Hungern dank Putin

Der russische Überfall auf die Ukraine lässt die weltweiten Nahrungsmittelpreise steigen und bedroht die Lebensmittelsicherheit vieler Menschen. Betroffen sind vor allem Länder im Nahen und Mittleren Osten.

Als im Kreml die Entscheidung fiel, die Ukraine zu überfallen, war vielen nicht klar, wie weitreichend und heftig die Auswirkungen sein würden: zahlreiche Todesopfer, Millionen Flüchtlinge, ein Umbruch in der politischen und strategischen Ordnung Europas und der Welt, Waffenlieferungen zahlreicher Länder in ein Kriegsgebiet, die Gefahr einer Ausweitung des Konflikts in der Region bis hin zu einem Atomkrieg. Hinzu kommen die wirtschaftlichen Folgen. In der EU sorgt man sich vor allem wegen der steigenden Erdgas- und ­Erdölpreise sowie der wirtschaftlichen Schäden durch westliche Sanktionen gegen Russland. Viele Menschen in der EU sind derzeit noch bereit, diese Nachteile zu erdulden, um der russischen Aggression angemessen zu entgegnen und der angegriffenen Ukraine beizustehen. Doch die wirtschaftlichen Folgen des Angriffskriegs Wladimir Putins treffen auch andere Länder, und diese zum Teil weitaus härter.

Russland hat eine Bevölkerung von rund 145 Millionen Menschen, die Ukraine ohne die Krim rund 42 Millionen (vor Kriegsbeginn). Die russische Nationalökonomie macht 1,95 Prozent der Weltwirtschaft aus, die ukrainische nur 0,14 Prozent; die Ukraine ist mit einem nominalen Pro-Kopf-Einkommen von rund 3 800 Euro jährlich eines der ärmsten Länder Europas.

Russland ist der größte Weizen­exporteur der Welt; 2020 war es für 17,7 Prozent der globalen Weizenexporte verantwortlich, die Ukraine für acht Prozent.

Beide Länder haben bis zum Ausbruch des Kriegs erhebliche Mengen an günstigen Grundnahrungsmitteln in die ganze Welt exportiert, darunter Weizen, Mais und Speiseöl. Russland ist der größte Weizenexporteur der Welt; 2020 war es für 17,7 Prozent der globalen Weizenausfuhren verantwortlich, die Ukraine für acht Prozent; bei den weltweiten Maisexporten betrug der Anteil Russlands 1,1 Prozent, der der Ukraine für 13,2 Prozent; zusammen stellten sie mehr als die Hälfte der globalen Ausfuhren von Sonnenblumenöl. Beide Länder exportierten auch Rohstoffe und Produkte, die für die Landwirtschaft dringend benötigt werden; deren Fehlen erhöht die Erzeuger­preise nun enorm. Dazu zählt Erdöl, aus dem unter anderem Treibstoffe hergestellt werden, ebenso wie Erdgas, das für die Synthese von Ammoniak gebraucht wird, einem zentralen Ausgangsstoff von Stickstoffdünger. Hinzu kommt Pottasche, die ebenfalls für die Kunstdüngerproduktion benötigt wird.

Aufgrund der Schließung der Häfen in der Ukraine, des Anstiegs der Mieten für Handelsschiffe im Schwarzen Meer wegen der Kriegshandlungen und der weltweiten Sanktionen gegen Russland sind die Preise für diese und andere Rohstoffe in ungeahnte Höhen geschossen. Panik beherrscht den Markt. Viele Handelsunternehmen kaufen den Markt leer, weil sie einer weiteren Verteuerung zuvorkommen wollten, Spekulanten tun ein Übriges. Die europäischen Erdgaspreise waren vorübergehend auf das Vierfache gestiegen, sanken aber wieder auf ein lediglich erhöhtes Niveau, nachdem Russland die Drohung nicht wahrgemacht hatte, Gaslieferungen einzustellen. Dennoch kündigten mehrere Düngerexporteure in Europa wie Yara International wegen der hohen Gaspreise eine Drosselung ihrer Produktion an, mit weltweiten Folgen. Die Preise für Getreide stabilisierten sich ebenfalls auf hohem Niveau. Der Maispreis stieg seit dem Überfall um 20 Prozent auf rund 350 Euro pro Tonne, der Rapspreis um 20 Prozent auf rund 900 Euro pro Tonne, der Weizenpreis um 25 Prozent auf 366 Euro pro Tonne, auch Speiseöl wurde teurer. Die Preise für Schlachttiere stiegen ebenfalls an, im Einklang mit den Preisen für manche Futtermittel.

Die diesjährige Weizenernte in der Ukraine wird wohl viel geringer ausfallen als üblich. Für die Aussaat des Sommerweizens, die üblicherweise im März beginnt, ist die Lage zu unsicher, Dünger konnte nicht mehr in ausreichender Menge beschafft werden, ebenso wie Treibstoff, der zudem für die ­Armee benötigt wird. Diese Situation wird verschlimmert durch die aufgrund des Klimawandels immer geringeren Ernten, die bereits dazu geführt haben, dass die europäischen Silos nicht ausreichend gefüllt sind, was Exporte beeinträchtigt. Die bulgarische Regierung kündigte ein Ankaufprogramm für lokal produziertes Getreide und Sonnenblumenöl an, die ungarische beschränkte vorübergehend den Export von Getreide. Beides half nicht, die ­Panik auf den Rohstoffmärkten zu beruhigen.

Die am stärksten von dieser Entwicklung betroffene Region ist der Nahe und Mittlere Osten, denn viele dortige Staaten sind für den Großteil ihres ­Bedarfes an einigen wichtigen Lebensmitteln wie Weizen und Speiseöl auf Importe angewiesen. Aufgrund des kurzen Seewegs zwischen dem Schwarzen Meer und dem östlichen Mittelmeer beziehen viele ­Länder dieser Region ihre Agrarimporte bevorzugt aus der Ukraine und aus Russland. Nun müssen sie auf teurere Herkunftsländer wie Bulgarien, Rumänien oder Frankreich ausweichen.
Hohe Lebensmittelpreise lösen oft soziale Unruhen aus, daher subventionieren viele Länder der Region Brot und andere Nahrungsmittel.

Je höher die Importpreise für Weizen und an­dere Lebensmittel sind, desto stärker werden die Staatshaushalte dieser ­Länder belastet. Die Covid-19-Pandemie hatte die Preise für Lebensmittel in der Region bereits steigen lassen, das sorgte für Unmut. Im Herbst 2021 erreichte die Inflation der Lebensmittelpreise in vielen Ländern der Region zehn Prozent und mehr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, was vor allem die ärmere ­Bevölkerung traf. Mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine wird diese Entwicklung noch weiter verschärft.

Darauf reagieren die Staaten der Region auf höchst unterschiedliche ­Weise. Erdöl und Erdgas exportierende Länder wie die Golfmonarchien können die höheren Importkosten gut verkraften, da ihre Exporteinnahmen stark gestiegen sind. Die Opec-Staaten beispielsweise, zu denen auch Russland gehört, erhöhten nach dem Beginn der Kriegshandlungen ihre ­Fördermengen nicht und profitieren so von der Verknappung.

Staaten ohne bedeutende Exporte von Öl und Gas stehen dagegen schlecht da. Ägypten, das etwa zwei Drittel seines Weizens importiert, davon 90 Prozent aus der Ukraine und Russland, ­gelang es im März nicht, die übliche Menge an Weizen auf dem Weltmarkt zu erschwinglichen Preisen zu kaufen. Um weiterhin subventioniertes Brot an Bedürftige abgeben zu können, muss der Staat nun stark gestiegene Kosten in Kauf nehmen. Der Preis für nicht subventioniertes Brot stieg in einer Woche um 50 Prozent, ein Ende der Verteuerung ist derzeit nicht in Sicht.

Besonders problematisch ist die Lage in denjenigen Staaten, die schon vor der Covid-19-Pandemie in einer schweren Wirtschaftskrise steckten. Die Türkei leidet seit einigen Jahren unter einer schwachen Währung und einer beispiellosen Inflation, die im Februar 54 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat erreichte. Auch sie importierte bislang viel Weizen aus der Ukraine und Russland. Ähnlich sieht es im Sudan aus, der sich seit den Protesten gegen das Regime 2018 und 2019 in einer po­litischen und einer wirtschaftlichen Krise befindet. Die Situation in Syrien sieht kaum besser aus, das von Russland militärisch, aber nicht ökonomisch gestützte Regime von Bashar al-Assad musste weitere Sparmaßnahmen ankündigen und hat Weizen rationiert.

Äußerst kritisch ist die Lage auch im Libanon, dessen Inflationsrate wegen einer schweren Schuldenkrise schon vor Kriegsausbruch im Februar rund 240 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat erreicht hatte. 2020 stammten über 80 Prozent der libanesischen Weizenimporte aus der Ukraine, 15 Prozent aus Russland, und die verheerende Explosion von schlecht gelagerten Chemiestoffen im Hafen von Beirut 2020 beschädigte auch Silos. Libanons Wirtschaftsministerium musste deshalb einräumen, dass das Land nur noch Weizenreserven für einen bis eineinhalb Monate habe, und berief eine Notfallkommission für Lebensmittelsicherheit ein.

Am schlimmsten getroffen hat es jedoch den Jemen. Das Bürgerkriegsland litt schon vor dem russischen Krieg und vor der Pandemie aufgrund einer ausländischen Blockade unter einer Hungersnot. Es ist nahezu vollständig von Hilfslieferungen und Importen ­abhängig, die von Preissteigerungen direkt betroffen sind; ein Drittel der ­Nahrungsmittelimporte kam bisher aus der Ukraine und Russland. Das UN-Welternährungsprogramm hatte bereits in den vergangenen Monaten aufgrund von Geldproblemen die Nahrungsmittelzuwendungen in den ­Jemen trotz der katastrophalen Versorgungslage drastisch kürzen müssen, da 2021 nur rund 60 Prozent der benötigten Spenden eingeworben worden waren. Die Houthi-Rebellen, die die Hauptstadt Sanaa und einen großen Teil des Landes kontrollieren, beteuern, sie hätten genug Weizen für vier Monate, gleichwohl kam es überall im Jemen zu panischen Hamsterkäufen von Nahrung und Benzin. Die nächste UN-Geberkonferenz für den Jemen ist für den 16. März geplant. Angesichts der enormen Preiserhöhungen für Lebensmittel ist zu befürchten, dass die UN ihre Hilfen weiter kürzen müssen.

Quelle: https://jungle.world/artikel/2022/11/hungern-dank-putin

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Demo: Alle heisst alle. Für eine antirassistische Migrationspolitik und offene Grenzen für alle.

18. März 2022 18h Schwanenplatz

Hunderttausende Menschen sind seit Kriegsbeginn bereits aus der Ukraine geflohen, Millionen dürften es werden. Wir verurteilen das Vorgehen des Putin-Regimes, lehnen aber genauso die NATO als dessen Gegenspieler ab. Unsere Solidarität gilt der Zivilbevölkerung und keinen Nationalstaaten oder Militärbündnissen. Denn militärische Aufrüstung schafft keinen Frieden. Viele europäische Staaten haben ihre Grenzen für ukrainische Staatsbürger*innen geöffnet. Die EU hat die «Massenzustrom-Richtlinie» in Kraft gesetzt. Und der Schweizer Bundesrat schlägt vor, den Schutzstatus S für ukrainische Staatsangehörige zu aktivieren. Mit diesem unbürokratischen Vorgehen müssen die geflüchteten Menschen nicht das übliche Asylverfahren durchlaufen. Sie können privat untergebracht werden und erhalten unkompliziert Unterstützung. Auch sollen sie möglichst schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden, ohne die üblichen Hürden überwinden zu müssen. Die Solidarität der offiziellen Schweiz ist aber eine nationalistische „Solidarität“. Denn die Regierenden in der Schweiz verzichten darauf, diesen Schutzstatus auch für Kriegsflüchtlinge aus anderen Kriegsregionen der Welt einzuführen. Für diese gilt es weiterhin, ein entwürdigendes und entrechtendes Asylverfahren zu durchlaufen, stundenlange Befragungen auszuhalten und in brutalen Bundesasylcamps isoliert zu werden. Und parallel zum Vorschlag der Aktivierung des Schutzstatus S hat der Bundesrat die Pro-Frontex-Kampagne gestartet. Unter Federführung von Justizministerin Karin Keller-Sutter macht sich der Bundesrat für den Ausbau der europäischen Grenzagentur Frontex stark, welche von der Schweiz mitfinanziert wird. Gegen eine Erhöhung der Beiträge in den nächsten Jahren wurde das Referendum ergriffen, über welches die Schweizer Stimmbevölkerung am 15. Mai abstimmen wird. Frontex steht für eine Militarisierung der europäischen Aussengrenzen, illegale Pushbacks und Menschenrechtsverletzungen am laufenden Band.
Die Ungleichbehandlung von Migrant*innen muss ein Ende haben! Kolonialismus, Globalisierung und Neo-Liberalisierung haben Machtstrukturen geschaffen, welche die ganze Welt umspannen. Eine Migrationspolitik, welche die Grenze des Schengenraumes als Trennlinie zwischen «hier» und «dort» betrachtet, ist unter keinen Umständen tragbar. Es darf nicht sein, dass die Bewegungsfreiheit der Einen durch das Verhindern der Bewegungsfreiheit der Anderen ermöglicht wird. Ob auf Schweizer Banken Geld russischer Oligarchen liegt oder die offizielle Schweiz durch ihre allgemeine Wirtschafts-, Umwelt- und Finanzpolitik die Klimakrise mit verschärft und so Menschen in Subsahara-Afrika in die Flucht treibt, darf im Umgang mit geflüchteten Menschen keine Rolle spielen. Wenn die europäischen Staaten aktuell von «humanistischer Tradition» und «europäischen Werten» sprechen, sollten wir neben aller Solidarität und Hilfe für die Menschen in der Ukraine nicht vergessen, wie die europäischen Staaten diese Werte im Rest der Welt mit Füssen treten.Wir fordern eine Entmilitarisierung des Grenzregimes und Bewegungsfreiheit für alle Menschen. Gegen die diskriminierende und rassistische Migrationspolitik.

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Zweierlei Schutz

Geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer sollen in der EU unkompliziert aufgenommen werden. Für Flüchtende ohne ukrainischen Pass gibt es bislang keine gemeinsame Sonderregelung. Schwarze Menschen berichten von rassistischer Behandlung an ukrainischen Grenzübergängen.

Als wäre alles nicht schlimm genug, tauchten im Strom all der grauenhaften Bilder aus der Ukraine bereits einige Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs auch solche auf wie eines vom Bahnhof im westukrainischen Lwiw: Ein völlig überfüllter Bahnsteig, verzweifelte Menschen vor einem am Gleis stehenden Zug, davor bewaffnete Soldaten, die den Zugang versperren. Der Zug fährt ab, zurück bleibt ungläubig und verzweifelt eine Gruppe schwarzer Menschen, inmitten ihrer Taschen und Koffer.

Oder ein Video, das in einer Polizeistation im polnischen Przemyśl aufgenommen worden sein soll. Dort befindet sich einer der wichtigsten Grenzübergänge zur Ukraine, aus der seit Kriegsausbruch Hunderttausende Menschen ins Land gekommen sind. Die meisten dürfen sich ungehindert weiterbewegen. Nicht jedoch ein junger Schwarzer in einem weißen Kapuzenpulli. Drei Polizisten in Tarnhosen überwältigen ihn und führen ihn ab.

Millionenfach verbreiteten sich solche Clips in den Tagen nach dem Kriegsausbruch in den sozialen Medien. Über die konkreten Umstände lässt sich wenig sagen, doch in der Summe ist der Befund eindeutig: Wer nicht weiß ist, hat auf der Flucht die größten Schwierigkeiten. In der Ukraine werden people of color daran gehindert, Züge zu besteigen, an der Grenze zu Polen werden sie nicht oder nur nach sehr langen Wartezeiten durchgelassen. An den Grenzübergängen zur Slowakei allerdings kamen schwarze ­Menschen durch, ohne behindert zu werden.

Unter dem Hashtag #AfricansIn­Ukraine berichten Betroffene von den Schikanen. Etwa 16 000 afrikanische Studierende lebten nach Angaben der südafrikanischen Botschaft dort. Die Nachrichtenagentur AFP sprach mit Studierenden am Grenzübergang Schehyni an der Grenze zu Polen. Dort standen am Dienstag vergangener ­Woche Hunderte Menschen aus Pakistan, Indien, Algerien, Kongo, Kamerun, Ghana und Algerien und warteten in einer Schlange darauf, passieren zu dürfen. Einige gaben an, es sei bereits die vierte Nacht im Freien gewesen; die Temperaturen erreichten minus zehn Grad. Eine zweite Warteschlange auf der anderen Straßenseite sei laut AFP für Ukrainer reserviert gewesen – hauptsächlich Frauen und Kinder. Diese Schlange habe sich schneller bewegt. »Weil wir Ausländer sind, behandeln sie uns wie Hunde«, zitiert AFP Mesum Ahmed, einen 23jährigen Informatikstudenten aus Pakistan: »Wir ­haben hier auf dem Bürgersteig geschlafen, aber den Ukrainern ist das völlig egal.«

Die Afrikanische Union (AU) schaltete sich ein. ­Deren Vorsitzender, Senegals Präsident Macky Sall, und der Vorsitzende der Kommission der AU, Moussa Faki Mahamat, schrieben in einer gemeinsamen Stellungnahme vom 28. Februar, sie seien »besonders beunruhigt« über Berichte, wonach afrikanischen Bürgern das Recht verweigert werde, die Grenze zu überqueren. Diese unterschiedliche Behandlung sei »schockierend rassistisch« und verstoße gegen das Völkerrecht.

Auch das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR kritisierte dies vergangene Woche auf Twitter: »Da die Zahl der Flüchtlinge, die aus der Ukraine fliehen, stündlich steigt, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Aufnahmeländer weiterhin alle Menschen aufnehmen, die vor Konflikten und Unsicherheit fliehen – ungeachtet ihrer Nationalität und Abstammung (im Original race).«

Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland reagierte mit »Fassungslosigkeit, tiefem Befremden und absolutem Entsetzen auf die Verweigerungen der Grenz­polizei, Schwarze Menschen, unter ihnen afrikanische Studierende, die EU-Grenze zur Ukraine überqueren zu lassen«, hieß es in einer Stellungnahme. »Diese Diskriminierung verdeutlicht einmal mehr die Wirkungsmacht von Anti-Schwarzem-Rassismus bis hinein in humanitäre Notlagen.«

In Polen, Deutschland, Tschechien und der Slowakei dürfen Flüchtende zwar die Züge kostenlos nutzen – aber nur, wenn sie einen ukrainischen Pass haben. Organisationen wie Solibus und Afrique-Europe-Interact schickten deshalb Busse an die ukrainische Grenze, um people of color abzuholen.

Die Berichte über den Rassismus auf der Fluchtroute fielen in jene Tage, in denen die EU über die Aufnahme der schon jetzt enormen Zahl aus der ­Ukraine Fliehender beriet. Schon früh zeichnete sich ab, dass es für sie eine sehr großzügige Aufnahme geben würde: Aufenthaltserlaubnis mit vollen Rechten – ohne Asylverfahren.

Die EU-Kommission wollte auch jene Flüchtende in den Mechanismus einschließen, die keinen ukrainischen Pass haben. Doch nicht alle EU-Staaten zogen mit. Am 3. März, dem Tag der entscheidenden Ratssitzung, sagte Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), sein Land habe wie Polen, die Slowakei und Ungarn Bedenken, solchen Menschen gleichwertigen Schutz zu ­gewähren. »Wir brauchen rasche, unbürokratische Hilfe für ukrai­nische Kriegsflüchtlinge«, so Karner. »Da hilft es nicht, wenn wir Drittstaatsangehörige mit einbeziehen.«

Die EU aktivierte eine bisher noch nie genutzte Richtlinie aus dem Jahr 2001, die nach den Balkankriegen geschaffen worden war. Vor allem für ukrainische Staatsangehörige greift nun ein Schutzmechanismus, unter dem diese ohne Asylantrag aufgenommen werden. Das Bundesinnenministerium veröffentlichte ein Dokument zur Umsetzung des Beschlusses in Deutschland. Darin heißt es, die Menschen könnten eine Aufenthaltserlaubnis für ein bis drei Jahren erhalten, sie erhielten Krankenversicherung, eine Unterkunft, Sozialleistungen und Zugang zum Arbeitsmarkt »gemäß nationaler Arbeitsmarktpolitik«, gewährt werde außerdem das Recht auf Bildung und Schulbesuch.

Flüchtende ohne ukrainischen Pass sollen nach Ankunft in der EU in ihre Herkunftsländer gebracht werden, mit denen die EU in Kontakt treten will. Was aber geschieht mit jenen, die nicht in ihre Herkunftsländer zurückkehren können, zum Beispiel weil sie bereits aus diesen geflohen sind oder aus Kriegsgebieten stammen? Die EU-Mitgliedstaaten können für diese Personengruppe entweder die gleiche Regelung wie für Ukrainerinnen und Uk­rainer anwenden – also Aufnahme ohne Asylverfahren – oder sie wie normale Flüchtlinge behandeln. Dann könnten sie einen regulären Asylantrag stellen, und zwar nur im Land der registrierten Einreise in die EU; also wohl in Polen, der Slowakei, Ungarn oder Rumänien.

Bis zum Montag waren 1,8 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen, die UN rechnen mit weiter stark steigenden Zahlen. Laut einer Umfrage des ARD-Deutschlandtrends vom ­Donnerstag vergangener Woche finden 91 Prozent der Befragten die Aufnahme vom Flüchtlingen aus der Ukraine richtig.

Eine Sonderregelung soll es in Deutschland für Jüdinnen und Juden aus der Ukraine geben. Seit 1991 gewährt Deutschland als »Geste der Versöhnung« jüdischen und von Juden ­abstammenden Zugewanderten aus den Nachfolgestaaten der UdSSR einen ­Status als sogenannte Kontingentflüchtlinge; der Zugang zu diesem Status wird aufgrund des Kriegs vereinfacht. Das berichtete Ende vergangener Woche die Welt. »Ziel ist, dass Menschen jüdischer Abstammung und Religionszugehörigkeit aus der Ukraine in Deutschland unter erleichterten Bedingungen und unter Beteiligung der jüdischen Gemeinden an dem Ver­fahren der jüdischen Zuwanderung teilnehmen können«, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. »Grund für die Erleichterungen sind die kriegsbedingte Aussetzung des regulären Verfahrens über die Botschaft in Kiew, die humanitäre Lage in der Ukraine sowie Deutschlands historische Verantwortung.«

Quelle: https://jungle.world/artikel/2022/10/zweierlei-schutz

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Aufruf zu Frieden, Unterstützung der ukrainischen Bevölkerung & Solidarität mit allen Geflüchteten

Als Folge auf den russischen Angriffkriegs in der Ukraine sind bereits mehr als eine halbe Million Menschen auf der Flucht. Die Invasion war eine Eskalation eines Krieges, der seit 2014 bestand und schon seit dann etwa 14’000 Menschen tötete.
Ein eurozentrischer Blick nahm den Konflikt erst dann wahr, als er eskaliert wurde und eine Gefahr für Westeuropa wurde.
Wir solidarisieren uns mit den Menschen auf der Flucht, und insbesondere mit denjenigen BIPOC – vor allem Menschen aus Afrika und Asien –, welche daran gehindert wurden, aus der Ukraine in die EU zu fliehen. Wir fordern die Aufnahme aller Geflüchteten auf der ganzen Welt!
Wir verurteilen scharf die rassistische Rhetorik verschiedener Medien, welche weisse, europäische, christliche Geflüchtete als “echte Flüchtlinge” bezeichnen, während sie das Recht auf Schutz geflüchteten BIPOC, also Nicht-Weissen, verweigern wollen – selbst denjenigen in der Ukraine. Der Angriffskrieg in der Ukraine ist schrecklich, aber auch die Kriege in Kurdistan, Syrien, Afghanistan, Äthiopien, Eritrea und anderen Ländern sind schrecklich.
Die Folgen aller Kriege sind furchtbar und alle haben das Recht auf Schutz!
Wir wollen auf die vulnerable Situation von Roma in der Ukraine aufmerksam machen deren Leiden von den Medien unsichtbar gemacht werden. Wir rufen zur Unterstützung humanitärer Organisation der Roma-Minderheit auf.
Wir rufen zu einer humanitären & medizinischen Hilfe mit betroffenen Menschen in der Region aus. Wir fordern Pazifismus statt Kriegsrhetork. Auch wenn Pazifismus zurzeit utopisch klingt, ist diese Utopie trotzdem richtig und die Hoffnung.
Während in der Ukraine Russland einen Angriffskrieg durchführt, erfährt die Anti-Kriegs-Bewegung in Russland Repression in ihrem Grundrecht, auf der Strasse zu demonstrieren. Der Krieg darf in Russland nicht als Krieg bezeichnet werden – es wird von einer “Sonderoperation” gesprochen, und die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation erschreckt mit einer 20-jährigen Haftstrafe wegen “Hochverrats” jede:n russischen Bürger:in, die:der es wagt, Unterstützung für die ukrainische Bevölkerung zu äussern oder den Krieg verurteilen. Auch ihnen alle wollen wir unsere Solidarität aussprechen. Für eine weltweite Friedensbewegung! Auch sprechen wir uns klar gegen die Diskriminierung von russischen und russisch-sprachige Migrant:innen in Westeuropa aus, die fälschlicheweise für den Angriffskrieg Putins verantwortlich gemacht werden.
Diejenigen, welche vom gross-russischen Imperialismus und völkischen Nationalismus als erstes Betroffen sind, sind diejenigen, welche in der Gesellschaft selbst schon Diskriminierung erfahren: BIPOC, queere Menschen, trans*, inter*, nicht-binäre Menschen, und cis Frauen. Russland führt zur Zeit auch einen ideologischen Krieg gegen die LGBTQIA+ Bewegung, welcher sich in repressive Gesetze niederschlägt, aber auch in direkte Gewalt. Es ist aber nicht nur Putin, sondern eben auch Duda in Polen oder Orban in Ungarn, welch ein solches Weltbild zelebrieren, welches Ausdruck einer Krise des westlichen und russischen Kapitalismus ist.
BIPOC, LGBTQIA+ und TINF* in der Ukraine und Russland sind die vulnerabelsten Personen im Krieg, und ihnen muss unbedingter Schutz gewährleistet werden!

Frieden statt gross-russischer Imperialismus und völkischer Nationalismus!
Die Perspektive ist intersektional!

Glossar:
BIPOC: Schwarze, Indigene Menschen und andere People of Color
LGBTQIA+: Lesbische, Schwule, bi, trans*, queere, inter*, agender* und asexuelle Menschen
TINF*: trans*, inter*, non-binäre Menschen und cis Frauen

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Gegen die Diktatur Erdogans – Keine Schweizer Kriegsgeschäfte!

Demo: 9. März 2022, 19:00 Bahnhof Bern

Am 9. März 2022 wird das Urteil im „KillErdogan“-Prozess gefällt. Doch ganz egal, wie das Gericht entscheiden wird: Der Widerstand gegen Erdogan & seine Kollaborateure muss auf die Strasse getragen werden.Seit 2017 das besagte Transparent gezeigt wurde, hat sich die Lage in der Türkei verschärft. Gemeinsam mit islamistischen Milizen hat die türkische Armee verschiedene Städte in Nordsyrien unter ihre Kontrolle gebracht, täglich führt. Erdogan seine Kriegspolitik mit Drohnen und Chemiewaffen fort. Die Aufkündigung der Istanbul-Konvention ist nur ein Puzzleteil Erdogans patriarchaler Politik, die sich unter anderem darin zeigt, dass die Zahl der Femizide während seiner Herrschaft um rund 1400% gestiegen sind.

Wir sagen: Schluss mit Krieg und Terror!

Gegen die Vertreibung und Verfolgung fortschrittlicher Kräfte!

Kampf dem Patriarchat!

Gleichzeitig sehen wir aber auch einen grossen Widerstand. Trotz grosser Repression gehen die Menschen in der Türkei auf die Strasse und die revolutionären Guerillakräfte fügen der türkischen Armee grosse Niederlagen zu. Das jüngste Aufbäumen des sogenannten IS mit türkischer Unterstützung in Hesekê konnte niedergeschlagen werden.Auch wir müssen unsere Verantwortung hier, im Herzen des Kapitalismus, wahrnehmen.

Schweizer Konzerne und Banken profitieren von Umweltzerstörung, Repression und Bürgerkrieg in der Türkei. Das Handelsvolumen zwischen der Schweiz und der unterdrückerischen Despoten an.Lasst uns unsere Kämpfe verbinden!

Gegen die Diktatur Erdogans! Keine Schweizer Kriegsgeschäfte!Türkei nimmt zu und stärkt damit Erdogans Regime. Wie so oft biedert sich die Schweiz als ruhiges Hinterland für einen unterdrückerischen Despoten an.Lasst uns unsere Kämpfe verbinden! Gegen die Diktatur Erdogans! Keine Schweizer Kriegsgeschäfte!

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AntiKrieg Demo am 26.2 um 18h in Luzern

Demo gegen den Krieg in der Ukraine am Samstag Abend in Luzern.
Mehr Infos folgen.
Say no to Putin and no to NATO!

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Es bleibt kompliziert!

Quelle: https://barrikade.info/article/5010

Da die Debatte zu den rechtspopulistisch dominierten Protesten gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen in verschiedenen Städten sehr unterschiedlich ausgeprägt ist, hier ein einzelnes Statement aus einem lokalen Kontext in Jena zur Diskussion.

Die Pandemie belastet alle von uns, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Sie ist keine Naturkatastrophe, sondern in ihrer Ausprägung bzw. in ihren drastischen Auswirkungen ein Produkt der schnelllebigen staatlich-kapitalistischen Gesellschaftsform.

1) Die Situation bleibt kompliziert – Aber wo sehen wir hin?

Die Pandemie belastet alle von uns, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Sie ist keine Naturkatastrophe, sondern in ihrer Ausprägung bzw. in ihren drastischen Auswirkungen ein Produkt der schnelllebigen staatlich-kapitalistischen Gesellschaftsform. Naturzerstörung und Massentierhaltung fördern die Übertragung von Viren, wöchentliche Flugreisen der Reichen und die Transportwege für die globalisierte Weltwirtschaft ihre rasche Verbreitung. Privilegierte soziale Klassen und reiche Nationalstaaten, die über die entsprechenden Ressourcen verfügen, können die Auswirkungen der Pandemie abmildern. Je ärmer die Menschen sind, je prekärer sie leben und arbeiten müssen, desto weniger können sie ihre Gesundheit schützen. Dies betrifft oftmals insbesondere Menschen, die rassistisch diskriminiert oder aus anderen Gründen gesellschaftlich ausgeschlossen werden. Es betrifft auch arme alte Menschen. Deswegen gilt es diesen umfassenden und schweren Umständen gemeinsam und solidarisch zu begegnen, als auch eine grundlegende Kritik an der bestehenden Gesellschaftsordnung zu formulieren.

2) Rechtspopulististische Proteste gegen Maßnahmen zur Pandemie-Regulierung

Die Proteste gegen die staatlichen Maßnahmen zur Regulierung der Pandemie wurden maßgeblich von rechtspopulistischen und faschistischen Akteur*innen übernommen. Doch auch vor diesem Punkt (der schon länger als ein Jahr her ist), waren die Proteste von einem bürgerlichen Freiheitsverständnis geprägt, welches auf Egoismus und Konkurrenz gegründet ist. Verschwörungsmytholog*innen fühlten sich in ihrer Paranoia bestätigt und konnten ihren Wahnsinn weit verbreiten. Zahlreiche, um ihren Status besorgte Angehörige der Mittelklasse erfahren zum ersten Mal, dass ihre Privilegien, die auf Ausbeutung und Unterdrückung beruhen, nicht selbstverständlich sind.

Rechtspopulist*innen und Faschist*innen nutzten die Gelegenheit, um die Proteste instrumentell zu übernehmen, wobei sie deutlich gezeigt haben, dass ihnen Menschenleben völlig egal sind, wenn sie politische Kapital generieren und ihre menschenverachtende Hetze verbreiten können. Die Bullen haben es ihnen von Anfang an leicht gemacht. Aber auch das mediale Framing, dass jede Kritik an den teilweise völlig widersprüchlichen staatlichen Maßnahmen, als „Leugnung“ von Corona dargestellt wird. Ob esoterische Hippies, Globoli-Fresser, „besorgte“ Eltern oder wütende Mittelständler – diesen Leuten brauchen wir unter ihren Bedingungen nicht zuzuhören. Weil es ihnen nicht um Argumente geht. Wem wir aber zuhören sollten, sind die vielen Menschen, die unter den Auswirkungen von Pandemie und den Folgen ihrer Regulierung leiden. Sicherlich sind viele von uns auch darunter.

3) Die antifaschistischen Reflexe

Auf erschreckende Weise haben die Reaktionen breiter Teile der gesellschaftlichen Linken ihre Staatsgläubigkeit und Strategielosigkeit offenbart. Unter dem Label des ursprünglich anti-staatlichen, in der Arbeiter*innen-Bewegung entstandenen, Begriffs der „Solidarität“ haben Regierungen linke Akteur*innen für ihre Agenda gebraucht. Dazu haben sie Menschen aus verletzbaren Gruppen in Geiselhaft zur Durchsetzung ihrer Maßnahmen genommen. Kampagnen wie „Zero Covid“ verdeutlichen die völlige Verkennung der eigenen Machtbasis. Sie beinhalten überdies ein irrationales Vertrauen auf die Neutralität staatlichen Handelns, wie auch den falschen Glauben an die Umsetzbarkeit einer demokratischen Politik, wenn nur die richtigen Leute am Ruder wären. Dass gegen Rechtspopulismus, Verschwörungsmythologie, Antisemitismus und pure Arschlochmäßigkeit Gegenprotest organisiert wurde und wird, ist gut und richtig. Impfen schützt Leben und ist ein wesentlicher Bestandteil zur Beendigung (dieser) Pandemie.

Die vermeintlich klare Abgrenzung gegen „die da“, geht aber schon lange nicht mehr auf. Die antifaschistische Reaktion, wie sie in den Gegenprotesten gegen Querdenker*innen und Co. zum Ausdruck kam, ist keine Strategie, weil sie in vielerlei Hinsicht einen bloßen Reflex und kein selbstbestimmtes Handeln darstellt. Das ist nachvollziehbar. Doch da die treibende Kraft dahinter Angst und nicht die Vision für eine libertär-sozialistische Gesellschaftsform ist, kann daraus keine gesellschaftskritische und emanzipatorische Perspektive gewonnen werden. Wir sollten nicht wollen, dass „alles wieder normal“ wird. Wir sollten anstreben und dafür kämpfen, dass die Verhältnisse grundlegend andere werden.

4) Kritik am staatlichen Hygienemanagement

Die staatlichen Maßnahmen zur Regulierung der Pandemie waren unzulänglich, oftmals halbherzig umgesetzt und widersprüchlich. Und das in einem Zeitalter, wo es Konferenzen, Pläne und Trainings für Katastropheneinsätze gibt. Wo seit Jahrzehnten bekannt war, dass es zu einer neuartigen Pandemie kommen kann. Das ist Staatsversagen auf ganzer Linie. Doch staatlichen Akteur*innen zu empfehlen, wie sie es besser machen können, sollte nicht unsere Aufgabe sein. Vielmehr wäre es an der Zeit, dass Selbstvertrauen zu entwickeln, dass wir es selbst – angefangen bei uns – besser machen können. Selbstorganisierte Initiativen und kommunale Selbstorganisation in allen Teilen der Welt haben deutlich gemacht, dass Millionen Menschen willens und in der Lage sind, kollektiv und solidarisch zu ihrem gemeinsamen Wohl und Schutz zu handeln. Sie werden gezwungen, dies unter miserablen Bedingungen zu tun, aber trotzdem tun sie das – meistens durch viele unsichtbar gemachte Verhaltensweisen und Organisationsprozesse im Alltag.

Doch das staatliche Hygienemanagement hat noch ganz andere Facetten: Während der Pandemie stiegen die Vermögen der Milliardäre um 3,6 Billionen Euro, während viele hundert Millionen Menschen weltweit in extreme Armut gefallen sind. Im Jahr 2021 besitzen 10% der Weltbevölkerung 76% des weltweiten Vermögens, während die 50% der Armen, lediglich über 2% verfügt. Diese extreme und weiter zunehmende Ungleichheit ist das Ergebnis des organisierten Klassenkampfes von oben, deren Katalysator Krisen jeder Art sind. Durch die Corona-Pandemie werden weltweit mehr Menschen verhungern, als an Corona sterben. Und mehr Menschen in höchst prekäre Lebensverhältnisse abrutschen, als einen schweren Verlauf der Krankheit zu erleiden.

Schlimm genug, aber die Pandemie ist nun mal da. Wie kann sie mit rationalen Mittel und unter beschissenen Ausgangsbedingungen so sozial verträglich wie möglich beendet werden? Der medizinische Fortschritt ist eine echte, ungeheuer wertvolle, zivilisatorische Errungenschaft, die wir als Ausgangsbasis für ein gutes Leben für alle ansehen sollten. Ebenso sind es moderne, rationale Weltbilder, die die Grundlage für eine sozialistische Vorstellung von Freiheit, Gleichheit und Solidarität, Selbstbestimmung und vielfältige Lebensformen darstellen. Aber: Paradoxerweise kann Wissenschaft selbst zu einem Problem werden, wenn sie in „Wissenschaftsgläubigkeit“ mündet. Daher ist auch die Bezeichnung „Corona-Leugner*innen“ völliger Quatsch. Denn wenn gefährliche und bisher unbehandelbare Infektionskrankheiten eine Tatsache sind, stellt sich nicht die Frage, ob ich daran „glaube“ oder nicht. Aber wenn wir nur an eine vermeintlich einzige wissenschaftliche Interpretation von Geschehnissen „glauben“, geben wir den Anspruch auf, demokratisch über den Umgang mit ihnen zu verhandeln. So wird die Wissenschaft in den Dienst des Regierens (im weiten Sinne) gestellt – und dient damit zur Legitimationsbasis des technokratischen post-demokratischen Regimes unter dem wir leben. Das Argument des „Wissenschaftlichkeit“ dient zur Erweiterung des staatlichen Autoritarismus.

5) Eine sozial-revolutinäre Perspektive auf den pandemischen Ausnahmezustand

Meckern und herum interpretieren ist das eine. Welche Handlungsmöglichkeiten gibt es aber für emanzipatorische Akteur*innen unter den dargestellten Bedingungen? Hier einige Ansatzpunkte, die schon bekannt sind und zumindest von einigen Gruppen schon praktiziert werden:

  • Wir sollten uns mit unseren eigenen Ängsten und Hoffnungen auseinandersetzen. Statt bloß Impulsen und Reflexen nachzugehen, gilt es – ausgehend von unseren eigenen Gefühlen und Bedürfnissen – zu angemessenem und reflektiertem Handeln zu finden.
  • Wir sollten uns in verbindlichen Bezugsgruppen zusammenschließen, in denen wir uns im Alltag unterstützen, umeinander kümmern, miteinander diskutieren, streiten und gemeinsame Kämpfe führen.
  • Wir sollten uns nicht am rechtspopulistisch gelenkten Volksmob orientieren, in der falschen Annahme, dass es bei diesem noch etwas für emanzipatorische Politik zu gewinnen gäbe. Aber wir sollten den Sorgen, Ängste und den Abfuck von vielen Menschen ernst nehmen, die unter der Pandemie auf ganz verschiedene Weisen leiden.
  • Wir sollten Klassengesellschaft und Kapitalismus, staatlichen Autoritarismus, ökologische Zerstörung und Patriarchat in ihren konkreten Funktionsweisen und Auswirkungen verstehen, thematisieren, gegen sie vorgehen und Alternativen zu diesen Herrschaftsverhältnissen entwickeln.
  • Wir sollten auf all jene schauen, die besonders von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sind – und deren Stimmen im lauten Getöse des gewaltsamen Diskurses unhörbar gemacht werden. Das sind Geflüchtete, Proletarier*innen, vielfach diskriminierte und ausgeschlossen Menschen, sowie Personen, die psychisch-emotional struggeln.
  • Wir sollten auf Strukturen der Selbstorganisation jenseits von linken Szeneblasen setzen und uns dort wo wir stehen, mit Anderen gemein machen, zusammenschließen und gegenseitig unterstützen. Nicht als paternalistische Wohltätigkeit oder pseudo-staatliche Sozialarbeit, sondern in unserem Alltagsleben und auf Augenhöhe.
  • Wir brauchen nicht die bestehende Gesellschaftsordnung zu verteidigen, deren Produkt die Pandemie ist und die sie nur chaotisch und asozial zu regulieren im Stande ist. Stattdessen gilt es, mit vielen Menschen eine Vision zu spinnen, wie unser aller Leben grundlegend und langfristig besser werden kann. Denn der Wahnsinn, den wir erleben, ist vor allem Ausdruck des Wahnsinns im Normalbetriebs einer desaströsen Gesamtverfassung.
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Alle nach Zürich! Den rechten Aufmarsch verhindern!

Die antifaschistische Demo vom 12. Februar in Basel wird verschoben! Wir rufen alle dazu auf an diesem Tag gemeinsam nach Zürich zu fahren! Das ist eine Reaktion auf den Aufmarsch von organisierten Neonazis am 22. Januar in Bern. Dass Rechtsextreme als Spitze einer grossen Demonstration durch eine deutsch-schweizer Innenstadt laufen konnten, muss uns ein Alarmsignal sein: Verteidigen wir die Strassen gegen den rechten Vormarsch und brechen die Dynamik der Faschist*innen!

Für den 12. Februar wird nun zu einer Coronademo auf Zürich mobilisiert und es muss damit gerechnet werden, dass Neonazis versuchen werden ihren Auftritt zu wiederholen. Der Aufruf wurde auch bereits von Neonazis aus dem Umfeld der Hammerskins geteilt. Rechtsextreme Strukturen sind seit langem in den Coronademos involviert. Und genauso lange haben antifaschistische Recherchegruppen darauf hingewiesen. Nazis nahmen kontinuierlich an den Demos teil, machten ihre Propaganda und integrierten sich in die Organisationsstrukturen.

Nun setzen sie sich offen an die Spitze. Was in Bern passierte, fand in exakt gleicher Form zuvor in anderen europäischen Städten statt. Es ist klar zu sehen: Neonazis und sogenannte „Identitäre“ haben in den letzten Monaten ihre Vernetzung auf ein neues Niveau gebracht und es gelingt ihnen sich der diffusen Anti-Massnahmenbewegung als entschlossene Spitze aufzusetzen.

Diese Erfolgsmomente von faschistischen Gruppen bedeuten, dass sie noch mehr Zulauf haben und nach weiteren solchen Momenten streben werden. Besonders gefährlich dabei ist, dass es im Kontext eines allgemeinen gesellschaftlichen Rechtsruckes stattfindet. Wir wissen, dass in den Coronademos nicht einfach alles Nazis mitlaufen. Aber die rechtsextremen Umtriebe wurden nun zu lange toleriert. Wir sagen: Keinen Schritt weiter!

Sorgen wir gemeinsam dafür, dass unsere Strassen nicht nochmals zur Bühne für Neonazi-Propaganda werden! Haltet euch auf dem Laufenden, genauere Infos folgen.

Basel, Bern, Zürich und überall: unsere Quartiere, unsere Strassen – Nazifrei!

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Jetzt ist Schluss! Kein Nazi Aufmarsch in St. Gallen

Kein Fussbreit dem Faschismus! Nicht in St. Gallen und auch sonst nirgends. Wir sehen uns auf der Strasse! Am 05.02.22 mobilisieren wir zu einer antifaschtischen Gegenkundgebung nach St. Gallen! Kommt bunt, laut und bringt eure Freund*innen mit.

Am Samstag, dem 22.01.2022 setzten sich Faschist*innen an die Spitze der coronaleugnenden Demonstration in Bern. Den Coronaleugner*innen fiel nichts besseres ein als ihnen zu folgen. Es handelt sich dabei um die grösste Mobilisierung organisierter Faschist*innen der jüngeren Geschichte in einer schweizer Stadt. Im Umfeld der nationalistisch und antisemitisch aufgeladenen Stimmung fühlen sie sich offensichtlich wohl und akzeptiert. Hier finden ihre kruden Theorien nährhaften Boden.

Aus den selben Kreisen, die in Bern die Demonstration angeführt haben,wird am 05.02.2022 nach St. Gallen mobilisiert. Nun gilt es für uns Antifaschist*innen zu handeln. Zu lange haben wir zugesehen, wie sich «Junge Tat» und Konsorten Woche für Woche im öffentlichen Raum inszenieren können.

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Antifa in die Offensive!

Am Samstag setzten sich die Faschisten von der Jungen Tat an die Spitze der Coronademo in Bern. Dass Rechtsextreme als Spitze einer grossen Demonstration durch eine deutsch-schweizer Innenstadt laufen können, ist eine Neuheit. Wir müssen das als Signal verstehen, die Strassen gegen den rechten Vormarsch zu verteidigen und die Dynamik der Faschist*innen zu brechen.

Rechtsextreme Strukturen sind seit langem in den Coronademos involviert. Und genauso lange haben antifaschistische Recherchegruppen darauf hingewiesen. Die Junge Tat beispielsweise agierte seit Monaten als Teil der Sicherheitsstruktur der Coronademos und koordinierte sich dabei auch mit Massvoll. Nazis nahmen kontinuierlich an den Demos teil, machten ihre Propaganda und integrierten sich in die Organisationsstrukturen.
Früh haben sie erkannt, dass die Coronademos ein fruchtbarer Boden für sie ist. Es war nur eine Frage der Zeit, bis aus dem mehr oder weniger verdeckten agitieren, ein Führungsanspruch entsteht. Was in Bern am Samstag passierte, fand in exakt gleicher Form zuvor in anderen europäischen Städten statt. Es ist klar zu sehen: Neonazis und sogenannte „Identitäre“ haben in den letzten Monaten eine gefährliche Dynamik entwickelt. Sie bringen ihre Vernetzung auf ein neues Niveau und es gelingt ihnen sich der diffusen Anti-Massnahmenbewegung als entschlossene Spitze aufzusetzen.
Diese Erfolgsmomente von faschistischen Gruppen bedeuten, dass sie noch mehr Zulauf haben und nach weiteren solchen Momenten streben werden. Besonders gefährlich dabei ist, dass es im Kontext eines allgemeinen gesellschaftlichen Rechtsruckes stattfindet. Ein Grund für dieses Erstarken ist auch die Passivität von links. In einer massiven, vielschichtigen Krise ist es bisher kaum gelungen, revolutionäre linke Perspektiven auf die Tagesordnung zu setzen. Das müssen wir ändern!
Bringt euch in die Mobilisierung ein! Wir brauchen jetzt eine starke antifaschistische Bewegung! 

Quelle: https://baselnazifrei.info/blog/antifa-in-die-offensive

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