Hinnehmen oder durchdrehen? – Linke Konfusion in der Spätpandemie

Anarchist:innen verbreiten esoterische Impfkritik, Feministinnen treten an Anti-Massnahmen-Demonstrationen auf und an linken Veranstaltungen werden Ausweise kontrolliert. Am Anfang der fünften Corona-Welle zeigt sich: Es ist höchste Zeit, die vergangenen Debatten um emanzipatorische Perspektiven wieder aufzunehmen.

Zuerst erschienen auf: www.ajourmag.ch

Von Julian Freitag und M. Lautréamont.

Als im Frühsommer in der Schweiz die Impfkampagne gegen das Corona-Virus startete, machte sich Erleichterung breit. Die Sehnsucht nach einer Rückkehr zum gewohnten Freizeit-, Konsum- und Arbeitsverhalten war nach über einem Jahr der gesundheitlichen und ökonomischen Ausnahmesituation gross. Durch die Impfung schien alles wieder langsam in gewohnte Bahnen zurückzukehren. Auch viele Linke rechneten mit so etwas wie «Normalität». Soliparties und Plena finden wieder statt, die Polizei löst Demonstrationen nicht mehr unter dem Vorwand der Pandemie-Bekämpfung auf und es treten auch wieder andere Themen in den Vordergrund.

Doch schon einige Monate später muss man konstatieren, dass von einem «Vor-Pandemie-Zustand» keine Rede sein kann. Die reiche Schweiz hat die niedrigste Impfquote in ganz Westeuropa. Dafür sind die Anti-Massnahmen-Proteste grösser als je zuvor. Mit ihnen etabliert sich zum ersten Mal seit den 1990er-Jahren eine kontinuierliche rechte Präsenz auf den Strassen von Schweizer Städten. Gleichzeitig steigen die Inzidenzen wieder an und die Situation im Gesundheitswesen bleibt angespannt.

Auch in der (radikalen und nicht-so-radikalen) Linken knarrt es im Gebälk. Insbesondere die Frage nach der Entscheidungsfreiheit in Bezug auf die Impfung, das Covid-Zertifikat und die Proteste dagegen sorgen für einige Konfusion und legen Widersprüche offen. Debatten um Analyse und Strategie wären sicher zu begrüssen, doch (noch) herrschen Gehässigkeiten und gegenseitige Unterstellungen auf Twitter, Mailinglisten und barrikade.info vor.

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Linke Strategien in der Pandemie

Vor allem zu Beginn der Pandemie gab es durchaus Diskussionen dazu, wie emanzipatorische Strategien und Forderungen aussehen könnten. Die inflationäre Verwendung des Begriffs «Solidarität» im staatlichen Diskurs wurde von Linken mit Argwohn zur Kenntnis genommen. Statt die Solidarität an den Staat zu delegieren, wurde nach einem angemessenen Umgang mit der Pandemie gesucht. Für viele war klar, dass es wichtig ist, die vom Virus ausgehende Gefahr für die Gesundheit, wie auch die ökonomischen Konsequenzen eines Lockdowns für die Proletarisierten ernst zu nehmen und sich dabei nicht auf den Staat zu verlassen. Man war sich zudem weitgehend einig, dass physische Kontakte und damit das Risiko einer Ansteckung reduziert werden sollte.

Auf der Ebene der Praxis hatte die radikale Linke hierzulande zunächst Mühe, sich mit der veränderten Situation zurechtzufinden. Sie schwankte zwischen selbstreferenziellem Aktionismus, Internet-Engagement und direkter Unterstützung von Proletarisierten und Geflüchteten.

Plötzlich standen Aktions- und Organisationsformen, die jahrelang belächelt oder vernachlässigt wurden, wie beispielsweise Basisarbeit in den Betrieben oder solidarische Nachbarschaftsstrukturen, wieder im Zentrum der Diskussion. Der Zusammenschlusses Solidarität gegen Corona rief auf Plakaten zur «kollektiven Verantwortung anstatt staatlicher Zwangsmassnahmen» sowie gegenseitiger Hilfe in Form von Nachbarschaftsstrukturen auf und forderte bessere Arbeitsbedingungen für das Gesundheitspersonal, kostenlose Gesundheitsversorgung für alle, Aussetzung der Mieten und genügend Unterstützung für Arbeiter:innen, Arbeitslose und Geflüchtete. Es wurde allerdings schnell klar, dass es keine gesellschaftliche Kraft gibt, die in der Lage wäre solche Forderungen durchzusetzen. Die fehlende Verankerung der radikalen Linken trat offen zu Tage und der Aufruf blieb ein Schrei ins Leere.

Andere setzten auf Appelle an den Staat. Die Initiative ZeroCovid, die auch in der Schweizer Linken einige Anhänger:innen fand, forderte einen «solidarischen Lockdown von unten», was vor allem die Schliessung der Arbeitsplätze meinte. Daraus entbrannte in der Linken kurzzeitig eine breite Debatte. Alex Demirović warnte davor, dass der Aufruf die autoritären Tendenzen der staatlichen Pandemiebekämpfung verstärken könnte und machte darauf aufmerksam, dass es problematisch sei, im Namen der Wissenschaftlichkeit und der Solidarität Isolation zu propagieren und keine eigene Positionen auf die Strasse zu bringen. Die Gruppe Solidarisch gegen Corona, welche die zahlreichen Kämpfe der Proletarisierten weltweit gegen die wirtschaftlichen und gesundheitlichen Verheerungen der Pandemie dokumentierte, wies darauf hin, dass die Frage danach, wer die Massnahmen gestaltet, durchsetzt und bezahlt nicht einfach als Details abgetan werden können.

Eine Reflexion über die Erfahrungen während der Pandemie hat bisher aber nicht stattgefunden. Das mag auch daran liegen, dass die befürchtete gesundheitliche und ökonomische Katastrophe im eigenen Vorgarten ausgeblieben ist. Es gibt kein spektakuläres Scheitern aufzuarbeiten.

Ausweiskontrolle und Namenslisten im besetzten Haus?

In der aktuellen Diskussion um das Covid-Zertifikat bleibt es in der radikalen Linken bislang recht still. Es stellt sich vor allem die Frage, wie mit der Zertifikatspflicht und dem Contact-Tracing an Veranstaltungen und Partys umgegangen werden soll. Dabei setzen viele linke Räume und Veranstaltungen die Zertifikatspflicht und das Contact-Tracing klag- und kritiklos um. Verständlicherweise ist das Bedürfnis nach sozialen Kontakten gross und es besteht die Notwendigkeit, insbesondere für Anti-Rep Arbeit, finanzielle Mittel zu sammeln. Gerade deshalb wäre es wichtig zu diskutieren, unter welchen Umständen staatliche Massnahmen wie das Covid-Zertifikat oder Contact-Tracing mitgetragen werden sollen. Dabei geht es nicht in erster Linie um «emanzipatorische Hygienekonzepte», sondern darum, die gesellschaftliche Dimension dieser Massnahmen mitzudenken.

Das Zertifikat ist heikel weniger wegen seiner technischen Infrastruktur, sondern weil eine Gewöhnung und Normalisierung von Kontrollen stattfinden kann. Man zeigt regelmässig seinen Ausweis vor und gibt seine Kontaktdaten an, ohne zu fragen, ob das überhaupt sinnvoll ist und ob es Alternativen gibt. Man hat durchaus den Eindruck als hätte die Sensibilität in Bezug auf Datenschutz in den letzten Monaten bei linken Räume und ihren Besucher:innen eher ab- als zugenommen. Auf eine Aufforderung zum Tragen von Hygienemasken wird dagegen meist verzichtet, seit das nicht mehr staatlich vorgeschrieben wird.

Kritik kam indes von anderer Seite: Fankurven aus der ganzen Schweiz wehrten sich diesen Sommer erfolgreich gegen ID-Kontrollen an den Stadioneingängen im Zusammenhang mit der Zertifikatspflicht. Sie befürchteten, dass unter dem Vorwand der Pandemie repressive Massnahmen wie personalisierte Tickets eingeführt würden, die auch nach dem Ende der Zertifikatspflicht bestehen bleiben würden. Die Erfahrung zeigt, dass diese Sorge durchaus begründet ist. Nicht nur in der Schweiz dienen Fussballstadien den Behörden als Labors, in denen repressive Massnahmen erprobt werden, die dann später beispielsweise auch gegen Demonstrationen eingesetzt werden können.

Das Komitee Geimpfte gegen das Covid-Zertifikat argumentiert im aktuellen Abstimmungskampf zudem, dass das Zertifikat eine Scheinsicherheit biete. Mit der Einführung der Zertifikatspflicht seien die meisten Hygienemassnahmen aufgehoben worden, obwohl Zertifikate einfach gefälscht werden könnten und keinen Schutz vor einer Ansteckung böten. Es ist klar, dass dahinter das Interesse des Staates steht, dass der Laden wieder möglichst reibungslos läuft und nicht das Interesse nach Gesundheit der Bevölkerung.

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Individualisierung der Pandemie

Jenseits solcher Detailfragen offenbaren sich aber auch gefährliche Abgründe. Im hitzigen Abstimmungskampf ist es die Sozialdemokratie, die an vorderster Front für das Covid-Gesetz kämpft. Viele Befürworter:innen verkaufen das Covid-Zertifikat als Allheilmittel, welche die Rückkehr zur Normalität ermögliche. Diese Position ist gefährlich und befördert – wie man aktuell vor allem in der sozialdemokratischen Twitteria beobachten kann – autoritäre Reflexe. Da werden ausschliesslich die dummen Impfverweigerer und Zertifikatsgegnerinnen für das Fortdauern der Pandemie verantwortlich gemacht und auch mal darüber sinniert, ob Ungeimpfte noch Anspruch auf ein Intensivbett haben sollten.

In Österreich verhängte die Regierung für kurze Zeit einen «Lockdown für Ungeimpfte» und in den meisten Teilen Deutschlands gilt die 2G-Regel für die meisten öffentlichen Orte. Solche Massnahmen zeigen wenig Wirkung gegen das Virus, sondern steigern vielmehr den Druck auf das Individuum. Der Staat entzieht sich der Verantwortung und schiebt das Fortdauern der Pandemie den Ungeimpften zu.

Das italienische Autor:innenkollektiv Wu Ming kritisiert die Linke dafür, dass sie ausschliesslich vom Virus, aber kaum über das desaströse und ungerechte Pandemie-Management der Regierung sprechen würde. Das italienische Covid-Zertifikat – den sogenannten Green Pass –bezeichnet Wu Ming als reines Propagandainstrument: «Um ihre Verantwortung für das Geschehen zu verschleiern, griff die Regierung zu einer Reihe von Ablenkungsmanövern, die auf dem klassischsten neoliberalen Trick basierten, der bereits vor der Pandemie in Bezug auf Umwelt, Klima und Gesundheit massiv eingesetzt wurde: Jede Verantwortung für die Ansteckungen wurde dem individuellen Verhalten der Bürgerinnen und Bürger zugeschoben.»

Diese Individualisierung der Verantwortung durch den Staat ist auch der Grund, weshalb sich die Basisgewerkschaft SI Cobas gegen den Green Pass wehrt: «Die Regierung und die Bosse interessieren sich nicht für die Gesundheit der Proletarier:innen! Während der Akutphase der Pandemie liessen sie uns zu Tausenden sterben, nur um die Fabriken und Lagerhäuser offen zu halten und weiterhin Gewinne zu erzielen! Jetzt zwingen sie uns den Green-Pass auf, um sich in Sachen Arbeitssicherheit vor der Verantwortung zu drücken. Sie schieben all die Probleme rund um das Virus auf die einzelnen Arbeiter:innen, während das kapitalistische Ausbeutungssystem nicht angetastet wird.»

Im Gegensatz zur italienischen Variante erstreckt sich die Zertifikatspflicht in der Schweiz nicht auf den Arbeitsplatz. Unternehmen können im Rahmen ihrer Schutzkonzepte eine Zertifikatspflicht einführen, müssen dafür aber Gratis-Tests anbieten. Das ist ein wichtiger Unterschied und mag ein Grund sein, weshalb die linke Kritik am Zertifikat bisher ausgeblieben ist. Allerdings ist es doch fraglich, ob angesichts der vehementen Verteidigung bei der sozialdemokratischen und oft achselzuckenden Umsetzung bei der radikalen Linken eine mögliche Ausweitung der Zertifikatspflicht dann nicht doch einfach hingenommen würde. Gut möglich, dass wir uns bald damit befassen müssen.

Anti-Massnahmen-Proteste: Intervenieren oder bekämpfen?

Es gibt aber nicht nur die linken Verteidiger:innen der staatlichen Massnahmen, sondern auch seine falschen Kritiker:innen. Die Bewegung, welche seit einiger Zeit wöchentlich auf die Strasse geht, um gegen das Covid-Gesetz, die Impfung und eine vermeintliche Diktatur zu lärmen, ist in den letzten Monaten immer grösser geworden. Auch einige Linke sympathisieren mit den Anti-Massnahmen-Protesten oder nehmen gar daran teil. Leider werfen sie dabei meist die letzten Reste emanzipatorischer Grundsätze über Bord.

Ein Beispiel für solche Verwirrungen erschien kürzlich auf barrikade.info, dem digitalen Flugblattständer der radikalen Linken in der Deutschschweiz. Die anonymen Autor:innen aus dem Milieu des insurrektionalistischen Anarchismus, legen eine «anarchistische und antiautoritäre» Position zu den aktuellen Pandemie-Massnahmen dar. Die Anführungszeichen sind uns in diesem Fall wichtig, denn die geäusserten Thesen entfernen sich weit von emanzipatorischen Inhalten. Einige Insurrektionalist:innen scheinen seit geraumer Zeit so fest auf ihre starren, subjektiven Ideale fixiert zu sein. dass das, was sie unter Kritik und Analyse verstehen, eher einem Perpetuum Mobile der ideologischen Selbstvergewisserung gleicht, als einer kritischen Auseinandersetzung mit den gegenwärtigen gesellschaftlichen Widersprüchen. Die Devise und das unumstössliche Paradigma lautet dabei ganz lapidar: «Hauptsache gegen den Staat».

Die Autor:innen des Barrikade-Textes fordern zunächst eine Intervention in die Anti-Massnahmen-Proteste. Es folgt der in solchen Fällen übliche Verweis auf die Gilets-Jaunes-Bewegung in Frankreich, bei der anfänglich auch Rechte teilgenommen hätten, die durch linke Kräfte aber herausgedrängt wurden. Sie sind damit nicht die einzigen. Zuletzt sorgte etwa die Gruppe Feministischer Lookdown für Aufsehen, als sie an einer Anti-Massnahmen-Demonstration in Bern eine Rede hielt. Mit dabei war das Schwurbler-Spektrum von den «Freien Linken» über die «Freiheitstrychler», «Bündnis Urkantone» bis hin zu organisierten Neonazis. Auch die Lookdown-Gruppe schreibt, dass man nicht alle Massnahmen-Kritiker:innen als Nazis bezeichnen könne – was im Übrigen gar niemand tut. In Zürich wurde auf einem Transparent dazu lapidar festgehalten: «Wer mit Nazis marschiert, marschiert mit Nazis.»

Doch weder der Feministische Lookdown noch unsere anarchistischen Autor:innen beantworten die entscheidenden Fragen: Wie steht es um die soziale Zusammensetzung der Anti-Massnahmen-Proteste und welche Forderungen werden artikuliert? Welche Teile der Bewegung sind offen für linke Inhalte und Praxis? Wie könnte eine Intervention von linken Kräften aussehen, die die rechten Kräfte schwächen kann ohne sich gegen die Bewegung als Ganzes zu richten?

Um sich diesen Fragen zu nähern, braucht man analytische Begriffe. Hier lohnt sich erneut ein Blick über die Alpen. Wu Ming – deren Interview im Übrigen auch der Feministische Lookdown zur Lektüre empfiehlt – bezeichnet die Bewegung gegen den Green Pass in Italien als «bikonzeptuell»: Die Menschen hätten in der Krise eine Prekarisierung erfahren. Sie wollen sich mit diesen neuen materiellen Bedingungen aber nicht abfinden und halten deshalb an kleinbürgerlichen Werten fest. Obwohl sie also in ihrem politischen Ausdruck bürgerlich seien, könnten Linke sie erreichen, indem sie ihre materiellen Bedürfnisse und ihre Wut aufs System anspreche.

Bei der Betrachtung der Anti-Massnahmen-Proteste in der Schweiz hingegen kann man eine solche Konstellation beim besten Willen nicht erkennen. Aus den Äusserungen der Demonstrant:innen spricht keine Angst vor einem sozialen Abstieg, sondern vielmehr ein Unbehagen über die Eingriffe des Staates in ihre gewohnte Lebensweise. Ausserdem mobilisieren die Proteste primär ein bereits vor der Pandemie vorhandenes Potential an Verschwörungsgläubigen, Esoteriker:innen und rechten Kräfte von christlichen Fundis bis Neonazis. Es ist zu bezweifeln, dass es jemals die Möglichkeit einer linken Intervention gab. Von Beginn an waren Rechte und Neonazis aller Art nicht nur erkennbar dabei, sondern haben die Aktionen aktiv mitorganisiert. Nie sind sie auf Widerspruch oder Widerstand der anderen Demonstrant:innen gestossen. Im Gegenteil wurden regelmässig Passant:innen und antifaschistische Proteste aus den Demonstrationen heraus angegriffen, ohne dass dies zu einer Distanzierung oder Spaltung der Bewegung geführt hätte. Die Proteste wurden immer grösser. Es gibt überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass es innerhalb der Anti-Massnahmen-Proteste ein Milieu gäbe, welches für linke Positionen auch nur halbwegs offen wäre.

Viel naheliegender erscheint deshalb die Einschätzung des Revolutionären Jugendbündnisses Winterthur (RJBW). Das RJBW schreibt über die Bewegung der Massnahmen-Kritiker:innen: «Die Demonstrierenden rekrutieren sich grösstenteils aus rechtskonservativen Kreisen des Kleinbürgertums. Es gibt aber auch einige Personen, welche sich politisch links der «Mitte» verorten würden. […] Neben patriotischen Stammtischgänger:innen und Freiheitstrychlern, einigen verwirrten Hippies und Esoteriker:innen sind allerdings auch gesellschaftspolitisch gefährlichere Gruppen mit ihren Positionen an den Demonstrationen vertreten. Denn rechtsextreme Kader und Einzelpersonen fühlen sich dort pudelwohl und stossen auf relativ wenig bis gar keine Gegenwehr. So wird ihnen eine Plattform geboten, um sich Wochenende für Wochenende besser vernetzen zu können und ihre Positionen nach aussen zu tragen.»

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Diese Leute kämpfen nicht gegen «den Staat» (einige Insurrektionalist:innen) oder «autoritäre Massnahmen» (Feministischer Lookdown). Sie stellen sich nur gegen die staatlichen Massnahmen, weil sie es als ihre «Freiheit» ansehen, die Pandemie zu verleugnen, sie wollen ungeachtet des Virus weiterarbeiten und konsumieren. Dass es zudem viele Leute und Bewegungen gibt, die sich nur für eine begrenzte Zeitspanne gegen gewisse Auswüchse des Staatshandelns auflehnen, aber selbst eine autoritäre Agenda verfolgen, wird erstaunlicherweise gerade seitens einiger Insurrektionalist:innen ignoriert. Progressive Forderungen, wie etwa diejenige nach einem besser ausgebauten Gesundheitswesen oder nach mehr staatlichen Hilfen gegen die Auswirkungen der Krise – was die Gruppe Feministischer Lookdown propagiert – sucht man hingegen vergebens.

Die Freiheit des atomisierten Individuums

Beschäftigt sich man sich aber ein bisschen näher mit den Ausführungen unserer Barrikade-Insurrektionalist:nnen, fallen durchaus auch ideologische Überschneidungen mit den rechten Massnahmen-Gegner:innen auf. Beide Seiten stellen die Begriffe «Freiheit» und «Selbstbestimmung» des Individuums in den Mittelpunkt ihrer Politik. Sie hängen dabei einem neoliberal deformierten Freiheitsbegriff an, welcher das Soziale, die gesellschaftlichen Bedingungen völlig negiert. Man findet kein Wort über die Gefahr des Virus, keine Bemerkung zur Notwendigkeit des Infektionsschutzes, keine Empathie gegenüber denen, die daran erkrankt oder gestorben sind.

Die Betonung der Freiheit erfüllt in diesem Fall den Zweck, sich nicht mit der Gesellschaft auseinandersetzen zu müssen und die Verantwortung von sich zu schieben, wie es Klaus Klamm in diesem Magazin bereits ausgeführt hat: «Sie wollen ihre Willkür partout als Freiheit verstanden wissen, weil sie selbst nichts verstehen wollen. Es ist aber keine Freiheit, andere ins Grab zu husten, sondern die Zerstörung der Grundlagen der Freiheit: Mitmenschen, Gesundheitssystem, Solidarität.» Bei Kleinbürger:innen und Rechten ist diese Haltung Kern der politischen Ideologie. Dass sie von gewissen anarchistischen Strömungen übernommen wird, ist zwar nichts Neues, aber doch immer wieder irritierend.

Ein emanzipatorischer Begriff der Freiheit versteht das Individuum als soziales Wesen, dass von anderen Individuen nicht getrennt, sondern unmittelbar mit ihnen verbunden ist. Selbstbestimmung ist nur in einem gesellschaftlichen Zusammenhang möglich, der die herrschende Atomisierung der Individuen in der bürgerlichen Gesellschaft aufhebt. Der Kampf für die Freiheit ist also der Kampf für Solidarität im Sinne der gegenseitigen Hilfe, der kollektiven Selbstorganisation und des Zusammenhaltes der Unterdrückten im Kampf gegen die herrschenden Verhältnisse.

Impfung ist keine Privatsache

Dieselbe Verwirrung – und damit sind die Autor:innen des Barrikade-Textes leider nicht alleine – zeigt sich auch in der Frage der Impfung. Die individualanarchistischen Autor:innen pochen auf die Freiheit, sich für oder gegen die Impfung zu entscheiden. Aber auch hier muss man fragen: Was soll das für eine Freiheit sein, bei der ein Mensch eine völlig uninformierte Entscheidung nach Bauchgefühl treffen kann (beziehungsweise muss), die sein Umfeld kritiklos hinzunehmen hat?

Die Krux bei der Impfung ist, dass die persönliche Entscheidung Konsequenzen für andere Menschen hat. Infektionskrankheiten zeichnen sich eben genau durch ihren sozialen Charakter aus. Sie sind schnell, leicht und flächendeckend übertragbar. Zu deren Eindämmung braucht es gegenseitige Rücksichtnahme, unter anderem in Form einer Impfung. Sie minimiert das Risiko von Ansteckung, Übertragung und schweren Verläufen. Je geringer die Verbreitung des Virus, desto geringer die Gefahr von neuartigen Mutationen. Insofern ist es völlig legitim, dass eine Debatte darüber stattfindet. Linke sollen gegenüber ihren Freund:innen, Mitbewohner:innen und Genoss:innen Rechenschaft über ihre Impfentscheidung ablegen. Das heisst, dass man innerhalb linker Zusammenhänge eine Entscheidung für oder gegen die Impfung rechtfertigt. Und auch wenn die Impfung kein Allheilmittel ist, spricht nach aktuellem Wissensstand alles für die Corona-Impfung: Sie ist sicher, sie ist gratis, sie schützt einen selber und vor allem auch andere und die Nebenwirkungen sind im Vergleich zu einer Covid-Erkrankung vernachlässigbar. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Forderung nach «Entscheidungsfreiheit» primär von denjenigen Personen kommt, die sich nicht impfen lassen und das auch nicht begründen wollen.

Dieselbe Verwirrung – und damit sind die Autor:innen des Barrikade-Textes leider nicht alleine – zeigt sich auch in der Frage der Impfung. Die individualanarchistischen Autor:innen pochen auf die Freiheit, sich für oder gegen die Impfung zu entscheiden. Aber auch hier muss man fragen: Was soll das für eine Freiheit sein, bei der ein Mensch eine völlig uninformierte Entscheidung nach Bauchgefühl treffen kann (beziehungsweise muss), die sein Umfeld kritiklos hinzunehmen hat?

Die Krux bei der Impfung ist, dass die persönliche Entscheidung Konsequenzen für andere Menschen hat. Infektionskrankheiten zeichnen sich eben genau durch ihren sozialen Charakter aus. Sie sind schnell, leicht und flächendeckend übertragbar. Zu deren Eindämmung braucht es gegenseitige Rücksichtnahme, unter anderem in Form einer Impfung. Sie minimiert das Risiko von Ansteckung, Übertragung und schweren Verläufen. Je geringer die Verbreitung des Virus, desto geringer die Gefahr von neuartigen Mutationen. Insofern ist es völlig legitim, dass eine Debatte darüber stattfindet. Linke sollen gegenüber ihren Freund:innen, Mitbewohner:innen und Genoss:innen Rechenschaft über ihre Impfentscheidung ablegen. Das heisst, dass man innerhalb linker Zusammenhänge eine Entscheidung für oder gegen die Impfung rechtfertigt. Und auch wenn die Impfung kein Allheilmittel ist, spricht nach aktuellem Wissensstand alles für die Corona-Impfung: Sie ist sicher, sie ist gratis, sie schützt einen selber und vor allem auch andere und die Nebenwirkungen sind im Vergleich zu einer Covid-Erkrankung vernachlässigbar. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Forderung nach «Entscheidungsfreiheit» primär von denjenigen Personen kommt, die sich nicht impfen lassen und das auch nicht begründen wollen.

Die Impfskepsis ist selten rational begründet, sondern rührt zumeist aus religiösen, esoterischen oder sonstigen antimodernistischen Vorstellungen her. Politische Impfkritik kommt historisch primär von rechts. Darum ist es auch kein Zufall, dass deutschsprachige Regionen die tiefste Impfquote Europas aufweisen. Eine emanzipatorische Linke sollte solchen Vorstellungen mit Aufklärung entgegnen und sie insbesondere da bekämpfen, wo sie sich politisch ausdrückt und die Gesundheit und Selbstbestimmung anderer gefährdet. Dass von Impfgegner:innen die Parole «my body, my choice» zu hören ist, ist also nicht nur zynisch, sondern verdreht die Verhältnisse komplett.

Eine linke Position sollte alle Leute dazu zu motivieren, sich impfen zu lassen und gleichzeitig einen Zugang zur Corona-Impfung für alle fordern. Das schliesst auch an Kampagnen für internationale Impfgerechtigkeit und Freigabe der Patente an, denn während hierzulande die Booster-Impfung langsam an Fahrt aufnimmt, warten weltweit Millionen von Menschen immer noch auf ihre erste Impfung. Das heisst natürlich auch, die Bedenken der Menschen ernst zu nehmen und in politische Forderungen einfliessen zu lassen. Statt Gratiskonzerte mit abgehalfterten Popsternchen auf dem Bundesplatz würde es sich etwa anbieten, bezahlte Freitage zu fordern, um sich impfen zu lassen und von allfälligen Nebenwirkungen erholen zu können. Auch die Wiedereinführung von Gratis-Tests sollte auf einer linken Agenda stehen, genauso wie die Kritik der Ökonomisierung des Gesundheitswesens und die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.

Eine solche Position schliesst es nicht aus, Proletarisierte, die aus welchen Gründen auch immer nicht geimpft sind, gegen die Angriffe des Staates und der Bosse zu verteidigen, wie die bereits erwähnte Basisgewerkschaft SI Cobas angesichts der Zertifikatspflicht am Arbeitsplatz in Italien betont: «Wir haben von Anfang an die Wichtigkeit von Impfungen hervorgehoben und stellen uns entschlossen gegen Impfverweigerer. Doch wenn sich auf den Arbeitsplätzen nichts ändert, hat die Impfung nur eine minimale Wirkung und wir können nicht akzeptieren, dass nicht geimpfte Leute keinen Lohn erhalten und sich ihre Lebensbedingungen verschlechtern.»

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Wissenschaftskritik muss materialistisch sein

Dieses Plädoyer für die Covid-Impfung soll nicht heissen, dass man der Pharmaindustrie, den staatlichen Zulassungsbehörden oder der medizinischen Forschung kritiklos vertrauen sollte. Wissenschaftliche Forschung und pharmazeutische Produktion erfolgen unter kapitalistischen Bedingungen. Sie orientiert sich an der Möglichkeit zur Profitmaximierung und nicht primär an den menschlichen Bedürfnissen. So weit, so banal.

Erkenntnis und Wissen können nicht von den Herrschafts- und Machtstrukturen abstrahiert werden. Unter den gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen steigern Wissenschaft und Technik die dem Kapitalismus intrinsisch angelegten Destruktivkräfte. Die moderne Wissenschaft ebnete nicht nur den Weg zur Industrialisierung und der fortschreitenden Beherrschung und Zerstörung der Natur, sondern auch für die barbarischen Kriege des 20. Jahrhunderts. Wissenschaft und Technik unterliegen der «instrumentellen Vernunft» – wie Horkheimer und Adorno sie nannten – das heisst sie sind zweckrational orientiert und zementieren die gegebenen Herrschaftsverhältnisse.

Einer kritischen Auseinandersetzung mit den Wissenschaften geht es nicht nur um die historische und strukturelle Einbettung und um die finanziellen und militärischen Interessen des Wissenschaftsbetriebs, sondern auch um die ideologische und disziplinarische Funktion der Wissenschaft. Viele einschneidende Massnahmen in verschiedenen Ländern, wären nicht so passiv hingenommen worden ohne den scheinbar objektiven Diskurs der Virolog:innen und Epidemolog:innen.

Dennoch ist es falsch, die Ablehnung der Vernunft mit dem Widerstand gegen die Herrschaftsverhältnisse zu verwechseln. Im Gegenteil wohnt der Vernunft auch das Potential der Kritik inne. Eine Kritik an den Wissenschaften, ihren Erkenntnissen und Resultaten muss sich auf ihren Diskurs beziehen. Falsch ist die Annahme, dass jegliche:r Wissenschaftler:in oder jede wissenschaftliche Arbeit oder Diskurs per se falsch oder nutzlos ist. Dasselbe lässt sich auch über die Pharmaindustrie sagen: Trotz berechtigter Kritik an ihrem Gebaren, muss man feststellen, dass sie Medikamente produziert, die für viele Menschen überlebensnotwendig sind oder das Leben massiv erleichtern.

Bereits früher haben wir die anarchistische Wissenschaftsfeindlichkeit kritisiert. Diese hat «mehr mit Verschwörungstheorien gemein als mit Bakunin. Dieser kritisierte zwar die unhinterfragte Autorität und Machtposition der Wissenschaft, gestand aber trotzdem ein, dass es Leute gibt, die in einem bestimmten Gebiet über mehr Wissen und Erfahrung verfügen als andere. Daraus folgt nicht, dass man sich unüberlegt der Expertise eines anderen zu unterwerfen hat, sondern, dass sich die eigene Position in der Auseinandersetzung mit Argumenten und verschiedenen Positionen entwickeln sollte. Eine Haltung, die davon ausgeht, dass alles, was nach institutionalisierter Autorität riecht, per se falsch ist, kann damit nicht begründet werden.»

Es ist unredlich, mit Kritik an Wissenschaft und medizinischer Forschung unter kapitalistischen Bedingungen einen quasi-religiösen Antimodernismus zu legitimieren. Ebenso falsch ist es, durch das Verharmlosen der Pandemie und ihren gesundheitlichen Konsequenzen und mit einem Verweis auf die «Natur des Menschen» dem Sozialdarwinismus das Wort zu reden. Genau dies geschieht jedoch, wenn etwa im Barrikade-Text geraunt wird, dass Menschen durch den Konsum von medizinischen Lösungen den Bezug zum eigenen Körper und zur Natur verlieren würden. Unsere «antiautoritären» Autor:innen sind hoffentlich auch dafür, dass alle Menschen ungeachtet ihrer körperlichen Verfassung ein angenehmes Leben führen können. Da gehört es eben oftmals dazu, dass sie ihrem Körper und der «Natur» immer mal wieder ein Schnippchen schlagen und nicht an jedem Infekt einfach sterben.

Eine emanzipatorische Position will kapitalistische Produktivkräfte, Technologien und Medizin nicht planlos und umfassend zerstören, sondern sie den kapitalistischen Zwängen entziehen und in den Dienst der Menschheit stellen. Natürlich gibt es auch Technologien und Produktivkräfte, die nicht mit einem emanzipatorischen Projekt kongruieren. Doch dort, wo sie das Leben und die (Nicht)-Arbeit der Menschen leichter machen, sind sie sicher begrüssenswert.

Warten auf Godot

Unter Linken war zu Beginn der Pandemie so etwas wie Euphorie zu spüren: Es schien möglich, dass die deutliche Sichtbarmachung der gesellschaftlichen Widersprüche zu einer breiten emanzipatorischen Mobilisierung führen könnte. Daraus wurde bald Lethargie, nur um später der Ohnmacht und der Konfusion den Weg zu ebnen. Kritiklose und affirmative Haltung gegenüber dem Staat und realitätsverdrängender Nihilismus sind dabei zwei Seiten derselben Medaille.

Einige Insurrektionalist:innen scheinen Mühe zu haben, die gesundheitliche Dimension der Pandemie zu verstehen. Verbalradikalismus und religiös aufgeladene Bilder eines Schiffes, dass Richtung Freiheit gelenkt werden muss, die am Horizont als Erlösung erschient, sind mehr als bloss pathetisch – die Analyse dahinter ist regressiv und autoritär, weil das Leben von Menschen ungeniert herabgesetzt wird. Wie ernst soll eine Position genommen werden, die zwar vorgibt eine kritische Haltung gegenüber dem wissenschaftlichen Diskurs und dem Staat einzunehmen, aber keine Perspektive zu bieten hat ausser dem Rückzug auf ein abstraktes Individuum innerhalb einer falschen Freiheit, gekoppelt an die Relativierung oder gar Leugnung der Pandemie?

Global betrachtet ist die momentane Lage vielleicht nur der Auftakt zu widersprüchlichen Zeiten. Der Autoritarismus erscheint in Gestalt der Individualisierung gesellschaftlicher Konflikte. Dadurch wird das Kapitalverhältnis zementiert. Deshalb darf der Autoritarismus nicht bloss auf den Staat reduziert werden, er zeigt sich auch im autoritären Charakter moderner Individuen, in der Pseudorebellion gegen die staatlichen Massnahmen und dem Zynismus einer atomisierten Freiheit. Es ist deshalb notwendig, an denjenigen Ansätzen anzuknüpfen, die die gesundheitliche Dimension der Pandemie ernst nehmen, ohne dabei die ökonomischen, repressiven, politischen und sozialen Verwerfungen gewissermassen als «pandemische Nebenwidersprüche» abzutun.

Es gilt eine kämpferische, solidarische Perspektive und eine Praxis der gegenseitige Hilfe zu entwickeln: Basisarbeit und Strukturen, die nicht nur an die Lebensrealität der Menschen anschliessen, sondern auch eine sichtbare linke und antiautoritäre Position auf die Strasse bringen. Wir werden in zukünftigen Kämpfen solche Strukturen dringend benötigen. Denn auch die postpandemischen Zeiten, werden voller Verwerfungen sein. Sollte so was wie eine Normalität die nächsten Jahre zurückkehren, wird sie von trügerischer Natur und kurzer Dauer sein.

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No Frontex!

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Hell Bells für Eidgenossistan

Spätestens seit Bundesrat Ueli Maurer im „Freiheitstrychler“-Gewand seinen rechtspopulistischen Auftritt hatte, sind die Trychler*innen in aller Munde. Seit Monaten tauchen sie an Schwurbeldemos auf und bringen Verschwörungsgläubigen und Rechtslibertären die (reaktionäre) Kraft der Urschweiz. Kling, Glöcklein, klingelingeling für Eidgenossistan? Eine kleine Rundschau.
(Megafon, Die Zeitschrift aus der Reitschule Bern, Nr. 473 Nov 2021)

Seit Herbst 2020 lärmglocken die „Freiheitstrychler“ (Enzian-Edelweiss-Schweizer Kreuz-Logo) sowie die im Juli 2021 von FT-Dissident*innen gegründeten „Helvetia Trychler“ (Helvetia-Logo) an Schwurbel-Demos in der ganzen Schweiz. Innerhalb der Anti-Corona-Massnahmen-Demo-Bewegung geniessen die ca. 250-300 Trychler*innen „urschweizerischen“ Kultstatus – einige Szenegrössen wie Ex-Radrennfahrer und Bundesverfassungsapokalypseprediger Albert Knobel oder Hundeverhaltensberater, Livestreamer und Trychler-Bodyguard Chrigi Rüegg sonnen sich gerne im Glockenglanz der „Freiheitstrychler“. Die Mehrheit der traditionellen Trychler-Vereine der Schweiz hingegen sehen die beiden Gruppierungen eher kritisch und befürchten zum Teil verheerende Folgen für das Brauchtum und/oder negative Reaktionen aus der Bevölkerung gegenüber unpolitischen Trychler-Gruppen.

Glockenpower für das Schwurbelglück

Einen Teil ihres mythischen Ruhms verdanken die „Freiheitstrychler“ ihrem Auftritt an einer Schwurbel-Demo im April 2021 in Altdorf, als sie – in der Wahrnehmung der Demoteilnehmenden – wie die Kavallerie die Polizeireihen durchbrachen, so dass der Weg zum „heiligen“ Wilhelm Tell-Denkmal frei wurde. Dass sie dabei von den überraschten Polizist*innen mit Pfefferspray geduscht wurden, schuf zusätzlich einen Märtyrer-Mythos à la Winkelried. Oder wie es der rechtslibertäre StrickerTV-Betreiber Daniel Stricker euphorisch ausdrückte: „Das isch d Schwyz, das isch d Schwyz!!!“.

Sechs Monate später: Albert Knobel berichtet der Szene-„Journalistin“ Nicole Hammer in einem Videointerview von diesem Tag, referiert über das Willhelm Tell-Denkmal, beklagt die Gummischrot-Salven der Berner Polizei, die ihn Tage zuvor am Rücken getroffen und seine Schweizer Fahne zerstört hätten. Zum Abschluss segnet er seine neue Schweizer Flagge am Denkmal und zitiert ehrfürchtig aus der Bundesverfasung.

Für Herrgott und Bundesverfassung

Nicht nur Knobel, sondern auch die beiden Trychler-Gruppen berufen sich auf die Bundesverfassung bzw. auf die schon fast „heilige“ Pflicht, diese zu „schützen“ und zu bewahren sowie angebliche und reale Einschränkungen der Grundrechte zu bekämpfen. Seit Altdorf habe mensch keine Angst mehr. Und was die Versammlungsfreiheit betrifft ist zu vermuten: Legal, illegal, scheissegal. Es geht ja schliesslich gegen „die Diktatur“.

Die höchste Macht im Land sind in ihrer Propaganda der Herrgott und die Präambel der Bundesverfassung. Um das zu unterstreichen wurden in Urnäsch AR im Mai 2021 Trycheln und Trychler*innen feierlich von einem Pfarrer gesegnet. Dies in Anwesenheit von Szene-„Promis“ wie Albert Knobel, dem von Bern nach Zug ausgewanderten Ex-Videoapotheker Stefan Theiler (mit Einzel-Kuhglocke), Nicole Hammer oder dem Telegram-Star „Shipi“. Für die Teilnehmenden ein „Volksfest“, an dem wie so oft, inbrünstig. die Nationalhymne mit Panflöte-Begleitung gesungen wurde.

Viele Trychler*innen und ihr Umfeld scheinen von einer schon fast apokalyptischen Weltlage auszugehen – unter anderem genährt durch die üblichen Verschwörungserzählungen – welche nur durch „ureidgenössische“ Gegenwehr abgewendet werden kann. Im Youtube-Video „Die Formierung der Freiheitstrychler“ vom Juni 2021 wird das ausführlich dokumentiert.

Trycheln im Kessel

So kämpferisch sich die „Freiheitstrychler“ geben – manchmal sind sie und andere Schwurbler*innen im Umgang mit grösseren städtischen Polizeien und deren repressiven Massnahmen ein bisschen naiv und tollpatschig. Was für ihr Fussvolk gefährlich werden kann. So treffen sich in Bern regelmässig einige Trychler-Kleingruppen gerne auf dem Bahnhof-Parking oder beim Bärengraben und wundern sich dann total empört, dass sie eingekesselt werden. Auch was Polizeiwaffen wie Gummischrot/-geschosse oder Pfefferspray angeht, ist viel Unwissen und mangelnder Selbstschutz zu beobachten. Viele scheinen bei Kontrollen oder Vernehmungen noch nie was von Aussageverweigerung gehört zu haben, sie sind sehr gesprächig, wollen die Polizist*innen bekehren und geben sogar ihre Telefonnummern an (muss mensch nicht) – manchmal für alle gut hörbar mitten im Livestreamen. Ein Freudenfest für den Nachrichtendienst.

Was für sie Bundesrat Alain Berset auf Bundesebene ist, ist für sie der städtische Sicherheitsdirektor Reto Nause auf städtischer Ebene: Ein Hassobjekt. Dass im Hintergrund noch die auffällig stille RGM-Stadtregierung und vor allem der kantonale Sicherheitsdirektor und Hardliner Philippe Müller eine Rolle spielen, ignorieren sie.

Übergriffige Tendenzen

Es gibt im Umfeld der „Freiheitstrychler“ einen bärtigen Typ in Tracht und mit Armbrust bewaffnet, der oft an Schwurbel-Demos auftaucht. Dieser sieht ein bisschen aus wie Marccel Strebel, dem wohl bekanntesten Innerschweizer Rechtsextremist und Sturmgewehrfreund der 1980/90er-Jahre. Aber weder der Armbrust-Mann noch die Trychler*innen sind so krass übergriffig drauf wie Strebel, der 2001 in Burgdorf von einem Bekannten in Notwehr mit einem Sturmgewehr erschossen wurde.

Die Übergriffigkeit der „Freiheitstrychler“ und der „Helvetia Trychler“ zeigt sich eher in ihrer permanent-nervigen Lärmglockigkeit – ein Wunder, hat das sonst hyperaktive Lärmbeschwerden-Bürgertum noch nie wegen ihnen interveniert. Aber vor allem zeigt sie sich in ihrem missionarischen Eifer, der Ansicht (nur) sie als „Urschweizer“ würden die „Wahrheit“ (er)kennen, (nur) sie könnten die Bundesverfassung (welche in den letzten Jahrzehnten an Abstimmungen in der Vergangheit von derselben „Urschweiz“ immer wieder abgelehnt wurde) verteidigen und nur sie könnten „die Schweiz“ vor Bundesrat und (Pharma-)Konzernen retten. Das gibt Anlass zur Besorgnis. Vor allem, wenn irgendwelche erzkonservativen Mythen über Rütli, Eidgenossenschaft und allerlei Schlachten mit kruden Verschwörungstheorien vermischt werden.

Diese psychische und physische Übergriffigkeit passt bestens zum Rest der Bewegung. „Freunde der Verfassung“, „Stiller Protest“, „Mass-Voll!“, „Aktionsbündnis Urkantone“, „Freie Linke“ und wie sie alle heissen, sind genauso grössenwahnsinnig, verschwörungsgläubig, missionarisch und übergriffig drauf wie die Trychler-Bewegung(en). Die diversen Führungsfiguren, Alpha-Macker*innen und Menschenfänger*innen profitieren dabei von manchmal leicht manipulierbaren oder eventorientierten Menschen, die dem „Widerstand“ angehören möchten.

Agglo-Partisan*innen

Die bunte Mischung von radikalisiertem Mittelstand, Rechtslibertären, (Alt-)Hippies, Esoteriker*innen, Desperados, Verschwörungsgläubigen, Impf-Gegener*innen, Möchtegern-„Volks“-Lokaltribun*innen, SVP-Dissident*innen, Rechtsradikalen, Feld-, Wald- und Wiesen-Irrationalen sowie Trychler*innen ist zwar manchmal lustig anzusehen, aber ihr latenter Hass auf alle, die nicht so schwurbeln wie sie, ist bedenklich. Die Übergriffe gegen Impfbusse oder Impfaktionen, die diversen, ab und zu auch umgesetzten Gewaltfantasien gegen Behörden oder der absurde Szene-Trend überall „die Antifa“ am Werk zu sehen, lässt erahnen, dass das reaktionäre Gedankengut und die in der Luft liegende Gewaltbereitschaft nicht nur Einzelner jederzeit eskalieren könnte.

Auch in Bern gibt es dafür Beispiele: Der rechtsoffene Velomech, Ex-Video-Streamer („Einer für viele“) und Möchtegern-„Partisan“ Tom K. aus Agglo-Bern hat kürzlich auf Telegram empfohlen, die hiesigen „Partisanen“ sollten sich die Jurassische Hymne anhören und sich ein Beispiel am erfolgreichen Kampf der separatistischen Béliers nehmen. Auf den ersten Blick ein guter Ansatz: Im Jurakonfllkt gab es ausser einem Selbstunfall beim Bombenlegen keine Toten. Allerdings auch nicht wenige potentiell lebensgefährliche Brand- und Sprengstoffanschläge. Tom K. plante nach der Demo von 23.9.2021 angesichts der harten Berner Verhältnisse ein Sanitäts- und Security-Team aufbauen Er ist Symphatisant der „Freiheitstrychler“ und kritisiert die „Helvetia Trychler“. Und er hasst „Mass-voll!“-Rimoldi. Wenigstens das.

Fazit: Die Schwurbel-„Bewegung“ und somit auch die Trychler-Gruppen müssen angesichts ihres destruktiven Potentials weiterhin im Auge behalten werden. Ansonsten wachen wir bald alle in Eidgenossistan auf.

Hans Dampf

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Demo gegen Landraub und Unterdrückung



In Zürich findet am 13. November 2021 eine internationalistische Demo gegen Landraub und Unterdrückung statt. Besammlung ist 13.30 Uhr Ni una menos Platz (ehemals Helvetiaplatz). Die Demo ist bewilligt.

Multinationale Konzerne wie Glencore, Nestlé und internationale Banken sind verwickelt in Landraub und Unterdrückung auf der ganzen Welt. Die Konzerne und Banken machen sich die Tatsache zunutze, dass es sich jeweils um Länder mit korrupten Regierungen und oft auch militärischen Konflikten handelt.

Wir sind ein breites Bündnis von Leuten aus verschiedenen betroffenen Ländern und rufen zur Demo auf hier im Herzen des globalen Kapitalismus.

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6. November 2021 Weltkobanetag in Basel

Am 06.11 findet in Basel der Weltkobanetag statt. Neben einer grossen Demonstration gibt es auch ein politisches und kulturelles Programm. Genauere Infos folgen.


Weltkobanetag 2021 – Widestand heisst leben

Kobanê. Der Name dieser Stadt in Rojava steht heute als Synonym für Hoffnung und Widerstand. Die bewaffnete Bevölkerung von Kobanê schlug 2014 nach monatelangen Kämpfen den „Islamischen Staat“ zurück. In einer scheinbar aussichtslosen Situation kämpfte die Bevölkerung angeführt vom Mut und Widerstand der Frauen gegen den IS. Mit dem Sieg in Kobanê wendete sich das Blatt und die kurdische Freiheitsbewegung befreite Gebiet für Gebiet von der Terrorherrschaft des IS.
Gleichzeitig gingen hunderttausende Menschen weltweit auf die Strasse, weil sie erkannt hatten, dass in Kobanê nicht nur um eine Stadt gekämpft wurde, sondern um grundlegenderes. Kobanê steht für die Verteidigung von Menschlichkeit und die feste Entschlossenheit, dass eine revolutionäre Perspektive inmitten dieser Zeit der Kriege und des erstarkenden Faschismus aufgebaut werden kann.
Die faschistische Regierung in Ankara hat seither zahllose weitere Verbrechen und Angriffskriege losgetreten. Zuerst wurden kurdische Städte in der Türkei mit Kampfflugzeugen zerbombt, dann Afrin mit deutschen Panzern. 2019 besetzte die Türkei weitere Teile Rojavas und vertrieb die kurdische Bevölkerung. Heute findet ein intensiver Krieg gegen die Guerilla der PKK in den Gebirgen des Nordiraks statt. Die HDP ist einem Verbotsverfahren und faschistischer Gewalt ausgesetzt und es kommt zu Pogromen gegen Kurd*innen.
In all diesen Kriegen sind zehntausende Menschen getötet worden. Doch die kurdische Freiheitsbewegung kämpft weiter, Rojava lebt und damit die Gewissheit, dass ein Gesellschaft fernab kapitalistischer, staatlicher und patriarchaler Gewalt möglich ist.
Der Aufbau einer gloablen Solidaritätsbewegung mit Rojava und mit den antifaschistischen Kräften in der Türkei ist eine realer Machtfaktor Denn je mehr wir die Stimme des Widerstands, die Stimme von Kobanê auch hier erheben, desto eher wird der Faschismus in der Türkei zusammenbrechen. Der türkische Faschismus wird von Europa und nicht zuletzt von der Schweiz gestützt. Am 1. Oktober wurde das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der Türkei neu ratifiziert. Dies bedeutet Einnahmen für den sich in der Krise befindenden türkischen Staat, welche er für seine faschistische Politik so dringend braucht.
Lasst uns am 6. November für einen internationalen Antifaschismus und für das revolutionäre Rojava auf die Strasse gehen! In Gedenken an alle Menschen, die im Kampf gegen den türkischen Faschismus und für ein freies Leben gefallen sind. Mit der Wut auf dieses System, dass Faschismus Krieg und Elend produziert und mit der Gewissheit, dass es auf wackeligen Beinen steht und dass wir es zum Fallen bringen!
Nach der Demo gibt es einen Veranstaltungsabend, mit Diskussionen zum türkischen Faschismus und der Rolle der kurdischen Frauenbewegung im Kobanê Widerstand, sowie kulturelles Programm und Konzerte.

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Ni una menos – Aktion in Luzern

Drei Feminizide in einer Woche. 24 Feminizide seit Anfang Jahr. Unsere Antwort: feministischer Widerstand!

Am 14. Oktober wurde eine 30-jährige Frau in Zürich-Altstetten von ihrem Ehemann erstochen. Am 16. Oktober erschiesst in Nestal GL ein 27-jähriger Mann eine 30-jährige Frau. Am 18. Oktober ermordet ein Mann seine 12-jährige Tochter in Rapperswil-Jona.

Drei Feminizide in einer Woche! 24 Feminizide in der Schweiz seit Anfang Jahr.

Unsere Antwort darauf haben wir gestern Abend mit Plakaten in der Stadt verteilt: Ein Angriff auf eine ist ein Angriff auf alle! Mit dem Plakatieren der Initialen und weiteren Angaben der ermordeten Personen wollen wir klarstellen: wir vergessen nicht. Nehmt ihr uns eine, antworten wir alle. Wir schliessen uns den internationalen feministischen Protesten an, um gegen Gewalt an FLINTA-Personen in der Zentralschweiz und überall auf der Welt zu protestieren.

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Über Covid-Zertifikate, Impfungen und QR-Codes

Wir möchten aus anarchistischer Perspektive einige Anmerkungen machen zur aktuellen Situation in der Schweiz (und ähnlich in einigen Orten in Europa) zum Thema COVID-Massnahmen, COVID-Zertifikat, sowie über die Wissenschaften und Impfstoffe.

Zu lange hat es in der Schweiz an kritischen Stimmen aus anarchistischen oder antiautoritären Kreisen gefehlt. Jetzt ist es an der Zeit, sich zu Wort zu melden und zu handeln. Der Staat maßt sich an, uns die Gewissheit zurückzugeben, die Lösung für eine Rückkehr zur Normalität zu haben. Aber vielleicht haben wir vergessen, dass die Anker dieser Sicherheit, dieser Normalität, vor langer Zeit (für viele immer noch aktuell… zum Glück) als Ketten empfunden wurden, die gesprengt werden mussten, um das Schiff in Richtung Anarchie zu lenken; im Bewusstsein, dass es eine stürmische See sein würde, aber in Richtung eines unbekannten Horizonts der Freiheit.
Aber jetzt werfen sich viele, zu viele, in die Rettungsboote, rudern zurück, kehren an Land zurück, fühlen Melancholie über unsere glücklichen antagonistischen Inseln und nehmen die vom Staat angebotene Normalität an.

Über Solidarität und Heuchelei
Seit dem Ausbruch des Corona-Virus scheint “Solidarität” das neue Modewort innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft zu sein. Solidarität, die von denselben Staaten gefordert wird, die Kriege führen, Menschen auf dem Mittelmeer, an den Grenzen und in den Gefängnissen töten, Festungen bauen, aus denen arme Menschen ausgeschlossen werden müssen.
Diese Solidarität wird von denselben Pharmakonzernen propagiert, die den Profit immer über Menschenleben stellen, die so viel Dreck am Stecken haben, dass ihre “guten Taten” Bücher füllen würden. Alles heuchlerische “Moralapostel”, die uns aus Angst vor dem Verlust ihres bequemen Lebens anschreien und von Solidarität reden, während sie ihr ganzes Leben lang gleichgültig zugesehen und (sogar applaudiert) haben, wenn Menschen Hunger, Ausbeutung, Folter, Krieg, Zerstörung ihrer Lebensräume erleben, nur damit wir hier in den reichen europäischen Gegenden jederzeit alles konsumieren können, mit so viel Komfort wie möglich, und reisen können, wohin wir wollen. All diese Heuchler schreien jetzt nach Solidarität.
Was ist das für eine Solidarität? Solidarität mit einer Gesellschaftsordnung, die auf Unterdrückung und Ausbeutung beruht? Solidarität mit wem, für wen? Diese Solidarität kann nicht die gleiche Art von Solidarität sein, auf der wir aufbauen wollen. Solidarität kann nicht von Staaten vorgeschrieben werden oder durch einen moralischen und sozialen Druck entstehen. So wird die Solidarität zur Heuchelei. Solidarität ist kontextabhängig und hängt von dem Weltbild und den Ideen ab, die die Menschen teilen oder nicht.

Sogar Teile der “radikalen Linken”, die sich an den Sozialdemokrat*innen orientieren, haben die gleiche Idee von “Solidarität” übernommen, die von den Staaten propagiert wird, und rufen zu “solidarischen Lock-Downs” oder “#Stayathome”, zur Verwendung von Covid-Zertifikate und Impfungen auf. In diesen Aufrufen zur Isolation, die Straßen leer zu lassen und QR-Codes und COVID-Zertifikate zu verwenden, gibt es keinen Raum für Praktiken wie die Verbindung mit den Widerständigen und Unterdrückten, sich zu verschwören und gemeinsam in einer praktischen täglichen Solidarität zu organisieren oder unsere Ideen und Praktiken in den bereits bestehenden sozialen Spannungen und Konflikten zu tragen, in einem Moment der Krise oder der Umstrukturierung der kapitalistischen Gesellschaft.
Während “wir” #Zuhause bleiben, bietet der Staat die einzige Alternative aus dem Lock-Down, indem er die Situation verwaltet und die “Solidarität” organisiert, mit “unserem” stillschweigenden Einverständnis. Seit wann gehört das Delegieren – insbesondere an den Staat – zum anarchistischen Werkzeugkasten? Die Lücke, die die “radikale Linke” hinterlässt, indem sie die staatlichen Maßnahmen nicht kritisiert und ihnen keinen Widerstand entgegensetzt, wird nun meist durch faschistische und andere reaktionäre Scheisspropaganda ausgefüllt.

In diesem Zusammenhang stellt sich für uns die Frage, ob die Menschen in den Kreisen der “radikalen Linken” sich der realen Konsequenzen der oft verwendeten Slogans bewusst sind? “Gegen den Kapitalismus” “Gegen die Autoritäten” “für ein selbstorganisiertes und selbstbestimmtes Leben” (für manche auch “Zerstörung von Staat, Grenzen, Knäste“). Sind das Sachen, für die Menschen kämpfen wollen und zu denen sie stehen, was auch immer passiert? Oder sind das leere Worte, die auf Aufklebern oder T-Shirts cool aussehen und nur ein erforderlicher Teil einer Subkultur sind?
Denn liebe Leute, der Kampf für eine andere Welt, eine Revolution oder revolutionäre Momente, im wirklichen Leben, wird wahrscheinlich so schön und voller Emotionen sein, aber auch voller Leiden, schwierigen Momenten, Verlusten, wird uns aus unseren Komfortzonen heraus zwingen. Den Vorschlag zu machen, #Stayathome oder sich zu isolieren und sich auf die vom Staat vorgeschriebenen Maßnahmen zu verlassen, ist unserer Meinung nach, kein guter Anfang, wenn wir lernen wollen wie wir kämpfen, ein selbstbestimmtes und selbstorganisiertes Leben führen und wie wir uns gegenseitig in “Krisenzeiten” unterstützen können.

Es ist uns wichtig zu erwähnen, wie sich “linksradikale” Kreise zu den aktuellen Protesten gegen die COVID-Massnahmen des Staates verhalten. Die “soziale Revolution”, ” soziale Bewegungen” oder andere soziale Konfliktmomente sind Protagonisten in einigen unserer Reden, Texte und Ideen, aber mittlerweile gehen Menschen auf die Straße und wir beteiligen uns nicht daran, wegen der Anwesenheit von faschistischen oder nationalistischen Arschlöchern. Ja, das ist ein wichtiger Diskussionspunkt, und wir sind der Meinung, dass wir gemeinsam darüber nachdenken sollten, wie wir damit umgehen können. Aber haben wir jemals über die Bedeutung von “sozialen” Konflikten nachgedacht? Glücklicherweise sehen zumindest wir (die diesen Text schreiben) einen “sozialen” oder Konflikt nicht als einen Konflikt, bei dem die Gesamtheit der beteiligten Menschen unseren perfekten, idealisierten, revolutionären Individuen entspricht, die alle dieselben Konzepte, Ideen und Perspektiven teilen. Diese Kämpfe entstehen in der Gesellschaft, in der wir leben, mit all ihren Widersprüchen und außerhalb der Blasen, die wir für uns selbst gern schaffen. Plötzlich stellen wir fest, dass wir nicht gewohnt sind, mit diesen Widersprüchen umzugehen. Das ist eine Sackgasse, ein Hindernis, das wir überwinden wollen, um unsere Ideen, unsere Kritik und unsere Praktiken auf die Straße zu bringen, unter die Menschen.

Von den Gilet Jaunes-Protesten in Frankreich bis zu den Gezi-Aufständen in der Türkei beteiligten und beteiligen sich immer noch eine Vielzahl von Menschen an diesen Kämpfen, in denen anfangs auch faschistische, bürgerliche und konservative Kräfte ihren Einfluss hatten. Die Präsenz und die Entschlossenheit von Gefährt*innen mit revolutionären Ideen auf den Straßen, innerhalb dieser Kämpfe, hat dazu beigetragen, diese Kräfte zurückzudrängen und zu isolieren.
In der Schweiz sehen wir auch die Präsenz von Antifaschist*innen auf der Straße. Sie organisieren Gegendemonstrationen und Aktionen gegen die Anti-Korona-Maßnahmen und Anti-Impf-Proteste, ohne eine kritische Haltung gegenüber den Einschränkungen und Maßnahmen des Staates einzunehmen, die zu mehr Überwachung und Kontrolle führen. Diese “Antifaschist*innen” neigen dazu, zu verallgemeinern und zu behaupten, dass jeder, der mit den Faschist*innen mitläuft, auch ein*e Faschist*in ist, oder dass die Leute zumindest “irrationale Verschwörungstheoretiker*innen” sind. Mit diesen Verallgemeinerungen, Stigmatisierungen und Verharmlosungen aller Menschen, die an diesen Protesten teilnehmen, nehmen sie als Reaktion auf die Anwesenheit von Faschist*innen bei diesen Protesten eine Gegenposition ein, die dem Staat unangenehm ähnlich ist. Unserer Meinung nach sollten wir uns gegen die Faschist*innen stellen und gleichzeitig eine kritische Haltung gegenüber den staatlich verordneten Maßnahmen zum Ausdruck bringen.

Wir denken, dass wir die Fähigkeit aufbauen sollten, bei diesen Protesten präsent zu sein oder zumindest eigene Initiativen zu haben, um die Reaktionäre und Faschist*innen zu entlarven. Wir wollen in der Lage sein, unsere anarchistische Perspektive auf die Situation innerhalb der verschiedenen Formen von Konflikten und Praktiken umzusetzen (damit meinen wir, dass wir nicht nur die Proteste verfolgen und darauf warten, dass Gruppen und Menschen etwas fordern oder tun, damit wir reagieren können, sondern unsere eigenen Praktiken und Positionen haben, indem wir das Know-How nutzen, das wir haben) und deutlich machen, wofür wir stehen. Wie das geht, ist natürlich Gegenstand vieler Diskussionen, aber Diskussionen, die wir gerne führen und ausprobieren würden. Das könnte uns in eine Situation versetzen, in der schärfer definiert ist, wen wir als Kompliz*innen und wen wir als Feinde haben könnten.

Die Neutralität der Wissenschaft
Die Vorstellung von der Neutralität der Wissenschaft ist eine trügerische Geschichte. Die Wissenschaft entwickelt sich unter bestimmten sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Bedingungen, so dass sie keineswegs neutral sein kann, wie viele andere Strukturen es auch nicht sind. In der wissenschaftlichen Logik und in der westlichen Medizin gibt es ein standardisiertes Paradigma, das Menschen zu messbaren Objekten macht und alle Unterschiede, Geschichten, Emotionen und die Bedingungen und das Umfeld, in dem mensch lebt, ignoriert. Die westliche Wissenschaft hat es geschafft, sich als die allgemeine, neutrale und einzig mögliche Wahrheit zu etablieren. Durch die Verdrängung alternativer Wissensansätze kann sie ihre Dominanz aufrechterhalten.

Die Wissenschaft ist nichts statisches und verändert sich ständig. Wer finanziert die Forschung, mit welchem Ziel, zu welchem Zeitpunkt…? All die Unternehmen, die sich mit der Erforschung und dem Vertrieb von Impfstoffen, Biotechnologien, Gentechnik, Nano- und Digitaltechnologie und Robotik befassen, sind eng miteinander verbunden, schieben Geld und Ressourcen hin und her und fördern ihre Interessen, indem sie den Regeln der kapitalistischen Wirtschaft folgen. Das ist nichts Neues! Eigentlich ist es eine alte Geschichte, und der Fortschritt von Wissenschaft und Biomedizin ist eng mit Ausbeutung, Kolonialismus, westlicher Dominanz und patriarchalen imperialistischen Praktiken verbunden. Es ist nicht besonders schwer, diese Verbindungen in der Geschichte zu finden, genauso wie es nicht schwer ist, die Geschichte des Widerstands und der Sabotage gegen sie zu finden.

Was für uns vielleicht neu ist, ist die Tatsache, dass die Kritik an die Corona-Impfungen oder an der Gentechnik sofort mit dem unkritischen Label ” Corona-Skeptiker*in”, “Verschwörungstheoretiker*in” oder “Schwurbler*in” versehen wird, was jeden möglichen Widerstand dagegen beseitigt und zum Verstummen bringt. Es wird ein neuer gefährlicher Dualismus und eine Kategorisierung innerhalb der Gesellschaft (auch innerhalb unserer eigenen Kreise) geschaffen, die Konflikte erzeugen, die nur für den Staat funktional sind. Denn die Konflikte bleiben horizontal, anstatt vertikal zu werden. Was auch immer an Kritik dagegen vorgebracht wird, egal von wem und aus welchen Kreisen – auch wenn es seit Jahren Teil der Kämpfe von Gefährt*innen an verschiedenen Orten ist (nehmen wir als Beispiel die kritische Betrachtung der Bio- und Nanotechnologie oder der Digitalisierung der Gesellschaft) – wird heute alles unter das Dach der*s “Corona-Skeptiker*in”, der “Verschwörung”, zusammen mit faschistischen, reaktionären und nationalistischen Gedankengut gestellt. Diese Kategorisierung wurde vom Staat und den Medien genährt, ohne dass es überrascht. Aber auch innerhalb der ausserparlamentarische Linke wurde sie aufgegriffen und fortgeführt.

Heute ist der “Krieg gegen das Virus” der perfekte Anlass, neue Technologien auszuprobieren, Digitalisierung, Kontrolle und Überwachung voranzutreiben, Grenzen zu schließen, den staatlichen und kapitalistischen Zugriff auf den menschlichen Körper auszuweiten. Die Unsicherheiten und Ängste, die durch diese “Krise” erzeugt und von Staaten, Medien und Expert*innen gefördert werden, führen dazu, dass sich die Menschen langsam und stillschweigend an Umstände gewöhnen und diese akzeptieren, die viele (zumindest von uns) noch vor einigen Monaten für undenkbar hielten. Hinzu kommt der wirtschaftliche Aspekt, dass einige der Unternehmen, die in die Forschung, die Produktion und den Vertrieb von Impfstoffen, Tests, Medikamenten und nicht zu vergessen in die Entwicklung digitaler Lösungen zur “Eindämmung” des Virus investiert haben, aus dieser Situation einen immensen Profit ziehen. Viel Geld und Ressourcen werden dann wieder in die Forschung investiert, und plötzlich eröffnen sich all diese Möglichkeiten für Technologien, die vor nicht allzu langer Zeit noch vielen Beschränkungen unterlagen. Ein weiterer wirtschaftlicher Aspekt ist, dass all diese Technologien und Forschungen die Entwicklung neuer Sektoren vorantreiben, die dazu beitragen, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und die Normalität der kapitalistischen Gesellschaft wiederherzustellen.

Eine übermässig umweltschädliche kapitalistische Gesellschaft, die in ihrer Vergangenheit und Gegenwart alles zerstört hat, was ihr im Weg stand und steht, mit Monokulturen, Abholzung, intensiver Landwirtschaft, Globalisierung, extremer Ausbeutung des menschlichen Lebens, der Natur und jeglicher Lebewesen,…. All dies hat die perfekte Grundlage für die Entwicklung dieses Virus (und vieler anderer Krankheiten) geschaffen, und der Impfstoff ändert die Richtung nicht, er ist nur ein Pflaster, das auf eine kranke Gesellschaft geklebt wird. All diese Entwicklungen müssen immer mit einer gesunden Skepsis und Kritik betrachtet werden, und in unserer radikalen Kritik meinen wir, dass wir über den Impfstoff hinausgehen und uns zu den Bedingungen äußern sollten, unter denen wir leben und die die Ausbreitung von Krankheiten begünstigen.
Es stellen sich Fragen wie: In was für einer Welt wollen wir leben? Solange wir leben, wird es Krankheiten, Viren und Tod geben. Wie wollen wir damit umgehen? Ist die Welt, in der wir leben möchten, eine Welt, in der jede*r nur noch als Gefahr verstanden wird und wir uns immer mehr voneinander abgrenzen und distanzieren wollen, ständig misstrauisch sind, uns gegenseitig kontrollieren und überwachen wollen? Zwischenmenschliche Kontakt ist notwendig, um zu leben und zu überleben. Auf ihn zu verzichten, bedeutet, auf das Leben zu verzichten.

Gentechnologie und ein selbstbestimmtes Leben
Die Impfungen gegen das Corona-Virus sind so genannte mRNA- oder Vektorimpfungen, sie gehören zur Kategorie der genetischen Impfungen. Wir haben es also mit Genforschung, Gentechnik und Biotechnologie zu tun. Die Forschung auf diesem Gebiet läuft schon seit einigen Jahren. Diese mRNA-Impfstoffe wurden jedoch erstmals im Jahr 2020 zugelassen, aufgrund der “Dringlichkeit”, einen Impfstoff zu finden, der gegen das Covid19-Virus schützt. Die Untersuchungs- und Testzeit für solche Technologien wurde massiv verkürzt und die Möglichkeit, sich rechtlich gegen mögliche Spätfolgen zu wehren, besteht nicht.
Dass hier Skepsis oder eine kritische Haltung bei Menschen besteht, ist nicht so abwegig. Und dass viele Menschen auch aus anarchistischen und anti-autoritären Kreisen eine kritische Haltung in Bezug auf Genforschung, Biotechnologien oder den technisch-medizinischen Fortschritt einnehmen, sollte ebenfalls nicht verwundern. Der Fortschritt der biomedizinischen Wissenschaften zielt auf eine Verlängerung des Lebens ins Unendliche, um jeden Preis. Die Menschen werden zu Konsumenten medizinisch-technischer Lösungen gemacht und verlieren langsam immer mehr den Bezug zum eigenen Körper und zur Natur.

Genetik und Biotechnologie entspringen dem Bedürfnis einer patriarchalischen, kapitalistischen Welt, alles zu kontrollieren, zu standardisieren und zu perfektionieren. Derzeit wird, wie in anderen Momenten der Geschichte auch, eine vermeintliche Krise, eine Bedrohung, als Anlass genommen, um in vielen Lebensbereichen neue Technologien am menschlichen und gesellschaftlichen Körper zu testen. In anderen Situationen wäre die Erprobung dieser Technologien auf mehr Widerstand gestoßen und hätte länger gedauert. Und so wird die Akzeptanz dieser Technologien erzwungen.

Allerdings, ob ein Mensch beschließt, sich impfen zu lassen oder nicht: Mein Körper, meine Entscheidung! galt gestern, gilt heute und wird auch morgen noch für uns gelten. Wir stehen nach wie vor zu der Idee, dass jeder Mensch (im besten Fall in einem kollektiven Kontext) entscheidet, was mit seinem eigenen Körper geschieht. Es gibt keinen Grund (und das gilt auch in Bezug auf die Gesundheit), warum Menschen die Fähigkeit geraubt werden sollte, über ihre eigene Körper zu entscheiden, und schon gar nicht von einem Staat oder aufgrund gesellschaftlichen Drucks. Die Themen rund um die Kontrolle über den eigenen Körper und Gesundheit sind von grosser Bedeutung und es könnte und sollte einen Austausch und Diskussionen in unseren Kreisen geben. Zudem denken wir, dass wir versuchen und herausfinden wollen, wie wir mit diesen Themen auf selbstbestimmte Weise umgehen können. Was in letzter Zeit in einigen Räumen der “radikalen Linken”, in besetzten Häusern, Treffpunkten und sozialen Zentren passiert, funktioniert nicht in diesem Sinne. Räume, die sich selbst als selbstorganisiert bezeichnen, haben sich den Massnahmen des Staates unterworfen und verlangen von den Leuten das Covid-Zertifikat oder mehrere G’s (getestet, geheilt oder geimpft). Einige gehen sogar so weit, zu sagen, dass Menschen ohne das Covid-Zertifikat diese Orte nicht betreten oder sich dort aufhalten dürfen, oder raten den Menschen, sich impfen zu lassen. Diese Handlungen als Solidarität oder Verantwortung zu bezeichnen, ist irgendwie irreführend. Das Reproduzieren und Umsetzen von staatlich verordneten Regeln – vor allem, wenn sie eine Registrierung, Kategorisierung, mehr Kontrolle, Isolierung bedeuten – ist Verantwortung gegenüber dem Staat, was auch einfach als Gehorsam angesehen werden kann.

Neue Technologien zur Überwachung und Kontrolle
Das Covid-Zerifikat ist nur die jüngste Entwicklung in einem Prozess, der schließlich die vollständige Überwachung ganzer Gesellschaftsgruppen und Gebiete ermöglichen könnte. Nicht nur im Sinne der Repression, sondern auch wirtschaftlich: “Big Data” – die Menge an Daten, die wir tagtäglich mit Hilfe vieler digitaler Werkzeuge produzieren, die kategorisiert, analysiert usw. werden müssen, daraus Profit gemacht werden kann – ist einer der neuesten “Rohstoffe” der Zukunft, auf den sich viele Interessen konzentrieren. Dem sollte eine antikapitalistische Kritik Rechnung tragen.
In den Bereichen Digitalisierung, Kontrolle und Überwachung vollziehen sich derzeit gewaltige Sprünge.

Die Apps, die sich alle auf ihre Smartphones laden sollen und die Bewegungs- und Standortdaten preisgeben, die zunehmende Möglichkeit, diese Daten und Metadaten in Echtzeit zu übermitteln, die Videoüberwachung, Contact Tracing – all das ist Teil einer immer weiter um sich greifenden und standardisierten Entwicklung von Überwachungstechnologien. Ebenso wie das kürzlich verabschiedete Terrorismusgesetz (PMT, polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus) ermöglicht das COVID-Zertifikat die Kontrolle und Überwachung immer größerer Teile der Bevölkerung. Der Mensch wird zu einer Datensammlung, die kontrolliert und verwaltet werden kann. Und mit der Begründung der Bedrohung (Virus, Terroristen, Zusammenbruch der Wirtschaft) sollen sich die Menschen der Kontrolle, Selbstkontrolle und Überwachung unterwerfen. Zum “Wohl” aller. Ein Traum für Staaten und alle, die ein Interesse daran haben, dass alle Lebensbereiche kontrolliert, analysiert und kapitalisiert werden können. Bei der Bedrohung durch einen Virus, eine Krise, den Terrorismus können diese Technologien schneller, mit Legitimation und ohne die Zustimmung einer Bevölkerung eingesetzt werden. Übrigens auch Mittel, die von Faschist*innen und Rechten immer wieder gerne eingesetzt und begrüsst werden. Der Ruf nach dem Einsatz dieser Mittel gegen Migrant*innen, Gruppen am “Rande” der Gesellschaft, widerständige und rebellische Menschen und Gruppen ist legitim, aber natürlich nicht gegen sich selbst. Deshalb halten wir ihre Rufe nach Freiheit für opportunistisch und heuchlerisch.

QR-Codes und Zertifikate, ständige Registrierung und Datenerfassung, die langsame Gewöhnung an die Digitalisierung unseres Lebens und die allumfassende und ständige Überwachung schreiten voran. COVID-Massnahmen (Grenzschliessungen, COVID-Apps, Covid-Zertifikate,…) bringen Probleme wie die Kontrolle von Körpern und Bewegung, die Digitalisierung und Registrierung von Menschen mit krasser Geschwindigkeit auf eine neue Ebene. Der Gesundheitszustand der Menschen, wo und wann sie sich aufhalten, mit wem sie unterwegs sind, wird in Form von Daten erfasst und kontrollierbar gemacht. Das Covid-Zertifikat ist eine Fortsetzung der krassen Eingriffe und Zugriffe des Staates in unser Leben, ebenso wie das kürzlich verabschiedete Terrorismusgesetz (PMT). All das können wir nicht stillschweigend hinnehmen.

Aus all diesen Gründen und vielen mehr….

Gegen die staatlichen COVID-Massnahmen, gegen das COVID-Zertifikat, gegen Kontrolle und Überwachung

Für ein selbstbestimmtes Leben, für die Freiheit, für die Anarchie

Quelle: https://barrikade.info/article/4798

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Besetzung der Brache Hinterschlund

Die Brache beim Hinterschlund auf Boden Kriens mit Grundeigentümerin Stadt Luzern, wurde am 25.September in der Früh mit einigen Bauwagen besetzt. Das betreffende Grundstück ist seit längerer Zeit leer und es liegen derzeit seitens der Steakholder*innen auch keine Pläne vor, die in absehbarer Zeit realisierbar wären.

Hallo Hinterschlund,
wir sind umgezogen!

Während in Luzern und ringsherum in der letzten Zeit immer mehr Freiräume und alternative Lebensorte verschwunden sind,

…weil sie exklusiven Neubauprojekten mit horend überteuerten Mieten weichen mussten (looking at you EBG)

…weil mutlose, bornierte Politiker*innen und egoistische Eigentümer*innen mit viel Repression zunichte machten, was ihnen nicht in den Kram passte, damit ihre Häuser in Ruhe verlottern und zerfallen können

…weil Rendite, Kapital und Kaufkraft die Stadt plant, anstelle dass sie geformt werden kann, von denen, die sie beleben

haben wir dieses wunderschöne Stück Brache im Hinterschlund besetzt. In der lauschigen Ecke bei den Bäumen wollen wir wohnen. Da gibt es viel zu bauen, organisieren, entscheiden und verhandeln.

Komm vorbei!

Einfach so oder diesen Samstag zum Znacht, denn bei uns findet die erste Küfa (Küche für Alle) statt. Zum einwöchigen bestehen des Wagenplatzes Hinterschlund bekochen wir, wer auch kommen mag, auf 19:00 Uhr im Hinterschlund.

Da ist Hinterschlund: 47.020696, 8.296878

Wir freuen uns auf euch.
Höllische Grüsse

Hinterschlund hat Gold im Mund!

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Demo 2.10.21 Bern: “Freies und würdiges Leben für Geflüchtete”

Nein zu physischer, psychischer, sozialer und wirtschaftlicher Gewalt gegen geflüchtete Menschen!

           Wir fordern für alle in der Schweiz anwesenden Afghaninnen und Afghanen den Flüchtlingsstatus.  Darüber hinaus müssen die Aufnahme von Menschen aus Afghanistan sowie Familiennachzüge schnell und unbürokratisch ermöglicht werden.
         Wir fordern für neu Angekommene eine Unterbringung in Wohnungen und Zugang zu professioneller psychologischer und sozialer Unterstützung sowie eine unabhängige Rechtsvertretung. Die heutigen geschlossenen und von der Zivilgesellschaft isolierten Bundesasyllager sind keine geeigneten Unterkünfte für neu angekommene Menschen (inkl. Kinder und Jugendliche). Sie fördern und erfordern erwiesenermassen psychische und physische Gewalt hinter ihren Mauern.
          Wir fordern die sofortige Abschaffung des Nothilfesystems. Alle abgewiesenen Asylsuchenden müssen ihren Fall im Hinblick auf eine Legalisierung (Härtefälle) überprüfen lassen können. Sie sollen Anspruch auf Sozialhilfe, auf angemessenen Wohnraum sowie auf eine ihren Bedürfnissen entsprechende medizinische Versorgung haben.
          Wir fordern einen Stopp der Kontroll- und Abschottungspolitik. Anwesenheitspflicht, tägliche Polizeikontrollen und die Isolation von der Gesellschaft machen die Menschen in den Camps kaputt. Wir verurteilen die Kriminalisierung von Personen ohne Papiere und die Verhängung von Geld- und Haftstrafen für illegalen Aufenthalt. Kein Mensch ist illegal!
          Wir fordern einen generellen Stopp von Ausschaffungen, da sie das Bedürfnis nach materieller und physischer Sicherheit geflüchteter Menschen missachten. Dazu gehören auch die besonders besorgniserregenden Ausschaffungen nach Äthiopien und Eritrea.
          Wir fordern die Abschaffung von Frontex und das sofortige Ende der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der europäischen Grenzagentur.
          Wir fordern die sofortige Evakuierung aller Lager rund um das Mittelmeer, insbesondere von Moria. Das lächerliche Kontingent, das die Schweiz aufzunehmen gedenkt, beschämt uns. Mehrere Gemeinden und Städte haben sich bereit erklärt, Menschen aus den Lagern aufzunehmen. Wir haben Platz!
          Wir fordern den Rückzug der Schweiz aus dem Dublin-Abkommen und, bis dahin, eine konsequente und humane Anwendung der Souveränitätsklausel.

Schliesslich fordern wir, was selbstverständlich sein sollte: das Recht auf ein freies und würdiges Leben für Alle.

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Aufruf zu einem Aktionstag gegen das Covid-Zertifikat

Wir übersetzten hier einen Aufruf von verschiedene Kulturorten in Genf gegen das Covid-Zertifikat. Wir erhoffen uns, dass dies zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem staatlichen Umgang der Pandemie anregt und das Schweigen bricht, das die Einführung des Gesundheitspasses für öffentliche Einrichtungen begleitet hat.

Genf | 20. September
Wir sind Orte des Willkommens, der Kultur, des Feierns, der Geselligkeit und der Begegnung. Wir weigern uns, den Zugang zu unseren Räumen durch das Covid-Zertifikat einzuschränken, ebenso wie wir uns weigern, die Identitäten unseres Publikums zu kontrollieren.}

Gegen QR-Codes und für kollektive Verantwortung.

Wir sind Kellner*innen, Kulturschaffende, Köch*innen, Programmgestalter*innen, Bibliothekar*innen, Empfangspersonal, Künstler*innen, Freiwillige, Animateure, Bewohner*innen… Uns allen ist gemeinsam, dass wir uns nicht dazu entschieden haben, Polizist*innen oder Kontrolleur*innen zu sein, dass es nicht unsere Aufgabe ist, unser Publikum nach einem Ausweis zu fragen, um ein Bier zu trinken, ein Buch zu lesen, ein Theaterstück, einen Film oder eine Konferenz zu sehen…

Wir, die alles getan haben, um die Gesundheit derjenigen zu erhalten, die unsere Lokale während der Krise besucht haben, prangern den zynischen Opportunismus des Staates an. Das Gerede von Solidarität, Wohlwollen und sozialen Bindungen ist durch mehr Überwachung und QR-Codes ersetzt worden. Das Gebot der wirtschaftlichen Erholung hat den Wunsch nach einer anderen Nachkriegswelt sabotiert. Und es ist diese Rückgewinnung, die den Staat interessiert, wenn er den Verzicht auf Barrieregesten zugunsten des Covid-Zertifikats fördert. Die Gesundheitskrise hat die Ungleichheiten verschärft, und der Plan, für Tests Gebühren zu erheben, wird dies nur noch verschlimmern. Darüber hinaus bleiben zu viele Menschen von der Möglichkeit einer Impfung und vom Zugang zur Gesundheitsversorgung im Allgemeinen ausgeschlossen, sowohl innerhalb unserer Grenzen als auch weltweit.

Das covid-Zertifikat, dessen Verwendung seit dem 13. September ausgeweitet und verpflichtend ist, ist Teil einer immer weiter verbreiteten und standardisierten Entwicklung von Überwachungstechnologien: digitale Verfolgung, Geolokalisierung, Videoüberwachung, biometrische Daten usw. Die Unsicherheit und die allgemeine Angst führen dazu, dass wir Maßnahmen akzeptieren, die uns einige Monate zuvor noch zum Weinen gebracht hätten. Es ist ein Lernprozess der Unterwerfung, den uns der Staat in dieser Krise im Namen der öffentlichen Gesundheit und der wirtschaftlichen Erholung aufzwingt.

Das Covid-Zertifikat ist eine Fortsetzung der Stärkung der Befugnisse des Bundesstaates, ebenso wie das kürzlich verabschiedete MPT-Gesetz. Lassen wir uns nicht von der verworrenen Rhetorik der extremen Rechten täuschen: Das Covid-Zertifikat ist ein Kontrollinstrument, das dazu dient, Menschen auszugrenzen, deren Situation vom Staat festgelegten Kriterien abweicht. Diese Art von Regulierungsinstrument wird seit jeher von der extremen Rechten befürwortet.

In der Praxis haben wir seit dem 13. September mit viel Einfallsreichtum unsere Aktivitäten umgelenkt, umgeändert und irgendwie fortgesetzt. Einige unserer Zentren sind bis auf Weiteres geschlossen.
Am Freitag, den 1. Oktober, rufen wir zu mehr Originalität im öffentlichen Raum auf, um eine kategorische Ablehnung der Verlängerung des Covid-Zertifikats sichtbar zu machen. Bleiben Sie dran, weitere Informationen folgen!

Um diesen Aufruf zu unterzeichnen, senden Sie eine E-Mail an nopass@riseup.net.

L’Écurie, le Galpon, La Makhno, Maison collective de Malagnou, Porteous, le Silure, le Spoutnik, la Cave 12, la Jonquille, Kalvingrad, le TU – Théatre de L’Usine, l’Usine, le Zoo, to be continued…

https://barrikade.info/article/4761

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