Am Sonntagmorgen haben mehrere Aktivist*innen der Gruppierung RESolut
ein Banner mit der Aufschrift «Solidarity with the protests in
Hongkong» in Chinesisch und Englisch beim Löwendenkmal in Luzern
aufgehängt.
Mit dieser Aktion erklären wir uns solidarisch mit den Protesten in Hongkong, welche, obwohl die Medien nur noch wenig darüber berichten, weitergehen. Die Demonstrationen, welche im Juni begannen, wurden trotz massiver Repression immer stärker. Die Demonstrant*innen fordern:
Zurückziehung der Charakterisierung der Proteste vom 12. Juni als „Krawalle“
Freilassung aller inhaftierter Demonstranten.
Einsetzung einer unabhängigen Untersuchungskommission zur Prüfung der Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Hongkonger Polizei.
Allgemeines Wahlrecht für den Legislativrat sowie das Amt des Regierungschefs (Chief Executive).
Wir unterstützen die Forderungen der Freiheitsbewegung und fordern
ein sofortiges Ende der Polizeigewalt. Erst am Freitagmorgen ist der
22-jährige Student Alex Chow verstorben, nachdem er von einem Parkhaus
gestürzt ist, welches von der Polizei massiv mit Tränengas angegriffen
wurde.
In unseren Gedanken sind wir bei den Protestierenden in Hongkong,
Chile, Ecuador und überall auf der Welt, welchen wir Mut und
Durchhaltekraft wünschen, bis alle Regime fallen und alle in Freiheit
leben.
Von der Schweiz verlangen wir die sofortige Aufkündigung des
Freihandelsabkommen mit China und, dass sie alles in ihrer Macht
Stehende unternimmt, um die Hongkonger Freiheitsbewegung in ihren
Forderungen zu unterstützen.
Probleme mit Foltercamps in Libyen Krieg, Verfolgung, (staatliche) Gewalt, aber auch Armut, Klimakrise und andere Gründe können dazu führen, das bisherige Zuhause aufzugeben. Auf der Suche nach Sicherheit und einer Perspektive müssen sich (flüchtende) Migrant*innen teilweise in noch grössere Gefahr begeben. In Libyen werden flüchtende Menschen in Camps gefangen gehalten, gefoltert, vergewaltigt und versklavt. Europa und auch die Schweiz tolerieren diese Camps und finanzieren sie über die IOM und Frontex sogar mit.
Probleme mit Camps in Transitstaaten
Auf Druck von Europa und der Schweiz beteiligen sich immer mehr
Transitstaaten an der Abschottung Europas. In der Türkei, Tunesien oder
Marokko werden (flüchtende) Migrant*innen aktiv an der Durchreise nach
Europa gehindert und in Camps blockiert. Wenn sich die Regierungen oder
Regimes dieser Länder bereit erklären, bei der Abschottung Europas
mitzumachen, erhalten sie Geld und politische Anerkennung. Sie sprechen
von Migrationsabkommen, wir von schmutzigen Deals.
Probleme mit Hotspot-Camps an der EU-Aussengrenze
Weil die Fluchtrouten über das Mittelmeer wegen der europäischen Politik
mörderisch gefährlich sind, versuchen derzeit viele Menschen über das
ägäische Meer nach Europa zu gelangen. Auf den griechischen Inseln
werden sie in sogenannte Hotspot-Camps gesteckt. Weil die griechische
Regierung und Europa es so wollen, sind die Hotspotcamps ständig
überfüllt. Die Menschen leben in Zelten, die im Sommer zu heiss und im
Winter zu kalt sind. Es gibt Hygieneprobleme und es herrscht oft Wasser-
und Nahrungsmangel. Weil die Lager heillos überfüllt sind, kam es zB.
in Moria zu einem Brand bei dem Menschen starben. Auch der Zugang zu
einem formell korrekten Asylverfahren ist in den Hotspots nicht
gesichert.
Probleme mit Bundesasylcamps
Geflüchtete, die es bis in die Schweiz schaffen, werden als erstes in
grossen Bundesasylcamps isoliert. Dort müssen sie auf einen
Asylentscheid oder auf ihre Ausschaffung warten. Die Camps befinden sich
meist an abgelegen Orten in ehemaligen Kasernen, Spitälern oder anderen
Gebäuden, die bei der Bevölkerung Unsicherheitsgefühle auslösen. Die
Bundesasylcamps sind wie Gefängnisse organisiert. Hunderte Menschen
leben auf engem Raum ohne Privatsphäre. Es gibt einen
freiheitsberaubenden Anwesenheitszwang. Das Leben wird gefilmt,
kontrolliert und überwacht. Die Polizei kann jederzeit Menschen
verhaften. Freund*innen oder Menschenrechtsorganisationen haben keinen
oder kaum Zugang zu diesen Camps. Wer sich nicht an die strengen Regeln
hält, wird streng bestraft.
Probleme mit den Camps in den Kantonen
Wer nach 140 Tagen im Bundesasylcamp noch keinen Asylentscheid hat oder
nicht abgeschoben wurde, wird zum Weiterwarten in ein kantonales Camp
transferiert. Aktuell verschärfen viele Kantone die Bedingungen in ihren
Asylcamps. Besonders die Nothilfecamps, wo abgewiesene Geflüchtete
leben müssen, werden immer menschenverachtender. Der Kanton Bern wollte
zB. alle abgewiesenen Geflüchteten in einem ehemaligen Jugendgefängnis
unterbringen. Nur dank Widerstand konnten die Behörden gestoppt werden.
Im Kanton Zürich dürfen die abgewiesenen Geflüchteten gewisse Zonen
nicht betreten (Ausgrenzung) oder verlassen (Eingrenzung). Im Kanton
Schwyz müssen die abgewiesenen Geflüchteten drei Mal pro Tag im Camp
ihre Anwesenheit mit Unterschrift bezeugen. Gleichzeitig dürfen sie von
9-17 Uhr das Camp nicht betreten. Viele (geflüchtete) Migrant*innen
müssen jahrelang in solchen Camps leben. Das macht psychisch und
physisch krank. Viele sind frustriert, traumatisiert oder werden
aggressiv.
(Geflüchtete) Migrant*innen brauchen:
– Keine Folter, keinen Tod und Vergewaltigung, sondern sichere Flucht- und Migrationsrouten.
– Keine Abschottung wegen Deals mit Transitstaaten, sondern sichere Flucht- und Migrationsrouten für alle.
– Keine Entrechtung und katastrophalen Bedingungen in den europäischen
Hotspotcamps, sondern ein Bleiberecht und Niederlassungsfreiheit für
alle.
– Keine Diskriminierung, sondern gleiche Rechte, Respekt und Würde für alle.
– Keine Isolation und keine Ausschaffungen, sondern gleicher Zugang zu Wohnen, Arbeit, Bildung und Gesundheit für alle.
Darum: Gehen wir am 9. November gemeinsam auf die Strasse und
kämpfen für eine Welt ohne Einsperrung, Isolation und Diskriminierung
von (geflüchteten) Migrant*innen.
Mit kurdischer Live-Musik von “Daf Connection”, unterstützt werden sie von den Local DJ Heroes Manifesto_C & Kaixo! Ausserdem im Keller: ROJAVA TECHNO SOLITANZ mit den DJs Rico WUZZTÄZZ (LU) Kollektiv Lüther (LU) LUKAS WOLV (LU)
Am Samstagmorgen haben wir, die Gruppen RESolut und Seebrücke an der Seebrücke ein grosses Transparent mit der Aufschrift “39 Refugees died in GB – Sichere Fluchtwege jetzt! – safe passage now!” aufgehängt. Am Mittwochabend wurde im britischen Essex ein LKW mit 39 Leichen von Geflüchteten aus dem asiatischen Raum gefunden. Dies sind 39 weitere Menschen, die durch die gescheiterte Abschottungspolitik Europas ihr Leben verloren haben. Flüchtlingsdeals, verschärfte Grenzkontrollen und unterlassene Nothilfeleistung auf dem Mittelmeer haben in den letzten Jahren, wie wir erwartet haben, nicht zu einer Abnahme der Flüchtlingsströme geführt. Nach wie vor werden jedes Jahr tausende Schutzsuchende auf der Flucht misshandelt, vergewaltigt, versklavt, ermordet oder verlieren Ihr Leben auf andere Weise an der Festung Europa. Die repressiven Mittel der europäischen Staaten treiben Menschen, die ausser der Flucht keine Perspektive haben, immer tiefer in die Arme skrupelloser, krimineller Gangs, die aus der Not anderer versuchen Profit zu schlagen. Solange es Kriege und Ausbeutung gibt, wird es immer Menschen auf der Flucht geben. Es ist höchste Zeit, dass für diese ein sicherer Weg besteht, ihren Asylanspruch prüfen zu lassen. Wenn die Politiker*innen ernsthaft etwas gegen Schlepper*innen und Menschenhändler*innen unternehmen wollen, müssen sie sichere Fluchtwege schaffen und diesem Leid ein Ende bereiten. RESolut & Seebrücke
Nach zwei Wochen sozialer Unruhen und Ausnahmezustand knickte
Ecuadors Regierung ein und nahm die umstrittenen Reformen vorerst
zurück. Die indigene Bewegung spielte bei den Mobilisierungen eine
zentrale Rolle. Sie kann auf eine lange Widerstandstradition
zurückgreifen. Aber was sind ihre Perspektiven?
Von Mariana Lautréamont. Als der
ecuadorianische Präsident Lenin Moreno am 1. Oktober ein Reformpaket
ankündigte, um den Forderungen des IWF für einen 4,2 Milliarden
US-Dollar schweren Kredit nachzukommen, ahnte er nicht, was er damit
auslösen würde. Die naive Unterschätzung der Kraft und Entschlossenheit
der proletarisierten Massen haben Moreno fast sein Amt gekostet. Es ging
nicht nur um die Streichung der Treibstoffsubventionen, die unmittelbar
die Verteuerung der Lebenshaltungskosten nach sich zog. Auch Lohn- und
Ferienkürzungen, sowie die generelle Lockerung des Arbeitsschutzes
sorgten für Wut in der Bevölkerung. Bereits zwei Tage nach der
Ankündigung der Sparmassnahmen kam es zu Streiks im Transportsektor und
Massenmobilisierungen im ganzen Land. Wenige Tage später kündigte die
CONAIE (der Dachverband der indigenen Nationalitäten Ecuadors) einen
Marsch auf Quito an. Am 9. Oktober kam es schliesslich zu einem
Generalstreik. Es folgten wilde Tage des Aufstands und der Unruhe im
ganzen Land. Regierungs- und Polizeigebäude wurden in Brand gesteckt,
Strassenblockaden errichtet, Topfschlag-Proteste und Demonstrationen
organisiert, Geschäfte geplündert und Ölfelder besetzt.
In der Hauptstadt Quito waren die Auseinandersetzungen auf den
Strassen am Heftigsten. Doch auch eine immense Solidarität war zu
spüren. Viele Genoss*innen sprachen von der «Kommune von Quito». Das
Leben fand nicht mehr atomisiert in den eigenen vier Wänden statt, die
Leute nahmen sich den sozialen Raum zurück. Sie errichteten nicht nur
Barrikaden, sondern auch solidarische Sammelzentren, befreite Zonen, in
denen Kostenlosigkeit, Selbstorganisation und Solidarität statt
Konkurrenz und Warenförmigkeit im Mittelpunkt standen. In der ganzen
Stadt wurde in Volksküchen gegessen und überall gab es
Vollversammlungen. Die selbstorganisierten proletarischen Massen
schnupperten an der Revolution.
Kostenlosigkeit, Selbstorganisation und Solidarität in der «Kommune von Quito»
Doch fast zwei Wochen nach dem Ausbruch der grössten Massenproteste
der letzten 14 Jahre hat die Regierung Moreno nach Verhandlungen mit der
CONAIE die angekündigte Streichung der Treibstoffsubventionen
zurückgezogen. Die Massenmobilisierungen wurden vorerst beendet und
Moreno kann seinen Posten behalten. Viele bürgerliche Politiker*innen,
die auf Neuwahlen hofften und davon träumten im Zuge der Proteste an die
Macht gespült zu werden, müssen sich weiter gedulden. In Quito sind die
Aufräumarbeiten in vollem Gange, der Staat möchte unbedingt wieder die
Kontrolle über das ganze Territorium erlangen. Trotz der Einigung
kündigten die Demonstrant*innen an, wachsam zu bleiben, weil der
Regierung kein Vertrauen geschenkt werden dürfe. Die Staatsanwaltschaft
hat derweil angekündigt, die Verantwortlichen für den «Vandalismus»
möglichst schnell zur Rechenschaft ziehen zu wollen. Es droht eine
Repressionswelle: Laut der bürgerlichen Presse sollen 19 «linksextreme
Gruppierungen» im Visier des Staates sein. Damit sind Gruppierungen
gemeint, die auf den Strassen und in den Sozialen Medien gegen den
bürgerlichen Staat, Kolonialismus, Kapital, Klassengesellschaft und den
IWF agitiert haben. Die umstrittene Streichung der
Streibstoffsubventionen wurden derweilen am Dienstag, 15. Oktober,
zurückgezogen. Die Treibstoffpreise sind wieder auf das Niveau vor den
Protesten gesunken. Eine neues Dekret für die Treibstoffsubventionen
soll in Ausarbeitung sein. Während einige Wortführer*innen indigener
Dachverbände und sozialer Organisationen, wie auch einige
Demonstrant*innen, den Rückzug Morenos als Sieg werten, bleibt aus
verschiedenen Gründen ein bitterer Nachgeschmack.
Das wahre Gesicht des Staates
Die Streichung der Treibstoffsubventionen war nur eine Massnahme
eines ganzen Reformpakets, welches der Internationale Währungsfonds
(IWF) der ecuadorianischen Regierung auferlegte. Der neoliberale Angriff
des Staates ist also bei weitem noch nicht abgewendet. Das
Haushaltsdefizit und die Staatsverschuldung müssen nach wie vor in
Absprache mit dem IWF gesenkt werden.
Demonstrant*innen besetzen das Parlament in Quito, 8.10.2019
Am augenfälligsten ist die tragische Bilanz der Proteste: Die
autoritäre Antwort des Staates auf die wilden Unruhen hat acht Tote,
1’300 Verletzte und fast 1’200 Verhaftete gefordert. Dazu kommen
unzählige Berichte über Folter in den Gefängnissen. Trotzdem versucht
die Regierung völlig unverfroren, jegliche Verantwortung für die
massiven Menschenrechtsverletzungen von sich zu weisen. Am Abend des 9.
Oktobers 2019 starb laut der Regierung der Familienvater Segundo
Inocencio Tucumbi Vega (49) aufgrund eines Sturzes. Sein Sohn hingegen
berichtet, dass sein Vater per Distanzkopfschuss von der Polizei
ermordet worden sei. Marco Otto, ein 26-jähriger Mann mit einer
geistigen Beeinträchtigung und José Daniel Chaluisa (40) starben, als
sie auf der Flucht von der Polizei von einer Brücke stürzten. Die
Regierung sprach von einem «Unfall», mit dem die Ordnungskräfte nichts
zu tun hätten. Videos von Zeugen zeigen wie die Polizist*innen die
beiden jungen Männer nach dem Sturz einfach liegen ließen. Von den
verzweifelten Aufforderungen der Anwohner*innen, den Männern zu helfen,
liessen sie sich nicht beeindrucken. Zu den weiteren tödlichen Opfer der
Unruhen gehören: Abelardo Vega Caisaguano (41), Silvia Mera Navarrete
(35), Édison Mosquera Amagua (29), José Rodrigo Chaluisa (36) und Raúl
Chilpe (alter unbekannt). Die latent gewalttätige Essenz des
bürgerlichen Staates trat in den letzten Tagen deutlich an die
Oberfläche. Neben dem immer noch anhaltenden Ausnahmezustand wurde ab
dem 8. Oktober 2019 zwischen 20 Uhr und 5 Uhr eine Ausgangssperre
verhängt. Leider hat ein Teil der Bewegung, allen voran die CONAIE, die
als größte Institution der Indigenen Bevölkerung Ecuadors eine
beträchtliche Kraft besitzt, letzten Endes im Staat einen
Verhandlungspartner gesehen.
Die indigene Bewegung und ihre lange Widerstandstradition
Nachdem der Aufruf der Gewerkschaften zur Beendigung des Streiks im
Transportsektor von der Basis grösstenteils nicht befolgt wurde und am
8. Oktober 2019 der indigene Marsch in Quito eintraf, war klar, dass die
verschiedenen indigenen Nationalitäten eine zentrale Rolle einnehmen
würden. Das ist weder überraschend noch neu, gehört die indigene
Bevölkerung Ecuadors doch zu den ärmsten Schichten des Landes und sieht
sich in einer 500-jährigen Tradition des antikolonialen Widerstands. Sie
leistet seit langem erbitterte Gegenwehr gegen die vielen verschiedenen
Problemen, mit denen sie sich im Kapitalismus konfrontiert sieht. Nebst
der Armut und den geringen Bildungschancen ist für viele Teile der
indigenen Bevölkerung Ecuadors auch der Landraub und Umweltschäden in
Folge der Förderung von Erdöl und Erdgas ein grosses Problem. Land
Grabbing ist das, was Marx «ursprüngliche Akkumulation» nannte. Dies ist
kein einmaliger Prozess in der Geschichte des Kapitalismus, sondern er
schreitet kontinuierlich voran. Zudem leidet die indigene Bevölkerung
unter rassistischer Diskriminierung. Exemplarisch hierfür steht die
Bekundung des rechten Bürgermeisters von Guayaquil, die Proteste würden
zeigen, dass die indigene Bevölkerung «nicht fähig zu einem
zivilisierten Zusammenleben» sei.
Dennoch ist die indigene Bevölkerung Ecuadors (insgesamt gibt es in
Ecuador 13 verschiedene indigene Nationalitäten) die am stärksten
organisierte indigene Bewegung in ganz Lateinamerika. Sie ist
grösstenteils in der CONAIE organisiert und verfügt über eine ungeheure
Entschlossenheit und Mobilisierungspotential. Wo in den kapitalistischen
Metropolen Individualismus und Atomisierung herrscht, steht für die
indigenen Gemeinden die Gemeinschaft und der Zusammenhalt im
Mittelpunkt. So marschierten teilweise ganze Familien teilweise über
drei Tage in die Hauptstadt und blockierten die Straßen. In Quito wurden
sie von ihren Mitstreiter*innen mit offenen Armen empfangen. Bereits
Tage zuvor sammelten verschiedene soziale Organisationen Decken,
Lebensmittel oder Hygieneartikel. Die Universitäten «Politecnica
Salesiana» und «Pontificia Católica» wurden zu «humanitären
Friedenszonen» deklariert, in denen die Angereisten aus allen Städten
übernachten, ausruhen und sich zurückziehen konnten. Obwohl sich auch
viele Kinder und ältere Menschen darin aufhielten, wurden diese
solidarische Aufnahmestellen von der Polizei massiv mit Tränengas
beschossen. Trotzdem hielten die Proteste weiter an und gewannen an
Stärke. Die CONAIE verweigerte zunächst jeglichen Dialog mit der
Regierung, auch wenn ihr parlamentarischer Arm, die Pachakutik, schon
ziemlich früh die Demonstrant*innen zur Mäßigung und zum Dialog aufrief.
Schließlich forderte die CONAIE u.a. die sofortige Rücknahme der
Streichung der Treibstoffsubventionen und trat am 13. Oktober in
Verhandlungen mit der Regierung unter Vermittlung der UNO und der
Bischofskonferenz.
Indigen und Proletarisch?
Was die indigene Bewegung angeht, so war insbesondere der sogenannte
«Indigenismus» oft Bestandteil vieler Diskussionen unter
Revolutionär*innen in Ecuador. Im
Jahr 2010 gab es beispielsweise eine angeregte schriftliche
Auseinandersetzung zwischen einem Mitglied der anarchistischen Gruppe
«Chasqui Anarquista» und einem Mitglied der
linkskommunistisch-anarchistischen Gruppe «Comunistas Integrales»,
die auch im Kontext der Geschehnisse der letzten Tage von Interesse sein
kann und von der ich kurz einen spannenden Aspekt herauspicken möchte:
Das Mitglied von «Chasqui Anarquista» beteuerte, dass die indigenen
Gemeinschaften, aufgrund von ihrem Zusammenhalt und ihrer traditionellen
Lebensweise quasi eine Keimzelle des Anarchismus seien. Zudem lebten
viele indigene Gemeinschaften auf dem Land in einer Art
Selbstverwaltung, die Landparzellen seien kleine Inseln des Widerstands.
Die Subsistenzwirtschaft müsse in diesem Sinne als Gegenpol zur
Lohnarbeit verstanden werden. Anders die Position des Mitglieds von
«Comunistas Intergrales»: Die einseitige Fokussierung auf indigene
Gemeinschaften sei reduktionistisch, zumal die indigene Bevölkerung
nicht nur in den Gemeinschaften organisiert ist, sondern auch in
breiteren Zusammenschlüssen wie die CONAIE und deren parlamentarischer
Arm, die Pachakutik. Diese seien beide eindeutig reformistisch und
würden nur nach Veränderungen im Rahmen des bürgerlichen Staates
streben. Zudem gäbe es auch für indigene Gemeinschaften kein
«Ausserhalb» des Kapitalismus. So sei auch die «indigene Bevölkerung»
keine homogene Masse, sondern auch von Klassenunterschieden durchzogen.
Neben zahlreichen indigenen informellen Arbeiter*innen, gibt es auch
eine bürgerlich-indigene Klasse. Ein Großteil der indigenen Bewegung
tendiere dazu, diese Differenzen nicht zu beachten. Des Weiteren seien
indigenen Gemeinschaften mit eigenen Landparzellen keine Projekte einer
antikapitalistischen Selbstverwaltung. Die Leute, die Ländereien
beackern seien lohnabhängige Akkordarbeiter*innen und abhängig vom
Markt: Irgendwo müssen sie ja ihre Produkte loswerden. Diejenigen Teile
der indigenen Bevölkerung, die nicht auf dem Land arbeiten und sich als
formelle oder informelle Arbeiter*innen in den Städten verdingen müssen,
seien umso offensichtlicher Teil des Proletariats. Letzten Endes mündet
die Kritik des Mitglieds von «Comunistas Integrales» darin, dass die
praktische Kritik der indigenen Bewegung beschränkt bleibt, solange sie
sich lediglich als Indigene verstünden und nicht als proletarisierte
Subjekte innerhalb des Kapitalismus.
Was bleibt von den Protesten?
Auch wenn die indigene Bewegung einen großen Einfluss auf die
Proteste hatte, so darf nicht vergessen werden, dass auch weitere Teile
der Bevölkerung Ecuadors sich an den Massenmobilisierungen beteiligten.
Auch wenn die CONAIE im Verlauf des Konflikts immer mehr ins Zentrum
rückte, handelte es sich nicht um einen indigenen, sondern um einen
sozialen Aufstand. Ebenso wäre es falsch die ganzen Proteste
kleinzureden, nur weil sie nicht aufs Ganze gehen konnten und sich die
Leute letztendlich mit reformistischen Errungenschaften zufrieden gaben.
Die Massenmobilisierungen waren beeindruckend und sind sicher sehr
lehrreich für die Proletarisierten, die mit einer unerwarteten Wucht aus
einem fast 15-jährigen Schlaf erwacht sind. Der soziale Konflikt bleibt
bestehen und auch das weitere Vorgehen der Regierung ist noch unklar.
Die Limitierungen mit denen sich die Aufständischen in Ecuador
konfrontiert sahen, waren unter anderem bedingt durch einen fehlenden
länderübergreifenden Klassenkampf, wie auch durch die mangelnde
praktische Kritik an der Warengesellschaft, dem Staat und den
verschiedenen politischen Institutionen seien es Gewerkschaften oder
Parteien. Auch die Rolle der CONAIE und ihrer Führung ist in diesem
Sinne kritisch zu betrachten. Was oft als wütender und führungsloser
Aufstand beginnt, wird meist in traditionell bürgerliche Bahnen
geleitet: Die Macht der Integration zeigt sich dort am deutlichsten, wo
die Integration selbst als Sieg gefeiert wird und dort wo das kleinste
Übel zu einer Veränderungen des Status quo hochstilisiert wird.
Am Samstagnachmittag riefen 14 linke Organisationen zur Grossdemo
gegen den Krieg in Nordsyrien auf. Gegen 15:30 besammelten sich an die
tausend Personen auf dem Mühleplatz, bevor sie lautstark durch die Alt-
und Neustadt zogen. Vor dem Regierungsgebäude wurden Kerzen und Rosen in
Gedenken and die Opfer der türkischen Invasion, niedergelegt und die
Schweiz zum Handeln aufgefordert. Die Demonstrant*innen hatten klare
Forderungen:
• Die Schweiz soll alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um die türkische Invasion zu stoppen. • Sofortiger Stopp der Waffenexporte. • Einfrierung allfälliger Vermögen der türkischen Regierung auf Schweizer Bankkonten. • Das Ende der Zusammenarbeit von Schweizer Unternehmen mit türkischen Kriegstreiber*innen. • Das Ende der Unterdrückung der Kurd*innen, der türkischen Opposition sowie der freien Presse.
Die Demo verlief friedlich und endete gegen 17:30 im Vögeligärtli.
Die Organisator*innen sind mit dem Verlauf der Demo friedlich, sagt
ein Mitorganisator, obwohl es teilweise schwierig gewesen sei, die
grosse Menschenmasse durch die engen Gassen Luzerns zu schleusen.
Folgendes Flugblatt wurde an der Demo verteilt:
Stoppt den Krieg in Nord Syrien Jetzt!
Heute ist der 10. Tag nach dem Beginn des völkerrechtswidrigen
Angriffskriegs in Nord Syrien, völkerrechtswidrig, weil dieser ohne UN
Mandat auf ausländischem Boden erfolgt. Die Offensive startete am 9.10.
nach dem feigen Verrat Trumps an seinen Verbündeten, von denen im Kampf
gegen den IS unzählige gefallen sind und die seither ein
zukunftsweisendes Gesellschaftsmodell in Rojava aufbauen.
In den 10 Tagen wurden hunderte Personen getötet. Darunter 218
kurdische Zivilist*innen (davon 18 Minderjährige). Ausserdem teilte
Amnesty International gestern mit, dass es erdrückende Beweise für
Kriegsverbrechen der türkischen Streitkräfte gibt. Dazu gehören Angriffe
auf Wohnhäuser, eine Bäckerei und eine Schule. Der Angriff auf einen
grossen zivilen Konvoi in dem auch mehrere Journalist*innen sassen,
sowie die kaltblütige Hinrichtung einer prominenten syrisch-kurdischer
Politikerin Hevrin Khalaf. Die Kurd*innen vor Ort werfen den türkischen
Streitkräften ausserdem die Hinrichtung von Gefangenen sowie der Einsatz
von chemischen Waffen vor. Ausserdem konnten zahlreiche IS Kämpfer
durch die türkischen Angriffe fliehen und der IS ist in der Region so
aktiv, wie schon lange nicht mehr. Es geht Erdogan nicht um die
Schaffung eines Friedenskorridors, was eine Ironie in sich ist, sondern
um die Vernichtung der Kurd*innen. Wird Erdogan nicht gestoppt, droht
ein Genozid!
Trumps Waffenruhe, welche lediglich eine Pause ist, ist ein fauler Deal,
der einzig dazu dient, dass er sich aus der Verantwortung stehlen kann.
Die Aufforderung an die Kurd*innen mit ihren Familien innert fünf Tage
ihre Heimat zu verlassen ist ein Hohn, zumal sich die Türkei nicht mal
an das Abkommen hält.
Dass die internationale Staatengemeinschaft nicht handelt ist
unerträglich. Erdogans Drohung, Flüchtlinge nach Europa zu lassen, macht
uns keine Angst. Denn was er zurück hält ist nicht die Pest, sondern
schutzsuchende Menschen, die hier herzlich willkommen sind. Der
Flüchtlingsdeal mit der Türkei war von Anfang an ein grosser Fehler.
Auch die Schweiz ist in der Pflicht zu handeln! Jahrelang hat sie, von
Schweizer Banken unterstützt, Waffen in die Türkei geliefert und das
türkische Regime gestützt. Wir haben deshalb konkrete Forderungen:
• Die Schweiz soll alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um die türkische Invasionzu stoppen
• Sofortiger Stopp der Waffenexporte
• Einfrierung allfälliger Vermögen der türkischen Regierung auf Schweizer Bankkonten
• Das Ende der Zusammenarbeit von Schweizer Unternehmen mit türkischenKriegstreiber*innen
• Das Ende der Unterdrückung der Kurd*innen, der türkischen Opposition sowie der freien Presse
So lange die türkische Invasion andauert brauchen wir jede und jeden
an den Demos auf der Strasse. Täglich finden in der Schweiz mehrere
Demos statt. Wir rufen alle dazu auf sich daran zu beteiligen, denn wir
üben dadurch nicht nur Druck auf Erdogan und unsere Regierung endlich
aus, sondern zeigen auch der kurd*ischen Bevölkerung in Rojava unsere
Solidarität.
Die nächste grosse Demo findet am 26.10. in Bern statt. Wir werden gemeinsam mit dem 12:00 Zug ab Luzern anreisen. Ausserdem rufen wir für morgen, Sonntag 20.10. zur offenen Sitzung um 15:00 im RäZeL – Horwerstrasse 14 Luzern auf, um weitere Aktionen zu planen.
Für den Samstag ruft ein breites Bündnis zur Anti Krieg Demo in Luzern auf.
Unsere Forderungen: • Die Schweiz soll alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um die türkische Invasion zu stoppen • Sofortiger Stopp der Waffenexporte • Einfrierung allfälliger Vermögen der türkischen Regierung auf Schweizer Bankkonten • Das Ende der Zusammenarbeit von Schweizer Unternehmen mit türkischen Kriegstreiber*innen • Das Ende der Unterdrückung der Kurd*innen
!Der Angriffskrieg des
türkischen Militärs mit islamistischen Gruppen hat begonnen! Panzer und
schwere Geschütze bombardieren die Städte, Wohnhäuser in Rojava.
!Der Angriffskrieg des türkischen Militärs mit islamistischen Gruppen hat begonnen!
Panzer und schwere Geschütze bombardieren die Städte, Wohnhäuser in
Rojava. Das US-Amerikanische Militär hat den Menschen den Rücken
zugekehrt und den Luftraum für die Türkei freigegeben. Kampfjets
bombardieren die Städte. In ihrem Schlepptau werden zehntausende
Mitglieder islamistischer Gruppen in Rojava/Nordostsyrien
einmarschieren. Das türkische Militär schiesst auf die Kräfte, die
IS-Gefangene bewachen.
Der Widerstand der Frauen-
und Volksverteidigungseinheiten (YPJ/YPG), der SDF und der Menschen in
Nord- und Ostsyrien hat begonnen. Diejenigen, die durch die
Opfer von tausenden Gefallenen und den mutigen Widerstand der
Bevölkerung, den Islamischen Staat besiegt haben, verteidigen mit aller
Kraft das Leben und die Werte welches sie gemeinsam aufgebaut haben.
Tragen wir unseren Teil dazu bei und Verteidigung wir diese Revolution auch von hier aus! Decken wir die militärische, wirtschaftliche und diplomatische Zusammenarbeit zwischen der Türkei, den USA, der NATO und den europäischen Staaten auf und greifen wir sie politisch an. Keine Unterstützung für Erdogan, sein Regime und seinen Krieg! Keine Waffenlieferung und keine finanzielle oder politische Beihilfe zur türkischen Vernichtungspolitik!
Tag X hat begonnen:
gehen wir auf die Straßen, machen Aktionen, besetzen, stören und
blockieren! Zeigen wir den Verantwortlichen in den Regierungsbüros und
Firmensitzen was wir von ihrem Krieg haltet! Gemeinsam können wir den
Angriffskrieg der Türkei stoppen! Kein Krieg gegen Nordsyrien! Wir sind
überall. Haltet Ohren und Augen offen für die Mobilisierungen in eurer
Umgebung. Und vor allem; Organisiert euch und, los!
„Wir müssen vom Protest zum Permanenten politischen Widerstand
übertreten. Die Bevölkerung Kurdistans und Nordostsyriens ist im Krieg,
und wir als Antifaschist_innen und Revolutionär_innen werden die Orte
militärischer, diplomatischer und wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit
dem türkischen Faschismus in unseren Ländern besetzen, stören,
blockieren und zerstören!“
Der Widerstand in Rojava wird von langem Atem sein. Tag X ist
nicht nur ein Tag. Tag X ist der Beginn einer lang anhaltenden
historischen Phase!
Hoch die internationale Solidarität! Rojava ist auch unser Kampf!
“In der Nacht auf Sonntag haben wir in der Region Luzern fünf Geschäfte besucht, die Roviva Produkte verkaufen und ein Transpi hinterlassen.
Der CEO und Alleininhaber der Firma Roviva, Peter Patrik Roth ist seit Jahren in der lokalen und internationalen Neonaziszene unterwegs und gut vernetzt. Mit den Einnahmen von Roviva unterstützt er die Rechtsextreme Szene kräftig. So unterstützte er zum Beispiel die rechtsextreme Kleidermarke White Rex mit CHF 50’000.-
Wer Roviva kauft unterstützt Neonazis. Wir fordern Peter Patrik Roth
auf, sich zurückzuziehen und die Leitung der Firma Roviva der
Belegschaft zu übergeben.
LAGOTA kommt vom Spanischen und heisst „der Tropfen“.
LAGOTA ist eine politische Gruppierung, die sich als Teil der ausserparlamentarischen Linken versteht. Sie bietet eine Plattform, auf der sich interessierte Personen mit politischen Themen auseinandersetzen können.
LAGOTA setzt sich zum Ziel, das politische Bewusstsein der Gesellschaft zu fördern. Ihr Antrieb ist die Überzeugung, dass das kapitalistische System überwunden werden muss, um die bestehenden Herrschaftsverhältnisse abzuschaffen.