Am 13. September 2022 zwischen 18:00 und 18:30 verliess Jina Mahsa Amini die U-Bahn mit ihren drei Begleiter*innen, als sie von der iranischen Sittenpolizei wegen angeblich «unislamischer Kleidung» angehalten wurde. Unter Protest wurde sie gewaltsam festgenommen ihrem ebenfalls protestierenden Bruder, der sie begleitete, wurde mitgeteilt, dass Mahsa eine „Erziehungs- und Orientierungs-Lektion“ erhalten und nach einer Stunde freigelassen würde. Dazu sollte es aber nie kommen.
Ihre drei Begleiter*innen folgten dem Polizeiwagen zur Vozava Polizeistation, wo sie 2 Stunden auf Mahsa wartete. Nach ihren Angaben hörten sie und andere beim Warten Schreie aus der Wache. Viele Frauen, die das Gebäude verliessen, erklärten: „Die haben da drin jemanden umgebracht.“ Nach anderen Angaben sagten sie: „Sie haben sie [Jina Mahsa Amini] getötet.“
Später freigegebene Überwachungsvideos zeigen, wie Jina mit anderen Frauen aus einem Polizeibus stieg und die Stufen zur Polizeiwache hinaufgeführt wurde. Dort saß sie eine Weile in einem Warteraum, stand dann auf, sprach eine Polizistin an und zeigte ihr ihren langen Umhang. Um 7:56 Uhr legte sie ihre Hände auf ihren Kopf, streckte sich kurz und brach dann zusammen.
Nach ihrem Kollaps kam ein Krankenwagen und brachte sie in das Kasra-Krankenhaus in Teheran. Laut ihrem Cousin brauchte der Krankenwagen 30 Minuten bis zur Polizeiwache und nochmals anderthalb Stunden bis zum Krankenhaus. Nach einem Krankenhausbericht erlitt Jina Amini ein Schädel-Hirn-Trauma und war schon bei der Ankunft medizinisch tot. Sie lag noch zweieinhalb Tage lang im Koma, bis sie am 16. September 2022 offiziell für tot erklärt wurde.
Am 21. September 2022 wäre sie 23 Jahre alt geworden
Jina ist Mahsas kurdischer Name, der im Iran verboten ist, dennoch kannten sie alle nur unter dem Namen Jina, weshalb auch wir sie im weiteren Verlauf Jina nennen, werden.
Jina wollte ein unabhängiges Leben nach eigenen Entscheidungen. Verwandte beschrieben sie als scheu, freundlich, hilfsbereit gegenüber Gästen, immer lächelnd und voller Begeisterung und Energie. Genau wie viele andere iranische Frauen lehnte sie die stattliche Hidschab Pflicht ab. Neben Mode liebte sie Musik, Tanz, Reisen, Kunst und Literatur.
Jinas Tod löste im Iran die heftigsten Proteste seit dem Machtantritt des Regimes 1979 und eine unfassbare Welle der Repression aus. Bis zum 8. Dezember 2022 registrierte die Menschenrechtsorganisation HRANA 481 namentlich bekannte sowie etwa 130 unbekannte Todesopfer der Proteste im Iran ab September 2022.
Während die Proteste im Iran für mehr Frauenrechte und gegen das Regime anhalten, ist die internationale Aufmerksamkeit schon lange abgerückt. Im Iran sind Todesstrafen nach unfairen Prozessen so wie Folter und sexuelle Gewalt an der Tagesordnung. Das Regime klammert sich mit allen Mitteln an die Macht und hat es dabei vor allem auf ethnische Minderheiten abgesehen.
Wir fordern die internationale Zivilgesellschaft dazu auf, ihr unbedingte Solidarität zum Ausdruck zu bringen. Lasst uns dafür und in Solidarität mit der protestierenden Bevölkerung im Iran, ein Jahr nach Jinas offiziellem Tod in Luzern auf die Strasse gehen
Jin Jiyan Azadi!