Parc sans Frontières – Manifest

Mit der Verwandlung des Platzspitz in den Parc sans Frontières wollen wir einen temporären Raum schaffen, um den Protest gegen Zwangsmassnahmen im Asylbereich sichtbar zu machen und zu stärken.

parcsansfrontieres

Der Parc sans Frontières soll als repressionsfreier Raum auch ein Gegenmoment zur staatlichen Repression bilden, die sonst am Platzspritz omnipräsent ist. Wie kaum ein anderer Ort in dieser Stadt steht der Platzspitz für ein Zürich der Repression, für eine Stadt, in der nicht alle das Recht haben, sich im öffentlichen Raum aufzuhalten und zu bewegen. Noch immer, über 20 Jahre nach der Vertreibung der offenen Drogenszene, bleibt der Platz nachts geschlossen. Aus Angst vor «Szenebildung». Aus Angst davor, dass die Benutzung einer öffentlichen Anlage im Zentrum der Stadt durch «Randständige» das Bild einer aufgeräumten Global City stören könnte.
Seit den 90er-Jahren ist der Platzspitz darüber hinaus ein Symbol für Zürichs Funktion als bundesweites Laboratorium von Ausgrenzung und Repression.

Der Platzspitz ist ein Symbol für die staatliche Gewalt, die immer Leute trifft, die bereits in schwierigen Lagen sind, die keine grossen Lobbys oder dicke Portemonnaies haben.
Als 1992 um den Platzspitz die Zäune hochgingen und sich die Drogenszene in den Kreis 5 verlagerte, wo sie regelmässigen Treibjagden durch die Polizei ausgesetzt war, verlagerte sich auch das mediale und gesellschaftliche Feindbild von den Junkies auf das neu entdeckte Konstrukt des «ausländischen Drogendealers».
Die sozialdemokratische Stadtregierung geriet vermehrt unter Druck, gegen diese «ausländischen Drogengangs» vorzugehen, die – so das Narrativ – Asylgesuche als Schutz vor Ausschaffung benutzen. Diesem Druck gab sie bereitwillig nach.

Die rot-grüne Regierung begann die Internierung von nun unter Generalverdacht stehenden Menschen ohne Aufenthaltsbewilligung voranzutreiben.
Die Forderungen: mehr Gefängnisplätze und das Wegsperren von Asylbewerber*innen ohne Tatbestand, Prozess oder Urteil. In diesem Kontext stimmte die Zürcher Stadtbevölkerung 1994 über das provisorische Polizeigefängnis auf dem Kasernenareal ab, welches eigentlich auf fünf Jahre beschränkt sein sollte – es steht noch heute. Das «Propog» war dann auch innert kürzester Zeit mit Ausschaffungshäftlingen überbelegt.
Während der rechte Bundesrat die linke Zürcher Stadtregierung anfänglich noch mit Verweis auf die Grundrechte zurückpfiff, wurde das Zürcher Modell bald bundesweit zum Vorbild.
Am 1. Februar 1995 traten die «Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht» in Kraft, die es den Behörden erlauben, Ausländer*innen wegen fehlendem Aufenthaltsstatus für bis zu fünfeinhalb Jahre einzuknasten. Eine Folge davon ist auch die gegenwärtige Eingrenzungspolitik des Kantons. Eingrenzungen bedeuten für Betroffene etwa, dass sie kleine ländliche Gemeinden nicht verlassen dürfen und so keinen Zugang zu Rechtsberatung haben, von ihrem Umfeld isoliert werden und jegliche sozialen Kontakte verlieren.

Die Rolle der Stadt Zürich als Laboratorium der Repression im Asylbereich zieht sich bis heute durch. So wurde auch das neue repressive Asylverfahren in den Bundeszentren, das im Zuge der neuesten Verschärfung des Asylgesetzes durch die letzte Asylgesetzrevision eingeführt wurde, in Zürich «getestet». Auch die Streichung der Sozialhilfe für vorläufig Aufgenommene droht schweizweit zum Vorbild zu werden.
Mit der Besetzung dieses Platzes, der so eng mit Zürichs Geschichte als Laboratorium der Repression verknüpft ist, wollen wir den Widerstand, der die Zwangsmassnahmen von Anfang an begleitete, sichtbar machen. Wir solidarisieren uns mit migrantischen Kämpfen weltweit, mit Menschen, die sich gegen Ausschaffungen und andere Zwangsmassnahmen wehren, mit Menschen, die trotz widrigsten Umständen Grenzen überwinden.
Wir wollen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Zürich nicht nur ein Laboratorium der Repression, sondern eben auch ein Ort des Widerstands mit emanzipatorischen Perspektiven war, ist und sein wird. Darauf müssen wir aufbauen und diese Perspektiven weiterdenken, um der unmenschlichen Repressionspolitik im Migrationsbereich, sei es in der Schweiz, in Europa oder sonst wo in der Welt, wirksam unsere kollektive Organisation von unten entgegenzusetzen.

Bleiberecht für alle, alles allen!

Quelle: https://barrikade.info/Parc-sans-Frontieres-Manifest-1135

 

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Flyern gegen Polizeipropaganda

Heute haben die Blaulichorganisationen in der lokalen Zwischennutzung “Neubad” eine Propagandashow für Familien abgehalten. Im Speziellen die Show der Polizei finden wir nicht toll. Wir haben darum den Eltern Flyer verteilt und versucht, über die Funktion und Ideologisierung der Polizei zu reden.

polizeirepression

Die Aktion hat spannende und auch ein paar konflikthafte Gespräche ergeben. Für uns war es eine gute Erfahrung, die Möglichkeit der Polizei einer romantischer Ideologisierung zu brechen. Zudem war es uns wichtig, mit den Eltern über das Bild der Polizei zu reden, wie es Kindern vermittelt wird oder aktiv vermittelt werden kann. Aber seht und lest selbst, was der Fyer sagt:

Wie nett, die Polizei!
Speziell für die Kinder zeigt sich heute die Polizei von ihrer Sonnenseite.
Sie präsentieren ihre Fahrzeuge, Uniformen und natürlich, was am starken Gürtel hängt. Den Kindern schenkt die Polizei ihre Aufmerksamkeit und Gutmütigkeit und festigt damit ihren Heldenstatus schon bei den ganz Kleinen. Mit dieser Kampagne arbeitet die Polizei an der Ideologie des unfehlbaren “Freund und Helfers”. Sie präsentiert dabei aber nur eine Seite der Medaille. Denn viele kennen die Polizei auch von einer anderen Seite. Besonders Leute mit dunkler Hautfarbe werden häufig in der Öffentlichkeit angehalten und durchsucht. Damit stigmatisiert die Polizei dunkelhäutige Personen zunehmend als kriminell. Andere Leute – mitunter auch Familien – werden von “den Blauen” mit Gewalt in Flugzeuge gepackt und ausgeschafft. Und schliesslich macht die Polizei das, was nur mit Gewalt machbar ist: Sie garantiert eine ungleiche Verteilung des Wohlstands und der Privilegien.
Seien wir kritisch gegenüber dieser Institution, die Gewalt zum Alltag macht.”


Quelle: https://barrikade.info/Flyern-gegen-Polizeipropaganda-1121

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Trauer und Wut in Gaza

Palästina: Generalstreik und weitere Massenproteste am 70. Jahrestag der »Nakba«. Wieder sterben Menschen

Die Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland haben am Dienstag mit einem Generalstreik und Kundgebungen an den 70. Jahrestag der »Nakba« (Katastrophe) erinnert. Nach der Staatsgründung Israels 1948 waren Hunderttausende Menschen aus ihren Häusern und von ihren Ländereien vertrieben worden. Bis heute leben viele von ihnen oder ihre Nachkommen in riesigen Flüchtlingslagern, die in den Nachbarstaaten errichtet wurden. Die Forderung nach einem Rückkehrrecht für diese Menschen ist eine der zentralen Losungen der palästinensischen Freiheitsbewegung. Zudem richteten sich die Proteste am Dienstag auch gegen das Massaker der israelischen Armee am Vortag im Gazastreifen. Die Zahl der am Montag getöteten Demonstranten stieg nach Angaben des Gesundheitsministeriums auf über 60, unter ihnen waren acht Kinder. Gestern morgen starb ein acht Monate altes Baby, nachdem es im Osten des Gazastreifens Tränengas eingeatmet hatte.

palaestina

Im Laufe des Tages kam es wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und israelischen Soldaten, wie das Palestine News Network berichtete. Unter anderem in Hebron, Bethlehem und Ramallah setzten sich demnach Jugendliche mit Steinwürfen und Barrikaden gegen die Besatzungstruppen zur Wehr. Und wieder starben Menschen. Unter anderem erschossen Soldaten in Nuseirat einen 15jährigen, wie das palästinensische Gesundheitsministerium mitteilte.

Der Sprecher des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, Rupert Colville, verurteilte am Dienstag die »schrecklichen Nachrichten« aus Gaza: »Die völkerrechtlichen Regeln für den Einsatz von Gewalt sind oft wiederholt worden, aber es scheint, dass sie immer und immer wieder ignoriert werden. Es scheint, dass jeder in Gefahr gerät, erschossen oder verwundet zu werden: Frauen, Kinder, Journalisten, Ersthelfer, Unbeteiligte, und das offenkundig in bis zu 700 Meter Entfernung vom Zaun.«

Südafrika berief seinen Botschafter Sisa Ngombane »bis auf weiteres« aus Israel zurück. Das Außenministerium in Pretoria verurteilte die Gewalt »in der schärfsten Form« und verlangte den Rückzug der israelischen Armee. Die Gewalt verhindere den Wiederaufbau der palästinensischen Institutionen. Auch die Türkei fror die diplomatischen Beziehungen ein. Israels Botschafter wurde nahegelegt, er solle »für einige Zeit« in seine Heimat zurückkehren. Die belgische Regierung bestellte Israels Botschafterin Simona Frankel ein, nachdem diese im Rundfunk erklärt hatte, die am Montag im Gazastreifen getöteten Palästinenser seien allesamt »Terroristen« und der Einsatz der israelischen Armee sei verhältnismäßig gewesen.

Washington stellte sich hinter das israelische Regime. Im UN-Sicherheitsrat behauptete Botschafterin Nimrata »Nikki« Haley, »kein Land in diesem Rat« würde »mit größerer Zurückhaltung handeln, als Israel es getan hat«. Die Bundesregierung vermied eine klare Verurteilung des israelischen Vorgehens. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Dienstag in Berlin, die israelische Regierung habe das Recht und die Pflicht, sowohl die Sicherheit ihrer Bürger als auch die Sicherheit ihrer Grenzen zu schützen. »Aber dabei muss Verhältnismäßigkeit eingehalten werden.« Dies gelte insbesondere für den Einsatz von scharfer Munition. Alle Parteien seien aufgerufen, zur Deeskalation der Lage beizutragen.

Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/332505.trauer-und-wut-in-gaza.html

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Hausbesetzer und Stadt Luzern haben sich geeinigt

In der Nacht auf Montag sind die Besetzer freiwillig aus der Remise Auf Musegg 1 ausgezogen. Die Gespräche zwischen der Gruppe «Pulpa» und der Stadt Luzern haben dazu geführt. Im Gegenzug prüft die Stadt verschiedene Optionen, um der Gruppe andere geeignete Räumlichkeiten für deren Projekte zur Verfügung zu stellen.

Seit dem 8. April war das Obergeschoss der Remise Auf Musegg 1 durch die Gruppierung «Pulpa» besetzt. Die Liegenschaft mit Villa und Remise gehört der Stadt Luzern. Die anonym auftretende Gruppe möchte aus dem Obergeschoss der Remise einen Ort machen, der laut Mitteilung Raum «für kreatives Schaffen, Begegnungen und Diskussionen» bietet.

Der Stadtrat hat Mitte April entschieden, vorläufig auf eine Strafanzeige zu verzichten und im Gespräch mit den Besetzern eine einvernehmliche Lösung zu suchen. «Ziel ist es, der Gruppe zu ermöglichen, ihre Ideen in einem legalen Rahmen zu verwirklichen. Die Stadt prüft deshalb zurzeit verschiedenen Optionen, um der Gruppe andere geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen und führt mit ihr Gespräche über die Modalitäten einer Nutzungsregelung», schreibt sie in einer Mitteilung.

Besetzer sind ausgezogen

In der Nacht auf Montag, ist die Gruppe aus der Remise ausgezogen. Die Stadt hat am Montagmorgen den Zugang zu dem Raum wieder verschlossen. Die Stadt prüft die Möglichkeit, die Remise vor einer Gesamtsanierung der gesamten Liegenschaft durch eine Teilsanierung vom Schimmel zu befreien. Anschliessend soll sie für eine Zwischennutzung vermietet werden. Parallel dazu wird ein Gesamtkonzept für die ganze Liegenschaft erarbeitet.

Der Streit zwischen der Stadt und den Besetzern wurde im letzten Monat zum Politikum und führte zu einer angeregten Debatte im Parlament. Das Vorgehen des Stadtrates wurde im Grossen Stadtrat sowohl von links wie rechts teils scharf kritisiert. Während die Linke die Regierung rügte, dass sie zu wenig gegen der Zerfall ihrer Gebäude unternehme, rüffelten die Bürgerlichen den Stadtrat wegen des aus ihrer Sicht zu laschen Umgangs mit den Besetzern und verlangten ein konsequentes Durchgreifen.

Quelle: https://www.zentralplus.ch/de/news/aktuell/5568004/Hausbesetzer-und-Stadt-Luzern-haben-sich-geeinigt.htm

 

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Neue Arbeitsverhältnisse, neue Formen des Widerstands

Alle Zeichen stehen auf Verschlechterung und nationalistische Restrukturierung. Doch die Lage ist nicht aussichtslos. Es gibt Alternativen zu Nationalismus, Rassismus, Spaltung und Konkurrenz – und es gib effektive Mittel gegen die Verschlechterungen unserer Lebens- und Arbeitsbedingungen. Wenn wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen, uns selbstorganisert und kollektiv wehren, bringt uns das zusammen statt auseinander.

Wir erleben aktuell im globalen Massstab eine Welle von Angriffen des Kapitals auf das Proletariat: Sozialabbau, Demontage von Arbeiter*innenrechten, neue und aggressive Formen betrieblicher Ausbeutung. Die Arbeits- und Lebenssituationen vieler Menschen verschlechtern sich und sind von Arbeitshetze geprägt. Dies geschieht vielerorts in einem politischen Klima des Nationalchauvinismus, der Vereinzelung, der gesteigerten allgegenwärtigen Konkurrenz und gesellschaftlicher Entsolidarisierung. Die passende Ideologie zur gesellschaftlichen Zersplitterung ist das Gebot der Eigenverantwortung und der Selbstvermarktung. Wenn der Kapitalismus so etwas wie Kollektivität im Angebot hat, dann nur in der Zombievariante der nationalen Volksgemeinschaft, die gegen Geflüchtete die Zähne fletscht und ohne zu zögern Polizeistaat und Militarisierung befürwortet. Neoliberale Verbände wie die Avenir Suisse denken laut über Arbeitszeitverlängerung und Deregulierung nach, um den Boden für kommende Angriffe zu bereiten. Doch bei den aktuellen Verschärfungen sind die neoliberalen Stichwortgeber nicht die wichtigsten Akteure. Von links bis rechts haben sich die Parteien – in unterschiedlichen Tonlagen – fast durchwegs auf eine Politik des Sozialabbaus festgelegt. Nationalchauvinistische Verbände wie hier die SVP oder in Deutschland die AfD beschwören bei jeder Gelegenheit die nationale Volksgemeinschaft, und im Windschatten ihrer ideologischen Offensiven treiben sie Kürzung um Kürzung voran. Die parlamentarische Linke positioniert sich gegen die nationalchauvinistischen Parteien, gibt sich progressiv, um dann mit vielen Ausreden und Mitleidsbekundungen eine ebenso antisoziale Politik durchzudrücken. Nicht selten gelingt den sozialdemokratischen Schönredner*innen der Sozialabbau noch besser als den polternden Rechten. Die aktuellen Angriffe auf öffentliche Dienste und soziale Sicherungssysteme sind also von den meisten Akteuren im parlamentarischen Betrieb gedeckt und werden durch die Propaganda der Kapitalverbände laufend legitimiert. Wer glaubt, dass die Teilnahme am parlamentarischen Zirkus die laufenden Verschlechterungen aufhalten kann, gibt sich einer Illusion hin. Um dem sich ständig verschärfenden Arbeitsregime etwas entgegenhalten zu können, braucht es kollektive, selbstorganiserte und antagonistische Kampfformen. Nur der Aufbau einer breiten proletarischen Gegenmacht ermöglicht positive Veränderungen hin zu einer solidarischen Gesellschaft.

Neue Profitstrategien, verschärfte Arbeitsbedingungen

Sozialabbau und neue Formen der Ausbeutung sind eng miteinander verzahnt. Die Institutionen des Sozialstaats werden zu Zwangsmitteln in neuartigen Arbeitsregimes umgebaut. Mit dem Rückbau der sozialen Sicherungssysteme werden die Menschen massenweise in prekäre und repressive Beschäftigungsverhältnisse gedrängt. Gleichzeitig blasen die Kapitalverbände zum Angriff auf die Arbeiter*innenrechte. Kündigungsschutz, Arbeitszeitbeschränkungen und per Gesamtarbeitsverträge abgesicherte Mindestlöhne werden publikumswirksam in Frage gestellt, weil sie das ökonomische Wachstum hemmen und den Profit der Kapitalist*innen schmälern. Ob Sozialabbau, Deregulierung oder Privatisierung, es geht immer um dasselbe: Die herrschende Klasse will uneingeschränkten Zugriff auf die Arbeitskraft, die Quelle ihrer Gewinne. Das Kapital will profitabel investieren und versucht darum seine Macht auszuweiten. Dafür sabotieren die Funktionär*innen des Kapitals gewerkschaftliche Organisierung und schaffen neue Beschäftigungsverhältnisse, die auf Individualisierung setzen und kollektiven Widerstand zu unterbinden versuchen. Eine Variante dieser hochprekären Beschäftigungstaktik hat unlängst Schlagzeilen gemacht: das de-Facto-Akkordsystem des Taxiunternehmens Uber. Die Beschäftigten bei Uber sind komplett vereinzelte Ich-AGs und haben kaum Spielraum für den Aufbau betrieblicher Macht. Das System Uber dürfte in anderen Branchen Schule machen. Bereits heute lagern viele Firmen einzelne Tätigkeiten auf digitale Crowdworking-Plattformen aus. Dort wird die Produktion von Gütern und Dienstleistungen in kleinste Arbeitsschritte aufgeteilt. Arbeiter*innen werden durch die Ausführung solcher Minijobs zu selbstständigen Auftragnehmer*innen ohne vertragliche und soziale Absicherung, ihre Arbeit wird durch Algorithmen überwacht, ausgewertet und rationalisiert.

Digitaler Taylorismus in modernen Fabriken

Um seine Macht auszuweiten und die Gewinnmargen zu erhöhen, greift das Kapital nicht nur erkämpfte Rechte an, sondern rüstet auch auf der technologischen Ebene auf. Mithilfe von digitaler Technologie werden Betriebsabläufe neu organisiert. Mittels dieser neuen Arbeitsorganisation erfasst das Kapital Arbeitsschritte, speichert sie und wertet sie aus. Die digitale Maschinerie trägt dazu bei, das Kommando über die Arbeit und die Arbeiter*innen zu festigen. Eine Vorreiterrolle in der Anwendung der digitalen Maschinerie nimmt Amazon ein. Das Arbeitsregime in den Verteilzentren des global tätigen Onlinehändlers zeigt die Bedingungen auf, unter denen immer mehr proletarische Menschen arbeiten werden. Die Logistikzentren von Amazon sind modernste Fabriken, mithilfe digitaler Technologie sind sie auf höchste Effizienz getrimmt. Die Arbeitsabläufe werden in kleinste Einheiten zergliedert und bis auf den letzten Handgriff optimiert. Für die Arbeiter*innen bedeutet die Arbeit bei Amazon ständige Arbeitshetze, monotone Abläufe und permanente Überwachung.

Neue Formen der Streikmacht

All diese Verschärfungen, Angriffe und Reorganisierungen bedeuten zunächst einen Machtgewinn für das Kapital. Die Ausbeutung wird optimiert, der potenzielle Widerstand der Arbeiter*innen erschwert. Doch die Lage ist nicht ausweglos. Mit jeder technischen Neuorganisation von Betrieben ergeben sich auch neue Möglichkeiten des Widerstands. In Lohnkämpfen und Streiks wird die Vereinzelung durchbrochen, die kämpfenden Arbeiter*innen finden neue Formen der Organisierung. Die Amazon-Arbeiter*innen kennen die Schwachpunkte der durchtechnisierten Logistikzentren und wissen sie zu nutzen. In den vergangenen Jahren konnten Amazon-Arbeiter*innen an mehreren Standorten in Deutschland, Polen und den USA durch Streiks, kleinere Sabotageaktionen, politischen Druck und ausserbetriebliche Solidarität Gegenmacht aufbauen. Sie setzten Lohnforderungen und Umstrukturierungen durch, probierten Kampfformen aus und schufen internationale Verbindungen. Gerade die Kampfzyklen bei Amazon zeigten, was Revolutionär*innen schon immer klar war: «Arbeiter*innen haben kein Vaterland» und «der Kampf um Befreiung ist international». Als in Deutschland Angestellte des Logistikriesen in den Streik traten, lagerten die Konzernbosse die Bestellungen auf polnische Verteilzentren aus. Arbeiter*innen des polnischen Logistikzentrums solidarisierten sich daraufhin mit ihren Kolleg*innen in Deutschland und unterstützten sie mit Bummelstreiks. So konnten sich die Arbeiter*innen der Streikbrecher-Strategie der Leitung widersetzen und Teilerfolge erzielen. Die hochrationalisierte Just-in-time-Produktion moderner Betriebsanlagen eröffnet ein Potential proletarischer Streikmacht im Bereich der Logistik. Die Verwertungsketten des globalen Kapitalismus sind sehr empfindlich. Die Kämpfe der Weltarbeiter*innenklasse führen uns vor Augen, in welchem Ausmass die Profitstrategien des Kapitals gestört werden können. Im Mai 2017 streikten die Lastwagenfahrer*innen in Karachi, einer Hafenstadt in Pakistan. Dies führte zu Verzögerungen und grossen Verlusten für verschiedene multinationale Unternehmen. Bis im August 2017 war die Wirkung dieses dreiwöchigen Streiks in den Güterhäfen Hamburgs und Rotterdams zu spüren. Aber auch in Europa zeigt sich die Streikmacht im Bereich der Logistik. In den letzten Jahren bestreiken basisgewerkschaftlich organisierte, zumeist migrantische Lagerarbeiter*innen und Packer*innen in Italien multinationale Distributionskonzerne. Dadurch wird der Gütertransport auf der Strasse immer wieder unterbrochen und es gibt Rückstau in den Zulieferungsketten. Der seit April dieses Jahres andauernde Bahnstreik in Frankreich führt zu Zugsausfällen über die französischen Grenzen hinaus. Aufgrund fehlender Transportmittel kommt es in den nächsten Monaten zu millionenfachen Arbeitsausfällen und damit zu einschneidenden Gewinneinbussen für das Kapital.

Lernen wir von den weltweiten Kämpfen und organisieren wir uns!

Es gibt Alternativen zum Buckeln und Austeilen in der kapitalistischen Konkurrenz. Wir leben in einer Zeit, in der die Proletarier*innen an vielen Orten für bessere Lebensbedingungen kämpfen. Die Mittel, die sie wählen, sind vielfältig. Es beginnen sich auch diejenigen Arbeiter*innen zu organisieren, die durch die traditionelle Gewerkschaftspolitik vernachlässigt werden. Die Streiks in der Logistik, in der Pflege oder in Dienstleistungsbetrieben zeigen uns moderne Kampfformen auf. Es ist wichtig, dass Kämpfe aus ihrer lokalen Isolation heraustreten und international zusammengeführt werden. So können wir voneinander lernen und uns gegenseitig unterstützen – Klassenkampf kennt keine Grenzen.
Auch wenn sich Streiks und Kämpfe am Arbeitsplatz oftmals auf die Durchsetzung spezifischer Tagesforderungen beziehen, tragen sie dazu bei, den Blick über das Bestehende hinaus zu schärfen. Gemeinsame Kampferfahrungen machen Solidarität erfahrbar, lassen die Möglichkeit von Gegenwehr lebendig werden und führen zu erhöhtem Klassenbewusstsein. In Arbeitskämpfen gewinnt die Klasse ein Stück weit die Kontrolle über die Produktion zurück und findet Formen der Organisierung, die für eine bessere Form des Zusammenlebens wichtig sein werden. In den vielfältigen Kämpfen gegen die Zumutungen des Kapitalismus wie auch gegen die rassistischen und patriarchalen Strukturen dieser Gesellschaft gibt es immer verbindende Elemente. Diese müssen wir herausstreichen und uns füreinander stark machen. Wo immer es gelingt, Kämpfe in den Betrieben, in den Quartieren, Schulen, Universitäten, auf den Ämtern, im Familienalltag und auf der Strasse zusammenzuführen, bilden sich wirksame Fronten proletarischer Gegenmacht. Diese Gegenmacht eröffnet uns Handlungsmöglichkeiten gegen den Nationalchauvinismus und bereitet den Weg für den Kampf um die befreite Gesellschaft.

Solidarität statt Vereinzelung – organisieren wir uns gegen Arbeitshetze und Sozialabbau!
Für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung!
Her mit dem schönen Leben für alle!

Gruppe für eine antikapitalistische Praxis, 2018

P.S.

Nationalchauvinismus
Für die vielen rechten Verbände und Parteien, die nicht unbedingt offen faschistisch auftreten, aber dennoch eine reaktionäre, nationalistische, antifeministische und rassistische Politik betreiben (SVP, Front National, Fidesz, Ukip und wie sie alle heissen) hört man oft die Bezeichnung «rechtspopulistisch». Wir halten dieses Wort für irreführend. Es verharmlost rechte Politik und legt nahe, dass die rechten Parteien ein reales Volksempfinden lediglich aufgreifen und artikulieren. Wir sehen Parteien wie die SVP ganz im Gegenteil als elitäre Propagandazirkel. Sie stehen dem Kapital nahe und arbeiten an einem reaktionären und repressiven politischen Klima, in dem Sozialabbau, Arbeitshetze, Überwachung und allgegenwärtige Konkurrenz zur Normalität werden. Der Unterschied zu faschistischen Organisationen liegt weniger in den politischen Inhalten als darin, dass SVP und Co. das bürgerliche Parlament viel professioneller als Bühne und Vollstreckungsorgan zu nutzen wissen. Für ihre Politik halten wir die Bezeichnung Nationalchauvinismus für treffend.

Digitaler Taylorismus
Digitale Technologie hat das Potential, uns von der lästigen Arbeit weitgehend zu befreien und allen Menschen ein Leben in Luxus und Musse zu ermöglichen. In einer befreiten Gesellschaft wird die Technologie in unseren Händen sein und darum andere Formen annehmen und andere Funktionen haben. Im Kapitalismus hingegen entwickelt sich die Technologie entlang den Anforderungen der Mächtigen. Sie dient der Rationalisierung von Arbeitsprozessen, der Vermarktung, Überwachung und Kriegsführung. Die digitale Technologie ist also nicht «neutral», sondern hat eine spezifische, kapitalistisch ausgeprägte Form. Digitaler Taylorismus bezeichnet die Arbeitsorganisation in modernen Fabriken unter flächendeckendem Einsatz digitaler Technologien. Diese wird nicht zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen eingesetzt, sondern zur Überwachung der Arbeiter*innen sowie der effizienten Planung von Arbeitsabläufen. Ziel ist die Steigerung des Profits. Die digitale Maschinerie ist also ein Herrschaftsinstrument der Kapitalist*innen, ein Mittel, um die Arbeiter*innen zu entmündigen, zu kontrollieren und maximal auszubeuten.

Quelle: https://barrikade.info/Neue-Arbeitsverhaltnisse-neue-Formen-des-Widerstands-1084

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Ausbrechen!

Quelle: https://barrikade.info/Ausbrechen-1075

“Wir haben ein Loch in das Gehege der Rothirschzucht in Roggliswil LU geschnitten. Der Zaun ist zerstört.
Hoffentlich konnten einige Rothirsche aus ihrer Gefangenschaft ausbrechen.

Im Gehege leben circa 50 Tiere bis sie von den Züchter*innen abgeschossen werden.

Die grösste und wichtigste Investition von Hirschzüchter*innen ist der 2 meter Hohe Zaun. Der ist für die Zucht in diesem Land vorgeschrieben und kostet mehrere zehntausende Franken.

Der ökonomische Schaden war das Hauptziel unserer Aktion.

Die Tiere sind sehr scheu und können deswegen nicht rasch zur Flucht bewegt werden.

Der Grossteil des in der Schweiz konsumierten Hirschfleisches ist aus Neuseeland importiert. Trotzdem, Hirschfarmen haben in den letzten Jahren hier Aufwind.
Die meisten Hirschfarmen in der Schweiz sind Damhirschfarmen. Doch Damhirsche kommen in der Schweiz nicht vor in freier Wildbahn, Rothirsche schon. Damhirsche sehen auch anders aus als Rothirsche.
Eventuel macht es sinn, Rothirschfarmen zu attackieren und dort Hirsche zu befreien, da diese hier überleben können und nicht gleich als Ausbrecher*innen erkannt werden.

ARTGERECHT IST NUR DIE FREIHEIT

ALF”

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Den Rechten ins Bier spucken

Antifaschisten haben eine europaweite Konferenz der Identitären Bewegung in Groß­britannien gestört. Die Konferenz verdeutlichte, wie sich Rechtsextreme dort vernetzen und rekrutieren.

Ungestört blieben sie nicht. Am 14. April wollte die Gruppe »Generation Identity« (GI) in London eine internationale Konferenz abhalten. GI ist ein Ableger der 2012 in Frankreich gegründeten Identitären Bewegung (IB), die sich seither auch in Deutschland und Österreich etablieren konnte. 2017 fasste die Bewegung auch in Großbritannien und Irland Fuß. Bekannt ist, dass Martin Sellner, der Sprecher der IB in Österreich, bei der Gründung von GI in Großbritannien und Irland eine Rolle spielte. Sellner nahm im Oktober 2017 an einer Konferenz der rechtsextremen »Traditional Britain Group« (TBG) teil, nach der die erste öffentliche Aktion von GI stattfand: Die Identitären entrollten ein Transparent mit der Aufschrift »Defend London – Stop Islamisation« auf der Westminster Bridge in London.

Recherchen der Organisation »Hope not Hate« zufolge beläuft sich die Mitgliederzahl der von Jordan Diamond, Sebastian Seccombe und Damhnait McKenna angeführten Gruppe in Großbritannien und Irland auf rund 30 Personen. Mit über 7 000 Facebook-Fans scheinen sie aber weitaus mehr Sympathisanten zu besitzen. Sie sind »Hope not Hate« zufolge die am schnellsten wachsende rechte Gruppe und eine Anlaufstelle für Mitglieder von inzwischen verbotenen rechtsextremen Gruppen wie beispielsweise National Action. Bisher beschränkten sich die Aktionen von GI hauptsächlich auf das Anbringen von Aufklebern und das Verteilen von Broschüren in London, Belfast, Dublin, Glasgow, Manchester und Edinburgh. In Dublin und London entrollten Mitglieder von GI im Januar auch Transparente.

Im Zentrum der Ideologie der Identitären stehen die Ablehnung von Einwanderung und die Feindschaft gegen Muslime. In manchen linken Kreisen auch als »Nazi-Hipster« bezeichnet, gibt sich die Bewegung jugendlich und hip. Teil der Strategie von GI ist die Rekrutierung rassistischer Studierender, etwa durch Transparentaktionen. GI-Aufkleber wurden auf mehreren Unversitäts-Campussen in London gefunden.

Für das vergangene Wochenende hatte GI nun eine Konferenz in London zur europaweiten Vernetzung angekündigt. Die Gruppe wollte die unterschiedlichen »Kulturen« Europas feiern, den Teilnehmern sollten Wissen und Kompetenzen vermittelt werden. GI sieht sich zwar als europaweite ­Bewegung, bevorzugt aber eine klare Trennung zwischen den einzelnen ­europäischen Nationen. Als Sprecher waren Mitglieder von Gruppen der IB aus Deutschland, Ungarn und Italien angekündigt. Sellner sollte ebenfalls erscheinen, doch ihm untersagten die britischen Behörden erneut die Einreise wegen seines Engagements bei der rechtsextremen Bewegung. Kurz vor ihm war auch der Leiter der ungarischen Identitären, Ábel Bódi, als »unerwünschte Person« abgewiesen worden. Lorenzo Fiato von den italienischen Identitären hatte zuvor wegen Krankheit abgesagt.

Die Organisatoren der Konferenz hatten den Teilnehmern Kontakte zu den Referenten versprochen sowie ein kostenloses Mittagsbuffet. Ob sie tatsächlich in den Genuss eines Buffets kamen, ist unklar. Der Ort der Veranstaltung war lange geheimgehalten worden. Zunächst war sie in London geplant. Als die Identitären offenbar ­Panik bekamen, wichen sie kurzfristig auf das Stag Theatre in Sevenoaks südöstlich von London aus. Antifaschisten fanden das jedoch schnell heraus, so dass die Veranstalter nach einigen Stunden weiterziehen mussten. Als rund 30 Identitäre sich daraufhin in einem Pub in Sevenoaks versammelten, die Antifaschisten machten den Inhaber des Pubs per Twitter auf seine rechtsextremen Gäste aufmerksam, der diese des Lokals verwies.

Nach der mehr oder weniger gescheiterten Versammlung am Samstag versuchte GI es einen Tag später erneut. Am Sonntagmorgen versammelten sich an die 30 Identitäre an der Speaker’s Corner im Hyde Park in London, weil Vertreterinnen der von den Identitären initiierten Kampagne »120 dB« dort reden wollten. Es ist ein Ort, an dem Bürgerinnen und Bürger traditionell öffentliche Reden halten können. Auch Sellner hätte dort Anfang März sprechen wollen, wäre ihm nicht die Einreise verweigert worden. Am Sonntag wurden die Identitären nach ungefähr einer halben Stunde von Antifaschisten unterbrochen, die eine Gegenveranstaltung organisiert hatten, und mussten unter Polizeischutz aus dem Park eskortiert werden. Zunächst fanden sie Zuflucht im nahegelegenen Pub »Duke of York«, bekamen jedoch nach anhaltenden Protesten von Antifaschisten kein Bier mehr ausgeschenkt. Eine Polizeieskorte begleitete die Rechten daraufhin zur nächsten U-Bahnstation.

Trotz aller Fehlschläge wurde deutlich, wie die alte Rechte in Großbritannien sich in neuem Gewand zeigt. Nicht nur sind viele GI-Mitglieder Überläufer aus anderen rechten Gruppen, GI pflegt auch enge Beziehungen zu einigen der bekanntesten Persönlichkeiten der britischen und internatio­nalen Rechten, wie etwa Stephen Yaxley-Lennon, besser bekannt als Tommy ­Robinson, der Gründer und ehemalige Anführer der English Defence League. 2017 nahm er Videos für die rechte Webseite Rebel Media auf. Zu deren Dunstkreis gehören auch Lauren Southern, eine rechte kanadische Youtuberin, sowie Brittany Pettibone, eine US-amerikanische Youtuberin der Alt-Right-Bewegung und die Freundin von Sellner. Auch ihr wurde am Freitag die Einreise nach Großbritannien ­verweigert.

Quelle: https://www.jungle.world/artikel/2018/16/den-rechten-ins-bier-spucken

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Luzerner Stadtrat verzichtet auf Anzeige gegen Hausbesetzer

Quelle: https://www.zentralplus.ch/de/news/aktuell/5566376/Luzerner-Stadtrat-verzichtet-auf-Anzeige-gegen-Hausbesetzer.htm

Die Hausbesetzung in der Stadt Luzern bleibt vorläufig geduldet. Der Stadtrat hat an einer Sitzung beschlossen, keine Anzeige einzureichen. Er hält jedoch daran fest, dass der Aufenthalt im Raum ein Risiko für die Gesundheit darstellt.

Der Luzerner Stadtrat hat an seiner Sitzung diesen Mittwoch die Hausbesetzung auf der Areal Auf Musegg 1 thematisiert. «Der Stadtrat verzichtet im Moment auf eine Strafanzeige. Er steht mit den Besetzern in Kontakt und sucht weiterhin eine einvernehmliche Lösung», schreibt er in einer Mitteilung. 
Vergangene Woche hatte der Stadtrat den Besetzern bereits ein Ultimatum gestellt, dieses jedoch verstreichen lassen. Mit ein Grund war wohl auch die Ferienabwesenheit von Stadtpräsident Beat Züsli und Bauvorsteherin Manuela Jost.

Nun hat der Stadtrat also einen Entscheid gefällt. Er hält fest, dass der Raum im Obergeschoss der Remise bekanntlich nicht grundlos leer stehe: Er sei feucht und mit Schimmelsporen befallen. «Eine Gesundheitsgefährdung kann nicht ausgeschlossen werden», hält der Stadtrat fest. Eine entsprechende Untersuchung wurde angeordnet. Daher spricht sich der Stadtrat gegen eine dauerhafte Nutzung des Raumes aus.

Am Mittwochmorgen waren die Aktivisten vor dem Luzerner Stadthaus präsent.
Am Mittwochmorgen waren die Aktivisten vor dem Luzerner Stadthaus präsent. (Bild: zvg)

Weiter sei die Gruppe angewiesen worden, die festgelegten Regeln gegen Lärm und Abfall einzuhalten sowie die Nachbarschaft zu schonen. Die Stadt Luzern will die betroffene Nachbarschaft über den Entscheid informieren.

Haus ist seit rund zehn Tagen besetzt

Seit der Nacht von Samstag auf Sonntag, vom 7. auf den 8. April 2018, ist das Obergeschoss der Remise Auf Musegg 1 durch die Gruppierung Pulpa besetzt (zentralplus berichtete). Die anonym auftretende Gruppe möchte daraus einen Ort machen, der laut Mitteilung Raum «für kreatives Schaffen, Begegnungen und Diskussionen» bietet.

Der besagte Raum in der Remise liegt oberhalb einer Garage und ist etwa neun mal sechs Meter gross. Gegenüber im Hauptgebäude (Villa) sind Time-out-Klassen der Volksschule eingemietet. Weiter sind Räume an freischaffende Künstler vermietet.

Die Stadt anerkennt das Bedürfnis nach Freiraum für soziale und kulturelle Zwecke. Die legale (Zwischen-)Nutzung von lange leerstehenden Räumen ist ihr ein Anliegen. Die Stadt Luzern bewirtschaftet diesbezüglich aktiv ihren Raum-Leerstand.

Die Hausbesetzung hat zwei politische Vorstösse ausgelöst, die derzeit hängig sind. Der Stadtrat beantwortet derzeit keine Fragen, welche darin vorkommen. Es geht unter anderem darum, ob die Stadt weitere leerstehende Liegenschaften besitzt und was sie mit diesen vor hat, weshalb sie ein Ultimatum verstreichen lässt und ob der Stadtrat bei Ferienabwesenheiten handlungsunfähig sei (zentralplus berichtete).

 

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Momentaner Stand Pulp@ Besetzung in Luzern

pulpa
“Gerne informieren wir Sie über den neusten Stand der Belebung auf Musegg 1 in Luzern.

Pulp@ wurde seitens Stadt Luzern aufgefordert, das Gebäude auf Musegg 1 zu verlassen.
Als Gründe führen sie einen Schimmelbefall des Raumes sowie allfällig nötige Sanierungsmassnahmen auf.
Wir haben uns entschieden, uns um die nötigen Massnahmen selbst zu kümmern. Eine Expertise bezüglich Schimmel wurde an eine aussenstehende Fachperson in Auftrag gegeben. Die Besorgnis seitens Stadt bezüglich fehlender sanitären Anlagen finden wir unbegründet: Eine Toilette ist vorhanden und genügt den geplanten Aktivitäten. Es ist nicht vorgesehen, dass dieser Raum als Wohnraum genutzt wird. Heute Morgen haben wir die zuständigen Personen der Stadt Luzern über unseren Entscheid informiert.”

 

Quelle: facebook

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Neue Besetzung in Luzern – Pulp@ ist umgezogen

Am 06. April wurde die Obergrundstrasse 95 kurzzeitig belebt um damit ein aktives Zeichen gegen die Machtverhältnisse in der Stadt Luzern zu setzen: Während es vielen Menschen nicht mehr möglich ist, in der Stadt zu leben, können vermögende Einzelpersonen Raum während Jahren beanspruchen, ohne ihn in irgendeiner Form zu nutzen. Die Zulässigkeit solcher Besitzverhältnisse ist in Frage zu stellen. Wir haben sie in Frage gestellt und fragen weiter. Lange genug haben sich die politischen Institutionen der Stadt Luzern hinter der falschen Auslegung des Eigentumsrechts versteckt. Sie haben zwar Missmut über die Situation an sich geäussert, aber renitente EigentümerInnen und ihr falsches Handeln geschützt wie verteidigt. Da Missmutsbekundungen nicht ausreichen, wollen wir der Stadt Luzern die Gelegenheit geben, als gutes Beispiel voranzugehen. Das obere Stockwerk der Liegenschaft Auf Musegg 1 im Besitz der Stadt Luzern wird seit Jahren nicht genutzt. Per heute, 07. April beleben wir es. Bisherige Versuche, die Etage einem Zweck zuzuführen scheiterten am Widerwillen der Eigentümerin, welche auf die vernachlässigte Pflege der Räumlichkeiten verweist. Umso mehr möchten wir uns engagieren. Alle von der Belebung betroffenen Personen und Stellen wurden informiert. Wir laden alle interessierten Menschen ein, sich einzubringen, mitzudiskutieren und mitzugestalten.

Eine Stadt ist mehr als ihre Einkaufsmeilen und Parkplätze. Wir sind der Überzeugung, dass eine Stadt von den Menschen lebt, die sie als ihre Umgebung gestalten. Dafür braucht es Orte, an denen sich Menschen auf Augenhöhe begegnen können. Orte die Raum bieten für kreatives Schaffen, Begegnungen und Diskussionen. Jahrelanger Leerstand hat keine Legitimität. Nicht von privater und nicht von staatlicher Seite. In keinem Fall darf er als Normalzustand toleriert werden. Statt zu klagen und zu betteln haben wir uns entschlossen, dem bestehenden Missstand aktiv und positiv entgegenzutreten:

Als soziales Zentrum soll Auf Musegg 1 allen Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht und Einkommen offenstehen. Wir wollen gemeinsam mutig sein und die Idee einer lebendigen Stadt umsetzen.

– Menschen können sich hierarchiefrei organisieren und den Ort gemeinsam zur Entfaltung von Ideen und Projekten nutzen.
– Entscheidungen werden selbstbestimmt, basisdemokratisch und in Absprache mit der Nachbarschaft getroffen.
– Gemeinsam wollen wir zukunftsfähige Lebensweisen erproben, die glaubwürdig sind und nicht abgenutzten Normen folgen.
– Wir wollen den Austausch von politischen wie gesellschaftlichen Ideen fördern, Inspiration zulassen und nutzbar machen.

Wir laden alle interessierten Menschen ein, Teil davon zu sein.

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