Quelle: http://www.zentralplus.ch/de/news/politik/5101799/Pegida-Schweiz-Nichts-als-heisse-Luft.htm
In Luzern meldete Pegida Schweiz eine Kundgebung an. Das tat sie in anderen Städtchen auch. Überall vergebens. Ein Blick auf eine Bewegung, die nicht über Ankündigungen hinauskommt.
Pegida Schweiz erreicht zwar grosse Medienbeachtung, auch in den vergangenen Wochen. Nur: Wer ist denn Pegida Schweiz? Eine Volksbewegung – oder ein Zeitvertreib einiger politisch Rechtsaussenstehender?
Die Schweiz gilt als Vorbild
Bei den Pegida-Leuten – wie bei vielen Islamophoben – hat die Schweiz einen guten Ruf. Sie sagen, es sei wegen der direkten Demokratie und sie freuen sich über «das Minarettverbot». Gibt es auch eine Pegida-Bewegung in der Schweiz? Auf Facebook erhält eine Pegida-Schweiz-Gruppe bereits im Dezember 2014 viel Unterstützung, aber damit hat es sich, bis in Paris einheimische islamistische Terroristen die «Charlie Hebdo»-Redaktion angreifen und zwölf Menschen ermorden.
Tage später berichtet die «Sonntagszeitung»: Nur wenige Stunden nach dem Pariser Attentat sei ein «Verein Pegida Schweiz» gegründet worden, von einem «Dutzend Personen aus christlich-rechten Kreisen». Die Gründer dürfen anonym bleiben, erhalten aber Unterstützung. «Ich begrüsse es, wenn auch in der Schweiz Pegida-Demos stattfinden», meint Anian Liebrand, ehemaliger Präsident der JSVP Schweiz. Er kann sich vorstellen, dass die Jungpartei einen Protestaufruf offiziell unterstützt.
Dann outet sich das ehemalige PNOS-Mitglied Ignaz Bearth als Pegida-«Sprecher», und die SVP-Unterstützung geht flöten. Die Glaubwürdigkeit auch, Tage später tritt Bearth als Sprecher zurück, «zum Wohle von Pegida Schweiz». Allerdings nur für kurze Zeit. Er hatte auf seinem persönlichen Facebook-Konto behauptet, dass nicht Pegida, sondern die Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Regierung die «wirklichen Nazis in Berlin» seien. Support erhält Pegida nun von der PNOS, man werde «an dem geplanten Aufmarsch selbstverständlich teilnehmen!». Monate später freut sich auch Bearth über die Unterstützung der völkisch-inspirierten «Identitären», einer Kleinstgruppierung, die ein Europa ohne Muslime anstreben, bewohnt von Menschen weisser Hautfarbe.
Wer macht das Pegida-Geschrei?Gerade einmal vier Herren bilden Pegida Schweiz: Ein Rechtsextremist (Eric Weber) und drei Mitglieder der «Direktdemokratischen Partei der Schweiz» (DPS), einer politischen Totgeburt, die bei der Gründung viel Medienaufmerksamkeit auf sich ziehen konnte, aber nicht vom Fleck kommt. Pegida-Präsident ist der Thurgauer Mike Spielmann, Mitglied einer methodistischen Freikirche. Ansonsten kämpft der christliche Fundamentalist gegen die EU und gegen die KESB.
Der bekannteste DPSler und Mitbegründer ist der 31-jährige Uznacher Ignaz Bearth, einst Exponent der rechtsextremen «Partei National Orientierter Schweizer» (PNOS), dann Mitglied und Aktivist der SVP Uznach, bis er einen Fanclub für den österreichischen FPÖ-Präsidenten Heinz-Christian Strache betrieb und seinen SVP-Platz räumen musste. Aktuell kandidiert er auf der DPS-Liste für den St. Galler Kantonsrat.
Keine Verbindungen (mehr) zur SVP
Andernorts macht Bearth bereits Karriere. Als Schweizer Redner tritt er bei Pegida-Kundgebungen auf, in Deutschland, in Österreich. In Leipzig wetterte er im Januar 2016 gegen «rote Ratten». Im Herbst bezeichnete er in Dresden die deutsche Bundeskanzlerin als «Volksverräterin».
Wie Bearth musste auch der dritte DPS-Aktivist die SVP unfreiwillig verlassen. Tobias Steiger war bis Juli 2015 Präsident der SVP Dornach. Er begrüsste dann den Ertrinkungstod eines Asylbewerbers («Sollen sie mit Gott gehen, Hauptsache sie gehen zurück.») und meinte: «Warum sollen wir uns von Rechtsradikalen abspalten, wo wir gemeinsame Interessen haben?» Da könne man zusammenspannen, auch wenn man nicht mit allem einverstanden sei. Vor dem drohenden Ausschluss verliess Steiger die SVP.
Le Pen war eingeladen
Und da ist noch Eric Weber, baselstädtischer Grossrat und einziger Vertreter der «Volks-Aktion gegen zu viele Ausländer und Asylanten», er verhalf den darbenden Schweizer Pegida-Anhängern Anfang Januar zu einem weiteren Aufmerksamkeitsschub. Zuerst erreichte er in Basel eine Kundgebungsbewilligung, dann eine unkritische Berichterstattung in der Sonntagszeitung. «Der lokale Anlass» Pegida-Demo drohe «zu einem internationalen Aufmarsch von prominenten Rechtsextremen zu werden.»
Auf der provisorischen Rednerliste ständen «unterdessen Ausländerfeinde aus mehreren Ländern», darunter der greise Jean-Marie Le Pen, langjähriger Front-National-Anführer. Weber habe «seine Kontakte zu europäischen Rechtsextremisten» genutzt. Die Kontakte beschränkten sich allerdings auf Webers Hobbys: Er liebt es, sich per Selbstauslöser mit bekannten Rechtsextremen abzubilden, bereits vor dreissig Jahren sass er mit Le Pen auf einem Sofa. Die Folgen waren absehbar: Die Demo wurde von den Behörden abgesagt und die anderen Pegida-Exponenten distanzierten sich von Weber.
Fazit: nur Polit-Plagöris
Hinter Pegida Schweiz stehen wenige islamophoben Polit-Plagöris, die mehr Gegendemonstranten als Unterstützer mobilisieren können. In den vergangenen vierzehn Monaten hat sie drei Kleindemos (80 bis 300 Teilnehmer plus einige Gegendemonstranten) zu Stande gebracht, allerdings ennet der Grenze, zweimal in Weil am Rhein, einmal in Kandern (8000 Einwohner), im Schwarzwald noch hinter Weil am Rhein.