Widerstand von innerhalb der Bourgeoisie gegen den Übergang vom Marktkapitalismus zum offenen Krieg aller gegen alle bahnt sich nicht an.
Quelle: https://jungle.world/artikel/2025/10/das-kapital-trumps-zollpolitik-die-zahnfee-zahlt-nicht
Wo sind die Repräsentanten des Großkapitals, wenn man sie ausnahmsweise mal brauchen könnte? Die Auflösung internationaler Bündnissysteme, die Destabilisierung des Welthandels durch hohe Strafzölle und die Sabotage der US-Staatsverwaltung dürften die Profite mindern – man sollte also annehmen, dass die von globalen Geschäften abhängigen US-Großkonzerne ihre Interessen gegenüber Präsident Donald Trump vertreten würden. Doch davon ist wenig zu hören.

Immerhin, da gibt es noch den Großinvestor Warren Buffett, der mit einem Vermögen von etwa 160 Milliarden US-Dollar vom Magazin Forbes als sechstreichster Mann der Welt geführt wird. »Sie sind gewissermaßen eine Kriegshandlung«, kommentierte er am Sonntag die von Trump gegen Mexiko, Kanada und China verhängten Strafzölle. Innenpolitisch wirkten sie wie eine Besteuerung von Waren, denn »die Zahnfee zahlt sie nicht«.
»Es ist ein Klassenkrieg. Meine Klasse gewinnt, aber das sollte sie nicht.« Warren Buffett
Allerdings stand der nunmehr 94jährige Buffett schon immer für jene Minderheit der Milliardäre, denen das Geld nicht den Verstand vernebelt hat und die wussten, dass unbegrenzte unternehmerische Macht langfristig das Geschäft schädigt. 2005 sagte er: »Es ist ein Klassenkrieg. Meine Klasse gewinnt, aber das sollte sie nicht.«
Die meisten Lohnabhängigen in den USA haben nun stillschweigend kapituliert oder sich dem Klassenfeind zu Füßen geworfen. Im Lager der Sieger könnte nun geschehen, was in anderen Formen aus der Geschichte allzu erfolgreicher Kriegskoalitionen bekannt ist: Ohne Bedrohung von außen fällt man im Kampf um Macht und Reichtum übereinander her.
Peter Thiel, IT-Großinvestor und Unterstützer Trumps, pries bereits 2015 im Wall Street Journal Monopole: »Wettbewerb ist für Verlierer.« Das Pendant zu einer Außenpolitik, die darauf zu zielen scheint, die Welt zwischen den USA, Russland und China aufzuteilen, könnte eine Innenpolitik sein, die rechtslibertären IT-Oligarchen eine Führungsrolle zuschanzt und den Rest der Geschäftswelt als Dienstleister für ein ideologisch bestimmtes Projekt US-amerikanischer »Größe« in die Pflicht nimmt.
»Wettbewerb ist für Verlierer.« Peter Thiel
Ohne dass offen Druck ausgeübt wurde, haben zahlreiche Großkonzerne, unter anderem Pepsi, Google und General Motors, ihre DEI-Programme (diversity, equity, inclusion) gestrichen; bereits Anfang Januar hatten die sechs größten US-Banken (Goldman Sachs, Wells Fargo, Citi, Bank of America, Morgan Stanley, JP Morgan) die Net-Zero Banking Alliance verlassen, deren Mitglieder ihre Geschäftspolitik am Ziel der Klimaneutralität bis 2050 ausrichten wollten.
Die Zeit, da eine revolutionäre Bourgeoisie den königlichen Bajonetten trotzte, ist lange vorbei. Mittlerweile scheint die große Mehrheit der Kapitalbesitzer:innen nicht einmal mehr in der Lage zu sein, ihre Geschäftsinteressen zu vertreten, und entfällt damit wohl als Kraft, die das außen- und innenpolitische Abenteurertum Donald Trumps bremsen könnte.