wiedergibt, kann vielleicht überraschen, weil sie sich somit tatsächlich den Neonazis öffentlich weiter annähert, nicht jedoch unter dem Gesichtspunkt, dass sie genau diese tief rechte politische Schiene seit eh und je fahren[1]. Nur verbreiten sie ihre Ideologie im Parlament und wirken damit bis in die Mitte der Gesellschaft, sodass scheints Vorlesestunden angegriffen werden müssen, bis die bürgerlichen Medien in der Schweiz Faschisten als solche erkennt.

Was diese jungen Faschos gefährlich macht, sind weniger ihre Aktionen, als die zahlreichen Plattformen, die ihnen dafür geboten werden, um sie zu verbreiten. Die “Junge Tat” hat einen tiefen Organisationsgrad und ihre Aktionen sind symbolisch und wirken nur durch ihre Medienpräsenz. Die SVP ist mit ihrer menschenverachtenden Migrationspolitik insofern viel gefährlicher, weil sie effektiv dafür kämpft, Menschen im Mittelmeer ertrinken zu lassen und prekärere Bedingungen schafft für Menschen ohne schweizer Pass.

Bürgerliche Zeitungen sind mitverantwortlich, dass diese kleine Gruppe von Neonazis gefährlicher wird, weil sie mit ihrem Sensationsjournalismus ihnen eine Plattform für ihre rechte Hetze geben und so aufbauschen. Auch lenkt ein solcher Diskurs von der teilweise faschoiden Politik in den Parlamenten ab und es kann sich, ab ein paar extremen Spinnern enerviert werden. Der Diskurs verschiebt sich jedoch trotzdem, weil sie keine emanzipatorische Gegenposition entwickeln, die irgendeine realistische Perspektive aufzeigen würde. Es sollte allerdings nicht von ihnen erwartet werden, denn sie lehnen die kapitalistisch eingerichtete Gesellschaft nicht ab, die immer, wie oben beschrieben, eine Tendenz zum Faschismus hat. Das effektivste, um ihn einzudämmen, ist es, dem Faschismus keinen Platz zu geben, was für diese Medien hiesse, ihnen keine Plattform zu Verfügung zu stellen.

Es gibt dabei auch vereinzelt Ausnahmen, wie zum Beispiel, wenn die Wochenzeitung (WOZ) schreibt, wie tief die Verbindungen zwischen “Junge Tat” und SVP sind und die Klarstellung, dass Identitäre einfach nett angezogene Neonazis sind[2]. Nichtsdestotrotz, bürgerlicher Antifaschismus verläuft sich leider allzu schnell darin, die Neonazis einfach schlecht zu finden, aber keine Gegenposition dazu zu haben. Es ist auch keine Lösung, den Faschos mehr staatliche Repression an den Hals zu wünschen, denn im politischen Kampf um eine befreite Gesellschaft können wir nicht darauf zählen, dass der Staat nicht dieselben repressiven Mittel auf emanzipatorische Bewegungen anwendet.

Antifaschismus ist dann am effektivsten, wenn er aus einer emanzipatorischen und kämpferischen Arbeiter:innen-Klasse oder breiten Solidaritätsbewegung mit einer Perspektive kommt. Eine antifaschistische Praxis, die sich auf die Stärke der Bewegung verlassen kann und das Potenzial der Solidarität und Kritik anerkennt.

Es ist wichtig, den Faschos ihre Plattformen zu nehmen, sei dies auf der Strasse, in den Medien oder in den Parlamenten. Auf eine revolutionäre antifaschistische Praxis hinzuarbeiten, heisst, dass wir ein Alltagsverständnis der gegenseitigen Hilfe und Solidarität, sowie der Anerkennung der Wichtigkeit von Selbstorganisation und Selbstschutz etablieren müssen. Eine Gesellschaft ohne Faschismus werden wir allerdings erst erlangen können, wenn der Kapitalismus in Trümmern liegt.

Bis dahin:
No pasarán!
Schulter an Schulter gegen den Faschismus!
und Nazis aufs Maul!

[1] Statement zur Störung der Drag Story Time vom 16. Oktober – Tanzhaus Zürich – 21.11.2022 https://www.tanzhaus-zuerich.ch/aktuell/details/statement-zur-störung-der-drag-story-time-vom-16-oktober

[2] Die Schwiegersohn-Neonazis – WOZ – 15.12.22
https://www.woz.ch/2250/rechtsextremismus/rechtsextremismus-die-schwiegersohn-neonazis/!JJPNM2QWZACD

Gefunden auf https://rjbw.org/archiv/nehmt-den-faschisten-alles-weg-vor-allem-die-plattform

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Das WEF gegen Alle – Alle gegen das WEF

Sie können es nicht lassen: Auch im Januar 2023 treffen sich in Davos allerlei Wirtschaftsbosse, zusammen mit selbsternannten Wohltäter*innen und Regierungsvertreter*innen, um über die Gestaltung der Welt und die Aufteilung der knappen Ressourcen in den Krisen unserer Zeit zu verhandeln.

Dieses Mal wird unter dem Motto “Kooperation in einer zersplitterten Welt” ins sichere Schweizer Hinterland eingeladen. Es geht um die Frage, wie die Bereicherung der Wirtschaftselite sichergestellt werden kann.Tatsächlich brennt es in verschiedenen Teilen der Welt. Zeitgleich wüten Kriege, die Klimakrise, die Energiekrise, die Krise des Gesundheitssystems, kurz: Eine Krise des Systems, die sich in unterschiedlichen Formen äussert. Doch während dieser Krisen zeigen sich auch Perspektiven, welche für die Herrschenden eine Bedrohung darstellen. Revolutionäre feministische Aufstände und Streiks im Iran, der grösste Streik an akademischen Einrichtungen der US-amerikanischen Geschichte, streikende Lokführer*innen in England, die Gerîla in Kurdistan und der Generalstreik in Griechenland: Die Menschen wehren sich und bauen Druck von unten auf. Sie organisieren sich zu einer Gegenmacht, die sich den Mächtigen und ihrer Profitgier in den Weg stellt und Alternativen aufzeigt!

Auch in der Schweiz regt sich Widerstand. Im vergangenen Jahr gab es starke antikapitalistische, antifaschistische und feministische Mobilisierungen. Im Gesundheitswesen schritt die Organisierung weiter voran und die Bauarbeiter*innen zeigten ihre Kampfbereitschaft für einen guten Landesmantelvertrag an verschiedenen schweizweiten Streik- und Protesttagen. Gegen das neue Ölkraftwerk in Birr Aargau, das Herzensprojekt der Öllobby in der Schweiz, finden ebenfalls Aktionen statt.

All diese Kämpfe finden nicht isoliert statt, sondern rütteln alle an der Wurzel der Krisen: dem Kapitalismus!

An der SMASH WEF-Demo am 17.01.23 bringen wir diese verschiedenen Kämpfe auf den Strassen Zürichs zusammen! Heraus zur Demo um 19:00 Uhr auf dem Ni-Una-Menos-Platz (ehem. Helvetiaplatz)!

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Musigburg Aarburg, weiterhin ein Konzertlokal der anderen Art

Bereits 2017 hat das Lautstark Magazin eine Recherche zur Musigburg veröffentlicht.
Auch wenn das Programm des Lokals in Aarburg mit diversen Veranstaltungen und Bands aufwartet, ein Blick hinter die Kulissen zeigt nämlich, wer die Geschäftsführung und was für ein Lokal das insgesamt ist.
Brisant sind der Umgang der Gemeinde Aarburg damit und die Aktivitäten der Geschäftsführung als Investor in eine neue Bar in Olten.
Eine Zusammenfassung früherer Recheren und neue Erkenntnisse.

Am 7.1.2023 findet erneut die Onkelz Cover Nacht zum 13. Mal in der Musigburg Aarburg statt.

Dieses Jahr wird wieder die Band “28 Onkelz Cover Band” auftreten. Diese haben bereits häufig mit anderen grauzone und Rechtsrockbands wie zum Beispiel der Skinband “Raufhandel”, “Krawallbrüder” sowie “Glas zu Glaz” gespielt. Die Musiker von Glas zu Glaz waren stark in der ehemaligen PNOS verwurzelt.
Es überrascht daher nicht, dass sich unter den Gästen der Musigburg immer wieder Personen aus dem rechtsextremen Milieu wie auch bekannte Neonazis befinden.
Hinter der Musigburg steckt Roland Url als Geschäftsführer.
Im Oktober 2022 kandidierte dieser parteilos für den freien Sitz im Gemeinderat Aarburg.
Url pflegte Freundschaften in die deutsche rechtsextreme Szene und ehemaligen V-Leuten. Weiter ist bekannt das er enge Kontakte zu Neonazis und der Blood & Honour Szene in der Schweiz hat. Mehr dazu im Lautstark #26 (Link am Ende des Textes).
Nach unseren Recherchen ist Url weiterhin mit diesen Personen in Kontakt.

Hierbei ist es unglaublich problematisch das auch die Gemeinde Aarburg einen solchen Event auf ihrer Webseite bewirbt.

Am Standort des ehemaligen Kulturlokal Coq’dor, hinter dem Bahnhof Olten, ist seit Oktober 2022 eine neues Szene ähnliches Lokal eröffnet worden. Auch da hat Roland Url nach unseren Recherchen, als Anteilseigner (Investor) die Finger im Spiel und es lässt vermuten dass die Bar mit dem “kreativen” Namen “Güggu-Bar” in Zukunft ebenfalls ein Treffpunkt für Personen des rechten und rechtsextremen Spektrums werden könnte.


P.S.

Mehr zu der Vergangenheit von Url und dem Eventlokal Musicburg:
(Ein Konzertlokal der anderen Art; Lautstark S.22, 10.2017 #26)
lautstark_26_2017.pdf (antifa.ch)
https://www.antifa.ch/wp-content/uploads/2017/11/lautstark_26_2017.pdf

Gemeinde Aarburg:
www.aarburg.ch/anlaesseaktuelles/5330273

Zofinger Tagblatt:
https://zofingertagblatt.ch/gemeinderatskandidat-ronald-url-aarburg-darf-seine-einzigartigkeit-und-den-staedtli-charakter-nicht-verlieren/

Bild Musigburg:
https://zofingertagblatt.ch/droht-der-musigburg-nach-dem-verkauf-der-krone-das-aus/

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Stellungnahme von LA ROTONDA zur Juch-Räumung

Guten Tag

Mein Name ist LA ROTONDA. Ich bin ein Wagenplatz in der Stadt Zürich. Ein Heim, ein Zuhause, ein Ort, an dem Menschen zusammen leben. Ich bin zwar eine unkonventionelle, marginale Wohnform, trotzdem bin ich hier. Aber jetzt brauche ich einen neuen Standort. Das bedeutet, die Stadt Zürich braucht neue Wagenplätze!

Deshalb habe ich letzten Mittwoch, den 14.12.2022 das Juchareal an der Juchstrasse in Altstetten besetzt. Was darauf geschah, ist für mich im höchsten Grade inakzeptabel und unverständlich! Im Folgenden möchte ich meine Beobachtungen dazu schildern:

Als ich auf den Platz fuhr sah ich, wie gerade eine Abnahme stattfand. Da waren Vertreter der HRS und der Stadt Zürich. Ich habe sie begrüsst und ihnen gesagt, dass ich meine Wägen bringe. Sie waren verständlicherweise etwas überrascht und überfordert. Der Vertreter der HRS beruhigte sich relativ schnell. Der Vertreter der Stadt hat leider komplett überreagiert. Ich signalisierte ihm klar Gesprächsbereitschaft und erklärte ihm, dass ich die Stadt Zürich zeitgleich brieflich wie auch telefonisch über mein Vorgehen in Kenntnis setzte, inklusive Entwurf eines Nutzleihvertrags. Dies hat er komplett ignoriert und darauf hin die Polizei informiert.

Ein von mir gesuchtes Gespräch fand leider nie statt, ab jetzt gab es nur noch Repression.

Die Polizei fuhr mit zahlreichen Einsatzkräften vor und kreiste das Gelände ein, in Vollmontur und bewaffnet. Von Anfang an provozierten einzelne Polizisten mit martialischen Gesten und mit herablassenden Kommentaren. Das Ganze wuchs zu einer gross angelegten Operation heran. Weitere Versuche meinerseits, mit der Stadt telefonisch in Kontakt zu treten, blieben fruchtlos, stattdessen wurde vom Vertreter der HRS und vom Städtischen Tiefbaudepartement Anzeige gegen mich erstattet und es zeichnete sich ab, dass das Gelände polizeilich geräumt werden würde. Das Areal zu verlassen war schon seit geraumer Zeit nicht mehr möglich: Menschen, die zu gehen versuchten, wurden von Beamten daran gehindert. Die absolute Unverhältnismässigkeit des Szenarios gipfelte in einem brutalen Angriff: Ausserhalb des Areals wurde eine Person von gewalttätigen Polizisten attackiert. Die Folge daraus: Starke Rückenbeschwerden mit anfänglichem Verdacht auf Kreuzbeinbruch und ein Schädel-Hirn-Trauma! Mehr ist dazu nicht zu sagen. Die Polizisten wussten, was sie taten, feige und brutal.

Desweiteren war die polizeiliche Abmahnung, innerhalb von 4 Minuten das Areal zu verlassen, eine Farce. Denn erstens war es weiterhin nicht möglich zu gehen und zweitens war es offensichtlich, dass ich mehr Zeit brauchte, um mit meinen Wägen vom Areal runter zu kommen. Die Deadline war für mich nicht einhaltbar. Die von der Polizei angekündigte „Personenkontrolle“ bedeutete in Wirklichkeit Wegweisungen, Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruch und Festnahmen von allen Personen, die nicht in der Schweiz gemeldet sind. Die Polizei versucht zur Zeit immer wieder, das Wort Räumung zu vermeiden, aber dies war eine Räumung!

Das einzige Zugeständnis von Seiten des Einsatzleiters war, dass ich nach der Kontrolle mehr Zeit bekam, um meine Wägen vom Platz zu schaffen. Ansonsten gab es keinerlei Dialog.

Ich bin entäuscht, traurig und wütend. Ich wurde als Besetzerin absolut unverhältnismässig behandelt und kriminalisiert. Die Verantwortlichen dafür orte ich bei der Stadt Zürich und deren Polizei, wobei mir unklar ist, wer von beiden das Geschehen bestimmt. Handelt die Polizei eigenmächtig oder ist dies der Wille der Stadtregierung, wie mit Besetzungen umzugehen ist? Ich beobachte seit längerem bei verschiedenen Aktionen und Anlässen, dass die Polizei ausser Kontrolle geratene Beamte nicht im Griff hat. Diese gewalttätigen und diskriminierenden Auswüchse sind nicht zu akzeptieren. Ich fordere von deren Vorsteherin Karin Rykard, dazu Stellung zu beziehen. Auf der Homepage ihres Sicherheitsdepartements ist zu lesen: „…damit das Klima in der Stadt Zürich auch in Zukunft von Toleranz, Rücksicht und nachbarschaftlicher Solidarität geprägt sein soll, braucht es neben den unausweichlichen polizeilichen Massnahmen zur Gewährleistung von Schutz und Sicherheit einen fairen und kooperativen Dialog auf der Basis gegenseitigen Vertrauens.“ Ein solcher Dialog war, um es nochmals zu betonen, nicht möglich und aus meiner Sicht ging an diesem Morgen die einzige Gefahr von provozierenden und gewaltbereiten Polizisten aus.

Wenn Menschen, die am Rande einer harmlosen Platzbesetzung von der Polizei als Besetzer*innen eingeordnet werden, damit rechnen müssen, von der Polizei in den Rollstuhl geprügelt zu werden, wo führt das hin?

Ich fordere von der gesamten Stadtregierung, Gesicht zu zeigen und sich nicht hinter einer Rot Grünen Fassade zu verstecken.

Ich fordere von Simone Brander, der Vorsteherin des Tiefbaudepartements, sowie von der HRS, die Anzeige gegen mich zurück zu ziehen. Ort des Geschehens am 14.12.2022 war ein zum grössten Teil leer stehender Kiesplatz, nicht die Schweizerische Nationalbank!

Und überhaupt fordere ich: Beruhigt euch mal!

Ich bin hier und gehöre als Wagenplatz mit vielen anderen autonomen Projekten mit zu dieser Stadt.

Zürich braucht autonome Räume. Für Politik, Kultur, Arbeit und verschiedene Wohnformen!

Ich bin hier und ich brauche Platz! Und ich werde bleiben!

Wir bleiben Alle!

Alles wird besetzt!

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»Selbst Schwerverletzte wollen keinen Rettungsdienst«

Polen und Litauen: Brutale Gewalt gegen Flüchtlinge an Grenze zu Belarus. Schweizer Gruppe hilft Opfern. Ein Gespräch mit Luca Ebner

Eine Gruppe aus der Schweiz unterstützt seit Mitte November Menschen auf der Flucht, zunächst an der Grenze von Belarus zu Polen, später dann auch an der zu Litauen. Geplant ist, das bis diesen Montag fortzusetzen. Was haben Sie erlebt?

Der Grenzzaun zwischen Polen und Belarus, eine 5,5 Meter hohe und 186 Kilometer lange, mit NATO-Draht bestückte Stahlkonstruktion, soll Menschen davon abhalten, in die EU zu gelangen. Jüngst wurden elektronische Bewegungsmelder und Wärmebildkameras installiert. Militär und freiwillige Armee-Einheiten patrouillieren in Polen. Doch all das stellt für die Flüchtenden lediglich eine Erschwernis dar, kein Hindernis. Sie nehmen dann gefährlichere Wege in Kauf, durchwaten im Winter Flüsse und Sümpfe. Auf dieser Route reisen meist Menschen aus ehemals kolonialisierten Ländern in Zentral- und Südasien oder auch Afrika. Viele hatten sich zuvor in Russland aufgehalten. Fluchtgründe sind Krieg, Vertreibung, politische Verfolgung, Verarmung und Hunger aufgrund kolonialer Ausbeutung, Folgen des Klimawandels oder die Hoffnung auf ein besseres Leben.

Es geht in der Grenzregion sehr repressiv zu.

Immer wieder wird berichtet, dass Militär und Grenzbeamte Menschen in Belarus gewaltsam zwingen, die Grenze nach Polen zu überqueren. Werden sie dort entdeckt, droht ihnen der »Push« zurück. Selbst Schwerverletzte bitten darum, nicht den Rettungsdienst zu rufen, da sein Einsatz auch Polizei oder Grenzwachen alarmiert. Die polnische Grenztruppe »Straz Graniczna« kann eigenständig entscheiden, wer das Recht hat, einen Asylantrag zu stellen. Wer es schafft, landet oft in geschlossenen, überfüllten Lagern, sogenannten »Detention Centers«. Polen ist daher selten das Ziel, viele reisen zum Beispiel nach Deutschland und Frankreich weiter.

Gehen Polen und Litauen an ihren Grenzen zu Belarus unterschiedlich vor?

Menschen in den polnischen Wäldern werden von staatlichen Beamten geschlagen, getreten, vergewaltigt und anderen körperlichen Gewalttaten ausgesetzt. Telefone, Geld und Klamotten werden ihnen geraubt und zerstört. Unbemerkt über Felder und Waldwege zu laufen, ist fast unmöglich. Welche offiziellen Befugnisse das Militär in der Grenzregion hat, wird nicht kommuniziert. In Litauen hatten wir bisher keine Begegnung mit Behörden, doch auch hier kommt es täglich zu »Pushbacks« durch Grenzwache und Polizei. Nach Aussage von Betroffenen ist das Vorgehen der Grenzbeamten an der polnisch–belarussischen und an der litauisch–belarussischen Grenze ähnlich.

Kann der Grenzübergang in die EU überhaupt gelingen?

Werden Menschen in den Wäldern oder auf der Weiterreise in Richtung Deutschland aufgegriffen, werden sie in der Regel an die belarussische Grenze »zurückgeführt«. Oft treffen wir innerhalb kurzer Zeit mehrmals auf dieselben Menschen, da sie wenig später wieder in den polnischen Wäldern ankommen. Manche haben das mehr als zehn Mal hinter sich. Viele sind verletzt. Das Spektrum der Verletzungen reicht von Prellungen, Platzwunden und Knochenbrüchen bis hin zu Unterkühlungen und Erfrierungen sowie lebensbedrohlichen Infektionen.

Sie möchten nicht mit Klarnamen benannt sein – warum?

Der Umgang mit Aktivisten und Unterstützern ist repressiv. Ermittlungsverfahren zum Vorwurf der Beihilfe zum illegalen Grenzübertritt laufen. Die Polizei schikaniert während der Verkehrskontrollen im Grenzgebiet. Genossen berichten von gewalttätigen Übergriffen. Sie wurden aus Autos gezerrt, mussten sich zur Personenkontrolle auf die Straße legen, wurden bedroht. Juristisch stellen weder Hilfsmaßnahmen im Wald, das Beherbergen von illegalisierten Menschen, noch deren Mitnahme in einem Fahrzeug einen Straftatbestand dar. Im Gegenteil: Es ist Pflicht, Menschen in Notsituationen zu helfen.

Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/440675.eu-abschottungspolitik-selbst-schwerverletzte-wollen-keinen-rettungsdienst.html

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Platzkundgebung Rojava Verteidigen in Luzern am 16.12.22

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