Mit der Logik der Sparpakete brechen

Mit der Logik der Sparpakete brechen

 

Es ist ein wenig wie im Film Und täglich grüsst das Murmeltier: Seit die Krise des Kapitalismus in Europa 2011 so richtig durchgebrochen ist, vollzieht sich in vielen Kantonen der Schweiz jeden Herbst ein merkwürdiges Ritual. Die Kantone verzeichnen ein tiefes Loch in der Kasse und die Regierungen schnüren ein Sparpaket. Die sozialdemokratischen PolitikerInnen und die Gewerkschaften beklagen die gesunkenen Steuereinnahmen, es kommt zu einer Demonstration und im besten Fall wird eine Petition aufgesetzt. Doch diese symbolischen Aktionen ändern an den Sparvorhaben der Herrschenden kein Jota. Das Sparpaket kommt, möglicherweise mit kosmetischen Änderungen, durch die Abstimmung. Der Widerstand dagegen versinkt im Tiefschlaf bis zum nächsten Herbst. Dann wiederholt sich das gleiche Spiel. Nur werden die Einsätze höher, die Repression gegen Arbeitslose stärker, der Stress für die staatlichen ArbeiterInnen grösser.

Aus der Wiederholung der herbstlichen Sparübung scheint es kein Ausbrechen zu geben. Letztes Jahr schnürten rekordverdächtige 16 Kantone ein Sparpaket und viele Städte und Gemeinden sparen ebenfalls. So stehen wir dieses Jahr auch in Luzern vor einem neuen Sparprogramm. Unter dem formschönen Namen „Leistungen und Strukturen II“ sollen 200 Millionen Franken in den nächsten drei Jahren eingespart werden. Die Regierung will eine Mittelschule schliessen, weniger Geld für die Psychiatrie ausgeben und bei der Prämienverbilligung sparen. Ganz abgesehen von schon bekannten Sparmassnahmen bei den ArbeiterInnen des Kantons, dem ÖV und der Bildung. Ein weiterer massiver Angriff auf unser Leben, der uns wütend macht!

 

Tiefsteuerpolitik oder Steuererhöhung: zwei Seiten einer Medaille

Doch warum kehren die Sparpakete jährlich wieder? Die Ursache scheint auf den ersten Blick klar zu sein: Es liegt an den tiefen Steuern! Luzern hat seine Steuern seit dem Ende der 90er-Jahre massiv gesenkt, um im Steuerwettbewerb mithalten zu können. Waren es 1999 noch 1.9 Einheiten, so sind es heute nur noch 1.6 Einheiten. Zudem hat Luzern mittlerweile die tiefsten Unternehmenssteuern. Da scheint die Initiative der SP zur Erhöhung der Unternehmenssteuern das Problem an der Wurzel zu packen. Die Sache ist allerdings nicht so einfach, denn diese Position blendet die 1990er-Jahre einfach aus. In dieser Zeit galt Luzern als „Steuerhölle“, die Schulden des Kantons nahmen gigantische Ausmasse an und Unternehmen wollten sich fast keine ansiedeln. Mit der Tiefsteuerstrategie und einer harten Sparpolitik gelang es dem Kanton, die Schulden zu reduzieren. Doch mit der Krise stagnierten die Einnahmen und die Ausgaben stiegen weiter. So verzeichnete man 2012 ein erstes Defizit und seither reiht sich Sparpaket an Sparpaket.

Es ist ein Dilemma: Beide Seiten haben einerseits Recht, andererseits liegen beide auch kreuzfalsch! Es stimmt, dass die Tiefsteuerstrategie zu – relativ gesehen – weniger Einnahmen führt. Aber es ist genauso richtig, dass eine Rückkehr zur „Steuerhölle“ den Kanton Luzern im Standortwettbewerb massiv benachteiligen würde. Die Spielräume für eine Erhöhung der Steuern sind – bei Strafe des Untergangs – verschwindend gering. Die fortgesetzte Tiefsteuerstrategie wird einen Angriff nach dem anderen auf unser Leben nach sich ziehen. Dies ist die Logik des Kapitalismus in der Krise. Aus diesem Dilemma gibt es keinen Ausweg. Ausser man bricht mit der zugrunde liegenden Logik!

 

Wieder kämpfen lernen: Dorthin gehen, wo es weh tut

Im Film Und täglich grüsst das Murmeltier kann der Protagonist nur aus der Zeitschleife ausbrechen, indem er sein Verhalten ändert. Genau dies müssen wir auch tun um aus dem Teufelskreis der Sparpakete auszubrechen. Unser bisheriger Widerstand ist schlicht und einfach zu brav: Demonstrationen, Mahnwachen oder Petitionen bringen die Herrschenden nicht zum Umdenken. Die Zeiten der Lösungsfindung im konstruktiven Dialog sind definitiv vorbei! Was im Kanton Luzern betrieben wird hat man früher Klassenkampf genannt. Nur leider ist es so, dass momentan nur die herrschende Klasse wirklich kämpft und wir uns mit symbolischen Aktionen begnügen. Wir haben verlernt zu kämpfen! Dabei gibt es genug Beispiele, wie es gehen könnte. Man muss nicht auf den Streik der ArbeiterInnen der Officina in Bellinzona von 2008 zurückgreifen. Das beste Beispiel bietet der Kanton Luzern selbst: Die KantonsschülerInnen konnten seit 2012 erfolgreich alle Angriffe auf die Bildung abwehren! Mit einem massiven Streik 2012 und eine kleineren Streik 2013 haben sie den Herrschenden das Fürchten gelehrt. Wir können auch einen Blick nach Genf wagen: Am 19. November 2014 haben dort die ArbeiterInnen der Verkehrsbetriebe TPG einen ganzen Tag gegen Sparmassnahmen gestreikt! Kein einziges Tram oder Bus verliess das Depot! An diesem Punkt wird wirklicher Druck auf die Regierenden ausgeübt und wir sollten von dieser Erfahrung profitieren! Wir haben gelesen, dass die LehrerInnen Streiks vorbereiten. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung! Wir müssen dorthin gehen, wo es dem Gegner weh tut! Die Herrschenden schnüren Sparpaket um Sparpaket, lasst uns nicht länger die braven Untertanen spielen! Lasst uns aus dieser Logik ausbrechen!

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