Mehr Farbe geht nicht

Bunter Protest gegen Polizeigewalt: Katalonien begeht Jahrestag des Referendums über Unabhängigkeit von Spanien

In angespannter Stimmung begeht Katalonien heute den ersten Jahrestag des Referendums vom 1. Oktober 2017. Bei dieser von der Zentralregierung in Madrid verbotenen Volksabstimmung sprachen sich mehr als zwei Millionen Menschen für die Bildung einer von Spanien unabhängigen Republik aus. Um das Referendum zu verhindern, hatte die Regierung Tausende Beamte der Nationalpolizei und der Guardia Civil nach Katalonien entsandt. Diese gingen teilweise mit brutaler Gewalt gegen Wähler vor, die sich an der Abstimmung beteiligen wollten. 1.066 Menschen wurden nach offiziellen Angaben durch die Polizei verletzt, ein Mann verlor ein Auge. Allein in Barcelona laufen noch Ermittlungsverfahren gegen 24 Beamte. Trotz der Repression beteiligten sich gut 40 Prozent der Wahlberechtigten an der Abstimmung. Von diesen votierten mehr als 90 Prozent für die Unabhängigkeit.

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Bereits am Sonnabend haben in Barcelona Tausende Menschen gegen eine Kundgebung der Polizeigewerkschaft Jusapol protestiert. Rund 6.000 Menschen – so die Schätzung der Stadtpolizei Guàrdia Urbana – versammelten sich in den frühen Morgenstunden auf der Plaça de Sant Jaume, dem Platz zwischen dem Rathaus von Barcelona und dem Sitz der Generalitat de Catalunya, der katalanischen Regionalregierung. Dort hatte die Kundgebung der Polizisten ursprünglich stattfinden sollen, weshalb Innenminister Miquel Buch am vergangenen Mittwoch ein Zeltlager räumen ließ, das am 11. September – dem katalanischen Nationalfeiertag – auf dem Platz errichtet worden war. Die Aktivisten hatten Druck auf die Politiker ausüben wollen, das Ergebnis des Referendums umzusetzen. Nach der Räumung setzten sie ihre Aktion als Sitzstreik fort und riefen zum Protest gegen die Jusapol-Demonstration auf. Unterstützt wurden sie dabei von den wichtigsten Organisationen der Unabhängigkeitsbewegung, so der Katalanischen Nationalversammlung (ANC), den »Komitees zur Verteidigung der Republik« (CDR) und der antikapitalistischen Partei »Kandidatur der Volkseinheit« (CUP).

Dem Aufruf der Jusapol folgten am Samstag etwa 3.000 Angehörige der paramilitärischen Guardia Civil und der Nationalpolizei. Offiziell wollten sie für eine Angleichung ihrer Gehälter an die Einkommen ihrer katalanischen Kollegen demonstrieren. Doch bereits das Demoplakat und Aufrufe im Internet machten deutlich, dass es vor allem darum ging, den Einsatz gegen das Referendum vom 1. Oktober 2017 zu feiern und für die »Einheit Spaniens« zu werben.

Nachdem klar war, dass auf der Plaça de Sant Jaume kein Durchkommen sein würde, versammelte sich die Jusapol auf der Via Laietana und marschierte von dort zur zentral gelegenen Plaça de Catalunya. Ein Zusammentreffen mit den Gegendemonstranten verhinderte die katalanische Regionalpolizei Mossos d’Esquadra mit einer regelrechten Prügelorgie. 24 Menschen wurden verletzt, unter ihnen ein Fotograf der linken Zeitschrift Directa. Als Antwort flogen Farbbeutel, die Polizisten wurden im Stil eines »Holi-Festivals« – in Indien ein hinduistisches Frühlingsfest, das als Happening auch in Europa populär wird – bunt eingefärbt. Weitere Zusammenstöße verhinderten Feuerwehrleute, die sich zwischen Polizisten und Demonstranten stellten.

Kataloniens Ministerpräsident Quim Torra kündigte eine Untersuchung des Polizeieinsatzes an. Eine von der CUP geforderte Absetzung von Innenminister Buch schloss er allerdings aus.

Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/340801.katalonien-mehr-farbe-geht-nicht.html

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Auf nach Berlin – Dem Krieg kein ruhiges Hinterland! Erdogan angreifen!

Am 28. und 29. September kommt Erdogan für einen Staatsbesuch nach Berlin.
Sorgen wir dafür dass sein Besuch für ihn zum Fiasko wird!

Erdogan_in_Berlin

Den diktatorischen Präsidenten auf seinem Staatsbesuch mit militärischen Ehren zu empfangen ist ein weiterer Beweis der Rückendeckung die die EU dem Erdogan-Regime gewährt. Die türkische Regierung begeht täglich Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen. Da jedoch für die Herrschenden Handelsbeziehungen mehr zählen als Menschen, hält Deutschland und die EU am millionenschweren Flüchtlingsdeal fest und sichert zudem Unterstützung gegen den Fall der türkischen Lira an.
Auch die Schweiz gibt sich offiziell gerne „kritisch“ gegenüber der Situation in der Türkei. Da in der Türkei für die Schweizer Wirtschaft jedoch fette Profite warten, lockert die Schweiz die Exportbestimmungen für Kriegsmaterial und stellt sich einmal mehr auf die Seite der Waffenlobby.

Gründe um auf die Strasse zu gehen gibt es viele!

– Massenrepression gegen jegliche Opposition

– Unterstützung islamistischer Banden im syrischen Bürgerkrieg

– Militärische Aggressionen gegen Rojava und Kandil

– Unterstützung und Entwicklung von islamistischen, patriarchalen und chauvinistische Positionen

– Verfolgung der Opposition im In- und Ausland

Stellen wir dieser Politik von Erdogan und Konsorten unseren kollektiven Widerstand entgegen! Zeigen wir unsere internationale Solidarität, indem wir die Verantwortlichen vor Ort angehen und den Kampfgeist der kurdischen Guerilla auch in Europa aufleben lassen! Gehen wir gemeinsam gegen Erdogan auf die Strasse und zeigen wir unsere Solidarität mit der kurdischen und türkischen Freiheitsbewegung und der Guerilla!

Widerstand bedeutet Leben! Berxwedan Jîyan e
Frauen, Leben, Freiheit! Jin, Jiyan, Azadi!

Quelle: http://revolutionär.ch/?p=3778

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Demo „Marsch für s’Läbe Stoppe“ am 15.9 in Bern

Am 15. September will ein Zusammenschluss von verschiedenen fundamentalistischen Organisationen zum zweiten Mal einen „Marsch fürs Läbe“ auf dem Bundesplatz durchführen, um ihre Propaganda gegen Abtreibungen in die Öffentlichkeit zu tragen. Die Organisationen hinter dem Marsch sind europaweit vernetzt und haben in anderen Ländern Verbindungen zu rechtsradikalen Gruppen wie beispielsweise der AfD oder der Identitären Bewegung, die sich alle im Antifeminismus vereinen. Der Marsch fürs Leben setzt auf veraltete Frauen*- und Geschlechterrollen, fernab jeglicher Selbstbestimmung. Frauen* sollen unterwürfige Gebärmaschinen sein, lesbische, schwule, bi sowie trans* Menschen werden als krankhaft angesehen und sollen wegtherapiert werden.

marsch

Wo immer der Marsch fürs Läbe in den vergangenen Jahren auftrat, wurde dieser von Gegenaktionen begleitet und gestört. Auch dieses Jahr wollen wir den Aufmarsch der Fundis nicht unbeantwortet lassen. Für uns ist der Kampf gegen die fundamentalistischen Werte stets verbunden mit einem Bestreben für eine emanzipatorische Welt, in der die Diversität der Menschen und deren Lebensweisen ein wichtiger Teil ist. Eine Welt, in der man selbstbestimmt und kollektiv organisiert leben kann.

Deswegen rufen wir am 15. September in Bern zu einer lauten, kreativen und breiten Gegendemonstration auf, mit dem Ziel ein hör- und sichtbares Zeichen zu setzen. Dazu haben wir einige Vorschläge von Dingen, die man mitnehmen kann um Lärm zu erzeugen, zu stören oder eine sichtbare Botschaft zu hinterlassen:

Pfannendeckel – Pfannen mit Stock – Trillerpfeifen – Musikinstrumente – Wasserballone – Glitzerballone – Wasserpistolen – Wecker – Megafon – Kreide – Druckhorn – Papierflugzeuge – Transpis – Schilder – Fahnen (Aber Parteifahnen finden wir doof) – Flyer – und noch vieles mehr…

-> nicht vergessen: der Lärm ist auch für uns laut, deshalb: Oropax!

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Auf die Pauke gehauen

Nach rechten Ausschreitungen: Zehntausende in Chemnitz bei »#wirsindmehr«-Konzert. Musiker solidarisieren sich mit Antifaschisten

wirsindmehr

Wenn Faschisten mit einer hohen Dezibelzahl zu vertreiben wären, dann müsste der Montag abend in Chemnitz als voller Erfolg gewertet werden. Die innerhalb weniger Tage geplante und aufgebaute Bühne unweit der Stadthalle und des Karl-Marx-Monuments beeindruckte an diesem Tag. Als Reaktion auf die Ereignisse der letzten Tage initiiert, sollte ein Zeichen gegen Rassismus und rechte Übergriffe gesetzt werden. Die in einen Hashtag verpackte Losung: »Wir sind mehr«.

Auf den ersten Blick ließ sich nicht erahnen, in welchem politischen Kontext dieses Musikspektakel stand. Die ersten Grüppchen, die sich bereits am frühen Nachmittag auf den Weg zur Bühne machten, fielen eher durch Bandshirts als durch Transparente mit politischen Botschaften auf. So richtig änderte sich das auch nicht im Verlaufe des Abends. Zweifelhafte »Höhepunkte« bildeten geschwenkte Deutschlandfahnen, auf die glitzernde Herzen gemalt worden waren. Oder Pappschilder, auf denen »Grundgesetz rischtisch geil« zu lesen war. Die unwirklich anmutende Situation zwischen lauter Musik, Blumen- und Kerzenmeer an einem vermeintlichen Tatort, partyhungrigen Teenagern und »Alerta alerta«-Rufen war an diesem Abend nicht aufzulösen.

Die Menge an Menschen beeindruckte dagegen durchaus. Am Nachmittag hatten die Veranstalter noch davon gesprochen, gut 20.000 Besucher zu erwarten. Am Dienstag teilte die Stadtverwaltung mit, es seien rund 65.000 gewesen. Auch die Zusammensetzung der Teilnehmer kann als gutes Zeichen gewertet werden. Buchstäblich jung und alt, Eltern mit Kindern, Punks und Prolls waren zu sehen. Auch eine Kuba-Fahne wurde geschwenkt. Auf seiten der Polizei hieß es, es seien »mehrere Hundertschaften« im Einsatz gewesen: aus sechs Bundesländern sowie von der Bundespolizei.

Solidarität

Noch vor dem Konzert hatten die Musiker in der Chemnitzer Stadthalle erklärt, warum ihre Bands an diesem Tag spielen. Sie seien hier, um denen den Rücken zu stärken, die sich solidarisch für ihre Mitmenschen engagieren und die gegen Neonazis auf die Straße gehen. Letztere hatten in den vergangenen acht Tagen die Schlagzeilen bestimmt: angefangen von Menschenjagdszenen am vorletzten Sonntag, gefolgt von rund 6.000 Rechten, die sich am darauffolgenden Montag am Karl-Marx-Monument versammelten, um ihre Stärke zu demonstrieren. Ihrer Rhetorik folgend, gehe es ihnen um Trauer um Daniel H., der während des Chemnitzer Stadtfestes starb. Weil seine mutmaßlichen Mörder nicht im Nachbarort geboren wurden, sondern ausländische Staatsbürger sind, wurden faschistische Bedrohungsszenarien über das »deutsche Volk« als Opfer vermeintliche Wirklichkeit. Menschen, deren nichtdeutsche Herkunft in den Augen der Rechten ihre Minderwertigkeit belegten, wurden zum Ziel gewalttätiger Angriffe. Dass diese um die Welt gegangenen Szenen nicht auf ewig das Bild der sächsischen Stadt prägen, darum seien sie heute hier.

Dabei spielte Herkunft für die Musiker durchaus eine Rolle. Felix Kummer von der Band »Kraftklub« betonte, er sei gebürtiger Karl-Marx-Städter. Ebenso wie »Trettmann«, der in Chemnitz als Stefan Richter geboren wurde. Der Rostocker Marten Laciny aka »Marteria« berichtete, wie er als Kind die Ausschreitungen in Lichtenhagen miterlebt hatte. Und Jan »Monchi« Gorkow von »Feine Sahne Fischfilet« sprach über die Provinz in Mecklenburg-Vorpommern. Sie alle hätten ihre eigenen Erfahrungen gemacht, was es heißt, mit Rassisten und Rechten vor der eigenen Haustür umgehen zu müssen. Naiv sei er nicht, sagte »Kraftklub«-Sänger Kummer. Ein Konzert allein werde strukturelle Probleme nicht lösen. Dennoch sei es wichtig, sich zu solidarisieren.

Solidarität betonten die Musiker auch untereinander. Das war für anwesende Medienvertreter insofern ein Grund zum »kritischen« Nachhaken, als im Vorfeld über den Auftritt von »Feine Sahne Fischfilet« diskutiert worden war. Hintergrund ist die Beobachtung der Band durch den Verfassungsschutz in Mecklenburg-Vorpommern wegen »linksextremistischer Bestrebungen«. Sänger Monchi erwiderte auf erwartbare Nachfragen, es sei das Bundesamt für Verfassungsschutz gewesen, das mit seinen V-Leuten Neonazistrukturen um den NSU erst ermöglicht habe. »Wenn die uns scheiße finden, ist das ein Kompliment«, so das Fazit des Musikers – woraufhin etliche Medienvertreter applaudierten. Nicht auf dem Podium, dafür später auf der Bühne war die Berliner HipHop-Kombo »K.I.Z«. Rapper Maxim Drüner betonte zwischen zwei Songs, dass es nicht darum gehen dürfe, »bessere Deutsche« als die Neonazis zu sein. Rechte seien Bestandteil der deutschen Geschichte.

Schräge Zwischentöne

Als letzte Band spielten an diesem Abend »Die Toten Hosen«. Ihr Sänger Campino hatte am Nachmittag erklärt, es gehe nicht um ein »rechts gegen links«. An diesem Tag würden alle gemeinsam gegen »rechtsaußen« auf die Straße gehen. In seinen Worten ist die Kritik schon angelegt, derer er sich seit längerem Stellen muss: nämlich die »Regierungskapelle von Frau Merkel« zu sein, wie er es selbst formulierte. Zwei Dinge seien ihm für den weiteren Verlauf des Abends wichtig: eine »Riesenzahl« an Menschen und »Gewaltfreiheit«. Sein Ton fiel etwas ab von dem der anderen. Wenn die »Hosen« jedoch als Zuschauermagnet mit ins Boot genommen worden sein sollten, muss der Plan wohl als Erfolg gewertet werden.

Unweit der großen Bühne legten am »Nischel«, wie das Karl-Marx-Monument auch genannt wird, verschiedene DJs des Berliner Elektroclubs »About Blank« auf. Ein Mitglied der Gruppe berichtete, das ursprünglich vor der kleinen Bühne aufgehängte Transparent mit der Aufschrift »Antifa statt Deutschland« sei von der Polizei untersagt worden. Dieses sei »provozierend«, so die Beamten. Wenige Minuten vor neun Uhr abends, dem offiziellen Veranstaltungsende, entrollten einige das ursprüngliche Transparent, woraufhin die Menge jubelte. Auf jW-Nachfrage erklärte eine Polizeisprecherin am Dienstag, es sei ihren Kollegen lediglich um den Ort des Plakats (direkt am Karl-Marx-Monument) gegangen, nicht um den Inhalt der Aussage. Von solchen Kleinigkeiten abgesehen, blieb es an dem Abend ruhig. Dies galt auch für die Musik: Mit erschreckender Pünktlichkeit stoppte diese um Punkt neun Uhr.

Zwischen »Nischel« und Bühne lagen Blumen und Kerzen an dem Ort, an dem Daniel H. mutmaßlich ermordet wurde. Darum herum standen ein paar Dutzend Menschen. Während des Konzertes sperrten Polizisten den Bereich plötzlich ab. Auf Nachfrage hieß es, einige Personen – gemeint waren offenbar Linke – hätten sich zu vermummen versucht. Die Beamten hätten dies untersagt und in der Folge Platzverweise ausgesprochen. Um mögliche Eskalationen zu verhindern, habe man den Bereich abgeriegelt. In der Folge bildete sich um die Polizeikette eine Traube von Menschen. Auf Twitter teilte die sächsische Polizei am Abend mit: »Aktuell verhalten sich im Bereich des Gedenkortes Brückenstraße einige Personen nicht friedlich!«

Noch am Montag sagte eine Behördensprecherin gegenüber jW, sie sei für einen »demokratischen Meinungsaustausch«. Allerdings dürften sich gemeinsam Trauernde nicht gegenseitig provozieren, auch wenn es sich dabei sowohl um »Rechte« als auch um »Linke« handle. Aus der »Trauergemeinschaft« heraus stach ein Mann, der über Stunden ein Plakat in den Händen trug, auf dem »Wir sind Bürger, keine Nazis« stand. Ebenso war dort zu lesen: »Ihr habt Blut an den Händen« – in den Augen der Beamten wohl keine Provokation.

Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/339211.soli-konzert-in-chemnitz-auf-die-pauke-gehauen.html

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Reitschule Bern bezieht Stellung gegen Polizeibrutalität

Polizei-Skandal in Bern: Dutzende Verletzte bei grundlosem Gewaltexzess der Kantonspolizei Bern

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Gegenüber der Mediengruppe bestätigen Augenzeug*innen unabhängig voneinander, dass Anwesende die Polizei vor Mitternacht verbal bestimmt zum Gehen aufforderten. Binnen Minuten war die Kantonspolizei mit einem halben dutzend Kastenwagen und mindestens 30 Polizisten vor Ort. Die Polizei schoss Gummigeschosse auf Kopfhöhe ab. “Die schossen auf alles, was sich irgendwie bewegte”, sagte ein schockierter Augenzeuge der Mediengruppe. Die Polizei eskalierte die Situation mit physischer Gewalt und verletzte dutzende Menschen. Es kamen Gummigeschosse, Pfefferspray und Tränengas zum Einsatz. Mindestens eine Person liegt noch im Spital: Gummigeschosse der Polizei trafen sie direkt in den Genitalbereich. Die Polizei verhaftete mehrere Besucher*innen.

Polizei: Verdacht auf geplante Eskalation

Pikanterweise fiel Besuchenden und Mitarbeitenden von Reitschule und NeustadtLab deutlich vor Mitternacht auf, dass in der Hodlerstrasse mehrere schwere Kastenwagen parkiert waren. Diese kommen normalerweise bei Grossveranstaltungen wie Demonstrationen zum Einsatz. Das legt den Verdacht nahe, dass die Polizei eine Intervention bei der Reitschule geplant hat und eine Eskalation provozieren wollte. Ein langjähriger Mitarbeiter der Reitschule, der den gesamten Abend vor Ort war, sagte: “Wenn es so etwas wie Drei-D-Politik* gibt, dann haben wir heute das Gegenteil erfahren. Mir fehlen die Worte für das Verhalten der Polizei.” Sie finden seinen ausführlichen Bericht als Anhang dieser E-Mail.

Mit grosser Irritation nahmen wir ausserdem davon Kenntnis, dass die Kantonspolizei einige der eingesetzten Gummischrotgeschosse mit Smileys und anderen Beschriftungen versah. Gemäss bestätigten Augenzeugenberichten wurde das im Anhang abgebildete Geschoss in dieser Form von einem Polizisten / einer Polizistin abgefeuert. Die Polizei scheint sich über die Leute, auf die sie schiesst, lustig zu machen und untermauert damit den Verdacht einer geplanten Eskalation.

Die Reitschule ist um eine faktentreue Wiedergabe der gestrigen Ereignisse bemüht. Darum starteten wir über die sozialen Medien einen Aufruf, dass Betroffene ihre Video-Aufnahmen und Zeugenberichte einsenden. Wir werden so bald wie möglich weitere Informationen veröffentlichen.

Die Reitschule wünscht allen Verletzten gute Genesung und dankt den Mitarbeitenden der Reitschule Bern sowie des NeustadtLabs für die professionelle Arbeit und Erste-Hilfe-Leistungen. Der Betrieb konnte aufrecht erhalten, die Ruhe bewahrt werden.

Mediengruppe RSB

* Drei-D-Politik steht bei der Polizei für Dialog, Deeskalation und Durchgreifen.

Quelle: https://barrikade.info/Reitschule-Bern-bezieht-Stellung-gegen-Polizeibrutalitat-1368

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Chemnitz ist überall!

Die Ereignisse in Chemnitz am 26. und 27.08 sind nur der Höhepunkt einer Entwicklung, die in den letzten Monaten rassistische und faschistische Weltbilder in den Mainstream gespült haben. Die sprachliche Verrohung der sogenannten Mitte, ist dabei Wegbereiter für Pogrome wie in Chemnitz. Aber nicht nur in Sucksen, wo Pegizei und Faschos Hand in Hand agieren, sondern weltweit, fühlen sich die Faschisten im Aufwind. Erst vor einigen Wochen zogen enthemmte Bürger gemeinsam mit Faschohooligans durch Basel.

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In Österreich sitzen Faschisten in der Regierung. In den USA terrorisieren KKK, Proudboys, Atomwaffen Division usw ganze Städte. Dutzende Todesopfer gehen bereits auf deren Konto. In weiten Teilen der EU wird darüber diskutiert, Lager auf Plattformen im offenen Meer zu errichten und jede Woche hören wir von Schiffen, auf denen Hunderte eingepfercht sind und nicht an Land gehen dürfen. Wir könnten diese Liste noch ewig fortsetzen, doch eigentlich sollte nur einer der erwähnten Punkte ausreichen um zu sagen: Enough is Enough!

Die bürgerlichen Medien und die sogenannte politische Mitte hat nichts gelernt. Am Jahrestag der Pogrome von Hoyerswerda, marodieren tausende Nazis durch Chemnitz. Doch die Zeitungen schreiben von Protestlern, und Zusammenstössen zwischen linken und rechten Gruppen. Die Polizei agiert nach dem selben Drehbuch, nachdem sie schon in den 90ern gehandelt hatte. Die Nazis konnten beinah ungehindert agieren, man gab sich überrascht und als die Bullen schliesslich doch einmal aktiv wurden, griffen sie die antifaschistischen Gegendemonstrant_innen an. Wir kennen das aus Rostock. Wir kennen das aus Hoyerswerda.

Es ist auch kein Zufall, das Chemnitz bzw. Ostdeutschland Hotspots der neonazistischen Gewalt sind. Bereits der NSU fand hier Unterstützung und Unterschlupf. Und es wurde wieder einmal klar, dass die faschistischen Kräfte gut vernetzt sind und der National Sozialistische Untergrund nie ein Trio war.

Es ist an der Zeit antifaschistische Selbstverteidigungsstrukturen zu organisieren. Wieder einmal wurde klar, dass wenn wir uns auf den Staat verlassen, wir verloren sind. Die Krisen der kommenden Jahre (sowohl ökonomisch, als auch ökologisch bereits jetzt absehbar) werden dazu führen, dass die Staaten sich vermehrt faschistischer Kräfte bedienen werden, um die Kontrolle zu behalten. Der Staat wird sich immer für die autoritären, reaktionären Kräfte entscheiden und niemals für jene die ihn kritisieren, oder sogar die Abschaffung jeder Herrschaft fordern. Faschos und Bullen haben vieles gemeinsam. Antiautoritäre und Anarchist_Innen jedoch nichts mit dem Staat. It ain’t no rocket science.

Als kleine Geste unserer Solidarität und Anteilnahme, haben wir ein Transparent gemalt und an einem belebten Ort in Zureich aufgehängt. Diese Aktion hat vor allem Symbolcharakter. Das ist uns bewusst. Auch wir werden uns in Zukunft vermehrt mit den Themen Selbstverteidigung, Security Culture, Outings von Nazis etc. beschäftigen. Es soll ein Gruss sein an alle kämpfenden Companeras und an alle die Betroffen sind von den unmenschlichen Zuständen, die 2018 Normalität geschumpfen werden.

No Pasaran! Tod dem Faschismus! No Border – No Nation! ★ Ⓐ ★

https://barrikade.info/Chemnitz-ist-uberall-1358

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Angriffe in Chemnitz: Schwere Vorwürfe gegen Landesregierung und Polizei

Die erneute Eskalation von Gewalt in Chemnitz am Montag abend hat am Dienstag für heftige Kritik an der sächsischen Landesregierung und Polizei gesorgt. Diese verteidigten den Einsatz dennoch als erfolgreich. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und Landesinnenminister Roland Wöller (beide CDU) sprachen von einem »erheblichen Mobilisierungspotential«, dramatisch beschleunigt durch das Internet. »Es ist ein Test, dem wir hier unterzogen werden«, sagte der Ministerpräsident.

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Derweil kündige die Polizeiführung an, weitere Beamte in die Stadt zu schicken. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Sachsen, Torsten Scheller, sprach am Dienstag von einer »hervorragenden Arbeit« der Beamten. Die Aufrufe der Polizei zur Ruhe und Friedlichkeit sowie das Auffahren von Wasserwerfern hätten deeskalierend gewirkt. Minister Wöller kündigte an, polizeiliche Maßnahmen in Chemnitz erheblich ausweiten zu wollen. »Die eingesetzten Beamten haben einen verdammt guten Job gemacht«, sagte er. Ministerpräsident Kretschmer wiederum erklärte auf die Frage nach dem Polizeieinsatz: »Ich sehe das Ergebnis. Das Ergebnis stimmt.«

Gegenüber dem Nachrichtensender N-TV forderte der Kovorsitzende der Partei Die Linke, Bernd Riexinger, Minister Wöller müsse zurückgetreten. Dieser sei vom Verfassungsschutz gewarnt worden, dass sich »aus der ganzen Bundesrepublik rechtsradikale, gewaltbereite Gruppen in Chemnitz einfinden werden«. Riexinger bescheinigte der Landesregierung ein »totales Versagen«. Die Sprecherin für Innenpolitik der Bundestagsfraktion von Die Linke, Ulla Jelpke, nahm CDU und AfD in Mitverantwortung für das Geschehen in Chemnitz. Gegenüber dpa sagte sie am Dienstag: »In Sachsen erleben wir ein widerwärtiges Konglomerat aus rechter Hetze aus der Union, die sich seit Jahren schützend vor den rassistischen Mob stellt, geistigen Brandstiftern von der AfD, einer von ›besorgten Bürgern‹ durchdrungenen Polizei und militanten Neonazis auf der Straße.«

Seitens der Bundesregierung wurde die Gewalt in Chemnitz verurteilt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach in Berlin von »Hetzjagden« und »Zusammenrottungen« und erklärte, diese hätten »mit unserem Rechtsstaat nichts zu tun«. Innenminister Horst Seehofer (CSU) bot die Unterstützung der Bundespolizei für die sächsischen Behörden an.

In ihrer Einsatzbilanz sprach die Polizei von 43 Anzeigen, unter anderem wegen Körperverletzung, Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und Landfriedensbruch. Gegen zehn Menschen werde wegen des Zeigens des »Hitlergrußes« ermittelt, hieß es.

Auslöser der Ausschreitungen war der Tod eines 35jährigen auf dem Chemnitzer Stadtfest in der Nacht auf Sonntag. Dort soll es eine Auseinandersetzung zwischen mehreren Männern gegeben haben. Gegen zwei von ihnen wurden Haftbefehle erlassen. Die Hintergründe des mutmaßlichen Mordes sind weiterhin unklar. Am Sonntag waren Hunderte Rechte durch die Stadt gezogen und hatten Menschen attackiert, die sie für Ausländer hielten.

Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/338770.rechte-gewalt-das-ergebnis-stimmt.html

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Seebrücke Demo Zürich

Seebrücke – Schafft sichere Häfen Demo –sichere Fluchtwege und ein solidarisches Zürich!seebrücke

Menschen auf dem Mittelmeer sterben zu lassen, um die Abschottung Europas weiter voranzubringen und politische Machtkämpfe auszutragen, ist unerträglich und spricht gegen jegliche Humanität. Statt dass Grenzen dicht gemacht und Seenotretter kriminalisiert werden, braucht es sichere Fluchtwege, sichere Häfen und solidarische Städte.
Unter dem Einfluss des voranschreitenden Rechtsrucks verliert Europa durch rigorose Abschottungspolitik zusehends die letzten Reste seines humanen Selbstbildes. Die Situation an den Aussengrenzen Europas entwickelt sich in eine höchst alarmierende Richtung. Zivile Seenotrettungs- und Luftaufklärungsmissionen werden diffamiert, kriminalisiert und daran gehindert Leben zu retten. Stattdessen setzt die europäische Politik unter anderem auf Zusammenarbeit mit der lybischen Küstenwache, deren Menschenrechtsverletzungen gut dokumentiert und allgemein anerkannt sind. Menschen, die auf der Flucht ihr Leben riskieren, werden zurück in die Lager verfrachtet, wo ihnen Folter, Vergewaltigungen und Sklaverei drohen. Aus Seenot gerettete Menschen müssen tagelang auf hoher See ausharren, weil sich europäische Regierungen weigern, ihnen das Recht auf einen sicheren Hafen zu gewähren.
Europäische Politiker*innen nutzen die Not von Menschen auf hoher See aus, um ihre eigenen Machtkämpfe auszutragen. Dabei treten sie internationale Menschenrechte mit Füssen und verschieben die europäische Grenzpolitik immer tiefer in den Afrikanischen Kontinent hinein. Auch die offizielle Schweiz beteiligt sich aktiv an dieser Politik. Das ist unerträglich und widerwärtig.
Gegen diese menschenverachtende Politik hat sich die internationale SEEBRÜCKE-Bewegung gebildet – getragen von verschiedenen Bündnissen und Akteur*innen der Zivilgesellschaft. Wir solidarisieren uns mit allen Menschen auf der Flucht und fordern sichere Fluchtwege, eine Entkriminalisierung der Seenotrettung und sichere solidarische Städte. Wir fordern, dass Zürich und weitere Schweizer Städte für Menschen, welche über das Mittelmeer fliehen müssen, Orte werden, die sie aufnehmen und ihnen Schutz bieten. Deshalb gehen wir am 1. September in Zürich auf die Strasse für sichere Fluchtrouten und Häfen, eine stärkere Seenotrettung und ein Zürich, dass sich solidarisch zeigt und klar Stellung bezieht.

www.seebruecke.org
www.alarmphone.org

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Mit rassistischen Traditionen brechen

Am letzten Freitag (17. August 2018) versammelten sich sechs bis acht hundert Menschen im Basler De-Vette-Park , um in einem „Solidaritätsmarsch“ zum Wettsteinplatz zu ziehen. Die Solidarität galt zweien Basler Fasnachts-Cliquen, die unter Druck geraten waren, da sowohl ihr Name, als auch ihr Vereins-Logo rassistisch sind.
(siehe:https://antira.org/2018/08/17/was-tun-gegen-die-rassistische-demo-fuer-die-clique-negro-rhygass-und-die-gugge-mohrekopf/).

In diesem Menschenauflauf befanden sich organisierte Neonazis wie Tobias Steiger von der PnoS und rechte Hooligans. Grösstenteils handelte es sich aber um eine Art Volksfest des konservativen Teils der Fasnacht. Der Marsch setzte sich wohl aus Menschen zusammen die ernsthaft glauben, dass Rassismus nicht mehr rassistisch ist, wenn er Tradition hat – und aus jenen die denken, dass Rassismus ganz in Ordnung ist, wenn er Tradition hat.
Dieser Marsch ist Ausdruck tief verankerter rassistischer und kolonialer Denkmuster. Es ist der Abwehrreflex eines Teils der privilegierten Mehrheitsgesellschaft. Es ist die Angst, dass die eigene Identität in Frage gestellt werden könnte. Der Marsch hatte damit zwar einen rassistischen Hintergrund, er ist aber dennoch deutlich von einer Pegida-Demonstration zu unterscheiden, welche ein politisches Programm auf die Strasse trägt.

Im Kontext von überall erstarkenden rechten Bewegungen war der Marsch aber keinesfalls zu verharmlosen und verlangte nach einer klaren Positionierung. Dabei musste der Protest eine Gratwanderung machen: es sollte einerseits klar gezeigt werden, dass es antirassistischen Widerstand gibt – es sollte aber andererseits verhindert werden, dass sich die rechtsbürgerliche Masse noch stärker mit den rechtsextremen Gruppen verbindet. Deshalb wäre es falsch gewesen, dem Marsch konfrontativ zu begegnen oder alle Teilnehmenden als Rassisten zu beschimpfen. Da wir in der Kürze keine grosse Gegendemo organisieren konnten, entschieden wir uns für folgende Aktionsformen: Im Vorfeld des Marschs wurde auf dessen Route geflyert; entlang der Route wurden Transpis aufgehängt; gegen Ende wurde der Marsch von etwa 100 Personen mit einem Transpi („Mit rassistischen Traditionen brechen“) empfangen. Nach einer 10-Minütigen Blockade liefen wir den letzten Abschnitt der Route mit demselben Transpi vorweg und gingen dann zum Hirscheneck.

Hier warteten wir das Ende der Kundgebung ab. Das Hirscheneck – eine Kollektivkneipe, die in der Vergangenheit immer wieder Ziel von rechten Angriffsversuchen war – musste beschützt werden. Die Befürchtungen bestätigten sich. Als der offizielle Anlass beendet war, näherten sich zweimal Gruppen rechter Schläger*innen dem Hirschi. Dort mussten sie aber feststellen, dass die rund achtzig Personen sich nicht einschüchtern liessen. Im Gegenteil mit lauten Rufen und entschlossenem, gemeinsamem Auftreten, konnten wir den etwa zehn bis zwanzig rechten Hooligans zeigen, dass wir ihnen die Strasse auch einem solchen Tag nicht überlassen würden.

Trotz der Kurzfristigkeit der Ereignisse konnten wir also Schlimmeres verhindern. Wir konnten inhaltliche Kritik an dem Marsch anbringen und dem Versuch von Rechtsextremen den Auflauf zu nutzen erfolgreich entgegentreten. Angesichts der Entwicklungen in Europa – und der jüngsten Serie rassistischer Übergriffe in Basel – sollten wir den vergangenen Freitagabend aber auch sehr Ernst nehmen. Und wir sollten ihn als Anlass nehmen, die antifaschistische Selbstorganisierung schneller voranzutreiben.

Quelle: https://barrikade.info/Mit-rassistischen-Traditionen-brechen-1338

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Die Geister des Faschismus

Angesichts der Krise der liberalen Demokratie und der Bedrohung durch einen neuen Faschismus hilft auf Dauer nur die Überwindung des Kapitalismus.

Europa wird von einer Regression mit faschistischen Dispositionen heim­gesucht. Sie fällt nicht zufällig zusammen mit dem Ausklingen der Dominanz des Westens, der starken Migration sowie den Niederlagen und Deformationen von Befreiungsvisionen, wegen derer das Korrektiv fehlt, welches Ressentiments und autoritäre Führungen aufhalten könnte. Medien und ­Parteien kolportieren die Migration, nicht etwa die Enthumanisierung ­Europas als Problem, im Netz nehmen antisemitische Kommentare überhand und bei Wahlen hat die schnelle Vertreibung von Menschen soziale Themen verdängt.

In Deutschland wäre die Bundeskanzlerin wegen ihrer humanistischen ­Umtriebe fast gestürzt worden. In Italien grassiert der Mussolini-Kult, der Mit­begründer der Regierungspartei Fünf-Sterne-Bewegung, Guiseppe Grillo, setzt Fremde mit »TBC, Krätze, Aids und Cholera« gleich, Victór Orban will ­Ungarn von »artfremden Kulturen« säubern.

Andererseits zieht der Bürger den Verwaltungsakt einem Pogrom vor und es fehlt zu einem kompletten Faschismus an Führerkult und an einer Mehrheit, die Parlamente und Gewerkschaften beseitigen, kritische Intellektuelle verhaften, Ökonomie und Kultur nationalisieren und die Gesellschaft rassistisch säubern will. Aber die Kooperation mit den Massen, auf die der Faschismus angewiesen ist, ist weit fortgeschritten. Nationen schotten sich gegen die Interessen des Kapitals ab, das die Fesseln der Nationalstaaten sprengt und offene Grenzen benötigt. Die Zeit druckt einen Kommentar, der sich gegen die Seenotrettung ausspricht, weil sie die Flüchtlingskrise nur verschlimmere. 25 Prozent der Deutschen sind dafür, an Grenzen auch auf Kinder zu schießen.

Alexander Gauland (AfD): »Wir müssen (…) die grausamen Bilder ­aushalten, wir können uns nicht von Kinderaugen erpressen lassen.« Hier ­äußert sich ein psychischer Totalitarismus, der für Unschuldige die Höchststrafe vorsieht: den Tod.

Ein wichtiges Kriterium für den Quantensprung ist die Ersetzung materi­eller Bedürfnisse durch Parolen. Der Faschismus hat die delikate Aufgabe, praktisch denkende Menschen zu einem irrationalen Verhalten zu bewegen, zum Verzicht fürs Vaterland. Faschismus läuft stets auf die Senkung des Konsums hinaus. Anders funktioniert er nicht, weil die Profite des nationalen Kapitals, das Luxusleben der Führungen, Vettern und Begünstigten, die Militarisierung, die Kriege, Beamtenheere und Spitzelsysteme Unsummen verschlingen. Der NS-Staat war am Ende mit 500 Prozent des Sozialprodukts verschuldet. Dagegen ist der griechische Schuldenberg ein Witz.

 

Motivation

Die Führer lassen sich Villen überschreiben, für andere liegt die Attraktivität des Faschismus in dem Versprechen, mit Fremden tabularasa zu machen, im Mord ohne Schuldgefühl und in der völkischen Kameradschaft. Sie blenden aus, was sie der Ausplünderung des Südens und der Einwanderung zu verdanken haben, oder fürchten sich vor der Rechnung. Ohne Polen keine Stahlindustrie, ohne 13 Millionen Ost-Flüchtlinge kein Wirtschaftswunder, das dann von Millionen Südeuropäern und Türken (und nicht von Keynes) in Schwung gehalten wurde.

Bitter ist, dass Linke seit geraumer Zeit Kriege, Eroberungen und Krisen nicht mehr dem Kapitalismus und dem Mehrwertraub der Nationen zuschreiben, sondern fälschlich der Globalisierung und antisemitisch konnotierten Finanzen. Wenn der Kapitalismus durch das Globale und die Finanzen erst böse geworden sein soll, ist der nationale, »schaffende« Kapitalismus gut und die Sehnsucht nach Nation und Heimat mit ihren ethnischen, rassis­tischen und faschistischen Bindungen und Wahnvorstellungen wächst.
Eine andere Theorie geht von der Verderbtheit des Proletariats durch das Ende der Wertproduktion aus. Micha Brumlik schreibt: »Hier der Pöbel, dort exzessiver, dekadenter Reichtum: Das genau ist die Lage, in der sich westliche, postindustrielle Gesellschaften derzeit befinden (…) in derart zugespitzter Form, dass eine neue Form des ­Faschismus nicht mehr ausgeschlossen erscheint. Motor dieses Abgleitens (…) ist die durch Digitalisierung und Globalisierung ›objektiv‹ überflüssig werdende Arbeiterklasse.« (Blätter für Deutsche und internationale Politik 8/18). Das Abgleiten erfasst alle Gruppen. Die AfD bekommt 19 Prozent der Stimmen von Arbeitern – so groß ist deren Anteil an der Bevölkerung. In den USA haben das Proletariat im Rostgürtel, Bibel­treue, Nationalkeynesianer, Teaparty-Republikaner, der Ku-Klux-Klan und die Alt-Right-Bewegung gemeinsam Donald Trump zum Sieg verholfen.

Immer wieder wird das Ende der Wertproduktion verkündet. 1899 ­weissagte Rosa Luxemburg den Kollaps. Der SDS meinte 1967, dass »die Tota­lität des Maschinenwesens das Wertgesetz abgeschafft« habe. Heute soll das Kapital sich erneut »der wertbildenden Arbeit« beraubt haben. In Wahrheit ­erleben wir keine Postindustrie, sondern den größten Industrieschub aller ­Zeiten. Als Marx den Kapitalismus anhand der Daten von 1861 analysierte, gab es in der führenden Industrienation England 1,7 Millionen Industriearbeiter. Heute sind es in China 300 Millionen. In den führenden Industrieländern ist die Zahl der Industriearbeiter in 150 Jahren um 17 000 Prozent gestiegen – am stärksten in den vergangenen 20 Jahren. Die Annahme, dass diese Menschenmasse keinen Mehrwert produziere, also nicht ausgebeutet werde, ist ebenso esoterisch wie die Andeutung, dass der Mensch ohne Ausbeutung verrückt (pöbelig) werde.

Motoren des Abgleitens sind – neben Dummheit, Ideologie und teuflischen Traditionen – die Marktwirtschaft, die Staaten, Unternehmen und Indivi­duen permanent nach »produktiv« und »unproduktiv« selektiert und ent­sprechend Bewusstsein prägt, sowie die Entfremdung in der Arbeit. Arbeit hat die Menschheit vorangebracht, sie macht aber auch »stumpfsinnig und einfältig« (Adam Smith), konfisziert alle »geistige Tätigkeit« (Friedrich Engels), schafft »Paläste«, aber auch »Blödsinn, Kretinismus für den Arbeiter« (Karl Marx). Der Mensch, der durch die Betriebsdiktatur, in die er jeden Morgen fährt, und andere Zwänge um sein Leben betrogen wird, sucht, sofern er seine Lage nicht kritisch reflektiert, nach einem Objekt, an dem er sich schadlos halten kann.

In Hoyerswerda wurden brandschatzende Männer 1991 nach Motiven ­gefragt. »Neger zwingen ihre Frauen zu Sextänzen in Kellerkneipen«, sagte einer. Ein anderer giftete: »Der hat wahrscheinlich im Heim drei Frauen.« Ein Dritter: »Zigeunerinnen tragen ­keine Unterhosen.« Die »Neger standen nur immer da mit ihrer unverschämten Lässigkeit, selbst nach der Arbeit, wenn sie kaputt waren«, sagte ein ­Arbeiter. Die Verkümmerten projizieren das ihnen abhanden gekommene lebendige Leben in entstellter Form auf Fremde und können erst ruhig schlafen, wenn jene vertrieben oder tot sind. Daran knüpft Björn Höcke (AfD) an, wenn er über den hiesigen »Platzhaltertyp«, der sich nicht vermehre, »und den afrikanischen Ausbreitungstyp«, der sich rasant vermehre, sinniert und sagt: »Das drängendste Problem unserer Zeit ist der Verlust der Männlichkeit. Nur wenn wir unsere Männlichkeit wiederentdecken, ­werden wir mannhaft.« Die doppelte Vermannung weist auf Defizite hin.

 

Dichter und Denker

Auch Intellektuelle, die das große Brimborium erregt, sind dabei. 1993 machte der Spiegel-Essay »Anschwellender Bocksgesang« des Dichters Botho Strauß Furore: »Dass ein Volk sein Sittengesetz gegen andere behaubten will und dafür bereit ist, Blutopfer zu bringen, verstehen wir nicht mehr und halten es in unserer liberal-libertären Selbstbezogenheit für falsch und verwerflich.« Was sonst? Man war ­wieder beim Menschenopfer angelangt, das Gott schon im Alten Testament durch das Schaf ersetzt hatte. Martin Walser klagte über die »Moralkeule Auschwitz« und der Philosoph Peter Sloterdijk rühmte Heidegger, der die Epochenfrage gestellt habe: »Was zähmt noch den Menschen, wenn der Humanismus als Schule der Menschenzähmung scheitert?« Der Nationalsozia­lismus, meinte Heidegger. Die Aufklärung begreife nicht, »dass nicht der Mensch das Wesentliche ist, sondern das Sein als die Dimension des Eksta­tischen der Eksistenz«. Das Brimborium also. Sodann pries er die »innere Wahrheit und Größe der nationalsozialistischen Bewegung«.

Heute legen Politologen, Psychologen und Robert Habeck uns im Fernsehen ein offenes Ohr für Pegida und die Heimat als Grundbedürfnis nahe. Habeck will sogar allen Menschen, »die sich wegen der Globalisierung heimatlos ­fühlen«, eine »Heimat« spendieren. Die Wirkung ist fatal. Wenn Verblendete annehmen dürfen, dass ihr Wahn sachlich zu erörtern sei oder alle so dächten wie sie, verwandeln sich Vorurteile in Gewissheiten.

 

Die »Lösung«

Das System produziert und reproduziert das Böse. Dagegen ist jede Bewegung wertvoll, die faschistisches Agieren riskant macht und Solidarität aufblitzen lässt. Auf Dauer hilft nur die Überwindung des Kapitalismus, der pausenlos Empathie killen muss, um zu funktionieren. In der neidvollen Projektion, dass Arbeitslose ihre Tage wohl genießen, liegt verschüttet das Fundament der Befreiung. Erwerbstätige müssten nur noch so leben, wie sie es Arbeits­losen neiden, und die vom Sockel stürzen, die ihnen den Weg dahin vesperren, statt ihre Entbehrung an Arbeitslosen, Ausländern und Juden auszu­lassen, die ihnen nichts tun. Arbeitslose wiederum müssten tun, was Erwerbstätige ihnen unterstellen. Auf diese Weise könnte der auf Entbehrung beruhende Anteil am Rassismus und Antisemitismus sinken.

Quelle: https://www.jungle.world/artikel/2018/32/die-geister-des-faschismus

 

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