Liebe Freund*innen
Die Demo war überwältigend. Wir lachten und weinten, tanzten und trugen Worte auf Stoffen durch die Stadt. So viele Menschen, die alle zusammen durch die Strassen spazierten. Nicht durch die Bahnhofstrasse, oder die Altstadt, sondern durch unsere Quartiere, in denen wir leben und wohnen. Denn „dieses Quartier ist unser Bier!“
Der Traktor zog die musikalische Variation unseres Anliegens durch die Strassen, in denen Menschen aus den Fernstern schauten und von Balkonen runterwinkten, aber auch an den nun brachliegenden Flächen vorbei, wo in den letzten Jahren Freiräume verschwunden sind.
Was an jenem Samstagnachmittag durch die Strassen schritt, war ein lauter, entschlossener Haufen, untereinander verbunden durch Ideen, Visionen und dem Wunsch nach selbstbestimmten Freiräumen, nach Lebensraum in dem Utopien Alltag werden.
Wir waren an dieser Demo achtmal mehr Menschen als an jener Sitzung heute, bei der die Interpellation zum Eichwäldli verhandelt wird. Und wir waren ein Zweihundertstel der gesamten Luzerner Stadtbevölkerung, als wir am Samstag durch unsere Stadt zogen.
Am 1. Februar sassen wir am langen Tisch in diesem schönen schiefen Haus und liessen uns die Käseplatte von unten und das Brot vom oberen Ende des Tisches reichen.
Was machen wir jetzt? Die haben die Frist nach hinten gesetzt! Unseren Hausfriedensbrunch um zwei Wochen nach hinten verschieben wollten wir trotzdem nicht. Dann haben wir das Haus von unten (und hier meinen wir nicht den Keller, sondern die Schlagseite der Stube) bis oben durchgefegt. Die ganze Diskussion streckt sich zwar weiter in unbestimmte Länge, aber wir sind hier und Knien uns rein wie wir nur können. Und da ist so ein frisch geölter 90 Quadratmeter Parkett schon mal eine angenehme Grundlage um den Boden unter den Füssen zu behalten.
Denn irgendwie schweben wir noch immer: Von dieser wahnsinnigen Demo in eine andere Sphäre katapultiert und von Mut und Liebe unserer Freund*innen gestärkt, blicken wir auf diesen Sumpf aus Stadtratsentscheiden und juristischen Gutachten, die nicht rausgerückt werden. Wir versuchen nicht untätig zu bleiben und dem Abwarten zu verfallen, schreiben Texte, proben Radiobeiträge, heizen den Pool ein und am liebsten spielen wir das Stratiegiespiel «Wem gehört die Stadt!?» Nach wenig Schlaf wird famoses Essen aufgetischt und die Ruhe vor dem vermuteten Sturm mit lauter Musik aus dem Körper gebasst.
Es dürften noch einige Medien berichten und Entscheidungen gefällt und wieder verschoben werden, Menschen den Kopf schütteln und das Eichwäldli beim Vorbeispazieren neugierig gemustert werden. Wir lassen uns in keine Töpfe werfen, uns nicht von haarsträubenden oder grundverschrobenen Aussenperspektiven definieren und auf eine befristete Rolle in einem Zwischennutzungskonzept beschränken. Nein, lieber erfinden wir uns immer wieder neu. Versuchen wir, den immer gleichen Geschichten die Show zu stehlen.
Was gibt es Schöneres, als die förmlich spürbare Unterstützung all dieser Menschen, die sich für freie Lebensräume, und konkret, manchmal fast absurd und unfassbar, für uns einsetzen, fürs Eichwäldli Transpis malten, tolle Spektaktel inszenierten, rührende Reden schrieben. Wir können nicht genug danken!
Falls auch du im graunassen Februarloch sitzt, die Wochenenden sich kaum mehr einordnen lassen in die sich stetig wiederholenden Abläufen von hell zu dunkel zu hell, und du dir denkst, diese Vibes von letzten Samstag, die nochmal, Live on air, direkt auf deine Ohren, dann haben wir etwas für dich angehängt.
Und falls du früh auf bist oder noch wach: Heute um 8:00 Uhr morgens kannst du in der Megahex Morgenshow ein paar von den Reden der Demo nochmals hören. Zu finden auf www.megahex.fm
Mit erhobenen Fäusten
eure Familie Eichwäldli