Es lebe der Widerstand in Afrin

Nach mehreren Platzkundgebungen gegen die Anschläge in Afrin versammelten sich gestern in Luzern zirka 200 Personen zu einem Demonstrationszug durch die Neustadt Richtung Helvetiaplatz.

afrinluzern
Durch zahlreiche Transparente und Parolen wurden die Angriffe der Türkischen Armee verurteilt und gefordert, das Schweigen über die Massaker zu brechen. Nicht zuletzt wurde Solidarität mit dem Widerstand bekundet; Bilder, die während der Demo mitgetragen wurden zeigten zivile Opfer der Angriffe und gefallene Wiederstandskämpferinnen. Auf dem Helvetiaplatz, wurde die Demonstration nach verschieden Redebeiträgen beendet. Unten einer der Texte, die gelesen wurden.

Die Verteitigung Afrins = Die Verteidigung der Frauenrevolution
“NO PASARAN” für Erdogans Faschismus

Seit mehr als einer Woche wird der Kanton Efrin (Afrin) in Rojava (syrisches Kurdistan) von der türkischen Luftwaffe bombardiert durch bevorstehende Massaker an Zivilist*innen bedroht. Bis zuletzt war Efrin eine der stabilsten und sichersten Regionen seit Beginn des Krieges in Syrien und Kurdistan.

Diese Bombenanschläge töteten bislang mehr als 100 Menschen und verletzten Hunderte von Zivilist*innen, hauptsächlich Frauen und Kinder. Diese genozidale Invasion richtet sich nicht nur gegen die Kurd*innen, sondern auch gegen andere Völker der Region, die während der Konflikte zu Hunderttausenden nach Efrin geflohen sind. Die Angriffe der türkischen Armee haben sich an vielen Orten gegen zivile Wohnräume gerichtet und diese zerstört; besonders im Dorf Haj Khalil in Rajo (Jinderese). Die “Spezialeinheiten”, die von der türkischen Armee eingesetzt werden, sind niemand anderes als die Dschihadisten von Heyet Tahrir El Sham von der FSA (Freie Syrische Armee). Wie in Kobane kollaboriert der türkische Staat mit den Feinden der Menschheit.

Die Kurd*innen und besonders die Frauen, als Vorreiterinnen der Revolution in Rojava und des Sieges von Kobane, verteidigten die Werte der Menschheit mit ihrem Leben. Im Kampf der Frauen von Rojava geht es darum, das gesellschaftliche Projekt der demoktratischen Autonomie zu verteidigen. Er ist Teil des Kampfes für die Emanzipation der Frauen und ist in den universalen Werten des Feminismus begründet. In Efrin kämpfen Frauen gegen die höchste Repräsentation des patriarchalen Systems, die sich heute, wie gestern in Sinjar (Shengal), als Akt des Fiminizids reproduziert – diesmal ausgelöst durch das faschistische Regime von Erdogan!

Arin Mirkan wurde zum Symbol der Frauenrevolution in Rojava und opferte ihr Leben für alle Frauen auf dieser Welt gegen den IS. Avesta Xabur kämpfte hart gegen dieses unterdrückende, patriarchale und machtlose System, indem sie sich gegen die Panzer der türkischen Armee auflehnte und ihr Leben dafür gab. Sie tat dies, um die menschlichen Werte dieser Frauenrevolution im Herzen des Nahen Ostens zu schützen, aber vor allen Dingen, um zukünftigen Generationen das Überleben zu ermöglichen. Avesta Xabur ist heute das Symbol des Kampfes für die Befreiung von Efrin.

Wir fordern nachdrücklich, dass die UNO, die EU und die internationale Gemeinschaft sofort Massnahmen ergreifen, um dieser Aggression, die das Leben von Hunderttausenden von Menschen droht, ein Ende zu setzen.
Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, ihr Schweigen, das die schweren Menschenrechtsverletzungen durch diese Angriffe legitimiert, zu brechen.

Wir rufen alle Frauen dieser Erde, Feministinnen, Demokrat*innen, Menschenrechtsverteidiger*innen und alle antipatriarchalen, antikapitalistischen, antiimperialistischen Kräfte auf, diesen Kampf gegen Vertuschung, Faschismus und Feminizid zu unterstützen!

Kurdische Frauenbewegung in Europa (TJK-E)

Nach der Demonstration wurde eine Gruppe junger Demoteilnehmer*innen für eine “normale Kontrolle” von Polizist*innen angehalten. Vermutlich sollen gerade junge Menschen, die sich politisieren, eingeschüchtert werden. Davon lassen wir uns nicht einschüchtern.
Widerstand ist überall!

Quelle: https://barrikade.info/Es-lebe-der-Widerstand-in-Afrin-774

 

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Protesttanz: Luzern bleibt RosA

Am Samstag Abend fanden sich ca. 50 Personen auf dem Bahnhofsplatz in Luzern ein, um mit Musik, Tanz und Tee gegen Leerstand und fehlende Räume für die Autonome Schule Luzern zu protestieren. Die zahlreichen Passant*innen wurden mit Flyern über das Geschehen informiert und mit Kreidemalereien wurde der Bahnhofsplatz verschönert.
Die Polizei kreuzte nach einiger Zeit kurz mit einem übertriebenen Aufgebot auf und versuchte die Musik zu beschlagnahmen, zog dann aber nach einer Viertelstunde unverrichteter Dinge wieder ab. Die Veranstaltung löste sich nach einem Protestzug durch die Stadt selbstbestimmt auf.

 

Ohne Dach über dem Kopf, dafür mit Tanz und Tee und rosa Brille!

protest

Willkommen in der Autonomen Schule Luzern!

Hier ist ein Ort, um zusammen gemeinsam selber zu machen, zu lernen und kennenzulernen.
Lasst uns gemeinsam dem Konsumzwang entkommen, Rassismus, Sexismus und Diskriminierung VERlernen und stattdessen lernen uns zusammen gegen Unterdrückung zu wehren, miteinander zu diskutieren und Sprachen und Wissen zu teilen.
Die Autonome Schule Luzern (ASL) ist seit längerer Zeit ohne überdachten Raum. Deshalb wurde im Dezember 2017 von der Gruppe Rosa Lavache eine leerstehenede Wohnung an der Güterstrasse 7 besetzt, um diese Räume der ASL zur Verfügung zu stellen. Leider wurde diese Wohnung geräumt, weil die besitzende SBB Immobilien AG den Leerstand vorzieht und keine kreative, alternative, selbstorganisierte Projekte duldet.

Luzern braucht mehr gemeinschaftlichen Lebensraum und freien Lernraum! anstatt Konsumtempel, Bürokratie und Büros, Überwachung, Leerstand und kakapipitalistische Scheisse.

Quelle: https://barrikade.info/Protesttanz-Luzern-bleibt-RosA-761

 

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Neue Runde im “großen Spiel”

Die lange angekündigte türkische Operation »Olivenzweig« mit ungewissen Fronten zeigt, dass der Krieg um Syrien noch lange nicht beendet ist

Der Einmarsch der türkischen Armee im Norden Syriens war erwartet worden. Die Operation unter dem Namen »Olivenzweig« begann in den frühen Morgenstunden des 19. Januar 2018. Ziel des Angriffes ist das Gebiet um die Kleinstadt Afrin, die rund 40 Kilometer nordwestlich der syrischen Metropole Aleppo liegt.

Unter dem Feuerschutz von in Deutschland produzierten »Leopard«-Panzern rückten Kampfverbände gegen Afrin vor, die von der Türkei und ihren Partnern am Golf und in der NATO bisher zu dem Zweck unterstützt worden waren, die syrische Führung zu stürzen, darunter auch die »Freie Syrische Armee«.

Die Türkei gibt vor, aus Gründen der »Selbstverteidigung« anzugreifen. Die Bewaffnung der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) durch den NATO-Partner USA bedeute eine Gefahr für die türkische Nation. Washington hatte die kurdischen Kämpfer seit 2014 als Bodentruppe der US-geführten »Anti-IS-Koalition« trainiert und ausgerüstet. Ankara gehört dieser Koalition ebenfalls an. Nun, da der »Islamische Staat« weitgehend zerschlagen ist, wollen die Vereinigten Staaten aus den kurdisch dominierten »Syrischen Demokratischen Kräften« eine 30.000 Mann starke Grenzschutztruppe schmieden.

Die Türkei sprach von einer »Terrorarmee«, deren Aufstellung verhindert werden müsse, und warnte die USA, deren Spezialeinheiten sollten sich angesichts der vorrückenden türkischen Soldaten von den Kurden fernhalten. Präsident Recep Tayyip Erdogan kündigte an, nach Afrin sei der östlich von Aleppo gelegene Ort Manbidsch dran. »Nach und nach werden wir diese dreckigen Terroristen, die in unser Land eindringen wollen, verscheuchen. Beginnend im Westen und bis hin zur irakischen Grenze.«

»Demokratische Föderation«

Afrin ist ein ländliches Gebiet. 360 Dörfer und Weiler gibt es, fast alle verfügen über eine Grundschule. In Afrin wird das beste Olivenöl Syriens hergestellt. Hier gibt es Wasser, Obst und Gemüse; die historischen Stätten des frühbyzantinischen Simeonsklosters und des Siedlungshügels Tell Ain Dara zogen früher Touristen und Archäologen an.

Afrin ist heute mehrheitlich von Kurden bewohnt. Es gibt Araber und Jesiden, die meisten Christen haben das Gebiet verlassen und leben heute in Aleppo oder anderen syrischen Städten. Wie Regierungschefin Hevi Mustefa der Autorin Anfang Januar 2018 angab, hat der Kanton heute mit rund einer Million Einwohnern eine sehr viel höhere Einwohnerzahl als vor dem Krieg. Geschuldet sei das dem Zulauf an Inlandsvertriebenen aus anderen Kriegsgebieten. Zudem hätten sich Geschäftsleute, die Aleppo 2012/13 verlassen hatten, in Afrin niedergelassen.

Seit 2014 gehört der Kanton der »Demokratischen Föderation Nordsyrien« an. Diese Föderation ist eine Gründung der Partei der Demokratischen Union (PYD), einer Schwesterorganisation der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Beide betrachten Abdullah »Apo« Öcalan als Präsidenten der Kurden. Der PKK-Gründer sitzt seit 1991 in der Türkei auf der Insel Imrali in Isolationshaft und kann sich selbst nicht politisch in die Entwicklungen einbringen.

Die ursprüngliche Straße von Aleppo nach Afrin führte früher über Asas unweit der syrisch-türkischen Grenze. Der Ort wurde nach 2012 von wechselnden islamistischen Kampfgruppen eingenommen und wird heute von der Türkei kontrolliert. Bauern aus dem Umland von Asas, die ihre Waren früher auf den Märkten von Aleppo verkauften, sind heute gezwungen, türkische Märkte zu bedienen, erzählt der Bruder eines Bauern aus Asas. Der Mann hat seine Familie seit Kriegsbeginn 2011 nicht gesehen. Er diente in der syrischen Armee und wird von den neuen Herrschern in Asas gehindert, seinen Heimatort zu betreten.

Der kurdische Checkpoint bei Nubul ähnelt einer Grenzanlage. Reisende müssen aussteigen und durch einen mit Draht abgesperrten Streifen die Kontrollen passieren. Dahinter wehen die Fahnen der kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG und YPJ. Bilder von Abdullah Öcalan und als Märtyrern verehrten Gefallenen sind an Ortseingängen und Kreuzungen angebracht, an einem Checkpoint kurz vor der Stadt Afrin steht auf einem Sandwall groß in steinerner Schrift die Losung »Biji Serok Apo« zu lesen: »Es lebe unser Anführer Apo«. In der Stadt selbst wurden dieser Slogan sowie das Konterfei Öcalans mit Hilfe einer Schablone an viele Hauswände gesprüht.

Die Kurden in Afrin haben eine demokratische Verwaltung installiert. 15 Minister sind unter anderem für Kultur und Gesundheit, für Inneres und Äußeres sowie für die Verteidigung zuständig. Im Umland der Kleinstadt Afrin liegen heute Stützpunkte der Volksverteidigungseinheiten YPG/YPJ. Sie bilden – wie auch in Manbidsch, Hasaka und Ain Al-Arab/Kobani – eine Selbstverteidigungsarmee aus, die Hêzên Xweparastinê oder auch Hêza Parastina Xweser (HXP) genannt wird. Für die Bewohner der von YPG/YPJ kontrollierten Gebiete ist ein Grundwehrdienst in der HXP verpflichtend. Der Zulauf zu den bewaffneten Einheiten sei groß, weil man dort gut bezahlt werde, berichten aus Afrin stammende Kurden der Autorin in Damaskus. Fragen, woher die HXP Uniformen, Waffen und Munition erhalten hätten, weichen die Gesprächspartner aus. Es steht zu vermuten, dass die Ausrüstung von den USA per Luftfracht oder auf dem Landweg aus dem Nordirak geliefert wurde. Nach Afrin kamen die Waffenlieferungen vermutlich über den syrischen Militärstützpunkt und -flughafen Menagh südlich von Asas.

Ein Jahr lang, zwischen August 2012 und August 2013, hatten bewaffnete Gruppen Menagh belagert. Schließlich war der Stützpunkt von verschiedenen islamistischen Kampfverbänden, darunter auch dem IS, eingenommen worden. Im Februar 2016 eroberten die kurdischen Kämpfer und die »Syrischen Demokratischen Kräfte« das Gelände zurück, wobei sie von der russischen Luftwaffe unterstützt wurden.

Bei der türkischen Offensive »Olivenzweig« gehörte der Flughafen Menagh zu den ersten Zielen, die bombardiert wurden. Das russische Verteidigungsministerium erklärte dazu laut Sputnik News vom 20. Januar lapidar: »Die unkontrollierte Lieferung moderner Waffen an proamerikanische Kräfte in Nordsyrien durch das Pentagon, darunter nach vorliegenden Informationen auch schultergestützte Boden-Luft-Raketensysteme, trug zur raschen Eskalation in der Region bei und führte zu dem Spezialeinsatz der türkischen Truppen.« Das türkische Außenministerium wiederum gab an, das Eindringen in den Luftraum über Afrin werde mit Russland und Iran abgesprochen.

In der englischsprachigen türkischen Zeitung Hürriyet Daily behauptete ein Kommentator, es gebe zum Angriff auf Afrin keine Alternative. Das Gebiet werde »von den PKK-Banden« kontrolliert, über Afrin würden diese bewaffnet, mit Afrin kontrollierten sie »von Hatay bis Kilis« 65 Prozent der Grenze zur Türkei, in die sie jederzeit einsickern könnten. Das gefährde nicht nur deren territoriale Integrität und Sicherheit, sondern auch die Syriens.¹

Russlands Kalkül

Russland, das im Rahmen des sogenannten Astana-Prozesses mit der Türkei und dem Iran für Deeskalation und Dialog zwischen den verfeindeten Seiten in Syrien eintritt, unterhielt bei Afrin einen Militärstützpunkt, den es zu Beginn der türkischen Angriffe »aus Sicherheitsgründen für die Soldaten« räumte. Einen weiteren Stützpunkt haben die Russen östlich von Aleppo zwischen Al-Bab und Manbidsch eingerichtet. Die Stützpunkte dienen einerseits der Vermittlung zwischen den Kurden und der syrischen Regierungsarmee, andererseits fungieren sie als Puffer zwischen den Kurden und der Türkei.

In Moskau hat man kein Interesse an einer Konfrontation mit Ankara. Um den Rückzug von Kampfverbänden wie der Fatah-Al-Scham-Front oder Ahrar Al-Scham zu garantieren, war die Türkei in die Deeskalationsvereinbarungen im Zuge des Astana-Prozesses einbezogen worden. Sie sollte die Randgebiete von Idlib kontrollieren und die genannten bewaffneten Gruppen zwingen, Angriffe und Kämpfe einzustellen. Tatsächlich aber kooperiert die türkische Armee mit den islamistischen Milizen und wertet sie als offizielle Sicherheitskräfte und politische Akteure auf. Beispiele dafür sind die »Freie Syrische Polizei« oder die »Freie Syrische Armee«, die beide auch von der Bundesrepublik gefördert werden. Die Unterstützung für die neue Polizeitruppe wurde allerdings eingefroren, nachdem bekanntgeworden war, dass mit den Geldern auch Dschihadisten in Lohn und Brot gebracht worden waren.²

Für Russland ist die Sicherung und der Erhalt der syrischen Grenzen erklärtes Ziel seines militärischen Engagements in dem Land. Die Kritik an der Anwesenheit der US-Armee in Syrien – die weder von einer UNO-Resolution gedeckt ist noch von der syrischen Regierung genehmigt wurde und somit gegen das Völkerrecht verstößt – ist in den vergangenen Wochen schärfer geworden. Moskau warf Washington vor, sich als Besatzungsarmee in Syrien aufzuhalten.

Kurz nachdem ein Sprecher der U. S. Army die Bildung einer 30.000 Mann starken Grenztruppe im Norden Syriens bekannt gegeben hatte, erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow: »Es ist eine Tatsache, dass US-Streitkräfte sich in einem großen Teil des syrischen Territoriums ernsthaft an der Bildung von alternativen Regierungsstellen beteiligen. Das widerspricht völlig ihren eigenen Verpflichtungen, die sie bei mehreren Gelegenheiten eingegangen sind. Einschließlich im UN-Sicherheitsrat, wo es um den Erhalt der Souveränität und der territorialen Integrität Syriens geht.«

Gemeint ist u. a. ein Programm des US-Außenministeriums, das bereits 2017 kleine Spezialteams in die von Kurden kontrollierten Gebiete, speziell nach Rakka, entsandt hat, um dort »die Rückkehr von Vertriebenen« vorzubereiten. Sie sollen die Minenräumung beaufsichtigen (dafür hat die Bundesrepublik zehn Millionen Euro in Aussicht gestellt) sowie Polizeikräfte und lokale Regierungsstrukturen (Lokalräte) aufbauen.⁴ Lawrow sagte, die USA verfolgten offenbar den Plan einer Teilung Syriens. Das widerspreche den UN-Resolutionen und unterminiere die Friedensverhandlungen in Genf.

Russland unterstützt nicht nur die syrische Regierung militärisch, sondern hat sich auch stets als Vermittler in dem Konflikt angeboten, Verhandlungen und Gespräche gefördert und sich für die Einbeziehung der Kurden in den politischen Prozess eingesetzt. Dass Moskau die Türkei dazu bewegen konnte, als Partner Russlands und Irans Teil des Astana-Prozess zu werden, darf als großer Erfolg gelten. Eine solche Partnerschaft könnte nach russischem Kalkül einen wichtigen Schritt darstellen, die von USA, EU und NATO verfolgten Pläne, den Nahen Osten nach ihren Interessen neu zu ordnen, wirksam zu durchkreuzen. Dies zu verhindern, sicherte zugleich auch den Erhalt Syriens in seinen gültigen Grenzen und entspräche den eigenen regionalen Interessen.

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Großmachtpläne der Türkei

Den Einmarsch der Türkei in den Nordwesten Syriens wollte Russland nicht verhindern. Vermutlich auch deshalb, weil er Ausdruck widersprüchlicher Interessen der NATO-Partnerländer in der Region ist. Ankara, seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zum Stützpfeiler der Ostfront der NATO aufgerüstet, war 2011 von USA und EU zunächst als großes Vorbild für die Länder der »arabischen Revolution« gehandelt worden. Das ist Vergangenheit. Ernüchtert von den falschen Versprechungen über eine Aufnahme in die EU und erbost über die Entscheidung der USA, die von Ankara verfolgten kurdischen Volksverteidigungseinheiten zu Bodentruppen der »Anti-IS-Koalition« zu machen und entsprechend auszurüsten, hatte die Türkei sich den östlichen Regionalmächten Russland und Iran zugewandt.

Erdogan hat für den 100. Jahrestag der Gründung der Republik Türkei im Jahr 2023 das ehrgeizige Ziel ausgegeben, zu den zehn weltweit wichtigsten Wirtschaftsmächten zu gehören. Viel Zeit bleibt dafür nicht mehr. Den Krieg in Syrien mit eigenen Mitteln zu befeuern sollte ursprünglich dem Zweck dienen, die eigenen Getreuen in Gestalt der Muslimbruderschaft in Damaskus an die Macht zu bringen, um dadurch die türkische Einflusssphäre in der Region auszudehnen. Doch nach sieben Jahren Krieg liegt nicht nur die syrische Wirtschaft am Boden. Auch die Türkei hat ökonomische Rückschläge zu verkraften. Der Abschuss eines russischen Kampfjets zur Jahreswende 2015/16 führte zudem zu russischen Wirtschaftssanktionen, die dem Tourismusgeschäft und dem Außenhandel erheblich schadeten. Den gescheiterten Putsch im Juli 2016, dessen Hintergründe und Urheber noch immer unbekannt sind, bezeichnete Erdogan als »Segen Gottes«. In den Tagen und Wochen, die auf den Umsturzversuch folgten, ließ er Zehntausende tatsächliche oder vermeintliche Kritiker seiner Politik festnehmen oder entließ sie aus dem Staatsdienst. Die starke oppositionelle Volkspartei HDP wurde kriminalisiert, ihre Abgeordneten, Bürgermeister, Vorsitzenden wurden verhaftet. Die Armeeführung, in deren Reihen es vielfach Kritik am Anti-Syrien-Kurs der Regierung gegeben hatte, wurde nahezu komplett ausgetauscht.

Auf Druck der türkischen Wirtschaftsverbände stimmte Erdogan schließlich einer Mission des türkischen Auslandsgeheimdienstes zu, der den Kontakt zu Moskau wiederherstellte. Als Russland der Türkei neben der Aufhebung der Sanktionen auch neue Vereinbarungen über Öl- und Waffenlieferungen in Aussicht stellte, willigte Erdogan endgültig ein. NATO-Mitgliedschaft hin oder her, die Türkei kaufte ein russisches Raketenabwehrsystem und machte Zugeständnisse an der Syrien-Front.

Die Schlacht um Aleppo konnte im Dezember 2016 zugunsten der syrischen Armee und ihrer Verbündeten (Russland, Iran, Hisbollah) entschieden werden, die von Ankara unterstützten Kampfverbände wurden nach Idlib evakuiert. Türkische Truppen zogen zudem in den syrischen Grenzort Dscharabulus ein und besetzten in den folgenden Monaten das Gebiet zwischen Dscharabulus, Al-Bab und Asas mit eigenen Soldaten und/oder Kämpfern von verbündeten Kampfgruppen. Ziel dieser Operation war es, den Einfluss der kurdischen Volksverteidigungskräfte zu begrenzen. Die hatten das Ziel verfolgt, einen Korridor entlang der syrisch-türkischen Grenze von Kobani, Manbidsch, Asas bis nach Afrin zu öffnen, um die »Demokratische Föderation Nordsyrien« bis ans Mittelmeer auszudehnen.

Nun will die Türkei also das kurdische Projekt im Nordwesten Syriens durch eine 30 Kilometer breite Pufferzone ersetzen und türkische Fahnen von Afrin bis zur irakischen Grenze hissen. In die so entstehenden türkisch kontrollierten »Schutzzonen« könnten dann syrische Flüchtlinge zurückgebracht und unter die Kontrolle einer von der Muslimbruderschaft dominierten Interimsregierung gestellt werden. Mit entsprechenden »Sicherheitskräften« vor den Toren des vom syrischen Staat kontrollierten Aleppo blieben die Spannungen in Syrien für lange Zeit erhalten. Für Ankara könnte das ein Ausgleich dafür sein, dass weder die Muslimbruderschaft in Damaskus an die Macht gekommen ist noch über Aleppo wieder – wie zur Zeit des Osmanischen Reiches – die türkische Fahne weht.

US-Besatzung in Nordsyrien

Washington hat Ankara vor der Militäroperation in Afrin nicht deshalb gewarnt, weil eine Schutzzone im Norden Syriens als falsch erachtet würde. Die Kontrolle darüber soll allerdings in den Händen des US-Militärs bzw. von deren Verbündeten liegen. US-Außenminister Rex Tillerson sprach von vielen Missverständnissen hinsichtlich einer geplanten Grenzschutzarmee. Die werde es so nicht geben, versuchte er die Türkei zu beruhigen. Die USA wollten ein »friedliches, unabhängiges« Syrien, sagte er bei einer Rede vor dem Hoover Institut einen Tag vor dem türkischen Angriff.⁴ Ein Syrien »ohne Massenvernichtungswaffen« könne Millionen syrischer Vertriebener wieder aufnehmen. »Ein stabiles, vereintes und unabhängiges Syrien erfordert schließlich eine Post-Assad-Führung, um Erfolg zu haben«, so Tillerson. Für die USA sei es »lebensnotwendig«, sich weiter militärisch in der Region zu engagieren, um Terroristen zu bekämpfen und deren Wiederauferstehung zu verhindern. Washington werde »eine militärische Präsenz in Syrien« aufrechterhalten, nicht zuletzt »um Al-Qaida zu verhindern, die noch immer im Nordwesten Syriens eine substantielle Präsenz und Operationsbasen besitzt«.

Diesem von Tillerson erläuterten Plan haben sich in Europa zumindest Deutschland und Frankreich angeschlossen. In Abstimmung mit Israel und Saudi-Arabien arbeiten sie seit Jahren an einer Schwächung Irans. Syrien – seit 1979 strategisch mit dem Iran verbunden und in den Augen des Westens und seiner Partner Ziel einer »schiitischen Expansion«⁵ – soll entlang ethnischer und religiöser Zugehörigkeiten destabilisiert werden. Eine von Kurden angestrebte »Demokratische Föderation Nordsyrien« bietet dabei eine gute Grundlage und wird daher militärisch, politisch und finanziell unterstützt.

Der Türkei könnte von den USA und ihren EU-Partnern möglicherweise Idlib und/oder Afrin zugestanden werden. In Idlib hat bereits – mit Hilfe einer vom oppositionellen Syrischen Nationalrat (mit Sitz in Istanbul) selbst gewählten Interimsregierung – der Aufbau eigener Verwaltungsstrukturen begonnen. USA und EU wollen die Kontrolle über die von Kurden beanspruchten Gebiete der Provinzen Aleppo, Rakka und Hasaka behalten. Da dies einen Bruch mit dem Völkerrecht darstellt, spricht man in Washington, Brüssel, Paris und Berlin darüber sehr ungern in der Öffentlichkeit.

Seit 2014 sind in dem Gebiet mindestens 13 Militärbasen entstanden, auf denen die USA und ihre Verbündeten stationiert sind. Weitere Stützpunkte sind im Bau, die US-Armee festigt ihre Präsenz. Die »Demokratische Föderation Nordsyrien«, die damit de facto unter Besatzung steht, soll sich auf die Gebiete östlich des Euphrats beschränken. Dort liegt nicht nur die Kornkammer Syriens, sondern auch ein großer Teil der syrischen Ölressourcen. Außerdem wird von dieser Gegend aus die Wasserversorgung Nordostsyriens kontrolliert. Insgesamt 14 Dämme entlang des Euphrat und seiner Nebenflüsse wie des Khabur stehen heute de facto unter kurdischer bzw. US-amerikanischer Kontrolle.

Für die USA und die EU gilt heute in Syrien, was 1991 für die kurdischen Gebiete im Nordirak zutraf: Damals sollte die Zentralregierung in Bagdad destabilisiert werden, heute soll ein kurdischer Pufferstaat den syrischen Staat schwächen. Alle Staaten, in denen Kurden leben, könnten nach diesem Vorbild mit permanenter Unruhe rechnen. So unterschiedlich die Interessen Irans, Iraks, Syriens und der Türkei daher auch sind, die Schaffung eigenständiger kurdischer Staatsstrukturen – wie immer sie aussehen mögen – werden diese Länder nie akzeptieren.

Dass die Kurden mit ihrem Streben nach Selbstbestimmung und Autonomie nur Spielfiguren sind, zeigte sich im Oktober 2017 im Nordirak. In ihrer Gegnerschaft gegen das dort durchgeführte Unabhängigkeitsreferendum zogen Teheran und Bagdad alle Register. Die Kurden verloren die Ölfelder von Kirkuk und die Kontrolle der Grenzübergänge, die Flughäfen wurden geschlossen, und der Iran verhängte Wirtschaftssanktionen gegen Erbil. Die Türkei – jahrelang enger Partner des nordirakischen Präsidenten Barsani – drohte, kein Öl mehr aus den Kurdengebieten zu importieren und alle Flüge dorthin einzustellen.

Was für die politisch wenig revolutionären nordirakischen Kurden gilt, trifft auf die von der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) beeinflussten syrischen Kurden der Partei der demokratischen Union (PYD) schon lange zu. Ankara will sie vernichten und hat entlang der Grenze eine Mauer gebaut, Olivenbäume auf dem Land syrisch-kurdischer Bauern zerstört und die Grenzen für Hilfsgüter gesperrt. Die jetzige Invasion war lange angekündigt und folgt – unter Bruch völkerrechtlicher Bestimmungen – der Logik der Interessen des türkischen Staates.

Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/326128.neue-runde-im-gro%C3%9Fen-spiel.html

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Erklärung des Revolutionären Block zur NoWEF-Demonstration

Rund eineinhalb tausend Menschen beteiligten sich heute in Zürich bei der NoWEF-Demonstration am revolutionären Block, zu dem im Vorfeld zahlreiche Kräfte gemeinsam aufgerufen hatten. Mit Aktionen, Reden, und Flugblättern wurde der Protest gegen das World Economic Forum in eine antikapitalistische Perspektive eingebettet. Er brachte zum Ausdruck, dass die jahrzehntelange Geschichte des revolutionären Widerstands gegen das WEF heute ununterbrochen fortgeführt wird. Ein spezieller Fokus lag auf der internationalen Solidarität mit Rojava angesichts des Angriffs durch die Türkei: Bijî berxwedana Efrînê!

nowefzuerich
Der Block war laut, kämpferisch und vielfältig. Aus dem Block kam es zu militanten Aktionen entlang der Demonstrationsroute. Bei der Sihlstrasse wurden sowohl die US-Handelskammer wie auch die UBS entglast. Hinter dem St. Annahof wurden die Fenster des Hiltl zugesprayt – Gentrifizierung rächt sich. Während der ganzen Demonstration wurden Parolen gegen das WEF und in Solidarität mit Afrin gesprüht und es wurden hunderte «KillErdogan» Sticker verklebt. Beim Abschluss der Demonstration formierte sich der revolutionäre Block zu einer Nachdemonstration, bei welcher man sich beim Gefängnis im Bezirksgebäude mit einer aus der Türkei geflohenen Journalistin solidarisierte, die seit dem 15. Januar in Zürich Kloten in Ausschaffungshaft sitzt.

Beim World Economic Forum in Davos treffen sich diejenigen, welche das herrschende kapitalistische Gesellschaftssystem vertreten und im Interesse desselben agieren. Es ist eine Zusammenkunft zwischen Politik und Kapital, deren Bedeutung in erster Linie in den Treffen abseits der öffentlichen Bühne zu suchen ist. Das WEF und die Schweiz versuchen dabei, den Mächtigen dieser Welt ein ruhiges Hinterland zu bieten, in welchem sie sich ungestört austauschen können. Uns ist es wichtig, ihre Ruhe zu durchbrechen!

Wenn etwa Trump mit seiner hundertköpfigen Delegation in die Schweiz reist, um die Interessen des US-Imperialismus zu vertreten und Deals zugunsten seiner Clique abzuschliessen, dann solidarisieren wir uns durch unsere Aktionen mit all jenen, die in den Vereinigten Staaten und sonst wo gegen diese Politik protestieren. Wenn der türkische Staat Minister schickt, um Freihandelsverträge mit der Schweiz zu unterschreiben während sie gleichzeitig Afrin angreifen, dann solidarisieren wir uns mit der Bevölkerung von Rojava und allen, die den reaktionären türkischen Staat angreifen. Wenn Berset, Schneider-Ammann und Sommaruga in den Bergen lächelnd und händeschüttelnd eine Diplomatie pflegen, die nur dem hiesigen Kapital (wie beispielsweise der Rüstungsindustrie) dient, dann kämpfen wir umso entschlossener für eine Gesellschaft, in welcher nicht der Profit von wenigen im Zentrum steht.

In der allgemeinen gesellschaftlichen Polarisierung, deren Ursache in der Krise und Perspektivlosigkeit des Kapitalismus zu suchen ist, ist unser Ziel die Verbindung der Kämpfe von unten gegen dieses System und darin der Aufbau einer klaren revolutionären Position. Angesichts aller Übel und Kriege, für die letztlich diejenigen mitverantwortlich sind, die sich jetzt in Davos treffen, ist für uns klar: Die Zukunft in die eigenen Hände nehmen bedingt den Sturz des Kapitalismus!

Smash WEF!

Revolutionärer Aufbau Schweiz
Revolutionäre Jugend Gruppe Bern
Revolutionäres Bündnis Zürich
Revolutionäre Jugend Zürich
Reviravolta Bern
ask! – Aktion gegen Staat & Kapital
Devrimci Komünarlar Partisi / Birleşik Özgürlük Güçleri (DKP/BÖG)
Anarchistische Gruppe Bern
Yeni Demokratik Gençlik (YDG) – İsviçre/Schweiz/Suisse
Tierrechtsgruppe Zürich
Cigno Nero Solothurn

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Trump not welcome – Demo in Zürich am 23. Januar

Die sogenannten «global leaders», einflussreiche Politiker*innen und die Verantwortlichen von internationalen Institutionen wie dem IWF, WTO oder EZB nehmen vom 23. bis 26. Januar 2018 in Davos am World Economic Forum (WEF) teil. Einer dieser Reichen und Mächtigen ist der US-Präsident Donald Trump, wie am 9. Januar 2018 von den Veranstalter*innen des WEF stolz verkündet wurde.

trumpnotwelcome
Trump der Sexist, Rassist und Ausbeuter wird als Stargast am diesjährigen WEF gefeiert. Dass Trump eingeladen wird, entblösst allerdings den Charakter des WEF als Treffen derjenigen, die für soziale und geschlechtliche Ungleichheit, rassistische Unterdrückung, globale Ausbeutung und Kriegstreiberei verantwortlich sind.

Der schweizerische Bundesrat hat angekündigt mit Trump das Gespräch zu suchen und über die wichtigen Beziehungen zwischen den USA und der Schweiz zu diskutieren. Wir hingegen rufen zu einer Demonstration in Zürich auf. Zum Auftakt des WEF am Dienstag, 23. Januar 2018 wollen wir um 18:30 Uhr lautstark gegen Trump protestieren und ihm klarmachen, dass er – wie alle anderen machthungrigen, frauenfeindlichen Rassisten – hier nicht willkommen ist.

Setzen wir gemeinsam ein starkes Zeichen gegen Rassismus, Sexismus und Ausbeutung!
Trump not welcome!
Smash WEF!

Wann: Dienstag, 23. Januar 2018, 18:30 Uhr
Wo: Helvetiaplatz Zürich (Bewilligung erteilt)

Unterstützende Organisationen:

1. Mai-Komitee Zürich | aktivistin.ch | Bewegung für den Sozialismus (BFS/MPS) | Der Funke | Direkte Solidarität mit Chiapas | Föderation der ArbeiterInnen aus der Türkei in der Schweiz (ITIF) | fossil-free.ch | Industrial Workers of the World – JuraAlpenMittelland (IWW JAM) | JUSO Schweiz | Partei der Arbeit (PdA) | Sozialistische Zeitung Vorwärts | Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) Zürich

Quelle: https://sozialismus.ch/event/demo-in-zuerich-trump-not-welcome/

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Gemeinsamer Aufruf zur NoWEF-Kampagne

Ob Clinton, Blair oder Schröder, ob Trump, Macron oder Modi: Das alljährliche World Economic Forum in Davos ist eine Ansammlung derjenigen, welche das herrschende kapitalistische Gesellschaftssystem vertreten und im Interesse desselben agieren. Es ist eine Zusammenkunft zwischen Politik und Kapital, deren Bedeutung in erster Linie in den Treffen abseits der öffentlichen Bühne zu suchen ist.

nowef2018
Beispielhaft dafür ist die unverhohlene Freude des Schweizer Kapitals über den angekündigten Besuch von Trump und der hochkarätigen Truppe, die ihn begleiten wird. Niemand erhofft sich von seiner Präsenz ernsthaft eine bessere internationale politische Kooperation, zu gross sind die Widersprüche zwischen den verschiedenen Fraktionen der Herrschenden, es geht einzig um die ökonomischen Interessen der in Davos Anwesenden.

Das WEF und die Schweiz versuchen also, den Mächtigen dieser Welt ein ruhiges Hinterland zu bieten, in welchem sie sich ungestört austauschen können. Darum war, ist und bleibt klar, dass der antikapitalistische Protest gegen jedes WEF legitim und notwendig ist. Es ist ein Widerstand, der mittlerweile auf eine jahrzehntelange Geschichte in sich stets verändernden politischen Situationen zurückblicken kann.

Der Protest ist legitim, weil sich diejenigen in Davos treffen, welche Krise, Krieg und Zerrüttung zu verantworten haben, von der sie medienwirksam in ihrer Eigenwerbung immer reden. Er ist notwendig, weil mit der Störung der Ruhe in ihrem Hinterland tatsächlich etwas gegen das Funktionieren des kapitalistischen Systems getan werden kann.

In der allgemeinen gesellschaftlichen Polarisierung, deren Ursache in der Krise und Perspektivlosigkeit des Kapitalismus zu suchen ist, ist unser Ziel die Verbindung der Kämpfe von unten gegen dieses System und darin der Aufbau einer klaren revolutionären Position: Die Zukunft in die eigenen Hände nehmen bedingt den Sturz des Kapitalismus.

Nach der starken NoWEF-Demo am 13. Januar in Bern rufen wir für das nächste Wochenende zum NoWEF-Winterquartier in Zürich auf, zu einem gemeinsamen revolutionären Block an der NoWEF-Demo am 23. Januar in Zürich sowie zu Aktionen gegen das Forum während des WEF.

Smash WEF!

Revolutionärer Aufbau Schweiz
Revolutionäre Jugendgruppe Bern
Revolutionäres Bündnis Zürich
Revolutionäre Jugend Zürich
Reviravolta Bern
ask! – Aktion gegen Staat & Kapital
Devrimci Komünarlar Partisi / Birleşik Özgürlük Güçleri (DKP/BÖG)
Anarchistische Gruppe Bern

 

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NO FUTURE FOR CAPITALISM – NOWEF DEMO 13.01.2018

„Gemeinsame Zukunft entwickeln in einer brüchigen Welt“ etwa so lässt sich das diesjährige Motto des Weltwirtschaftsforum in Davos übersetzen. Einmal mehr inszenieren sich einige wirtschaftliche und politische Führer*innen als Retter*innen der Welt.
Flüchtlingsbewegungen, Krise der Demokratie, Unterdrückung der Frau und die Gefahr wachsenden Nationalismus werden vom WEF als Probleme erkannt. Die Lösung soll die Stärkung der globalen Weltpolitik sein. Kritisch wird erkannt, dass es den selbsternannten Eliten seit der letzten grossen Finanzkrise 2008 noch nicht gelungen ist, wieder Vertrauen in die Demokratie und den Kapitalismus herzustellen.

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Vielmehr haben sich die Probleme verschärft und es lässt sich kaum mehr von ihnen ablenken. Flüchtlingsströme nehmen unter anderem deswegen zu, weil die Ausbeutung von Ländern im Globalen Süden kontinuierlich zunimmt. Viele der am WEF anwesenden Konzerne und Staaten sind dafür mitverantwortlich.
Verschiedene Partnerorganisationen des WEFs beteiligen sich am Erwerb von Ackerflächen, welche den lokalen Bäuer*innen weggenommen werden. Diese werden durch das sogenannte Landgrabbing vom erwirtschafteten Reichtum ausgeschlossen und verlieren ihre Lebensgrundlage.
Am WEF präsente Konzerne, welche diese Profite einstreichen, sind beispielsweise die Deutsche Bank, die Credit Suisse oder auch BlackRock. Mit Nestlé ist auch jener Konzern vertreten, welcher mit der Privatisierung von Wasserquellen für das Elend vieler Menschen verantwortlich ist, die sich das Wasser anschliessend nicht mehr leisten können. Allen voran investiert China, dessen Präsident letztes Jahr am Wef als Sprecher auftrat, durch verschiedene Staatskonzerne in neo-koloniale Projekte in Afrika und treibt die Verarmung der Betroffenen weiter voran.
Bei diesem Elend nimmt jedoch gerade auch die Schweiz eine zentrale Rolle ein. Rohstoffkonzerne wie Glencore, der oben genannte Nahrungsmittelkonzern Nestlé aber auch Energiekonzerne wie Addax haben ihre Hauptsitze hier. Hinzu kommen eine Vielzahl an Banken und Anlagefonds, die aus der Schweiz heraus in Landgrabbing investieren.
Auch vom Internationalen Währungsfonds (IWF) fliessen grosse Summen an Firmen, welche im Globalen Süden ihre Geschäfte auf Kosten der lokalen Bevölkerung machen. Der IWF ist mit Christine Lagarde gar im Co-Vorsitz des Treffens in Davos vertreten.

Gleichzeitig werden die Reichtümer in den wohlhabenden Ländern massiv abgeschottet. So werden die Aussengrenzen der EU, von Australien, den USA usw. militärisch abgeriegelt, wodurch tausende Menschen sterben. Kriege werden mit grossem Einsatz und neuer technischer Perversionen vorangetrieben. Imperialistische Kriege werden im Nahen Osten ausgetragen. So finden sich beispielsweise die USA, Türkei und Russland auf Syrischem Boden in gegnerischen Lagern wieder. Am WEF können sich Vertreter*innen von kriegstreibenden Staaten auch mit solchen von Unternehmen austauschen, welche durch die Aufrüstung mitverdienen.
Einige Beispiele von Partnern, die durch den Krieg profitieren, sind ABB (Instrumente zur Zielerfassung und Aufklärung), Volkswagen (Panzergetriebe durch Beteiligung an Renk), DHL (Logistik für die Bundeswehr) oder Technologiekonzerne wie Microsoft, IBM (Software zur militärischen Anwendung). Chinesische Konzerne haben eine grosse Menge der Waffen hergestellt, die der Islamische Staat nutzte und Saudi Arabien führt einen blutigen Krieg im Jemen.
Dabei wird ersichtlich, dass niemand am WEF ein wirkliches Interesse daran hat, Krieg zu bekämpfen. Vielmehr sind sie Mitverantwortlich für Elend, Vertreibung und Mord.
Ebenso zynisch ist die Kritik des WEF am Nationalismus. Dieser keimt auf, da sich die jeweiligen Staaten im globalen Konkurrenzkampf unter Druck sehen. Es wird auf die nationale Einheit geschworen und die Grenzen dicht gemacht. Alles in der Hoffnung, der eigene Staat könne wirtschaftliche Krisen abwenden. Brexit, Erdogan, die AFD und die AltRight Bewegung sind nur einige Beispiele dafür. Viele rechtspopulistische Bewegungen und Parteien wissen grosse Teile des Kapitals hinter sich und auch nationalistische Politiker*innen werden am WEF wie auch schon in den letzten Jahren anwesend sein.

Diese Probleme können nicht von ihren Verursachern behoben werden. Kapitalismus und seine Politik stehen dem Abgrund nahe und die Staaten sind bereit, Veränderungen mit viel Gewalt zu verhindern. Progressive Bewegungen, welche die Probleme an ihren Wurzeln packen wollen, werden weltweit verboten und bekämpft.
Lasst uns also sinnlose Konkurrenzkämpfe untereinander beenden und gemeinsam Ausbeutung und Unterdrückung bekämpfen.

Es liegt an uns, Alternativen zu dieser gewaltsamen, unsolidarischen und egoistischen Gesellschaft zu schaffen!

Es liegt an uns, revolutionäre Perspektiven zu schaffen und für radikale Veränderungen einzutreten!

NO FUTURE FOR CAPITALISM
UNITE GLOBAL STRUGGLES

Quelle: http://revolutionär.ch/wordpress/

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Renitente Nr. 2

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renitente ist ein offenes Zeitungsprojekt, das vielfältige kritische Stimmen zu Migrationsregimen veröffentlicht. renitente vertritt keine Einheitsmeinung, sondern verschiedene Positionen im Kampf gegen Rassismus, das Camp-System und Fremdbestimmung. Willst Du mitschreiben oder hast eine Kritik an den Texten, dann schreib uns auf: renitente@immerda.ch

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Besetzen vor besitzen

Stadt Luzern, 04.01.2017: Am Dienstagabend ist eine Menschengruppe in das teilweise leerstehende, rosarote Haus an der Güterstrasse 7 eingezogen. Sie möchten die leerstehenden Räume für den Betrieb der «Autonomen Schule Luzern» nutzen. Wer solche Vorhaben kriminalisiert, macht sich schweren Verbrechen an der Menschlichkeit, die nach 2017 vielleicht noch in einigen von uns steckt, strafbar.

Ein hübsches Wortspiel ziert die Fassade des Hauses an der Güterstrasse: «Schule Braucht Blatz.» Doch die Schweizerischen Bundesbahnen, wie der Verein richtig heisst, versteht keinen Spass. In einem ersten Kennenlernmail von «Rosa Lavache», der Besetzergruppe,  an die SBB hiess es: « … haben wir uns für diese unbürokratische Einzugsart entschieden, um lange Wartezeiten und Leerstand zu umgehen … sind an einer Regularisierung der Situation im Sinne einer solidarischen Nutzung interessiert … würden uns sehr freuen, wenn ein solcher Vertrag zwischen der SBB Immobilien AG und unserem Verein zu Stande kommen könnte.» Fern von piratischer Bsetzerli-Attitüde versuchte man in einen konstruktiven Dialog zu treten.

Die SBB jedoch leitet, wie man bei einem beliebigen der einander abschreibenden Luzerner Medien nachlesen kann, die «notwendigen rechtlichen Schritte» ein. Das heisst, sie erstattet Strafanzeige und wartet auf die Luzerner Kavallerie, die momentan von Sparmassnahmen und mit Wind überfordert ist. «Kriminell», «rechtlich», «Eigentum». In der Furzprovinz wird im selben Gähnjargon gesprochen wie bei der jüngsten Besetzung an der Obergrundstrasse.

Natürlich ist es kriminell, fremdes Eigentum zu besetzen. Natürlich ist das unrechtens. But that’s not the point. Man kann es nur unendlich wiederholen, bis es auch in die winzigen Köpfe der 20-Minuten-Kommentarspaltenschreiberlinge passt: Recht und Gesetz sind keine gottgegebenen Strukturen, nach denen wir zu leben haben. Es sind mensch- (wohlbemerkt meist mann-)gemachte Vorgaben, die ein sinnvolles Zusammenleben ermöglichen. Körperverletzungen sollte man nach wie vor ahnden, weil sie weh tun. Es gibt aber auch Dinge, die niemandem weh tun und schon gar nicht der SBB, deren Chef mehr verdient als der Bundesrat (und deren Züge trotzdem regelmässig Verspätung haben). Bevor also die Achse der Bürgerlichkeit mit der Rechtskeule um sich schlägt, sollte sie sich überlegen, ob eine Schule für Asylsuchende in einem leerstehenden Gebäude oder ein leerstehendes Gebäude der Gesellschaft mehr bringt. Und dann sollte sie sich fragen, ob ein pragmatischer Umgang mit Besetzungen ein gangbarer Weg wäre.

Man hört sie schon, die Stimme der Gemässigten, die ja eigentlich derartige Nutzungen gutheissen, aber auf die mangelhafte Sicherheit des Gebäudes hinweisen – die SBB hatte allen Mietparteien auf September 2017 gekündigt, nachdem ein SBB-Bauingenieur das Gebäude begutachtete und auf «Risse in tragenden Wänden» hinwies. Erstens: Erinnern Sie sich noch daran, wann das letzte Mal in der Schweiz ein Gebäude einfach so zusammengekracht ist? Eben. Zweitens: Drei Mietparteien haben vor dem Schlichtungsgericht Recht erhalten und befinden sich immer noch im Gebäude. Gefährlicher als das Gericht erlaubt wird es nicht sein.

Was für eine Chance für die SBB! Ihre Rösslimattüberbauungspläne stossen bei einem grossen Teil der Stadtbevölkerung sauer auf. Hier könnte sie einen gutmütigen Kompromiss eingehen, es wäre ja nur vorübergehend. Was für eine Chance für die städtische Baudirektion! In einer 3fach-Podiumsdiskussion gab Manuela Jost auf die Frage, wie sie die Situation bezüglich kreativem Freiraum in Luzern einschätze, zu: «Simmer dranne, aber hemmer velecht nonig gnüegend.» In diesem Fall könnte sie ihren Worten Taten folgen lassen und sich zwischen die SBB und die Besetzergruppe schalten.

Und was können Sie, geschätzte Leserinnen und Leser, tun? Ich dürfte Ihnen natürlich niemals ans Herz legen, die neuen Bewohnerinnen und Bewohner an der Güterstrasse 7 zu besuchen, weil das ein Aufruf zu einer Straftat wäre. Und ich würde Ihnen auf keinen Fall ans Herz legen, Ihren Besuch dort zu geniessen, zum Beispiel am Freitag, 5. Januar, ab 18 Uhr bei Apéro, Konzert und Auflegerei oder am Sonntag, 7. Januar, ab 18 Uhr bei Znacht und Film.

Quelle: https://www.null41.ch/blog/besetzen-vor-besitzen

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Hausbesetzung an der Luzerner Güterstrasse

Quelle: https://www.zentralplus.ch/de/news/aktuell/5557112/Hausbesetzung-an-der-Luzerner-G%C3%BCterstrasse.htm

In der Nacht auf Mittwoch wurde eine leere Wohnung an der Güterstrasse 7 besetzt, wie die Gruppe «Rosa Lavache» am frühen Morgen mitteilt. Am Wochenende sollen erstmals öffentliche Aperos und Konzerte stattfinden. Das Ziel: Der momentan ungenutzte Raum soll der Autonomen Schule Luzern zur Verfügung gestellt werden.

Im Sommer 2017 hatte die SBB allen Mietern der Güterstrasse 7 gekündigt, weil dereinst eine Grossüberbauung geplant ist. Im September mussten alle Mieter ihre Wohnungen verlassen (zentralplus berichtete), diese stehen seitdem leer. Nun sei eine der leeren Wohnungen an der Güterstrasse 7 in Luzern von Rosa Lavache wiederbelebt worden, schreiben die Aktivisten: «Für das Gebäude sind seitens der Eigentümerin SBB keine Nutzungs- oder Baupläne vorgesehen.»

Bemühung um Gespräche

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Auf verschiedenen Wegen habe Rosa Lavache sich um den Dialog bezüglich einer sinnvollen Nutzung mit der SBB Immobilien AG bemüht – offenbar aber ohne Erfolg. «Hinsichtlich der ausbleibenden Bereitschaft der Eigentümerin mit ihr zu verhandeln, will Rosa Lavache nun durch eine offene Kommunikation auch anderen Interessierten den Zugang ermöglichen und sie in die Diskussion miteinbeziehen», steht in der Medienmitteilung weiter.

«Mehr Freiraum für die Stadt»

Ein leerstehendes Gebäude sei die denkbar schlechteste Form der Raumnutzung. «Daher sollte es selbstverständlich sein, diesen Umstand gemeinsam zu hinterfragen und dagegen vorzugehen. Die Stadt Luzern brauche Freiraum, nicht Leerraum!», wird die Aktion weiter erklärt. Eröffnen wollen die Aktivisten an der Güterstrasse 7 deshalb einen «freien Kultur- und Begegnungsort, der den Gebrauch und die Mitgestaltung allen Interessierten ermöglicht.» Man suche mit der Aktion eine Alternative zur «gemeinschaftsfeindlichen» Stadtentwicklung.

Schule soll leere Räume erhalten

Im Schreiben wird auch die Forderung klar, was dereinst mit den Wohnungen geschehen soll: «Rosa Lavache will, dass die leeren Räume an der Güterstrasse 7 der Autonomen Schule Luzern (ASL) zur Verfügung gestellt werden.» Diese setzte sich für die Ideologie dieses Projektes ein. «Die ASL ist ein selbstverwaltetes Bildungsprojekt, welches allen Menschen – unabhängig von Aufenthaltstiteln, sozialem Hintergrund, Geschlecht, Alter und Einkommen – Raum für Wissensaustausch und Gemeinschaft zugänglich macht.»

Öffentliche Veranstaltungen am Wochenende

Ab sofort werde die Wohnung genutzt, wird weiter bekanntgegeben. Am Freitag, 5. Januar gebe es einen öffentlichen Apéro und Konzerte, am Sonntag, 7. Januar Znacht und Kinoabend. «Konstanteres Schulprogramm findet statt, sobald eine stabile juristische Lösung gefunden wurde. Dies, um Personen mit prekären Aufenthaltstiteln nicht zu gefährden», schliesst die Mitteilung.

 

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