Die Gruppe Gundula hat sich dazu entschieden, das belebte Haus an der Obergrundstrasse 99 am kommenden Samstag friedlich zu verlassen. Aufgrund der bisherigen intransparenten Kommunikation, die grösstenteils nicht direkt sondern über die Medien erfolgte, ist ein Verlassen des Hauses bis Donnerstag zu kurzfristig. Der Auszug des Projekts Gundula am kommenden Samstag signalisiert, dass die Gruppe an einer friedlichen Beendigung des Projekts an der Obergrundstrasse ohne polizeiliche Repression interessiert ist. Das politische Signal, welches die Menschen, welche an dem Projekt mitwirkten während zwei Wochen gesetzt haben, wird auf jeden Fall weitergetragen.
Während mehr als zwei Wochen hat das Projekt Gundula mehr für die Gesellschaft geleistet, als die Bodum Invest AG während zwei Jahren. Der inakzeptablen Vorgehensweise der Bodum Invest AG steht bis zum heutigen Tag eine sehr positive Resonanz seitens der Bevölkerung Luzerns entgegen. Die Gruppe fühlt sich dadurch bestätigt, mit der Belebung der Obergrundstrasse mehrere stossende Punkte in der Entwicklung der Stadt Luzern thematisiert zu haben, die für die Gruppe auch nach dem erfolgten Auszug aktuell bleiben:
Es war möglich innerhalb kurzer Zeit, ohne Nutzungskonzept und GeldgeberInnen einen Raum zu schaffen, der auf kollektiv gefällten Entscheidungen und Grundsätzen fusste, die durch die beteiligten Personen nicht nur besprochen, sondern auch gelebt wurden. Die Obergrundstrasse 99 wurde zu einem Ort, den Menschen gemeinsam und solidarisch, unabhängig von Geschlecht, Herkunft und Einkommen nutzten und gestalteten. In einer Zeit, in der davon ausgegangen wird, dass Kultur nur mit Fachausweis, grosser Administration und in millionen-teuren Gebäuden geschaffen werden kann, ist das Projekt Gundula ein radikales politisches Signal. Hunderte Menschen zeigten eindrucksvoll, wie viel kreatives Potenzial in der Stadt Luzern momentan nicht umgesetzt werden kann und dass ein Raum wie Gundula funktioniert. Luzern braucht einen neuen Kulturkompromiss.
Dass ein illegal belebter Leerraum auf grösseren Rückhalt bei grossen Teilen der Luzerner Bevölkerung stiess, als die Eigentumsansprüche hinter einem legal besetzt gehaltenen Leerraum macht ein weiteres Missverhältnis deutlich. Während sich Freiraum in der Stadt zusehends verknappt, können es sich einige wenige leisten, Raum ungenutzt besetzt zu halten. Das Projekt Gundula hat die verkrusteten Eigentums- und Nutzungsverhältnisse bei gezielt leergehaltenen Räumen in Frage gestellt. Wir sind der Überzeugung, dass Eigentum auch Verantwortung gegenüber der Gesellschaft mit sich bringen muss, sollte es legitimiert sein. Ungenutzter Raum ist Diebstahl. Diese Aussage ist weniger radikal als es manche Personen interpretieren könnten. Hunderte Menschen haben sich trotz Androhung strafrechtlicher Konsequenzen beim Projekt Gundula eingebracht. Dass sich diese Menschen keiner Straftat bewusst waren, diesen zu lange leer gehaltenen Raum zu nutzen, ist eine starke politische Aussage. Deshalb braucht es grundlegende Veränderungen. Wenn es Gesetze es verbieten, ungenutzten Raum zu nutzen, dann ist nicht das Verhalten der nutzenden Personen falsch, sondern die Gesetze selber. Es kann nicht mehr der Normalfall sein, dass Räume als Kapitalanlagen leer gehalten werden. Vielmehr soll es eine Selbstverständlichkeit sein, dass leerstehende und dazu geeignete Gebäude der Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden müssen. Das Allgemeinwohl ist stärker zu gewichten als die Profitmöglichkeiten einzelner Personen oder Firmen.