NoWEF 2017

Das Weltwirtschaftsforum WEF steht wieder vor der Tür. Einmal mehr, an der 47. Durchführung, treffen sich führende Vertreter*innen aus Wirtschaft und Politik in Davos zum Gipfeltreffen. Auch wenn das WEF dieses Jahr von den Protesten rund um Donald Trumps Amtseinführung überschattet werden wird, bleibt es für die herrschenden Akteur*innen doch ein wichtiges Ereignis.

nowef2017
Das WEF ist keinesfalls ein Gefäss, von welchem aus die Welt regiert wird, sondern dient dem Austausch von Strategien und der Vernetzung.
Ausserdem steht die Zelebrierung der angeblich unendlichen Möglichkeiten des Kapitalismus im Mittelpunkt. Selber beschreibt sich das WEF als Forum, in dem die grossen Herausforderungen der Welt diskutiert und angegangen werden sollen. So akzeptieren die Beteiligten, dass es Probleme gibt auf dieser Welt und inszenieren sich dann als die grossen Problemlösenden. Dabei ist die Lösung natürlich immer die ach so grossartige Innovationskraft des Kapitalismus.
Das bedeutet dann konkret Privatisierung, Automatisierung und das Schaffen von neuen Märkten.
Natürlich ist es keine Überraschung, dass trotz den vergangenen 46 Jahren WEF nie eine tatsächliche Verbesserung für den grössten Teil der Menschheit eingetreten ist. Das WEF soll aber auch keine Probleme lösen, sondern dient hauptsächlich der Verbreitung der Ideologie des neoliberalen Kapitalismus.
Das kapitalistische System, welches in Davos abgefeiert wird, produziert seit jeher nur Krisen und Unterdrückung. Denn ein System, welches auf unbegrenztes Wachstum setzt, zieht seinen Erfolg aus Ungleichheit und Konkurrenz. Denen, die davon profitieren, ist dies durchaus bewusst – doch die Logik des Profits kennt keine Moral und macht weder Halt vor Mensch noch Umwelt.

Aber längst nicht alle Menschen sehen tatenlos zu, nein: Überall auf der Welt widersetzen sich Leute den Auswirkungen und Zwängen des Kapitalismus. Sie erheben sich und geben sich aktiv als Gegenbewegung zu erkennen.
So werden multinationale Konzerne in die Knie gezwungen, wie aktuell bei dem Vorhaben „Dakota Access Pipeline“ in Dakota, wo Indigene und Solidarische sich gegen den Riesenkonzern Energy Transfer Partners stellten und so – zumindest vorläufig – den Bau einer Pipeline stoppten. Diese Pipeline bedroht die Lebensgrundlage und Souveränität der Indigenen. Oder wie in Rojava, wo sich Menschen mithilfe des organisierten Widerstandes gegen den IS wehren und ein autonomes Gebiet erkämpfen konnten. In dieser Region wollen sie autonome solidarische Strukturen fern von staatlicher Kontrolle aufbauen.

Dieses Jahr gehört die NOWEF Demo den Widerständischen auf der ganzen Welt. Von Mexiko über Frankreich bis nach Indien und Australien gibt es organisierte Formen des Widerstands und revolutionäre Perspektiven. Wenn die Herrschenden ihren Führungsanspruch erneut geltend machen wollen, zeigen wir ihnen, dass wir bei diesem Spiel nicht mitmachen!

Unser Widerstand gegen das kapitalistische System und alle Formen der Herrschaft!
Heraus zur NoWEF – Demo am Samstag 14. Januar 2017!

Informiere dich jederzeit über die Aktualitäten unter https://nowef.noblogs.org/ und in den sozialen Medien unter #NoWEF2017.

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Das andere Davos 2017

dasanderedavos
Im Januar 2017 findet in Davos das 47. Jahrestreffen des World Economic Forum (WEF) statt. Dieses Treffen vereint die mächtigsten „Wirtschaftsführer“, einflussreiche Politiker*innen sowie die Verantwortlichen von internationalen Institutionen wie IWF, WTO, oder EZB.
Unter dem Motto „Den Zustand der Welt verbessern“ versuchen die Organisator*innen und Teilnehmer*innen des WEF seit Jahrzehnten der Öffentlichkeit zu zeigen, dass sie ernsthaft an der Lösung gesellschaftlicher Probleme interessiert seien. Dabei sind es gerade sie, die als Repräsentant*innen der kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung täglich Armut und Unterdrückung verursachen.
Angesichts des europaweiten Rechtsrutsches, des antifeministischen gesellschaftlichen Rollbacks, der rassistischen Hetze gegen Geflüchtete, der brutalen Spar- und Verarmungspolitik und der kriegerischen Auseinandersetzungen vor den Toren Europas finden wir es unbedingt notwendig, über gesellschaftliche Alternativen zum Kapitalismus zu diskutieren.
Um eine Gegenöffentlichkeit zum WEF zu schaffen, organisiert die Bewegung für den Sozialismus BFS in Zürich am Samstag, 14. Januar 2017 ein alternatives Forum – das Andere Davos. Am Vorabend findet zudem ein Stadtrundgang durchs revolutionäre Zürich vor 100 Jahren statt.
Die Konferenz wird auf Deutsch, Englisch und Französisch übersetzt. Zudem wird während dem ganzen Programm in der Spielbaracke auf dem Kanzleiareal eine Kinderbetreuung organisiert. Anschliessend an das offizielle Programm gibt es am Samstagabend Vokü und eine Soliparty im Provitreff in Zürich.

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Terror gegen HDP

Nach Anschlag auf »Elitesoldaten«: Büros der »Demokratischen Partei der Völker« (HDP) verwüstet. Regierungsanhänger rufen zu Mord auf

Bei einem Anschlag auf die türkische Armee wurden am Sonnabend in der mittel­anatolischen Industriestadt Kayseri mindestens 14 Soldaten getötet. Sie gehörten einer »Eliteeinheit« an, die für Kriegsverbrechen berüchtigt ist. Das Attentat wurde mittels einer Autobombe verübt, die vor dem Mannschaftsbus gezündet wurde. Mehr als 50 weitere Armeeangehörige wurden zum Teil schwer verletzt.

Der Angriff galt Angehörigen der in Kayseri stationierten 1. Kommando­brigade, die im Frühjahr dieses Jahres in Städten wie Cizre, Nusaybin und Sur, dem Altstadtteil der Metropole Diyarbakir, im Einsatz war. Während monatelanger Ausgangssperren waren dort Hunderte Zivilisten massakriert und ganze Wohnviertel mit schweren Waffen dem Erdboden gleichgemacht worden. Als die türkischen Streitkräfte im August die Grenze zu Syrien überschritten, bildete die Kommandobrigade die Speerspitze des Einmarschs. Zusammen mit Söldnerverbänden aus dem Umfeld der Al-Qaida griff die türkische Armee im Norden Syriens Stellungen der kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG an.

Zu dem Anschlag vom Samstag bekannte sich bis Redaktionsschluss niemand. Während die Regierung Erdogan bereits kurz nach der Tat die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) der Täterschaft bezichtigte, verurteilte die linke und prokurdische »Demokratische Partei der Völker« (HDP) das Attentat scharf. Dennoch geriet letztere in das Visier der Neofaschisten: Hunderte Anhänger der »Grauen Wölfe« attackierten am Sonnabend das Büro der HDP in Kayseri. Wie HDP-Funktionäre gegenüber der kurdischen Nachrichtenagentur Firat News berichteten, habe die Polizei die Rechtsextremen in das Gebäude gelassen. Die Angreifer entfernten das HDP-Schild am Eingang, steckten das Büro in Brand und hissten die Fahne der neofaschistischen Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP). Anschließend stürmte der Mob auch Räumlichkeiten der sozialistischen Partei EMEP, des Gewerkschaftsbundes DISK und der sozialdemokratischen Republikanischen Volkspartei (CHP). In der Nacht zum Sonntag verwüsteten und brandschatzten islamistische und faschistische Rollkommandos nach Angaben der HDP insgesamt 20 ihrer Parteibüros, unter anderem in Istanbul, Ankara, Izmir und Eskisehir. Der HDP-Abgeordnete Ziya Pir warnte gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) von einer »Pogromstimmung« gegen seine Partei.

Die Hetzte gegen prokurdische Kräfte hat in der vergangenen Woche, nach einem Anschlag der von der PKK abgespaltenen Gruppe »Freiheitsfalken Kurdistan« (TAK) auf Polizisten in Istanbul, ein neues Ausmaß erreicht. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Donnerstag eine »nationale Mobilmachung« verkündet und die Bevölkerung dazu aufgefordert, alle Verdächtigen und deren Unterstützer den Behörden melden. Bei einer Welle von Razzien zu Beginn der Woche waren schon rund 570 Menschen verhaftet worden, darunter mehrere Abgeordnete der HDP. Während Regierungsanhänger in sozialen Netzwerken mittlerweile unverhohlen zum Mord an HDP-Politikern aufrufen, meldete der Nachrichtenticker des Fernsehsenders CNN Türk am Sonntag, Angriffe auf HDP-Büros seien ein »Beitrag im Kampf gegen den Terrorismus«.

Quelle: http://www.jungewelt.de/2016/12-19/001.php

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“RTS – Reclaim the Streets” in Luzern

Am gestrigen Freitag Abend nahmen sich rund 200 Menschen die Strassen Luzerns und zogen in einem bunten, lebhaften und fröhlichen Umzug durch die Stadt. Dabei konnte auf unterschiedliche Art Kritik geäussert werden. So wurden z.B. mehrere Transparente gehängt, die für mehr Freiraum, gegen Sexismus und weniger Kommerzialisierung standen.
Zudem wurde der Polizeiposten, Banken, SBB Gebäude und einige Architekturbüros mit Parolen verziert. Dabei wurde unter Anderem auf Nekane aufmerksam gemacht, welche seit über einem halben Jahr in Untersuchungshaft sitzt (mehr dazu findet ihr hier: Freiheit für Nekane), für den Widerstand gegen die Gipfeltreffen WEF/G20 mobilisiert, die Mitverantwortung der SBB beim unmenschlichen Ausschaffungssystem angeprangert und die Rolle der Architekturbüros in der Stadtaufwertung aufgezeigt. Anscheinend lassen sich nicht alle in Luzern von der glitzernden Weihnachtsbeleuchtung die Sinne vernebeln, es gibt durchaus einige, die sich auf die Strasse wagen und mehr wollen als dem leblosen Konsum zu frönen!

Der Umzug konnte nach rund 1,5h ohne nennenswerte Zwischenfälle zu Ende geführt und selbstbestimmt aufgelöst werden.

#Luzern #Demo #RTS #Umzug #Freiraum

Quelle: facebook

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“Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt”

Am 9. November gegen 8.30 Uhr erwacht Michal Kosinski in Zürich im Hotel Sunnehus. Der 34-jährige Forscher ist für einen Vortrag am Risikocenter der ETH angereist, zu einer Tagung über die Gefahren von Big Data und des sogenannten digitalen Umsturzes. Solche Vorträge hält Kosinski ständig, überall auf der Welt. Er ist ein führender Experte für Psychometrik, einen datengetriebenen Nebenzweig der Psychologie. Als er an diesem Morgen den Fernseher einschaltet, sieht er, dass die Bombe geplatzt ist: Entgegen den Hochrechnungen aller führenden Statistiker ist Donald J. Trump gewählt worden.

Lange betrachtet Kosinski Trumps Jubelfeier und die Wahlergebnisse der einzelnen Bundesstaaten. Er ahnt, dass das Ergebnis etwas mit seiner Forschung zu tun haben könnte. Dann atmet er tief durch und schaltet den Fernseher aus.

Am gleichen Tag versendet eine bis dahin kaum bekannte britische Firma mit Sitz in London eine Pressemitteilung: «Wir sind begeistert, dass unser revolutionärer Ansatz der datengetriebenen Kommunikation einen derart grundlegenden Beitrag zum Sieg für Donald Trump leistet», wird ein Alexander James Ashburner Nix zitiert. Nix ist Brite, 41 Jahre alt und CEO von Cambridge Analytica. Er tritt stets im Massanzug und mit Designerbrille auf, die leicht gewellten blonden Haare nach hinten gekämmt.

Der nachdenkliche Kosinski, der gestriegelte Nix, der breit grinsende Trump – einer hat den digitalen Umsturz ermöglicht, einer hat ihn vollführt, einer davon profitiert.

Wie gefährlich ist Big Data?

Jeder, der nicht die letzten fünf Jahre auf dem Mond gelebt hat, kennt den Begriff «Big Data». Big Data bedeutet auch, dass alles, was wir treiben, ob im Netz oder ausserhalb, digitale Spuren hinterlässt. Jeder Einkauf mit der Karte, jede Google-Anfrage, jede Bewegung mit dem Handy in der Tasche, jeder Like wird gespeichert. Besonders jeder Like. Lange war nicht ganz klar, wozu diese Daten gut sein sollen – ausser dass in unserem Facebook-Feed Blutdrucksenker beworben werden, weil wir grad «Blutdruck senken» gegoogelt haben. Unklar war auch, ob Big Data eine grosse Gefahr oder ein grosser Gewinn für die Menschheit ist. Seit dem 9. November kennen wir die Antwort. Denn hinter Trumps Onlinewahlkampf und auch hinter der Brexit-Kampagne steckt ein und dieselbe Big-Data-Firma: Cambridge Analytica mit ihrem CEO Alexander Nix. Wer den Ausgang der Wahl verstehen will – und was auf Europa in den nächsten Monaten zukommen könnte –, muss mit einem merkwürdigen Vorfall an der britischen Universität Cambridge im Jahr 2014 beginnen. Und zwar an Kosinskis Department für Psychometrik.

Psychometrie, manchmal auch Psychografie genannt, ist der wissenschaftliche Versuch, die Persönlichkeit eines Menschen zu vermessen. In der modernen Psychologie ist dafür die sogenannte Ocean-Methode zum Standard geworden. Zwei Psychologen war in den 1980ern der Nachweis gelungen, dass jeder Charakterzug eines Menschen sich anhand von fünf Persönlichkeitsdimensionen messen lässt, den Big Five: Offenheit (Wie aufgeschlossen sind Sie gegenüber Neuem?), Gewissenhaftigkeit (Wie perfektionistisch sind Sie?), Extraversion (Wie gesellig sind Sie?), Verträglichkeit (Wie rücksichtsvoll und kooperativ sind Sie?) und Neurotizismus (Sind Sie leicht verletzlich?). Anhand dieser Dimensionen kann man relativ genau sagen, mit was für einem Menschen wir es zu tun haben, also welche Bedürfnisse und Ängste er hat, und aber auch, wie er sich tendenziell verhalten wird. Das Problem aber war lange Zeit die Datenbeschaffung, denn zur Bestimmung musste man einen komplizierten, sehr persönlichen Fragebogen ausfüllen. Dann kam das Internet. Und Facebook. Und Kosinski.

Für den Warschauer Studenten Michal Kosinski begann ein neues Leben, als er 2008 an der ehrwürdigen Cambridge University in England aufgenommen wurde: am Zentrum für Psychometrie, im Cavendish Laboratory, dem ersten Psychometrie-Labor überhaupt. Mit einem Studienkollegen stellte Kosinski eine kleine App ins damals noch überschaubare Facebook: Auf MyPersonality, so hiess die Applikation, konnte man eine Handvoll psychologischer Fragen aus dem Ocean-Fragebogen ausfüllen («Lassen Sie sich bei Stress leicht aus der Ruhe bringen?» – «Neigen Sie dazu, andere zu kritisieren?»). Als Auswertung erhielt man sein «Persönlichkeitsprofil» – eigene Ocean-Werte –, und die Forscher bekamen die wertvollen persönlichen Daten. Statt, wie erwartet, ein paar Dutzend Studienfreunde hatten schnell Hunderte, Tausende, bald Millionen ihre innersten Überzeugungen verraten. Plötzlich verfügten die beiden Doktoranden über den grössten jemals erhobenen psychologischen Datensatz.

Das Verfahren, das Kosinski mit seinen Kollegen über die nächsten Jahre entwickelt, ist eigentlich recht einfach. Zuerst legt man Testpersonen einen Fragebogen vor. Das ist das Onlinequiz. Aus ihren Antworten kalkulieren die Psychologen die persönlichen Ocean-Werte der Befragten. Damit gleicht Kosinskis Team dann alle möglichen anderen Onlinedaten der Testpersonen ab: was sie auf Facebook gelikt, geshared oder gepostet haben, welches Geschlecht, Alter, welchen Wohnort sie angegeben haben. So bekommen die Forscher Zusammenhänge. Aus einfachen Onlineaktionen lassen sich verblüffend zuverlässige Schlüsse ziehen. Zum Beispiel sind Männer, die die Kosmetikmarke MAC liken, mit hoher Wahrscheinlichkeit schwul. Einer der besten Indikatoren für Heterosexualität ist das Liken von Wu-Tang Clan, einer New Yorker Hip-Hop-Gruppe. Lady-Gaga-Follower wiederum sind mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit extrovertiert. Wer Philosophie likt, ist eher introvertiert.

Kosinski und sein Team verfeinern die Modelle unablässig. 2012 erbringt Kosinski den Nachweis, dass man aus durchschnittlich 68 Facebook-Likes eines Users vorhersagen kann, welche Hautfarbe er hat (95-prozentige Treffsicherheit), ob er homosexuell ist (88-prozentige Wahrscheinlichkeit), ob Demokrat oder Republikaner (85 Prozent). Aber es geht noch weiter: Intelligenz, Religionszugehörigkeit, Alkohol-, Zigaretten- und Drogenkonsum lassen sich berechnen. Sogar, ob die Eltern einer Person bis zu deren 21. Lebensjahr zusammengeblieben sind oder nicht, lässt sich anhand der Daten ablesen. Wie gut ein Modell ist, zeigt sich daran, wie gut es vorhersagen kann, wie eine Testperson bestimmte Fragen beantworten wird. Kosinski geht wie im Rausch immer weiter: Bald kann sein Modell anhand von zehn Facebooks-Likes eine Person besser einschätzen als ein durchschnittlicher Arbeitskollege. 70 Likes reichen, um die Menschenkenntnis eines Freundes zu überbieten, 150 um die der Eltern, mit 300 Likes kann die Maschine das Verhalten einer Person eindeutiger vorhersagen als deren Partner. Und mit noch mehr Likes lässt sich sogar übertreffen, was Menschen von sich selber zu wissen glauben. Am Tag, als Kosinski diese Erkenntnisse publiziert, erhält er zwei Anrufe. Eine Klageandrohung und ein Stellenangebot. Beide von Facebook.

Nur für Freunde sichtbar

Facebook hat inzwischen die Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Posten eingeführt. Im «privaten» Modus können nur die eigenen Freunde sehen, was man likt. Aber das bleibt kein Hindernis für Datensammler: Während Kosinski stets das Einverständnis der Facebook-User erfragt, verlangen viele Onlinequiz heute den Zugang zu privaten Daten als Vorbedingung für Persönlichkeitstests. (Wer keine grosse Sorge um die eigenen Daten hat und sich selbst anhand seiner Likes auf Facebook einschätzen lassen will, kann das auf Kosinskis Seite  applymagicsauce.com machen und anschliessend seine Ergebnisse mit denen eines «klassischen» Ocean-Fragebogens vergleichen: discovermyprofile.com/personality.html.)

Aber es geht nicht nur um die Likes auf Facebook: Kosinski und sein Team können inzwischen Menschen allein anhand des Porträtfotos den Ocean-Kriterien zuordnen. Oder anhand der Anzahl unserer Social-Media-Kontakte (ein guter Indikator für Extraversion). Aber wir verraten auch etwas über uns, wenn wir offline sind. Der Bewegungssensor zeigt zum Beispiel, wie schnell wir das Telefon bewegen oder wie weit wir reisen (korreliert mit emotionaler Instabilität). Das Smartphone, stellt Kosinski fest, ist ein gewaltiger psychologischer Fragebogen, den wir konstant bewusst und unbewusst ausfüllen. Vor allem aber, und das ist wichtig zu verstehen, funktioniert es auch umgekehrt: Man kann nicht nur aus Daten psychologische Profile erstellen, man kann auch umgekehrt nach bestimmten Profilen suchen – etwa: alle besorgten Familienväter, alle wütenden Introvertierten. Oder auch: alle unentschlossenen Demokraten. Was Kosinski genau genommen erfunden hat, ist eine Menschensuchmaschine.

Immer deutlicher erkennt Kosinski das Potenzial – aber auch die Gefahr seiner Arbeit.

Das Netz erschien ihm immer wie ein Geschenk des Himmels. Er will ja eigentlich zurückgeben, teilen, sharen. Daten sind kopierbar, sollen doch alle etwas davon haben. Es ist der Geist einer ganzen Generation, der Beginn eines neuen Zeitalters ohne die Grenzen der physischen Welt. Aber was passiert, fragt sich Kosinski, wenn jemand seine Menschensuchmaschine missbraucht, um Menschen zu manipulieren? Er beginnt, alle seine wissenschaftlichen Arbeiten mit Warnungen zu versehen. Mit seinen Methoden könnten «das Wohlergehen, die Freiheit oder sogar das Leben von Menschen bedroht» werden. Aber niemand scheint zu verstehen, was er meint.

In dieser Zeit, Anfang 2014, tritt ein junger Assistenzprofessor namens Aleksandr Kogan an Kosinski heran. Er habe eine Anfrage eines Unternehmen, das sich für Kosinskis Methode interessiere. Die Facebook-Profile von zehn Millionen US-Nutzern sollen psychometrisch vermessen werden. Zu welchem Zweck, das könne er nicht sagen, es gebe strenge Geheimhaltungsauflagen. Kosinski will erst zusagen, es geht um sehr viel Geld für sein Institut, zögert dann aber. Schliesslich rückt Kogan mit dem Namen der Firma heraus: SCL – Strategic Communications Laboratories. Kosinski googelt die Firma: «Wir sind eine weltweit agierende Wahl-Management-Agentur», liest er auf der Unternehmenswebsite. SCL bieten Marketing auf Basis eines psycho-logischen Modells. Schwerpunkt: Wahlbeeinflussung. Wahlbeeinflussung? Verstört klickt sich Kosinski durch die Seiten. Was ist das für eine Firma? Und was haben diese Leute in den USA vor?

Was Kosinski zu diesem Zeitpunkt nicht weiss: Hinter SCL verbirgt sich ein kompliziertes Firmenkonstrukt mit Ablegern in Steuerparadiesen – wie die Panama Papers und Wikileaks-Enthüllungen zeigen. Manche haben bei Umstürzen in Entwicklungsländern mitgewirkt, andere entwickelten für die Nato Methoden zur psychologischen Manipulation der Bevölkerung in Afghanistan. Und mittlerweile sind SCL auch die Mutterfirma von Cambridge Analytica, jener ominösen Big-Data-Bude, die für Trump und Brexit den Onlinewahlkampf organisierte.

Kosinski weiss davon nichts, aber er ahnt Ungutes. «Die Sache begann zu stinken», erinnert er sich. Bei seinen Nachforschungen entdeckt er, dass Aleksandr Kogan heimlich eine Firma registriert hat, die mit SCL Geschäfte macht. Aus einem Dokument, das dem «Magazin» vorliegt, geht hervor, dass SCL Kosinskis Methode durch Kogan kennenlernte. Plötzlich dämmert Kosinski, dass Kogan sein Ocean-Modell kopiert oder nachgebaut haben könnte, um es der Wahlbeeinflussungsfirma zu verkaufen. Sofort bricht er den Kontakt zu ihm ab und informiert den Institutsleiter. Innerhalb der Universität entfacht sich ein komplizierter Konflikt. Das Institut sorgt sich um seinen Ruf. Aleksandr Kogan zieht erst einmal nach Singapur, heiratet und nennt sich fortan Dr. Spectre. Michal Kosinski wechselt an die Stanford University in den USA.

Ein Jahr lang ist es ziemlich ruhig, dann, im November 2015, verkündet die radikalere der beiden Brexit-Kampagnen, «leave.eu», getragen von Nigel Farage, sie habe eine Big-Data-Firma beauftragt, ihren Wahlkampf online zu unterstützen: Cambridge Analytica. Kernkompetenz der Firma: neuartiges Politmarketing, sogenanntes Mikrotargeting – auf Basis des psychologischen Ocean-Modells. 

Kosinski bekommt Mails, was er damit zu tun habe – bei den Stichworten Cambridge, Ocean und Analytics denken viele zuerst an ihn. Zum ersten Mal hört er von der Firma. Entsetzt schaut er auf die Website. Sein Albtraum ist wahr geworden: Seine Methodik wird im grossen Stil für politische Zwecke eingesetzt.

Nach dem Brexit im Juli prasseln Beschimpfungen auf ihn ein: Schau nur, was du getan hast, schreiben Freunde und Bekannte. Überall muss Kosinski erklären, dass er mit dieser Firma nichts zu tun hat.

Erst Brexit, dann Trump

Zehn Monate später. Es ist der 19. September 2016, die US-Wahl rückt näher. Gitarrenriffs erfüllen den dunkelblauen Saal des New Yorker Grand Hyatt Hotels, Creedence Clearwater Revival: «Bad Moon Rising». Der Concordia Summit ist eine Art Weltwirtschaftsforum in Klein. Entscheidungsträger aus aller Welt sind eingeladen, unter den Gästen befindet sich auch Bundesrat Schneider-Ammann. «Bitte heissen Sie Alexander Nix, Chief Executive Officer von Cambridge Analytica, willkommen», verkündet eine sanfte Frauenstimme aus dem Off. Ein schlanker Mann im dunklen Anzug betritt die Bühnenmitte. Es herrscht gebannte Stille. Viele hier wissen: Das ist Trumps neuer Digital-Mann. «Bald werden Sie mich Mr. Brexit nennen», hatte Trump einige Wochen zuvor etwas kryptisch getwittert. Politikbeobachter hatten zwar auf die inhaltliche Ähnlichkeit zwischen Trumps Agenda und jener des rechten Brexit-Lagers verwiesen. Die wenigsten aber hatten den Zusammenhang mit Trumps kürzlichem Engagement einer weithin unbekannten Marketingfirma bemerkt: Cambridge Analytica.

Trumps Digitalkampagne hatte davor mehr oder minder aus einer Person bestanden: Brad Parscale, einem Marketingunternehmer und gescheiterten Start-up-Gründer, der Trump für 1500 Dollar eine rudimentäre Website aufgebaut hatte. Der 70-jährige Trump ist kein Digitaltyp, auf seinem Arbeitstisch steht nicht einmal ein Computer. So etwas wie eine E-Mail von Trump gibt es nicht, hat seine persönliche Assistentin einmal verraten. Sie selber habe ihn zum Smartphone überredet – von dem aus er seither unkontrolliert twittert.

Hillary Clinton hingegen verliess sich auf das Erbe des ersten Social-Media-Präsidenten, Barack Obama. Sie hatte die Adresslisten der Demokratischen Partei, sammelte Millionen über das Netz, bekam Unterstützung von Google und Dreamworks. Als im Juni 2016 bekannt wurde, dass Trump Cambridge Analytica angeheuert hatte, rümpfte man in Washington die Nase. Ausländische Gecken in Massanzügen, die Land und Leute nicht verstehen? Seriously?

«Es ist mein Privileg, vor Ihnen, verehrte Zuhörer, über die Macht von Big Data und der Psychografie im Wahlkampf zu sprechen.» Hinter Alexander Nix erscheint das Logo von Cambridge Analytica – ein Gehirn, zusammengesetzt aus ein paar Netzwerkknoten, wie eine Landkarte. «Vor ein paar Monaten war Cruz noch einer der weniger beliebten Kandidaten», sagt der blonde Mann mit diesem britischen Zungenschlag, der Amerikanern dasselbe Gefühl einjagt wie vielen Schweizern Hochdeutsch, «nur 40 Prozent der Wähler kannten seinen Namen.» Alle im Saal haben den Blitzaufstieg des konservativen Senators Cruz mitbekommen. Es war einer der seltsamsten Momente des Wahlkampfes. Der letzte grosse innerparteiliche Gegner Trumps, der aus dem Nichts gekommen war. «Wie also hat er das geschafft?», fährt Nix fort. Ende 2014 war Cambridge Analytica in den US-Wahlkampf eingestiegen, zunächst als Berater des Republikaners Ted Cruz, finanziert vom verschwiegenen US-Softwaremilliardär Robert Mercer. Bisher, so Nix, seien Wahlkampagnen nach demografischen Konzepten geführt worden, «eine lächerliche Idee, wenn Sie drüber nachdenken: Alle Frauen erhalten die gleiche Nachricht, bloss weil sie das gleiche Geschlecht haben – oder alle Afroamerikaner, wegen ihrer Rasse?» So dilettantisch arbeitet das Kampagnenteam von Hillary Clinton, das braucht Nix hier gar nicht zu erwähnen, es unterteilt die Bevölkerung in vermeintlich homogene Gruppen – genauso wie all die Meinungsforschungsinstitute es taten, die Clinton bis zuletzt als Gewinnerin sahen.

Stattdessen klickt Nix weiter zur nächsten Folie: fünf verschiedene Gesichter, jedes Gesicht entspricht einem Persönlichkeitsprofil. Es ist das Ocean-Modell. «Wir bei Cambridge Analytica», sagt Nix, «haben ein Modell entwickelt, das die Persönlichkeit jedes Erwachsenen in den USA berechnen kann.» Jetzt ist es absolut still im Saal. Der Erfolg des Marketings von Cambridge Analytica beruhe auf der Kombination dreier Elemente: psychologische Verhaltensanalyse nach dem Ocean-Modell, Big-Data-Auswertung und Ad-Targeting. Ad-Targeting, das ist personalisierte Werbung, also Werbung, die sich möglichst genau an den Charakter eines einzelnen Konsumenten anpasst.

Nix erklärt freimütig, wie seine Firma das macht (der Vortrag ist auf Youtube frei einsehbar). Aus allen möglichen Quellen kauft Cambridge Analytica persönliche Daten: Grundbucheinträge, Bonuskarten, Wählerverzeichnisse, Clubmitgliedschaften, Zeitschriftenabonnements, medizinische Daten. Nix zeigt die Logos global tätiger Datenhändler wie Acxiom und Experian – in den USA sind quasi alle persönlichen Daten käuflich zu erwerben. Wenn man wissen will, wo zum Beispiel jüdische Frauen wohnen, kann man diese Informationen einfach kaufen. Inklusive Telefonnummern. Nun kreuzt Cambridge Analytica diese Zahlenpakete mit Wählerlisten der Republikanischen Partei und Onlinedaten wie Facebook-Likes – dann errechnet man das Ocean-Persönlichkeitsprofil: Aus digitalen Fussabdrücken werden plötzlich reale Menschen mit Ängsten, Bedürfnissen, Interessen – und mit einer Wohnadresse.

Das Vorgehen ist identisch mit den Modellen, die Michal Kosinski entwickelt hatte. Auch Cambridge Analytica verwendet IQ-Quiz und andere kleine Ocean-Test-Apps, um an die aussagekräftigen Facebook-Likes von Usern zu gelangen. Und Cambridge Analytica macht genau das, wovor Kosinski gewarnt hatte: «Wir haben Psychogramme von allen erwachsenen US Bürgern – 220 Millionen Menschen», Nix öffnet den Screenshot, «so sehen unsere Kontrollzentren aus. Lassen Sie mich zeigen, was wir damit tun.» Ein digitales Cockpit erscheint. Links Diagramme, rechts eine Karte von Iowa, wo Cruz überraschend viele Stimmen im Vorwahlkampf gesammelt hatte. Darauf Hunderttausende kleiner Punkte, rot und blau. Nix grenzt die Kriterien ein: Republikaner – die blauen Punkte verschwinden; «noch nicht überzeugt» – wieder verschwinden Punkte; «männlich» und so weiter. Am Schluss erscheint ein einzelner Name, darunter Alter, Adresse, Interessen, politische Neigung. Wie bearbeitet Cambridge Analytica nun eine solche Person mit politischen Botschaften?

In einer anderen Präsentation zeigt Nix am Beispiel des Waffengesetzes zwei Versionen, wie man psychografisch durchleuchtete Wähler ansprechen kann: «Für einen ängstlichen Menschen mit hohen Neurotizismus-Werten verkaufen wir die Waffe als Versicherung. Sehen Sie links das Bild dazu: die Hand eines Einbrechers, die eine Scheibe einschlägt.» Die rechte Seite zeigt einen Mann und ein Kind im Sonnenuntergang, beide mit Flinten in einem Feld, offensichtlich bei der Entenjagd: «Das ist für konservative Typen mit hoher Extraversion.»

Wie man Clinton-Wähler von der Urne fernhält

Trumps auffällige Widersprüche, seine oft kritisierte Haltungslosigkeit und die daraus resultierende ungeheure Menge an unterschiedlichen Botschaften entpuppen sich plötzlich als sein grosser Vorteil: Jedem Wähler seine Botschaft. «Trump agiert wie ein perfekt opportunistischer Algorithmus, der sich nur nach Publikumsreaktionen richtet», notiert bereits im August die Mathematikerin Cathy O’Neil. Am Tag der dritten Präsidentschaftsdebatte zwischen Trump und Clinton versendet Trumps Team 175 000 verschiedene Variationen seiner Argumente, vor allem via Facebook. Die Botschaften unterscheiden sich meist nur in mikroskopischen Details, um den Empfängern psychologisch optimal zu entsprechen: verschiedene Titel, Farben, Untertitel, mit Foto oder mit Video. Die Feinkörnigkeit der Anpassung geht hinunter bis zu Kleinstgruppen, erklärt Nix im Gespräch mit «Das Magazin». «Wir können Dörfer oder Häuserblocks gezielt erreichen. Sogar Einzelpersonen.» In Miamis Stadtteil Little Haiti versorgte Cambridge Analytica Einwohner mit Nachrichten über das Versagen der Clinton-Stiftung nach dem Erdbeben in Haiti – um sie davon abzuhalten, Clinton zu wählen. Das ist eines der Ziele: potenzielle Clinton-Wähler – hierzu gehören zweifelnde Linke, Afroamerikaner, junge Frauen – von der Urne fernzuhalten, ihre Wahl zu «unterdrücken», wie ein Trump-Mitarbeiter erzählt. In sogenannten dark posts, das sind gekaufte Facebook-Inserate in der Timeline, die nur User mit passendem Profil sehen können, werden zum Beispiel Afroamerikanern Videos zugespielt, in denen Hillary Clinton schwarze Männer als Raubtiere bezeichnet.

«Meine Kinder», beendet Nix seinen Vortrag am Concordia Summit, «werden sich so etwas wie ein Werbeplakat mit der gleichen Nachricht für alle, ja das ganze Konzept eines Massenmediums, nicht mehr erklären können. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und kann Ihnen sagen, dass wir mittlerweile für einen der beiden verbliebenen Kandidaten arbeiten.» Dann verlässt er die Bühne.

Wie gezielt die amerikanische Bevölkerung bereits in diesem Moment von Trumps digitalen Truppen massiert wird, ist nicht erkennbar – weil sie selten breit im Mainstream-TV attackieren, sondern meist personalisiert auf Social Media oder im Digitalfernsehen. Und während sich das Clinton-Team auf Basis demografischer Hochrechnungen in Sicherheit wiegt, entsteht in San Antonio im Sitz der Trump-Digitalkampagne ein «zweites Hauptquartier», wie Bloomberg-Journalist Sasha Issenberg nach einem Besuch überrascht notiert. Das Cambridge-Analytica-Team, angeblich nur ein Dutzend Leute, hatte im Juli von Trump etwa 100 000 Dollar erhalten, im August bereits 250 000 Dollar, fünf Millionen im September. Insgesamt, so sagt Nix, habe man etwa 15 Millionen Dollar eingenommen.

Und die Massnahmen der Firma sind radikal: Ab Juli 2016 wird für Trump-Wahlhelfer eine App bereitgestellt, mit der sie erkennen können, welche politische Einstellung und welchen Persönlichkeitstyp die Bewohner eines Hauses haben. Wenn Trumps Leute an der Tür klingeln, dann nur bei jenen, die die App als empfänglich für seine Botschaften einstuft. Die Wahlhelfer haben auf den Persönlichkeitstyp des Bewohners angepasste Gesprächsleitfaden bereit. Die Reaktion wiederum geben die Wahlhelfer in die App ein – und die neuen Daten fliessen zurück in den Kontrollraum von Cambridge Analytica.

Die Firma unterteilt die US-Bevölkerung in 32 Persönlichkeitstypen, man konzentriert sich nur auf 17 Staaten. Und wie Kosinski festgestellt hatte, dass Männer, die MAC Cosmetic liken, sehr wahrscheinlich schwul sind, fand Cambridge Analytica heraus, dass eine Vorliebe für US-gefertigte Autos das beste Anzeichen für mögliche Trump-Wähler ist. Unter anderem solche Erkenntnisse zeigen nun Trump, welche Botschaften ziehen und wo genau am besten. Die Entscheidung, dass er sich in den letzten Wochen auf Michigan und Wisconsin konzentriert, geschieht auf Basis einer Datenauswertung. Der Kandidat wird zum Umsetzungsinstrument eines Modells.

Was macht Cambridge Analytica in Europa?

Aber wie gross war der Einfluss der psychometrischen Methoden auf den Ausgang der Wahl? Cambridge Analytica will auf Anfrage keine Belege für die Wirksamkeit der Kampagne liefern. Und es ist gut möglich, dass die Frage nicht zu beantworten ist. Und doch gibt es Anhaltspunkte: Da ist die Tatsache, dass Ted Cruz dank der Hilfe von Cambridge Analytica aus dem Nichts zum schärfsten Konkurrenten Trumps in den Primaries aufstieg. Da ist die Zunahme der ländlichen Wählerschaft. Da ist der Rückgang der Stimmenabgabe durch Afroamerikaner. Auch der Umstand, dass Trump so wenig Geld ausgab, könnte sich mit der Effektivität persönlichkeitsbasierter Werbung erklären. Und auch, dass er drei Viertel seines Marketingbudgets in den Digitalbereich steckte. Facebook erwies sich als die ultimative Waffe und der beste Wahlhelfer, wie ein Trump-Mitarbeiter twitterte. Das dürfte beispielsweise in Deutschland der AfD gefallen, die mehr Facebook-Freunde hat als CDU und SPD zusammen.

Es ist also keineswegs so, wie oft behauptet wird, dass die Statistiker diese Wahl verloren haben, weil sie mit ihren Polls so danebenlagen. Das Gegenteil ist richtig: Die Statistiker haben die Wahl gewonnen. Aber nur jene mit der neuen Methode. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass Trump oft über die Wissenschaft schimpfte, aber wohl dank ihr die Wahl gewonnen hat.

Ein anderer grosser Gewinner heisst Cambridge Analytica. Ihr Vorstandsmitglied Steve Bannon, Herausgeber der ultrarechten Onlinezeitung «Breitbart News», ist gerade zu Donald Trumps Chefstrategen ernannt worden. Marion Maréchal-Le Pen, aufstrebende Front-National-Aktivistin und Nichte der Präsidentschaftskandidatin, twitterte bereits, dass sie seine Einladung zur Zusammenarbeit annehme, und auf einem internen Firmenvideo steht über dem Mitschnitt einer Besprechung «Italy». Alexander Nix bestätigt, dass er auf Kundenakquise sei, weltweit. Es gebe Anfragen aus der Schweiz und Deutschland.

All das hat Kosinski von seinem Büro in Stanford aus beobachtet. Nach der US-Wahl steht die Universität kopf. Kosinski antwortet auf die Entwicklungen mit der schärfsten Waffe, die einem Forscher zur Verfügung steht: mit einer wissenschaftlichen Analyse. Zusammen mit seiner Forscherkollegin Sandra Matz hat er eine Reihe von Tests durchgeführt, die bald veröffentlicht werden. Erste Ergebnisse, die dem «Magazin» vorliegen, sind beunruhigend: Psychologisches Targeting, wie Cambridge Analytica es verwendete, steigert die Clickraten von Facebook-Anzeigen um über 60Prozent. Die sogenannte Conversion-Rate, also wie stark Leute – nachdem sie die persönlich zugeschnittene Werbung gesehen haben – auch danach handeln, also einen Kauf tätigen oder eben wählen gehen, steigerte sich um unfassbare 1400 Prozent*.

Die Welt hat sich gedreht. Die Briten verlassen die EU, in Amerika regiert Donald Trump. Begonnen hat alles mit einem Mann, der eigentlich vor der Gefahr warnen wollte. Bei dem jetzt wieder diese Mails eintreffen, die ihn anklagen. «Nein», sagt Kosinski leise und schüttelt den Kopf, «das hier ist nicht meine Schuld. Ich habe die Bombe nicht gebaut. Ich habe nur gezeigt, dass es sie gibt.»

Quelle: https://www.dasmagazin.ch/2016/12/03/ich-habe-nur-gezeigt-dass-es-die-bombe-gibt/

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Solidarität mit Standing Rock

Die indigene Widerstandsbewegung gegen den Bau der »Dakota Access Pipeline« (DAPL) im US-Bundesstaat North Dakota sieht am heutigen Montag einer erneuten Eskalation der staatlichen Unterdrückung ihrer friedlichen Proteste entgegen. Mehrere tausend Gegner des Pipelineprojekts harren nahe dem Ort Cannon Ball bei Minusgraden und Schneefall in Tipis und Jurten im Oceti-Sakowin-Protestcamp im Norden des Reservats der Standing-Rock-Sioux aus. Sie weigern sich, einer Anordnung des republikanischen Gouverneurs Jack Dalrymple Folge zu leisten, das Camp »bis zum 5. Dezember zu räumen« und sich in eine weiter südlich eingerichtete und polizeilich genehmigte sogenannte Free Speech Zone zurückzuziehen, in der sie »ihre Meinung zum Bau der DAPL zum Ausdruck bringen« dürften, wie es offiziell heißt.

2016-09-16-1474044012-2676960-defend_the_sacredLaut Nativenewsonline.net bezeichnete ein Sprecher des »Indigenous Environmental Network« (Indigenes Umweltnetzwerk) die Ankündigung, erneut vom eigenen Land vertrieben zu werden, als eine »widerwärtige Fortsetzung von 500 Jahren Kolonisierung und systematischer Unterdrückung«.

Das heute auslaufende Ultimatum war ursprünglich am 25. November vom »Unites States Army Corps of Engineers« ausgesprochen worden, das als zuständige oberste Genehmigungsbehörde der Regierung für den Pipelinebau das Gelände des Camps zu einem Armeegelände in Bundesbesitz erklärt hatte. US-Armeeveteranen kündigten jedoch vergangene Woche an, zweitausend ihrer Mitglieder nach North Dakota zu mobilisieren, um das Protestcamp zu schützen und eine Räumung zu verhindern. Daraufhin schlug das Armeekorps in einer Pressemitteilung mildere Töne an. Die Armee strebe »die friedliche und geordnete Überführung der Demonstranten an einen sichereren Ort« an. Sie drohte aber denen, »die als nicht befugte Person angesehen werden können«, unverhohlen mit Ingewahrsamnahme.

Der Stammesrat der Standing-Rock-Sioux versicherte daraufhin durch seinen Vorsitzenden, Dave Archambault II, »alle Wasserschützer, die der permanenten Verletzung ihrer Bürgerrechte und einer exzessiven Gewaltanwendung seitens der Sicherheitsbehörden ausgesetzt« seien, der uneingeschränkten Solidarität. Archambault erinnerte an den Jahrestag des Sand-Creek-Massakers an den Cheyenne in Colorado. Am 29.11.1864 hatten Angehörige der Colorado-Kavallerie-Regimenter in einem Winterlager 133 Indigene getötet; die meisten von ihnen waren Frauen und Kinder. Es sei nun »an der Zeit für die Vereinigten Staaten, mit der Tradition ihrer Gewaltakte gegen indigene Ureinwohner zu brechen«. Der Stammesrat rief die Vereinten Nationen und US-Präsident Barack Obama auf, »Sofortmaßnahmen gegen die Racheakte des Staates North Dakota zu ergreifen«. Gouverneur Darlymple habe es versäumt, die bisherigen Gewaltakte der Sicherheitskräfte zu verhindern und zu verurteilen.

Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte nach den letzten Polizeieinsätzen, bei denen mehr als 300 Demonstranten verletzt und viele festgenommen worden waren, das US-Justizministerium aufgefordert, diese Vorfälle im Zusammenhang mit dem Bau der 3,8 Milliarden teuren Rohölpipeline zu untersuchen. Beobachter der Organisation waren Zeugen, wie die bewaffneten Sicherheitskräfte unter Einsatz von Tränengas, Wasserkanonen, Gummigeschossen und Schockgranaten mit großer Brutalität gegen Aktivisten vorgingen.

Der afroamerikanische Senator Cory Booker (Demokraten) aus New Jersey forderte US-Justizministerin Loretta Lynch zusätzlich auf, gegen die »entwürdigende und unmenschliche Behandlung« von Demonstranten im Polizeigewahrsam zu ermitteln. Sie seien in Hundezwinger gesperrt worden, hätten sich nackt ausziehen müssen und seien »mit Nummern markiert worden, die ihnen auf die Haut geschrieben wurden«.

Unterdessen sind zwischen Freitag und Sonntag wie angekündigt die Armeeveteranen im Oceti-Sakowin-Protestcamp eingetroffen. Sie begreifen sich als »unbewaffnete Milizen«, die sich »als friedliche menschliche Schutzschilde vor die indigenen Aktivisten stellen und sie vor Übergriffen einer militarisierten Polizei schützen wollen«, wie Mintpress News berichtete. »Ich bin damals zur Armee gegangen, um meinem Land und meinem Volk zu dienen und habe das in Übersee getan«, sagte der indigene Marineveteran Brandee Paisano dem Sender CBC. »Ich hätte zwar nie gedacht, dass ich es auch hier im eigenen Land tun müsste, aber jetzt bin ich hier und tue, was ich für notwendig halte.«

Für die Reisekosten der unter dem Motto »Veterans Stand for Standing Rock« agierenden Veteranen, die aus allen Teilen der USA kommen, wurden Spenden gesammelt. Allein 50.000 US-Dollar kamen von der »National Nurses United« (NNU), der größten Krankenschwesterngewerkschaft der USA, um die Anreise einer Veteranendelegation vom Stamm der Navajo aus Arizona und New Mexico zu unterstützen. »Wir grüßen die mutigen Veteranen, die sich für die Rechte der Wasserschützer einsetzen«, erklärte NNU-Vizepräsidentin Jean Ross. Ihnen gebühre breite Unterstützung, weil es eine »wichtige Verteidigung des Rechts« sei, »sich zu versammeln und zu protestieren, ohne brutalen und ungerechtfertigten Angriffen ausgesetzt zu sein«.

Quelle: http://www.jungewelt.de/2016/12-05/024.php

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Kopfweh oder Magenkrebs

Quelle: http://jungle-world.com/artikel/2016/48/55298.html

Bei der Bundespräsidentenwahl stimmen die Österreicherinnen und Österreicher darüber ab, ob alles so schlimm bleibt, wie es ist, oder ob es viel schlimmer werden soll.

Donald Trump war schneller. Daher haben sich entgegen der Prognosen fast aller Kommentatoren des Weltgeschehens die Warnungen erübrigt, nach dem 4. Dezember könne mit Norbert Hofer erstmals ein »Rechtspopulist« das höchste Amt einer westlichen Demokratie erringen. Dabei ist die Bezeichnung »Rechtspopulist« im Falle Norbert Gerwald Hofers eine Verharmlosung. Hofer ist kein rechter Populist, sondern ein Rechtsextremer vom äußersten, gerade noch legalen Rand dieses politischen Milieus. Dass er diesen Rand gerne noch weiter nach rechts verschieben oder gar jegliche Einschränkung aufheben würde, hat er mit mehrmals geäußerten Forderungen kundgetan, das Verbot der nationalsozialistischen Wiederbetätigung abzuschaffen. Brigitte Bailer, Dozentin für Zeitgeschichte an der Universität Wien, hat kürzlich in einem Artikel für die österreichische Tageszeitung Der Standard das »Handbuch freiheitlicher Politik« analysiert, dessen inhaltlicher Verantwortlicher Hofer ist. Das Werk sei »nach allen wissenschaftlichen Kriterien als rechtsextrem einzustufen«, so Bailers Fazit.

Immer diese Österreicher. Bei manchen in Wien weckt Norbert Hofer offenbar Erinnerungen an schlechte historische Vorbilder

Alexander Van der Bellen, Hofers Gegenkandidat, ist nicht etwa das exakte Gegenstück zu Hofer, also ein Linker, sondern der Eigenbezeichnung zufolge ein Anhänger des »Liberalismus angelsächsischer Prägung«. Bei der Wahl geht es demnach nicht um links gegen rechts, sondern um eine Auseinandersetzung zwischen einer Rechten, die die parlamentarische, wenigstens nominell noch den Menschenrechten verpflichtete Demokratie gegen die Tyrannei des »Volkswillens« auswechseln möchten, und einer parteiübergreifenden Bewegung von Menschen, die die liberalen und humanistischen Restelemente im Land erhalten wollen.

Dass die Rechten dennoch erfolgreich eine angebliche linke kulturelle und realpolitische Hegemonie herbeiphantasieren können, und sich jeder Facebook-Thread der FPÖ und auch der AfD so liest, als lebe man in der Diktatur des Proletariats, gehört zur großen Derealisation, die global das Vorspiel zur Umdeutung aller Werte und somit die Bedingung für die Eskalation der Barbarei ist. Hofer stellte parlamentarische Anfragen, in denen er Aufklärung über »Chemtrails« wünschte, ignoriert wissenschaftliche Erkenntnisse über Gender-Fragen und ist ein Gegner von Klimaschutzabkommen. Damit befindet er sich inzwischen genau in jenem Mainstream, den die rechte Propaganda stets links verortet und den Linke und Liberale immer noch als lunatic fringe verharmlosen.

Wohin die Reise in einem freiheitlichen Österreich gehen soll, haben Hofer und andere FPÖ-Mitglieder bereits während des langen Wahlkampfs angedeutet, als sie forderten, Richter sollten überprüfen, ob man Menschen mit Behinderung und Senioren nicht das Wahlrecht aberkennen könne. Bezeichnenderweise wurde das nicht zum Skandal, der die politische Karriere Hofers beendete, sondern nur zu einem weiteren Zwischenfall, über den man halt »geteilter Meinung« sein könne. Das sagt alles über die tatsächlichen Machtverhältnisse aus. Diese wurden von Ignoranten nicht erkannt, aber Behinderte, Kranke, Arbeitslose, LGTB und andere nicht zur Volksgemeinschaft gerechnete Menschen erfahren sie andauernd am eigenen Leib. Marginalisierte haben mit Van der Bellen und der ihn unterstützenden Koalition der Bewahrer des Status quo nichts zu gewinnen, aber mit Hofer viel zu verlieren. Dieser ist der Kandidat der Volksgemeinschaft. In seinem Büro arbeiten ehemalige Straßennazis, die in den neunziger Jahren bei »Wehrsportübungen« trainierten, wie man Menschen am effektivsten absticht. Van der Bellen ist der Kandidat derjenigen, die mit den Verhältnissen ihren Frieden gemacht haben und nicht wollen, dass dieser durch extremistische Rabauken gestört wird.

Was würde ein Wahlsieg Hofers für Europa bedeuten? Deutschland sei dann die letzte Insel des Liberalismus in Europa, meinen manche. Dabei übersehen sie, dass Deutschland nicht einmal bereit und um faule Ausreden nicht verlegen war, als es darum ging, eine echte Nazipartei zu verbieten. Ebenfalls in Deutschland entdeckt die verbliebene organisierte Linke häufig ihre Gemeinsamkeiten mit Wahnsinnigen, die mit Schildern durch die Straßen laufen, auf denen »Rette uns, Putin« steht.

Sollte der Erfolg anhalten, den die Rechts­ex­tremen derzeit haben, und demnächst auch Frankreich erreichen, dann könnte es sich als fatale Illusion herausstellen, ausgerechnet Deutschland zuzutrauen, sich der Entwicklung als einziges Land entziehen zu können. Realpolitisch muss sich hinter Angela Merkel stellen, wer weiß, dass die einzige realistische Alternative zu ihr diejenige ist, die den Zusatz »für Deutschland« im Namen trägt. Noch nicht verrückt gewordene Linke haben also auch in Deutschland nur die gleiche, wenig begeisternde Wahl wie ihre österreichischen Freundinnen und Freunde, nämlich die Barbarisierung durch die Unterstützung des Kandidaten beziehungsweise der Kandidatin der herrschenden Verhältnisse zu bremsen.

Nach der Bundespräsidentschaftswahl am Sonntag wird man wissen, ob der Aufstieg der Völkischen in Österreich aufzuhalten war oder nicht. Sollte ersteres eintreten, werden Flüchtlinge weiterhin um fünf Uhr morgens von der Polizei in Abschiebegefängnisse verschleppt, werden andere Flüchtlinge weiterhin zu Tausenden im Mittelmeer ertrinken, wird man die im Produktionsprozess überflüssig gewordenen Menschen weiterhin demütigen, sexuelle Minderheiten und Behinderte weiterhin ausgrenzen und den ökonomischen Umwälzungen weiterhin hilflos zusehen. Aber es würde wenigstens ein Kandidat österreichischer Bundespräsident, der das alles nicht auch noch forcieren will.

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Freiheit für Grup Yorum!

Türkei: Staatsmacht wirft acht Mitglieder der linken Band Grup Yorum ins Gefängnis

grupyorumVor der ausufernden Repres­sion und dem Abbau demokratischer Rechte in der Türkei ist schon lange niemand mehr sicher. In der Nacht zum Donnerstag bewies die Staatsmacht einmal mehr, dass auch Künstler im Visier der »Säuberungsaktionen« von Präsident Recep Tayip Erdogan stehen. Wie das linke Anwaltsbüro HHB über Twitter mitteilte, wurden acht Mitglieder der Band Grup Yorum im von dieser genutzten Idil-Kulturzentrum in Istanbul verhaftet.

bei den Festgenommenen handelt es sich um Ali Araci, Inan Altin, Selma Altın, Sultan Gökcek, Firat Kil, Dilan Poyraz, Helin Bölek und Abdullah Özgün. Bereits in der letzten Woche waren sie bei einer Razzia im Kulturzentrum vorübergehend festgenommen worden. In einer von der türkischen Nachrichtenagentur Bianet zitierten Stellungnahme erklärte der Anwalt der Gruppe, Aytac Ünsal, dass neben den Bandmitgliedern auch vier anwesende Arbeiter verhaftet worden seien. Die Polizei habe gesetzeswidrig gehandelt, da sie keinen Durchsuchungsbefehl habe vorweisen können.

Bei den während der Razzien von den Beamten sichergestellten »Beweisstücken« handelt es sich laut Aussagen des Anwalts um Gasmasken, Hämmer, Ausgaben des Kulturmagazins Tavir und der politischen Zeitschriften Yürüyüs und Kurtulus sowie grüne Hemden und grüne Hosen. Bei den Zeitschriften handle es sich um legal erscheinende Publikationen, betonte Ünsal. Dem Nachrichtenportal Turkishpress News zufolge wirft die Staatsanwaltschaft Grup Yorum vor, Propaganda für die marxistisch-leninistische Organisa­tion »Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front« (DHKP-C) zu betreiben.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1985 war die Band immer wieder Ziel von Repressionsmaßnahmen. Unzählige Male wurden ihre Mitglieder ins Gefängnis geworfen, mussten Haftstrafen und Folter über sich ergehen lassen. Konzerte der Band wurden untersagt, Alben beschlagnahmt und verboten. Auch der deutsche Staat unterstützte seinen NATO-Partner Türkei in seinem Verfolgungseifer. Ein Konzert der Gruppe in Gladbeck im Juni dieses Jahres versuchten die Behörden mit Einreiseverboten und anderen Mitteln zu verhindern. Allerdings ohne Erfolg: In Deutschland lebende Mitglieder der Band konnten schließlich im Rahmen eines Festivals gegen Rassismus unter freiem Himmel spielen.

Türkische Medien, unter ihnen die linke Zeitung Evrensel, berichteten am Donnerstag von einer Solidaritätsadresse der US-amerikanischen Liedermacherin Joan Baez, aus der sie ausführlich zitierten. Nach Aussage von Gruppenmitgliedern erklärte Baez: »Die Tatsache, dass ihr ins Gefängnis gesteckt wurdet, beweist, dass eure Musik Menschen berührt und bewegt hat. Sie beweist, dass ihr zu dem gestanden habt, woran ihr glaubt.« Aus Solidarität mit den Opfern politischer Verfolgung in der Türkei hatte Baez bereits im Juli ihre geplanten Konzerte in der Türkei abgesagt.

2014 und 2016 waren Grup Yorum auch auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz der jungen Welt zu Gast gewesen. Auch in diesem Jahr konnten aufgrund von Einreiseverboten nur in Deutschland lebende Bandmitglieder anwesend sein. Diese begeisterten das Publikum unter anderem mit in mehreren Sprachen vorgetragenen Interpretationen von »Bandiera rossa« und »Bella Ciao«. Das Schicksal ihrer Verhaftung teilen sie nun mit Selahattin Demirtas, der als Referent auf der nächsten Konferenz am 14. Januar eingeplant ist. Auch der Kovorsitzende der linken und prokurdischen Oppositionspartei HDP sitzt seit Anfang November im Gefängnis.

Quelle: https://www.jungewelt.de/m/artikel/297946.freiheit-f%C3%BCr-grup-yorum.html

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Tagungsort der PNOS verunstaltet

Quelle: https://linksunten.indymedia.org/de/node/196961

Vier Tage nachdem die nationalistische PNOS (Partei National Orientierter Schweizer) dort in aller Verstecktheit ihren Parteitg abgehalten hat, haben wir in der heutigen Nacht das Schützenhaus in Langnau bei Reiden (LU) mit Farbe markiert. Ob in Langnau oder Kaltbrunn oder sonstwo: Die Leute von der PNOS sind Nazis, ihr schieres Zusammenkommen ein Verbrechen, egal ob sie freundlich auftreten und ein Abfall-Konzept haben. Und Nazis werden angegriffen. Genauso wie jene, die ihnen Raum zur Verfügung stellen. Darum, liebe WirtInnen und Fischervereine: Abklärungen machen lohnt sich!

Den Nazis kein ruhiges Hinterland!
Wir kriegen euch alle!

Antifa, am 17. November 2016

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Fr., 18 Uhr: Kundgebung gegen Verhaftungen in der Türkei

Die Linke Kurdistans und der Türkei braucht in diesen düsteren Stunden unsere Solidarität. Am Freitagabend findet vor dem Luzerner Stadttheater eine Kundgebung statt. Komm auch du, erscheint zahlreich!

Gegen die Verhaftungen in der Türkei!

Platzkundgebung

Freitag, 18 Uhr, Theaterplatz Luzern

Organisiert von Dem-Kurd

Es grüsst, euer
Solidaritätskomitee Rojava – Luzern

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