Angriffe in Chemnitz: Schwere Vorwürfe gegen Landesregierung und Polizei

Die erneute Eskalation von Gewalt in Chemnitz am Montag abend hat am Dienstag für heftige Kritik an der sächsischen Landesregierung und Polizei gesorgt. Diese verteidigten den Einsatz dennoch als erfolgreich. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und Landesinnenminister Roland Wöller (beide CDU) sprachen von einem »erheblichen Mobilisierungspotential«, dramatisch beschleunigt durch das Internet. »Es ist ein Test, dem wir hier unterzogen werden«, sagte der Ministerpräsident.

chemnitz
Derweil kündige die Polizeiführung an, weitere Beamte in die Stadt zu schicken. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei in Sachsen, Torsten Scheller, sprach am Dienstag von einer »hervorragenden Arbeit« der Beamten. Die Aufrufe der Polizei zur Ruhe und Friedlichkeit sowie das Auffahren von Wasserwerfern hätten deeskalierend gewirkt. Minister Wöller kündigte an, polizeiliche Maßnahmen in Chemnitz erheblich ausweiten zu wollen. »Die eingesetzten Beamten haben einen verdammt guten Job gemacht«, sagte er. Ministerpräsident Kretschmer wiederum erklärte auf die Frage nach dem Polizeieinsatz: »Ich sehe das Ergebnis. Das Ergebnis stimmt.«

Gegenüber dem Nachrichtensender N-TV forderte der Kovorsitzende der Partei Die Linke, Bernd Riexinger, Minister Wöller müsse zurückgetreten. Dieser sei vom Verfassungsschutz gewarnt worden, dass sich »aus der ganzen Bundesrepublik rechtsradikale, gewaltbereite Gruppen in Chemnitz einfinden werden«. Riexinger bescheinigte der Landesregierung ein »totales Versagen«. Die Sprecherin für Innenpolitik der Bundestagsfraktion von Die Linke, Ulla Jelpke, nahm CDU und AfD in Mitverantwortung für das Geschehen in Chemnitz. Gegenüber dpa sagte sie am Dienstag: »In Sachsen erleben wir ein widerwärtiges Konglomerat aus rechter Hetze aus der Union, die sich seit Jahren schützend vor den rassistischen Mob stellt, geistigen Brandstiftern von der AfD, einer von ›besorgten Bürgern‹ durchdrungenen Polizei und militanten Neonazis auf der Straße.«

Seitens der Bundesregierung wurde die Gewalt in Chemnitz verurteilt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach in Berlin von »Hetzjagden« und »Zusammenrottungen« und erklärte, diese hätten »mit unserem Rechtsstaat nichts zu tun«. Innenminister Horst Seehofer (CSU) bot die Unterstützung der Bundespolizei für die sächsischen Behörden an.

In ihrer Einsatzbilanz sprach die Polizei von 43 Anzeigen, unter anderem wegen Körperverletzung, Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und Landfriedensbruch. Gegen zehn Menschen werde wegen des Zeigens des »Hitlergrußes« ermittelt, hieß es.

Auslöser der Ausschreitungen war der Tod eines 35jährigen auf dem Chemnitzer Stadtfest in der Nacht auf Sonntag. Dort soll es eine Auseinandersetzung zwischen mehreren Männern gegeben haben. Gegen zwei von ihnen wurden Haftbefehle erlassen. Die Hintergründe des mutmaßlichen Mordes sind weiterhin unklar. Am Sonntag waren Hunderte Rechte durch die Stadt gezogen und hatten Menschen attackiert, die sie für Ausländer hielten.

Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/338770.rechte-gewalt-das-ergebnis-stimmt.html

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