Quelle: http://www.medico.de/
Kobanê ist aus den Schlagzeilen und steht doch weiter unter Beschuss. Der gewalttätige Vormarsch der IS-Milizen hatte zuvor das kleinste, fast vollständig eingekesselte Kanton der kurdischen Selbstverwaltung in Syrien zum Symbol des Widerstands gegen den IS-Terror gemacht. Während in der Stadt weiterhin gekämpft wird, versuchen sich die BewohnerInnen auf der anderen Seite der Grenze, im kurdisch-türkischen Suruç, auf den nahen Winter vorzubereiten.
Durch die Angriffe des IS wurden alle vier Krankenhäuser in Kobanê zerstört, in einem war auch die von medico unterstützte Blutbank untergebracht. Umso bedeutender ist daher jetzt die medizinische Versorgung in Suruç. Denn nicht nur die Flüchtlingsfamilien brauchen Hilfe bei Alltagskrankheiten und der Versorgung der Kinder, auch von jenseits der Grenze kommen immer wieder Verwundete zu den erschöpften ÄrztInnen.
Unsere kurdischen Kollegen in Kobanê berichten uns, dass sich durch das einsetzende kühle Wetter und die häufigen Regenfälle die hygienischen Verhältnisse in der umkämpften Stadt dramatisch verschlechtert hätten. Dr. Hikmet vom medizinischen Komitee in Kobanê sagte uns, dass vor allem die verbliebene Zivilbevölkerung unter zunehmenden Alltagskrankheiten aufgrund des verschmutzten Wassers leiden würde: „Viele Kinder haben Haut- und Durchfallkrankheiten, ältere Menschen können aufgrund der täglichen Bombardierungen nicht mehr aus dem Haus gehen. Und wenn sie es können, dann haben wir keine Möglichkeiten ihnen zu helfen. Wir können mit den wenigen Medikamenten lediglich kleine Verletzungen behandeln oder für kurze Zeit das Blut stillen. Wir haben keinerlei Operationsräume, geschweige denn die notwendigen chirurgischen Geräte, um ernsthafte Operationen durchzuführen. Da wir auch keinen Strom haben, ist die Beleuchtung sehr mangelhaft, besonders jetzt, wo es schon früh am Tage dunkel wird.“ Hinzu käme der Mangel an vitaminhaltiger Nahrung, an Milch für die Kinder und Heizstoffen für die beginnenden kalten Nächte.
Grenzüberschreitende Nothilfe für Flüchtlinge aus Syrien und Kurdistan
Aber auch in Suruç auf der türkischen Seite stellen die sinkenden Temperaturen die Menschen vor neue Herausforderungen. Die Zelte in den Flüchtlingslagern haben nur ein provisorisches Fundament und drohen bei längeren Regenfällen weggeschwemmt zu werden oder im Morast zu versinken. Sie sind zumeist nicht winterfest, es fehlt an Heizquellen und an Kochmöglichkeiten. Hinzukommt, dass auch die Trinkwasserversorgung und die sanitären Einrichtungen nicht für die Winter ausgerichtet sind. All das geschieht jetzt in fieberhafter Eile. Viele helfen mit, die EinwohnerInnen in Suruç teilen Hausrat und Kleider mit den Flüchtlingen, die Stadtverwaltung stellt ihnen alle öffentlichen Orte zur Verfügung, Freiwillige versuchen die Lagerplätze auszubessern. Aber natürlich reicht das alles nicht, vor allem wenn erst der Schnee fällt und die wirklich dunklen und kalten Tage beginnen.
medico hat von Anfang an die Bevölkerung in Kobanê mit medizinischer und humanitärer Nothilfe unterstützt. Wir lieferten Medikamente in die Stadt, als sie noch belagert, aber noch nicht angegriffen wurde, wir brachten eine Blutbank in das dortige Krankenhaus, als der Angriff durch den IS unmittelbar bevorstand. Als die Zivilisten Kobanê verlassen mussten, versorgten wir sie mit Decken, um die ersten Nächte auf der türkischen Seite schlafen zu können. Jetzt haben wir auf Bitten der Ärzte von Kobanê einen Krankenwagen bereitgestellt, um Menschenleben retten zu können.