Trauer und Wut in Gaza

Palästina: Generalstreik und weitere Massenproteste am 70. Jahrestag der »Nakba«. Wieder sterben Menschen

Die Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland haben am Dienstag mit einem Generalstreik und Kundgebungen an den 70. Jahrestag der »Nakba« (Katastrophe) erinnert. Nach der Staatsgründung Israels 1948 waren Hunderttausende Menschen aus ihren Häusern und von ihren Ländereien vertrieben worden. Bis heute leben viele von ihnen oder ihre Nachkommen in riesigen Flüchtlingslagern, die in den Nachbarstaaten errichtet wurden. Die Forderung nach einem Rückkehrrecht für diese Menschen ist eine der zentralen Losungen der palästinensischen Freiheitsbewegung. Zudem richteten sich die Proteste am Dienstag auch gegen das Massaker der israelischen Armee am Vortag im Gazastreifen. Die Zahl der am Montag getöteten Demonstranten stieg nach Angaben des Gesundheitsministeriums auf über 60, unter ihnen waren acht Kinder. Gestern morgen starb ein acht Monate altes Baby, nachdem es im Osten des Gazastreifens Tränengas eingeatmet hatte.

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Im Laufe des Tages kam es wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und israelischen Soldaten, wie das Palestine News Network berichtete. Unter anderem in Hebron, Bethlehem und Ramallah setzten sich demnach Jugendliche mit Steinwürfen und Barrikaden gegen die Besatzungstruppen zur Wehr. Und wieder starben Menschen. Unter anderem erschossen Soldaten in Nuseirat einen 15jährigen, wie das palästinensische Gesundheitsministerium mitteilte.

Der Sprecher des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, Rupert Colville, verurteilte am Dienstag die »schrecklichen Nachrichten« aus Gaza: »Die völkerrechtlichen Regeln für den Einsatz von Gewalt sind oft wiederholt worden, aber es scheint, dass sie immer und immer wieder ignoriert werden. Es scheint, dass jeder in Gefahr gerät, erschossen oder verwundet zu werden: Frauen, Kinder, Journalisten, Ersthelfer, Unbeteiligte, und das offenkundig in bis zu 700 Meter Entfernung vom Zaun.«

Südafrika berief seinen Botschafter Sisa Ngombane »bis auf weiteres« aus Israel zurück. Das Außenministerium in Pretoria verurteilte die Gewalt »in der schärfsten Form« und verlangte den Rückzug der israelischen Armee. Die Gewalt verhindere den Wiederaufbau der palästinensischen Institutionen. Auch die Türkei fror die diplomatischen Beziehungen ein. Israels Botschafter wurde nahegelegt, er solle »für einige Zeit« in seine Heimat zurückkehren. Die belgische Regierung bestellte Israels Botschafterin Simona Frankel ein, nachdem diese im Rundfunk erklärt hatte, die am Montag im Gazastreifen getöteten Palästinenser seien allesamt »Terroristen« und der Einsatz der israelischen Armee sei verhältnismäßig gewesen.

Washington stellte sich hinter das israelische Regime. Im UN-Sicherheitsrat behauptete Botschafterin Nimrata »Nikki« Haley, »kein Land in diesem Rat« würde »mit größerer Zurückhaltung handeln, als Israel es getan hat«. Die Bundesregierung vermied eine klare Verurteilung des israelischen Vorgehens. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Dienstag in Berlin, die israelische Regierung habe das Recht und die Pflicht, sowohl die Sicherheit ihrer Bürger als auch die Sicherheit ihrer Grenzen zu schützen. »Aber dabei muss Verhältnismäßigkeit eingehalten werden.« Dies gelte insbesondere für den Einsatz von scharfer Munition. Alle Parteien seien aufgerufen, zur Deeskalation der Lage beizutragen.

Quelle: https://www.jungewelt.de/artikel/332505.trauer-und-wut-in-gaza.html

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