Türkei: AKP-Regime schließt weitere kurdische Medien und entlässt zusätzlich 10.000 Beamte. Erdogan will Todesstrafe wiedereinführen
Das weiterhin mit Notstandsdekreten herrschende AKP-Regime unter dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan hat am Wochenende erneut die Diskussion über die Wiedereinführung der Todesstrafe angeheizt. Bei der Eröffnung eines Bahnhofs für Hochgeschwindigkeitszüge am Samstag in Ankara erklärte Erdogan, er würde dem Parlament bald einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Erdogan ist davon überzeugt, dass die Mehrheit der Abgeordneten des türkischen Parlaments solch einem Vorschlag zustimmen würde. Sollte das passieren, werde er das Gesetz ratifizieren, so der AKP-Politiker.
Der Europarat informierte am Sonntag, die Wiedereinführung der Todesstrafe werde einen Ausschluss der Türkei nach sich ziehen. »Die Anwendung der Todesstrafe ist unvereinbar mit der Mitgliedschaft im Europarat«, erklärte die 47 Staaten umfassende Organisation im Internet. Erdogan bekräftigte bei seiner Rede in Ankara, dass es ihn nicht interessiere, was »der Westen« sage.
Am Wochenende war das AKP-Regime mit weiteren Notstandsverfügungen gegen die Opposition in der Türkei vorgegangen. Durch die am Samstag im Amtsblatt veröffentlichten präsidialen Dekrete wurden 15 vor allem prokurdische Medien geschlossen, darunter die Nachrichtenagentur DIHA und die einzige Frauennachrichtenagentur der Welt, JINHA. Unter den geschlossenen Zeitungen befinden sich neben Özgür Gündem und der kurdischsprachigen Azadiya Welat vor allem lokale Blätter. Sie alle sollen laut Anadolu der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahestehen.
Wie die sozialistische Nachrichtenagentur ETHA berichtete, wurden die betroffenen Redaktionen am frühen Sonntag morgen von Spezialeinheiten der Polizei gestürmt, durchsucht und versiegelt. Damit steigt die Zahl der seit dem Putschversuch am 15. Juli verbotenen Medien auf über 180. Unterdessen kündigte der vor drei Wochen per Dekret geschlossene Rundfunksender Özgür Radyo auf seiner Internetseite an, in Kürze sein Programm im Internet wiederaufzunehmen und so dem Verbot zu trotzen.
Ebenfalls am Samstag wurden erneut 10.000 Staatsbedienstete entlassen. Darunter waren 2.500 Justizbeamte, 2.200 Angestellte in der Bildungsverwaltung und 1.300 Hochschuldozenten. Laut der Internetseite www.turkeypurge.com sind damit seit dem 15. Juli mehr als 100.000 Menschen entlassen worden, ohne die Chance, wieder in den öffentlichen Dienst zurückzukehren. In Zukunft werden dem Dekret zufolge, die Rektoren nicht mehr an den Universitäten gewählt, sondern vom Staatspräsidenten ernannt.
Auch die Repression gegen die linke, prokurdische Demokratische Partei der Völker (HDP) hält an: Am Samstag wurde der Kovorsitzenden der HDP, Figen Yüksekdag, per Gerichtsbeschluss verboten, das Land zu verlassen. Außerdem muss sie sich nun regelmäßig bei der Polizei melden. Als Grund für die Entscheidung gab das Gericht laut ETHA »Fluchtgefahr« an, da gegen Yüksekdag mehrere Verfahren wegen »Unterstützung einer Terrororganisation« anhängig seien.
Auch der Vizekovorsitzende der HDP, Alp Altinörs, der seit dem 16. September in Untersuchungshaft sitzt, ist weiteren Maßnahmen ausgesetzt. Laut ETHA ordnete ein Gerichte die Beschlagnahmung von Briefen an, die Altinörs aus dem Gefängnis schicken wollte. Zukünftig ist es ihm zudem verboten, Briefe zu schreiben.