Solidaritätskomitee Rojava – Luzern
Newsletter 15
In der Nacht auf Freitag ist in der Türkei der wichtigste Oppositionspolitiker des Landes verhaftet worden: Selahattin Demirtas droht eine Verurteilung zu 500 Jahren Haft. Mit ihm ist auch die andere Co-Vorsitzende der linken und prokurdischen Partei HDP, Figen Yüksekdag, und eine Reihe weiterer gewählter linker und demokratischer PolitikerInnen verhaftet worden. In den folgenden Stunden und Tagen werden vermutlich unzählige weitere Parteimitglieder verhaftet werden. Die bedeutendste Oppositionspartei der Türkei soll vernichtet werden.
Wo gab es das das letzte Mal, dass die wichtigsten Demokraten und Linken direkt im Kerker landeten? Erinnerungen an Deutschland 1933 und an Chile 1973 werden unweigerlich wach. Die Türkei ist zu einer faschistischen Diktatur geworden, wo bekannte und unbekannte Menschen verhaftet, gefoltert und getötet werden, weil sie sich für Gleichberechtigung und Emanzipation einsetzen.
Die neuste Verhaftungswelle ist allerdings nur ein neuer Höhepunkt der Politik, die der türkische Präsident Recep Erdogan seit mehr als einem Jahr in den kurdischen Gebieten der Türkei verfolgt. In den Städten und Dörfern der kurdischen Stammlanden sind Menschenrechte und demokratische Grundrechte laufend ausser Kraft gesetzt worden. In diversen Städten sind in den letzten Monaten HDP-BürgermeisterInnen abgesetzt und durch eine Zwangsverwaltung ersetzt worden. Menschen werden willkürlich verhaftet, Häuser geschleift und Quartiere unbewohnbar gemacht. Die Regierung von Ankara hat den Bürgerkrieg bewusst gesucht und entfesselt.
Umso verrückter ist es, dass gestern Donnerstag der türkische Aussenminister in Bern zu Besuch bei Aussenminister Didier Burkhalter war und vom Bundesrat eine Plattform erhielt für seine Lügen gegen die linke, kurdische Bewegung. Bis heute ist nie ein offizielles Statement des Bundesrates gegen die türkische Kriegspolitik erfolgt.
Noch stossender ist die Haltung der EU. Erdogan weiss, dass er schalten und walten kann, wie er will, weil er für die EU das “syrische Flüchtlingsproblem löst”. Das heisst: Nicht nur die syrischen Flüchtlinge, die in den Lagern in der Türkei unter erbärmlichsten Bedingungen leben müssen, sind Opfer der feigen Politik der EU. Die feige EU-Politik macht auch den Krieg gegen die KurdInnen möglich.
Verfolgt von Erdogan, verraten von der EU: Jetzt braucht es starke Signale, jetzt braucht es die internationale Solidarität mit dem Widerstand der Kurdinnen und Kurden. Beteilige dich auch du an Aktionen und Demonstrationen. Am Freitag demonstrierten mehrere hundert Personen in Bern, am Samstag, 5. November, startet um 14 Uhr auf dem Zürcher Helvetiaplatz eine Demo. Weitere Aktionen und Demonstrationen werden sicher folgen. Wir halten dich auf dem Laufenden.
Der kranke Mann am Bosporus muss gestoppt werden, Erdogan muss weg, besser heute als morgen!
Sendehinweis: Heute strahlte der Radiosender SRF 2 – Kultur eine Reportage über die staatliche Vertreibungs- und Kriegspolitik in Diyarbarkir, der kurdischen Hauptstadt in der Türkei, aus. Zu hören unter: http://www.srf.ch/sendungen/passage/wie-diyarbakir-zerstoert-wird